Kapitel 7

Der Nationalstaat, Europa und die Weltgesellschaft

Grundsätzlich bin ich ein Freund von überschaubaren, nicht zu großen Staatswesen. Die europäische Kultur kam in den italienischen Stadtstaaten der Renaissance oder auch in den Freien Reichsstädten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zu ihrer höchsten Blüte. Nationalstaaten waren dort erfolgreich, wo sie das Beste der europäischen Stadtkulturen aufnahmen und zu neuen Einheiten zusammenfügten.

Immer wieder spielten aber auch kriegerische Auseinandersetzungen, Machtgier, Expansionsdrang und die Bedrohung durch äußere Feinde eine Rolle. So entstand ein Zwang zum Zusammenwachsen zu größeren Einheiten, das war die Geburtsstunde der europäischen Nationalstaaten. Es gab in Europa stets eine Vielfalt der Sprachen, des Brauchtums oder der Küche. Aber daneben gab es eine innere Einheit der europäischen Kultur. Das zeigte sich in der Mode, den Künsten oder im Stand der Technik.

Die Mischung von Einheit und Vielfalt sowie reger Austausch über die Grenzen förderten den Wettbewerb und schufen den besonderen Charakter der europäischen Kultur und der abendländischen Zivilisation.

In einer Welt mit stark wachsender Bevölkerung ist Europa relativ gesehen immer kleiner geworden. Die europäische Integration ist seit 1950 die politische Antwort auf Europas relativen Bedeutungsverlust und auf die kriegerischen Verwicklungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So soll nach innen der Frieden gesichert werden, und nach außen hofft man, Bedrohungen gemeinsam besser zu bestehen.

Die europäische Integration ist bezogen auf die Zukunft ein offener Prozess ohne ein klares, allgemein anerkanntes Ziel. Starke Minderheiten möchten in allen europäischen Ländern am Vorrang des Nationalstaats festhalten, andere sehen ein Europa der Vaterländer. Es gibt aber auch starke Minderheiten, die langfristig auf einen europäischen Bundesstaat setzen. Dazu gehöre ich nicht. Für mich sind drei Dinge wichtig:

Alle drei Ziele können grundsätzlich in einem Europa der Vaterländer, aber auch in einem europäischen Bundesstaat gewährleistet werden. Nötig ist aber in jedem Fall, endlich eine gemeinsame Sicherheits- und eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik zu entwickeln. Dazu muss man sich über den Charakter von Bedrohungen einigen und entsprechend handeln:

Der falsche Weg ist es, die innere Vielfalt Europas durch ein immer dichteres Netz europäischer Regulierungen zu erdrosseln und gleichzeitig Europas kulturellen Kern und seine demografische Identität durch fortgesetzte Masseneinwanderung aus der islamischen Welt zu gefährden und am Ende zu zerstören.

Gegenwärtig befindet sich die Europäische Union überwiegend auf diesem falschen Weg. Die wichtigste Aufgabe, die sich der Europäischen Union gegenwärtig (Frühjahr 2024) stellt, besteht darin, sich politisch auf einen gemeinsamen europäischen Weg zum Schutz vor unerwünschter Einwanderung aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten zu einigen. Anhaltende Uneinigkeit in dieser Frage und ein »Weiter so« mit offenen Grenzen und ideologisch getriebener Willkommenskultur wird nicht nur den weiteren Aufstieg einwanderungskritischer Parteien in der gesamten EU fördern. Es kann vielmehr auch dazu führen, dass die Europäische Union letztendlich auseinanderbricht.