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»Mooooment!« Paige schwingt ihren Hintern auf den Tresen in unserer Küche. In der linken Hand hält sie ihr Handy, in der rechten eine Kippe, die schon zur Hälfte heruntergebrannt ist. Reed steht hinter ihr und befummelt sie, aber sie wimmelt ihn genervt ab. Ein Bild, das sich mir noch nicht oft gezeigt hat. Sonst bekommt Reed immer, was er will.
»Ihr hattet einen verdammten Dreier mit Eve?« Ihre Stimme war nie so spitz wie in diesem Augenblick. Ich antworte nicht, stattdessen sehe ich sie nur an und frage mich, was ihr wohl gerade durch den Kopf geht. Mein Bruder zieht sie wieder an sich und dieses Mal lässt sie es zu, auch wenn ihr Körper sich bei seiner Berührung anspannt. Der Wasserhahn tropft im Hintergrund und jedes Mal, wenn einer der Tropfen die Spüle trifft, macht es mich wahnsinnig.
»Und wie wir den hatten«, säuselt Reed in ihr Ohr, greift ihr Handgelenk, führt ihre Finger zu seinem Mund und klaut ihr mit den Lippen die Zigarette. Orange glüht ihr Ende, als er den Rauch inhaliert und die Asche auf die Marmorplatte fällt. Da wir seit Dads Tod keine Putzfrau mehr haben, wird einer von uns dafür verantwortlich sein, dieses Chaos hier später zu beseitigen. Ich wette, dass die Scheiße an mir hängen bleibt.
»Und ich war nicht einmal eingeladen.« Paige schiebt schmollend ihre Unterlippe nach vorn, und auch wenn sie ihre Empörung nur zu spielen scheint, schimmert etwas in ihren Augen, das ich nicht deuten kann. Bis jetzt ging ich immer davon aus, dass sie die Beziehung zu Reed genauso sieht wie er: nämlich rein sexuell. Doch in den letzten Wochen hat sich ihr Blick verändert, jedes Mal, wenn er den Raum betreten hat und ich kann nur hoffen, dass ich mich täusche. Solange die beiden lediglich miteinander gefickt haben, war es mir egal. Aber wenn Gefühle im Spiel sind, kann sie auch verletzt werden, und das ist das Letzte, was ich will. Immerhin kenne ich meinen Bruder besser als jeder andere Mensch auf der Welt, und wenn er in einer Sache gut ist, dann in dieser: Herzen brechen und Leben ruinieren.
»Sorry, Baby. Aber wer hätte schon damit rechnen können, dass Virgin in Wirklichkeit so versaut ist?« Instinktiv will ich sie verteidigen und alle Worte über sie aus seinem Körper prügeln, aber ich weiß, dass ich kein Recht dazu habe. Evelyn ist eine erwachsene Frau und sie wollte, dass er bleibt. Das war ihre Entscheidung, nicht meine.
Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich Reed sofort herausgeworfen, noch bevor er sich an ihrem Anblick aufgeilen konnte. Als ich heute Morgen mit ihr in meinem Arm wach geworden bin, war die erste Frage, die ich mir gestellt habe, wie ich das zulassen konnte. Doch dann war mir klar, dass ich kein Recht dazu habe, über sie zu bestimmen.
»War es denn wenigstens gut?«, hakt Paige forsch nach. Reed kommt um den Tresen herum, schiebt sich zwischen ihre Beine, drückt die Kippe auf der Marmorplatte neben ihr aus und küsst sie. Keuchend löst sie sich von ihm.
»Nun sagt schon!« Über seine Schulter hinweg treffen sich unsere Blicke und mein Verdacht wird immer lauter. Scheiße. Sie ist verletzt und ich hätte es verhindern können. Stattdessen habe ich zugelassen, dass er Evelyn seinen Schwanz in den Rachen schiebt.
»Ich meine, wenn ihr mich schon ausschließt, könnt ihr auch ein paar Details rausrücken, oder nicht?« Ihre Mundwinkel zucken, aber ihre Augen sprechen ihre eigene Sprache. Sie ist eifersüchtig und ich Vollidiot habe es überhaupt erst so weit kommen lassen.
»Sorry, Paige. Aber ich muss noch mal in den Club.« Aus der Affäre ziehen ist immer die leichteste Option, und im Augenblick erscheint sie mir als die einzig richtige. Sollte Paige eifersüchtig sein, ist es eine Sache, die sie mit ihm allein klären sollte. Wir können uns immer noch unterhalten, wenn sie mit ihm fertig ist. Ich werfe ihr im Vorbeigehen ein aufmunterndes Lächeln zu, während Reed sich an ihrem Hals zu schaffen macht.
»Letzte Nacht war mir eine Ehre, Bruderherz«, ruft er mir hinterher und ich antworte so schnell, dass ich gar keine Zeit habe, über meine Worte nachzudenken.
»Vor allem war es eins: eine Ausnahme.« Denn auch, wenn mich der Gedanke an gestern Nacht immer noch hart werden lässt, kann ich nicht leugnen, dass ich mich wie Paige fühle. Eifersucht ist ein echtes Scheißgefühl. »Sie hasst dich nämlich immer noch«, setze ich hinterher.
»Hmmm …« Reeds Augen haften an mir, während seine Zunge über ihren Hals hinab zu ihren Titten wandert. »Gut so. Hass ist mein größter Antrieb.«