18

J aren liebte seinen neuen Job, aber Mann, war er nach der ersten Woche erschöpft. Er hatte vergessen, wie anstrengend es war, sich an einem neuen Arbeitsplatz einzuleben. So viele Namen zu lernen, sich so viele Dinge zu merken. Aber seine Kollegen waren freundlich und zuvorkommend, die Arbeit war anspruchsvoll genug, um ihn eine Weile zu beschäftigen, und er genoss das Gefühl, dass er im Leben anderer Menschen etwas bewirkte. Er musste sich nur die Zeit nehmen, am Wochenende neue Energie zu tanken, damit er am Montag wieder von vorne anfangen konnte.

Der letzte Tag im Juli war glühend heiß, die Temperaturen waren für Seattle ungewöhnlich hoch. Sie blieben drinnen und dankten Gott für die Klimaanlage. Nicht viele Häuser hatten eine zentrale Klimaanlage, aber Reid hatte viel Geld dafür ausgegeben, als er das Loft renoviert hatte, so hatte er Jaren erzählt. An Tagen wie diesen war das ein wahrer Segen und er freute sich über einen ganzen Tag, an dem er so wenig wie möglich tun musste. Er hatte es sich mit einem Buch auf der Couch bequem gemacht – einem weiteren Liebesroman.

Was für eine Erleichterung war es gewesen, sich von der Vorstellung zu lösen, dass er bestimmte Bücher lesen musste. Er las nicht nur viel mehr, seit Reid ihm gesagt hatte, er soll drauf scheißen, was man lesen sollte und tun, was ihm gefiel, sondern es war auch viel entspannender geworden. Das war nur ein Beispiel für den guten Einfluss, den Reid auf ihn hatte. Er hätte nie erwartet, dass er sich mit dreißig Jahren so sehr verändern könnte, aber das hatte er. Auch seine Brüder hatten es bemerkt. Nordin hatte gesagt, Jaren sei viel entspannter, nicht mehr so verklemmt. Und Hadley hatte erwähnt, dass Jaren mehr lächelte und nicht mehr so gestresst wirkte.

Sie hatten recht. Er spürte es selbst, als wäre ihm eine Art Last von den Schultern genommen worden. Wieso hatte er nie gemerkt, wie anstrengend es war, immer so zu tun, als wäre man etwas und jemand, der man nicht war? Es war ermüdend, diese Maske aufrechtzuerhalten, diese äußere Fassade. Niemals seinen Schutzwall fallen lassen zu können. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass er nie innegehalten und sich gefragt hatte, was das für ihn bedeutete. Erst als Reid ihn darauf hingewiesen und ihn ermutigt hatte, er selbst zu sein, hatte er darüber nachgedacht. Es stellte sich heraus, dass es viel weniger stressig war, ein authentisches Leben zu leben. Wer hätte das gedacht?

Er betrachtete Reid, der am Esstisch saß und skizzierte. Reids Augenbrauen waren konzentriert zusammengekniffen, und ab und zu lugte seine Zungenspitze zwischen seinen üppigen Lippen hervor. Jaren liebte es, ihm zuzuschauen. Sein Gesicht war so ausdrucksstark und zeigte alles, was er fühlte. Im Gegensatz zu Jaren hielt sich Reid nie zurück. Seine Gefühle waren für jeden sichtbar, und Jaren bewunderte ihn dafür, dass er so offen und frei leben konnte.

Nun, er war auf jeden Fall schön anzuschauen. Seit er zugegeben hatte, dass er ihn gerne beobachtete, hatte Reid ihm noch mehr Gelegenheit gegeben, ihn nach Herzenslust zu betrachten. Er ließ die Tür offen, zog sich direkt vor ihm an und aus, ermutigte ihn mit süßen Lächeln und sexy Grinsen, ihn zu beobachten. Und das hatte er. Oh Gott, er hatte nichts anderes getan, als ihn zu beobachten. Die ganze Zeit über drehten sich seine Gedanken um ihn. Warum fühlte sich mit Reid alles so anders an? Er konnte die körperliche Anziehungskraft nicht leugnen, und verdammt, ja, Reid war heiß und machte ihn an. Jaren fantasierte immer wieder darüber, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein, aber er fühlte auch so viel mehr. Es war nicht nur die heftige, rohe Anziehung, die er manchmal erlebt hatte, wenn er erregt war und mit jemanden zusammen sein wollte, sondern etwas viel Zärtlicheres.

War es das, wovon Nordin gesprochen hatte? Als er sagte, dass es sich je nach Geschlecht anders anfühlte? Jaren hatte sich noch nie zu einem Mann hingezogen gefühlt. Könnte das erklären, warum er es so schwer fand, es zu verstehen? Er wollte Reid nicht auf die gleiche Art und Weise, wie er Frauen begehrt hatte. Das waren rein sexuelle Begegnungen gewesen. Nein, seine Gefühle und Begierden für Reid waren tiefer, intensiver, emotionaler.

Er liebte es, wenn Reid ihn hielt, wenn sie kuschelten. Er fühlte sich sicher, beschützt. Jaren liebte es. Er genoss es, für ihn zu kochen und mit ihm zu Abend zu essen. Sie sprachen über alles Mögliche, und Jaren hatte ihm Dinge erzählt, die nur seine Brüder wussten, und sogar einige, die er nie jemandem erzählt hatte. Reid war ein guter Zuhörer, aber auch er hatte ihm Dinge anvertraut. Über seine Großmutter, über den Kampf, seinem Vater begreiflich zu machen, dass er nicht so war wie er, darüber, was Kunst für ihn bedeutete.

Sie hatten geredet, zusammen abgehangen, Filme gesehen. Trotz der gegenseitigen Anziehungskraft hatten sie eine echte, tiefe Freundschaft aufgebaut, und das machte Jaren zu schaffen. Es stand so viel mehr auf dem Spiel, und der Druck war gewachsen. Es ging nicht nur um heißen Sex, und nicht nur, weil Jaren bei ihm eingezogen war. Reid mochte ihn, und Jaren …

Jaren mochte ihn auch.

Oh Gott, das tat er. Er fühlte sich nicht nur sexuell zu ihm hingezogen. Er mochte ihn. Deshalb war er auch so zwiegespalten. Es war nie um Sex gegangen. Sex war im Grunde genommen simpel, einfach. Es gab klare Regeln: keine Gefühle, keine Komplikationen, keine Bindungen und kein Risiko. Nur Sex und das wars.

Aber das hier ging so viel tiefer und war gefährlicher. Er war mit dem Herzen dabei, und zwar nicht nur ein bisschen. Nein, er hatte sich in Reid verliebt. Wenn er es vermasselte, würde er am Ende doch mit einem gebrochenen Herzen dastehen. Und wie sollte er diese Erkenntnis verdauen? Er hatte eine vierjährige Beziehung mit nichts als verletzten Gefühlen dank der Zurückweisung und des Stresses über die Probleme, die sie verursacht hatte, beendet, aber der Gedanke, dass seine Freundschaft mit Reid zu Ende gehen könnte, reichte aus, um sein Herz zu brechen. Es tat weh, auch nur daran zu denken.

Nun, damit war die Frage beantwortet, nicht wahr? Gott, es war, als wäre ihm ein Licht aufgegangen; die Puzzleteile hatten sich zusammengefügt. Es ergab jetzt Sinn, und das war es, wonach er die ganze Zeit gesucht hatte. Eine Erklärung, einen Grund, warum seine Gefühle so anders waren als alles, was er bisher erlebt hatte. Jetzt wusste er es. Und was jetzt? Sollte er zu Reid hinübergehen und mit der Wahrheit herausplatzen? Das schien so unverblümt und abrupt.

Hmm, darüber würde er nachdenken müssen. Vielleicht, während er ein Eis aß? Als sie in den Nachrichten von den sommerlichen Temperaturen erfuhren – es waren fünfunddreißig Grad – hatten sie sich mit Eis eingedeckt, darunter auch Jarens absolutes Lieblingseis: Magnum mit Mandeln. Es war unglaublich cremig und machte verdammt dick, aber wen interessierte das schon? Es war ja nicht so, dass er es jeden Tag aß. Ja, er würde sich ein Magnum gönnen und über den nächsten Schritt nachdenken.

„Willst du auch ein Eis?“, fragte er Reid, als er sich eines aus dem Gefrierschrank holte.

„Nein, danke. Es ist schwer, zu zeichnen und gleichzeitig zu essen. Ich hole mir nachher eins.“

„Okay.“

Er packte das Magnum aus und biss vorsichtig ein Stück Schokolade ab. Der satte, cremige Geschmack erfüllte seinen Mund, und er genoss ihn in vollen Zügen, schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Gaumenfreude. Es war eine Ewigkeit her, seit er so etwas gegessen hatte, und das Eis war noch genauso gut, wie er es in Erinnerung hatte. Er stieß ein zutiefst zufriedenes Stöhnen aus. „Gott, ist das gut.“

Als er die Augen wieder öffnete, starrte Reid ihn mit Feuer in den Augen an. Ohne groß darüber nachzudenken, leckte Jaren die Vanillecreme vom Stiel und fuhr langsam mit seiner Zunge über seine Lippen. Reids Augen verdunkelten sich. Er wandte seinen Blick nicht von Jaren ab, als er es wieder tat, und schmatzte dann mit den Lippen. „Mmhhh.“

„Gut?“, fragte Reid heiser.

„Lecker.“ Er saugte an der Spitze des Magnum , dann biss er ein weiteres Stück Schokolade ab. Zog er eine kleine Show für Reid ab? Auf jeden Fall. Schwelgte er in der glühenden Hitze in Reids Augen? Das konnte er nicht leugnen. Das Wissen um die Wirkung, die er auf Reid hatte, durchströmte ihn und ließ ihn atemlos und erregt zurück.

„Wenn du so weitermachst, muss ich mich bald zurückziehen, um etwas Zeit für mich zu verbringen.“

Jarens Herz setzte einen Schlag aus, dank Reids Tonfall, so tief und sexy und voller Verlangen. Und dann war es kein Eis mehr, nach dem er sich sehnte. Seine verwirrenden Gedanken waren jetzt so kristallklar. Sein Bauch flatterte bei dem Gedanken und sein Schwanz wurde hart. Er wollte ihn, mit Körper, Geist und Seele. Er mochte ihn, liebte ihre Freundschaft und seine Gesellschaft, aber er begehrte ihn auch sexuell. Und er war fertig mit dem Warten und Überlegen. Es war Zeit zum Handeln.

Er rieb die schmelzende Schokolade am Stiel über seine Lippen und leckte sie dann ab. Reid murmelte einen Fluch, als er seine Hand gegen die unverkennbare Beule in seinen Shorts presste. „Du bringst mich noch um, Hetero-Junge.“

Jaren legte das Eis auf den Küchentisch. So sehr er es auch genoss, er wollte etwas anderes mehr. Hier war das Zeichen, auf das er gewartet hatte, der Beweis für das, was er wirklich brauchte. „Wie sich herausstellt, ist dieser Junge nicht ganz so hetero“, flüsterte er.

Reid schluckte und sein Adamsapfel wippte. „Bist du dir sicher?“

„Küss mich, Reid. Ich bin bereit.“

Reid erhob sich und kam langsam herüber, als wolle er Jaren die Gelegenheit geben, ihn aufzuhalten. Aber das würde er nicht tun. Er meinte es ernst. Er war bereit.

Reid trat näher, seine Augen bohrten sich in Jarens. „Ich habe so lange darauf gewartet, und jetzt bin ich so nervös wie bei meinem ersten Kuss.“

„Ich bin auch nervös.“

Reid nahm sein Kinn zwischen seine starken Hände, die Fingerspitzen rau und schwielig, winkelte Jarens Kopf genau so an, wie er es wollte, und beugte sich vor. Dann küssten sie sich.

Seine Lippen waren warm und weich, genau wie Jaren sie sich vorgestellt hatte, und der Kuss war so sanft, fast süß und unschuldig, und doch schlug Jarens Herz wie wild. Reid bewegte seinen Mund über Jarens und fuhr mit seiner Zunge in seinen Mund, um ihn zu schmecken. Jaren öffnete seine Lippen, und ihre Zungen trafen sich. Nur die Spitzen – eine erste, sinnliche Erkundung, die das Versprechen auf so viel mehr mit sich brachte.

Jaren öffnete sich und seufzte in Reids Mund, als dessen Zunge seinen Mund erkundete. Hitze sammelte sich in seinem Bauch, sein ganzer Körper vibrierte, als stünde er unter Strom. Er lehnte sich an Reid, und Reid ließ sein Kinn los, schlang seine Arme um ihn und zog ihn an sich, bis Jaren mit dem Rücken an den Küchentisch stieß. Ihre Oberkörper drückten gegeneinander, und Reid presste seine Hüften gegen Jarens, sich der Bewegung nicht einmal bewusst. Die köstliche Reibung ließ Jarens Schwanz in Sekundenschnelle hart werden.

Reids Lippen lagen feucht und glatt auf Jarens, ihre Zungen duellierten sich, bis Jaren kapitulierte und sich an Reid klammerte, sich fast an ihm rieb. Reid ließ seine Hüften kreisen, während er stöhnte, und der Klang vibrierte in Jarens Mund. Er nahm alles in sich auf und erwiderte es mit einem eigenen Stöhnen, und Reid vertiefte den Kuss noch mehr.

Reid zog Jarens Unterlippe zwischen seine Zähne, knabberte und saugte an ihr. Die Funken schossen direkt zu seinen Eiern hinunter. Da Reid nur eine dünne Jogginghose trug und Jarens Baumwollhose auch nicht viel Schutz bot, war der Druck auf seinen Schwanz exquisit. Sein Schwanz pochte und pulsierte in seiner Hose. Er hätte nie gedacht, dass er allein durch Küssen und Frotting kommen könnte, aber wenn Reid so weitermachte, würde er wie ein Vulkan ausbrechen. „Reid …“

Einen Moment lang lehnte sich Reid zurück, seine Augen waren dunkel und brannten bernsteinfarben. „Alles okay?“

„Ja, mehr als okay.“

„Es geht dir nicht zu schnell?“

Tat es das? Nein. Wenn er kein Problem damit hatte, mit Frauen ins Bett zu springen, die er gerade erst kennengelernt hatte – zugegeben, das war schon eine Weile her, aber trotzdem – warum sollte er jetzt zögern? Aber er wusste es zu schätzen, dass Reid sich vergewisserte. „Nein. Ich will das, Reid. Ich will es wirklich.“

„Kann ich uns zum Orgasmus bringen?“

Wärme durchflutete Jarens Inneres. Es war so typisch für Reid, sein Einverständnis einzuholen, bevor er etwas tat. „Bitte.“

Reids Lippen trafen wieder auf die seinen, diesmal etwas fester, und der Kuss brannte heiß vor kaum gezügelter Begierde. Reid wollte ihn, sein Körper bebte vor Verlangen, und dieses Wissen ließ Jarens Lust noch heißer brennen. Er hielt sich an Reids Armen fest, seine Finger gruben sich in seine gut definierten Oberarme, um Halt zu finden. So hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt, und der Drang, zu kommen, war fast nicht mehr zu zügeln. Reid rieb sich an ihm und er presste sich ihm entgegen, ließ seine Hüften kreisen und keuchte in Reids Mund.

„Fühlt sich das gut an, Baby?“, flüsterte Reid.

Baby. Es war ein so gewöhnlicher Kosename und doch sank er tief in Jarens Seele. „So gut. Hör nicht auf.“

„Hatte ich nicht vor. Ich bin schon so verdammt nah dran.“

„Ich auch.“

Sie standen Brust an Brust, Schwanz an Schwanz, und als der Kuss immer fieberhafter wurde, wurden auch ihre Bewegungen unkoordinierter. Jaren stieß seine Hüften nach oben, folgte seinen Instinkten, sein ganzer Körper schmerzte und brannte, bis ihm schwindelig wurde. Ein leises Stöhnen drang über seine Lippen. Er bewegte seine Hüften ein letztes Mal und dann spannten sich seine Eier fest zusammen, bis er seinen Höhepunkt erreichte. Er schauderte, als er kam, und sein Schwanz spritzte in heftigen Stößen in seine Hose, bis Jaren gegen die Brust seines Partners sank, der ihn mühelos auffing. Ein kurzer Blick nach unten machte deutlich, dass auch Reid gekommen war. Er schlang seine Arme um Jaren und hielt ihn fest an sich gepresst. Jaren hing in der Umarmung, klammerte sich an Reid, während sein Herzschlag sich verlangsamte.

So sollte sich also ein Kuss anfühlen. Nicht bequem und passiv, wie die Küsse, die er mit Bridget geteilt hatte, sondern wild und atemberaubend und ein bisschen beängstigend. Überwältigend bis zu dem Punkt, an dem er dachte, er könnte sich in Reid verlieren. Er hatte in dieser Situation nicht das Sagen, musste nicht führen und das fühlte sich wunderbar an. Er konnte loslassen und einfach sein , ohne sich um irgendetwas anderes zu kümmern.

Reid lehnte sich zurück, seine dunkelbraunen Augen suchten Jarens. „Geht es dir gut?“

„Ja.“ Jaren räusperte sich. „Das war ein verdammt guter Kuss. Und einer der besten Orgasmen meines Lebens.“

„Ich versuche wirklich, es langsam angehen zu lassen, aber es ist so verdammt schwer. Mein Verlangen nach dir ist so groß, dass es ein Kampf ist, es im Zaum zu halten.“

Die Wahrheit konnte so sexy und erregend sein. Jaren hatte Reids Leidenschaft gerade erlebt, aber ihn das so unmissverständlich sagen zu hören, machte ihn total an. Und noch besser war, dass Reids Zuneigung von Liebe angeheizt wurde. Er mochte diese Worte nicht aussprechen, er war immer darauf bedacht, es eine Schwärmerei zu nennen, aber Jaren kannte die Tiefe seiner Gefühle. Wie könnte er auch nicht, nachdem Reid ihm seine Zuneigung auf millionenfache Weise gezeigt hatte? Der Mann liebte ihn.

„Du musst es nicht langsam angehen lassen, Reid. Ich bin bereit.“