NEUN
Enna bat ihre beiden Kollegen in ihr Büro und stellte sich mit einem Filzstift bewaffnet an die Tafel.
»Das Gespräch mit der Tochter war sehr aufschlussreich«, sagte sie und schrieb
Konflikte in der Familie
an die Tafel.
»Ich kenne keine Familie, in der es nicht über kurz oder lang hoch hergeht«, sagte Jan Paulsen.
»Bullshit!«, kommentierte Pia Sims seinen Kommentar und imitierte dabei Paulsens tiefe Stimme. »Ich halte den Umstand auch für relevant, denn die Frage ist doch, warum die Stimmung so schlecht war.«
»Andrea Hansen ist eine attraktive Frau, was vor neun Jahren sicherlich nicht anders war«, sagte Enna. »Ich habe in Ihre Befragung von Ulfert Hansen hineingehört, Paulsen. Wenn er damals auch schon diese Anwandlungen hatte, muss das für sie nur schwer auszuhalten gewesen sein.«
»Das hätte ich jetzt aber nicht sagen dürfen«, murmelte Jan Paulsen.
»Deshalb habe ich es ja auch gesagt«, entgegnete Enna trocken. »Können wir jetzt zur Arbeit zurückkehren?«
»Alles gut.« Jan Paulsen hob entschuldigend die Hände. »Okay, gehen wir einmal davon aus, dass Frau Hansen eine
Affäre hatte. Was könnte das mit dem Verschwinden der Tochter zu tun haben?«
»Rache?«, fragte Pia Sims.
»Hansen entführt die eigene Tochter, um sich an seiner Frau zu rächen?« Jan Paulsen schüttelte den Kopf. »Und dann? Hat er sie auch noch getötet? Wenn etwas Bullshit ist, dann das.«
»Mag sein«, ruderte Pia Sims zurück. »Außerdem hat der Vater ein wasserdichtes Alibi.«
»Denken wir mal in eine andere Richtung«, sagte Enna. »Imke Hansen hat davon gesprochen, dass die Atmosphäre katastrophal war. Sie selbst hat den Kontakt zu den Eltern abgebrochen und nennt ihren Vater nur noch verächtlich
Erzeuger
. Ihre Schwester war zweieinhalb Jahre jünger als sie und wird den Streit der Eltern vielleicht noch schlechter weggesteckt haben können.«
»Sie meinen, jemand hat diese Situation ausgenutzt?«, fragte Pia Sims. »Marie Hansen wurde manipuliert, sprich: Sie ist quasi freiwillig mitgekommen?«
»Ja, in diese Richtung habe ich gedacht«, sagte Enna.
»Und das hat ihre superbeste Freundin nicht mitbekommen?«, wandte Jan Paulsen ein.
Enna trat wieder an die Tafel, schrieb auf der noch leeren Hälfte, die für die Personen reserviert war,
Marie Hansen
in die Mitte. Direkt daneben platzierte sie
Anne Wagner
und verband beide mit einem dicken blauen Strich. Die Schwester fand Platz auf der anderen Seite von Marie und wurde mit einer dünnen blauen Linie mit ihr verbunden. Die Eltern standen weit am Rand, der rote Strich zwischen ihnen signalisierte Streit, zu ihrer Tochter Marie gab es keinen positiven Kontakt und somit nur eine dünne rote Linie zum Vater und eine etwas dickere zur Mutter.
»Wo steht Maries Onkel?«, fragte Enna in die Runde.
»Neben seinem Bruder«, schlug Jan Paulsen vor. »Die beiden kann man definitiv mit einem blauen Strich aneinanderketten. Die tun sich nicht viel. Der eine Amateurpsychopath, der andere Verschwörungstheoretiker.«
Enna folgte seinem Vorschlag. »Und wie steht er zu seiner Schwägerin?«
»Machte sie den Eindruck, als würde sie freiwillig vom Regen in die Traufe gehen wollen?«, fragte Jan Paulsen.
»Sicher nicht«, antwortete Pia Sims.
»Also war ihr werter Ehemann entweder grundlos eifersüchtig – worauf ich nach dem Gespräch mit ihm tippe – oder sie war schon vor der Entführung ihrer Tochter auf dem Absprung und hat ihrem Mann Hörner aufgesetzt«, sagte Jan Paulsen. »Allerdings sehe ich immer noch nicht, was das mit unserem Fall zu tun haben sollte.«
»Marie war ihre Lieblingstochter, zumindest wenn wir Imke Hansen Glauben schenken«, sagte Enna. »Ohne Marie hätte Andrea Hansen sicher nicht den Schritt weg von ihrem Mann gewagt.«
»Aber die beiden sind nicht mehr zusammen. Das ist doch alles reine Spekulation, die wir nicht im Ansatz beweisen können«, sagte Jan Paulsen. »Selbst wenn es so gewesen wäre, warum der ganze Aufwand und die Gefahr, erwischt zu werden? Nein, das ist eine Sackgasse, Leute. Diese wirren Vermutungen führen zu nichts.«
Enna wiegte den Kopf. »Bei so einem kalten Fall sollten wir auch vollkommen abstrus klingende Thesen aufstellen dürfen. Darin könnte ein wahrer Kern stecken, den wir nicht sofort erkennen. Natürlich glaube ich auch nicht, dass die Mutter auf solch eine schräge Idee gekommen ist. Aber da ich es für möglich halte, dass Marie freiwillig das Landschulheim verlassen hat, liegt auch nahe, dass ihr Seelenleben und damit die Situation in der Familie eine zentrale Rolle spielt.« Sie wandte sich wieder
zur Tafel und betrachtete die Aufzeichnungen. »Wangerooge. Warum dort? Warum?«
Jan Paulsen und Pia Sims waren unterwegs nach Rotenburg an der Wümme, um den ehemaligen Klassenlehrer von Marie Hansen zu befragen. Sie hatten Holger Martens vorab telefonisch erreicht und mit ihm ein Treffen in der Nähe seiner Schule ausgemacht. Um zwölf Uhr hatte er zwei Freistunden und würde in einem Café auf die beiden Ermittler warten. Pia Sims hatte zunächst gezögert, als Enna vorschlug, dass sie Jan Paulsen begleiten könne, war ihm aber schließlich grummelnd hinterhergegangen.
Enna klopfte an der Bürotür von Frieder Schmidt und wartete, bis sie ein »Herein!« hörte.
»Enna!«, rief der Hauptkommissar und stand auf, um sie zu begrüßen. »Ich habe schon gehört, dass du wieder bei der Truppe bist. Finde ich super.«
Frieder Schmidt war ein fünfzigjähriger Beamter, klein, aber mit ausgesprochen sportlicher Figur. Enna wusste, dass er regelmäßig an Marathonläufen teilnahm und dafür täglich trainierte. Er war verheiratet und hatte, wie er es nannte, einen Stall voller Mäuler, die er mit seinem kargen Gehalt stopfen musste. Wenn seine sieben Kinder nebeneinanderstanden, erinnerten sie Enna an Orgelpfeifen, die allerdings in regelmäßigen Abständen größer wurden.
»Neue Abteilung. Hast du sicher auch gehört, oder?«
»Klar, aber keiner weiß was Genaues.« Er grinste. »Scheint ja eine sehr geheime Geheimtruppe zu sein.«
Enna lachte und setzte sich auf den Stuhl, der vor seinem Schreibtisch stand. »Extrem geheim!« Sie wurde ernst. »Mein Traumjob ist es nicht, aber ich habe mich erst mal breitschlagen lassen.«
»Um was geht es?«
»Altfälle. Ein Projekt des LKA. Wir sind zu dritt. Frag mich jetzt aber nicht nach meinen Kollegen. Wir sind sozusagen noch in der Findungsphase.«
»Klingt anstrengend. Dann wünsche ich dir mal viel Kraft für deine neue Aufgabe.« Er musterte sie. »Aber das hier ist sicher kein Antrittsbesuch bei einem alten Kollegen, oder?«
Enna schmunzelte. »Nicht so ganz. Natürlich freue ich mich, dich wiederzusehen. Wir sind allerdings an einem Fall dran, bei dem es um ein verschwundenes neunjähriges Mädchen geht. Gut neun Jahre alt ist der Fall.«
»Marie Hansen?«
Enna warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Du kennst den Fall?«
»Ich war damals vier Wochen mit von der Partie. Danach wurde ich wieder hier in Oldenburg gebraucht. Eine Mordserie, vielleicht erinnerst du dich daran.«
Enna nickte. »Die Prostituierten-Morde. Ja, das habe ich verfolgt.«
»Was kann ich für dich tun? Vermutlich geht es um mein Spezialgebiet?«
Frieder Schmidt gehörte seit ein paar Jahren einer europaweiten Ermittlungsgruppe an, die sich auf internationale kriminelle Pädophilen-Ringe spezialisiert hatte. Immer wenn Niedersachsen in den Fokus der Ermittler geriet und hier Mitglieder einer überregionalen oder internationalen Gruppe vermutet wurden, traten er und weitere Kollegen von anderen Dienststellen in Aktion.
»So ist es. Bei der Entführung einer Neunjährigen liegt das natürlich nahe. Schon gar, da sie nie gefunden wurde.«
Frieder Schmidt nickte. »Stimmt natürlich. Aber wenn ich mich richtig entsinne, gab es damals keine Anzeichen, dass Marie Hansen …«
»Ich weiß, wir haben die Akten durchgearbeitet. Trotzdem, wir rollen ja den Fall neu auf, da müssen wir auch in diese Richtung ermitteln. Kannst du mich auf den neuesten Stand bringen, wie ihr arbeitet?«
»Gerne. Das Mädchen ist vor neun Jahren verschwunden. In dieser Zeit hat sich in der Szene einiges getan. Damals wurden Filme und Fotos noch überwiegend per DVD transportiert. Aber seitdem das Internet immer schneller geworden ist, lassen sich problemlos ganze Filme in kürzester Zeit übertragen. Wartete man vor zehn bis fünfzehn Jahren teilweise noch Stunden, sind das heute eher Minuten oder Sekunden.«
»Wir reden vom Darknet?«, fragte Enna.
»Nicht nur. Aber in den letzten Jahren verlagert sich die Szene tatsächlich immer mehr ins Darknet. Und das aus einem einfachen Grund: Der Nutzer ist dort – zumindest wenn er alles richtig macht – nicht oder nur extrem schwer zu identifizieren. Das macht es für uns schwierig bis unmöglich, schnell und effektiv einzugreifen.«
»Bedeutet?«
»Die Profis und zunehmend auch die Abnehmer agieren so anonym, dass uns in aller Regel nichts anderes übrig bleibt, als das Spiel mitzuspielen. Sprich: Es gibt etliche Kollegen, die verdeckt im Darknet agieren und dort auch einkaufen. In unserem Fall also Fotos und Filme von Jungen und Mädchen. Ich erspare dir mal die Einzelheiten, weil sie so unappetitlich sind, dass es immer wieder vorkommt, dass Kollegen nach kurzer Zeit um Versetzung bitten. Die Fluktuation in diesen Abteilungen ist extrem hoch.« Er hielt inne. »Aber deshalb bist du sicher nicht hier.«
»Wir haben drei Männer, die wir näher unter die Lupe nehmen wollen. Den Vater des Mädchens, den Onkel und den Klassenlehrer. Kannst du mir dabei helfen?«
»Gute Frage, nächste Frage«, sagte Frieder Schmidt. »Aber im Ernst, wir sind leider keine Superhacker, die sich mal eben bei einem Verdächtigen einloggen könnten. Ganz davon abgesehen wäre das illegal. Nein, wir sprechen hier von sehr langwierigen und komplizierten Ermittlungen. Bis ein international agierender Kinderschänder-Ring ausgehoben werden kann, vergehen manchmal Jahre.«
»Das verstehe ich schon, Frieder. Aber gibt es überhaupt keine Abkürzung, um die drei Männer zu überprüfen?«
Frieder Schmidt stöhnte. »Ich kann sie durch unsere interne Datenbank jagen und schauen, ob dort was ist.«
»Aber?« Enna ahnte, dass ihr das nicht unbedingt weiterhelfen würde.
»Wenn einer der Männer oder gar alle drei im Rahmen laufender Ermittlungen aufgefallen sind und bisher noch nicht angeklagt wurden, hat das natürlich einen Grund. Wenn wir ein Glied aus einer langen Kette herausreißen, könnte das die jeweiligen Ermittlungen gefährden und damit unter Umständen jahrelange Arbeit.«
»Sprich: Ich dürfte die Info, falls es denn überhaupt eine gibt, nicht nutzen.«
»Auf keinen Fall. Im schlechtesten Fall müsstest du sogar komplett deine Finger von dem Verdächtigen lassen. Ich würde dir auch nicht sagen, um was es sich handelt, sondern allenfalls, dass der Name aktenkundig ist. Schon das wäre, gelinde gesagt, mehr als fahrlässig von mir.«
»Ich würde mich definitiv an deine Vorgaben halten, das weißt du, Frieder.«
Er stöhnte leise. »Ja, das weiß ich. Du bist eine der wenigen, denen ich überhaupt eine solche Info anvertrauen würde.«
»Danke, Frieder. Ich rechne dir das hoch an, wirklich. Kann ich denn, außer auf eure Datenbank zu hoffen, noch etwas machen?«
»Kambodscha. Eventuell auch Thailand.«
Enna sah ihn fragend an.
»Wenn einer deiner Verdächtigen dort gerne mal Urlaub macht, solltest du aufhorchen. Gerade Kambodscha ist ein beliebtes Reiseziel.«
»Okay.« Enna griff nach ihrem Handy und schrieb Pia Sims eine Nachricht. »Entschuldige, zwei meiner Kollegen befragen gerade einen der Kandidaten.«
Frieder Schmidt lächelte. »Kein Problem. Habt ihr schon mal über Nachahmungstäter nachgedacht? Als Marie Hansen entführt wurde, war es gerade mal zwei Jahre her, dass Natascha Kampusch ihrem Peiniger entkommen war. Darüber wurde damals in den Medien rauf und runter berichtet, bis in alle Einzelheiten. Die Gefahr, dass dadurch jemand animiert wurde, habe ich immer als hoch eingeschätzt.«
»Kampusch! Okay, darauf bin ich tatsächlich noch nicht gekommen. Meinst du wirklich, dass …«
»Oh ja!«, unterbrach Frieder Schmidt sie. »Wie ich mir habe erzählen lassen, ist der widerliche Kerl damals in der Szene von vielen bewundert worden. Das ist natürlich das eine, aber vielleicht hat sich da auch jemand durch ihn
motiviert
gefühlt.«
»Klingt nach Nadel im Heuhaufen«, sagte Enna nachdenklich. »Im Moment gehen wir davon aus, dass der Täter Marie Hansen bewusst ausgesucht hat, also sie kannte oder irgendetwas mit ihr zu tun hatte. Familie, Schule, Freunde und Bekannte der Eltern, Nachbarschaft. Aurich ist schließlich keine Großstadt.«
Frieder Schmidt zuckte mit den Schultern. »War auch nur so ein Gedanke, weil wir über kriminelle Pädophile gesprochen haben. Wir reden hier über Menschen, die äußerlich sehr normal wirken und denen du das niemals zutrauen würdest. Die haben sich zum Teil über Jahre oder auch Jahrzehnte versteckt
und versucht, gegen ihre Neigung anzukämpfen. Was ich sagen will: Sie sind nur sehr schwer zu erkennen.«
»Danke, Frieder. Das habe ich verstanden. Hast du sonst noch einen Tipp?«
»Schwer, so pauschal. Wenn du eine Befragung aufgenommen hast, am besten per Video, könnte ich mir die Männer mal ansehen.«
»Wir haben nur Tonaufnahmen, aber von allen Befragungen.«
»Schick sie mir. Wenn ich Zeit finde, höre ich rein.«
Zurück im Büro schickte Enna Frieder Schmidt einen Link für die Tonaufnahmen und kündigte die dritte Befragung für den nächsten Tag an. Anschließend öffnete sie die Mail von Sarah und überflog den Schriftsatz, der fünfzehn Seiten umfasste. Sarahs baldigem Ex-Mann musste eine ziemlich lange Nase gewachsen sein; die meisten Behauptungen, die von seiner Anwältin aufgestellt wurden, waren selbst von Enna leicht zu widerlegen. Sie spürte eine wachsende Wut auf Eltern, die auf den Rücken ihrer Kinder ihre eigenen Interessen durchboxten. Sie konnte sich gut vorstellen, in welcher schwierigen Lage sich ihre Freundin befand. Ihr blieb letztlich nichts anderes übrig, als sich auf den bevorstehenden Prozess beim Familiengericht einzulassen und damit ihren Sohn noch mehr zu belasten – oder sich kampflos zu ergeben.
Enna entwarf ein Schreiben für das Gericht, in dem sie schilderte, wie liebevoll Mutter und Sohn miteinander umgingen und wie wohl sich Lukas offensichtlich bei seiner Mutter fühlte. Sie beschrieb Lukas als ausgeglichenes Kind, das die Trennung der Eltern bisher ohne für sie sichtbare Schäden überstanden hatte, und lobte seine freundliche und ruhige Art. Enna las ihr Schreiben mehrere Male durch, korrigierte einzelne Stellen und schickte es per Mail an Sarah.
Nach einer kurzen Pause, in der sie sich einen Kaffee machte, konzentrierte sich Enna wieder auf ihre Arbeit und machte sich auf die Suche nach der Familie Müller. Weder fand sie eine Arianna Müller oder einen Hans Müller in Kempen noch war der Sohn Marco dort gemeldet. Langsam zog sie den Kreis um die Stadt größer und suchte in Krefeld und Mönchengladbach nach der Familie. Erst nach einer Stunde Suche fand sie eine Arianna Müller in Moers. Kurz darauf hatte sie im Internet-Telefonbuch eine Nummer gefunden, bei der sie sofort anrief.
»Müller!«, hörte sie eine Frauenstimme.
Enna stellte sich vor und fragte, ob Frau Müller eine Familie Hansen kenne, die im Jahr 2009 gleichzeitig mit ihr auf Wangerooge Urlaub gemacht hatte.
»Wangerooge? Seit dem Tod meines Mannes vor fünf Jahren war ich nicht mehr im Urlaub. Aber an Wangerooge und die Familie Hansen erinnere ich mich. Ist das schon so lange her?«
»Ja, fast zehn Jahre«, sagte Enna. »Die Hansens hatten zwei Töchter. Marie und Imke.«
»Stimmt. Sie waren jünger als mein Sohn. Was ist aus ihnen geworden? Warum rufen Sie denn an?«
»Ich bin auf der Suche nach Ihrem Sohn, es geht um eine Zeugenaussage. Würden Sie mir sagen, wo ich ihn erreichen kann?«
»Marco? Warum wollen Sie ihn sprechen? Ich verstehe das jetzt alles nicht.«
»Es sind wirklich nur ein paar Routinefragen, Frau Müller. Wo kann ich Ihren Sohn denn erreichen?«
»Er lebt in Osnabrück. Das ist in Niedersachsen.«
»Haben Sie auch eine Telefonnummer für mich?«
Die Frau nannte ihr eine Handynummer und die Adresse ihres Sohnes. Nachdem Enna ihr mehrfach versichert hatte, dass es lediglich um eine Zeugenaussage gehe, beruhigte sich Frau Müller.
Nach dem Telefonat schrieb Enna als Erstes Frieder Schmidt eine Mail mit Marco Müllers Daten und bat darum, auch seinen Namen zu kontrollieren. Anschließend versuchte sie, im Internet Informationen über den jungen Mann zu finden, fand aber keine digitalen Spuren, die sie ihm sicher zuordnen konnte. Zu viele Männer trugen den gleichen Namen. Sie machte sich ein paar Notizen und ging anschließend in die Küche, um sich noch einen Kaffee zu kochen.