A ls Bruno zu Flavies Haus südlich von Siorac fuhr, fielen ihm ungewöhnlich viele Polizeikontrollen auf. Hinter Périgueux waren an fast jedem Verkehrskreisel Sperren eingerichtet worden. Zwei Motorradpolizisten, ein Kleinbus mit drei bewaffneten Gendarmen, einer mit Maschinengewehr und alle mit Schutzwesten ausgestattet: Das sprach für eine hohe Alarmstufe. Obwohl er selbst an Uniform und Fahrzeug als Polizist zu erkennen war, wurde Bruno wie alle anderen Verkehrsteilnehmer angehalten und sein Gesicht mit denen auf den Steckbriefen der beiden Ex-Legionäre abgeglichen.
»Das war schnell«, sagte er zu seinem alten Freund Sergent Jules am Checkpoint vor der Brücke von Saint-Denis. »Ich komme gerade von einer Sitzung im Haus der Präfektin, wo ich diese Steckbriefe zum ersten Mal gesehen habe.«
»Wir sind vor einer Stunde über Funk alarmiert worden, und die Steckbriefe kamen übers Netz der Gendarmerie«, erklärte Jules. »Wir haben sie ausgedruckt und sofort die Kontrollstelle eingerichtet. Ein paar Minuten später waren auch schon die Kollegen auf den Motorrädern hier. Da hat jemand aufs Gas gedrückt. Von uns muss jeder ran. Urlaub und arbeitsfreie Tage sind bis auf Weiteres gestrichen.«
»Wie geht’s Yveline mit ihrem verstauchten Fuß?«, fragte Bruno.
»Sie hält die Stellung in der Gendarmerie. Hast du auch mit der Sache zu tun?«
Bruno lächelte und nickte. »Ich bin auf dem Weg nach Siorac wo ich ein paar Leute davon überzeugen will, dass es besser für sie ist, wenn wir sie zu ihrer eigenen Sicherheit in Gewahrsam nehmen.«
»Kenne ich sie?«
»Ja, Flavie, die Sängerin von Les Troubadours. Aber behalt das bitte für dich.«
»Verlass dich drauf. Aber ich funke die Kontrollstelle bei Siorac an und melde dich an. Marcel aus Saint-Cyprien leitet den Einsatz dort, den kennst du ja gut. Pass auf dich auf. Wir sehen uns beim Fest heute Abend. Wir sind zwölf Stunden im Dienst und haben zwölf Stunden frei. Ich bin seit heute früh um sieben im Einsatz.«
Bruno wurde von Marcel an der Sperre durchgewinkt. Wenig später erreichte er den kleinen Weiler Pech Bracou. Flavie lebte in einer Scheune, die sie nach eigenen Plänen hatte umbauen lassen. Der ganze untere Bereich war ein weiter, offener Raum, in dem sie wohnte, probte und gelegentlich Konzerte gab. In der Mitte einer der Längswände gab es eine riesige gemauerte Feuerstelle, deren Kamin majestätisch bis zum Dach aufragte. Gegenüber führte eine breite gläserne Schiebetür hinaus auf eine Terrasse und in einen Garten mit Blick über das Tal der Dordogne. Vor der Stirnwand befanden sich eine offene Küche, ein Badezimmer sowie eine Vorratskammer. Der halbe Raum war offen bis unters Dach; über die andere Hälfte spannte sich ein Zwischenboden, der, über eine Wendeltreppe erreichbar, Platz bot für zwei Schlafzimmer, ein Badezimmer und eine Art Galerie, auf der Flavie ihre Songs probte. Bruno hielt diesen Umbau für den gelungensten, den er je gesehen hatte.
Er war schon einige Male zu Partys und Abendessen hierher eingeladen worden, hatte die Band proben hören und war an einem denkwürdigen Winterabend Gast eines Konzertes gewesen, an das sich eine Party bis zur Morgendämmerung angeschlossen hatte. Von unterwegs hatte er Flavie eine SMS geschickt mit der Nachricht, dass er sie und Joël unbedingt sprechen müsse. »D’accord, ich bin zu Hause«, war ihre Antwort gewesen.
Als er parkte, erwartete sie ihn schon in der Tür. Sie wirkte entspannt in ihrer weiten schwarzen Leinenhose und einer ebenso weiten schwarzen Seidenbluse, in der Hüfte mit einem aus weißen Schnüren gewebten Gürtel gebunden, der zu ihren Espadrilles passte. Ihre Haare fielen lose bis über die Schultern herab.
»Willkommen, du kommst genau richtig zum Kaffee. Ich nehme an, du hast von dem Brand gehört«, sagte sie und bot ihre Wange für ein bisou an. Er nickte, erklärte, dass das offizielle Gutachten noch ausstehe, und folgte ihr durch die Glastür auf die Terrasse, wo das Teleskop stand, mit dem sie nachts den Sternenhimmel betrachtete. Jetzt war es nach unten gerichtet, als habe sie etwas in der Stadt beobachtet.
Joël saß barfuß in Jeans und hellem Poloshirt am Tisch, auf dem Tassen, Unterteller und eine Cafetière standen, und las im Journal du Dimanche. Er blickte auf, als sich Bruno näherte, erhob sich von seinem Stuhl und reichte ihm die Hand. »Was ist so dringend? Sagen Sie bitte nicht, dass Ihr Bürgermeister nach dem Brand das Konzert absagen will.«
»Lass ihn doch erst mal Kaffee trinken«, sagte Flavie. »Vielleicht kannst du uns dann erklären, Bruno, warum so viele Polizisten unten an der Brücke stehen.« Sie zeigte auf ihr Teleskop.
Bruno hatte sich auf dem Weg hierher Gedanken darüber gemacht, wie er Flavie und Joël über die neuesten Entwicklungen informieren und das Angebot des polizeilichen Personengewahrsams auf den Tisch bringen sollte. Wenn sich Joël dagegen sträubte, wollte er zumindest versuchen, Flavie zu überzeugen. Er kannte sie gut genug und war zuversichtlich, dass sie den Ernst der Lage verstand. Wahrscheinlich war auch Joël bewusst, mit welcher Leidenschaft katalanische Politik betrieben wurde, genug, um die daraus resultierenden Gefahren zumindest nicht von der Hand zu weisen. Bruno hatte allerdings die Erfahrung gemacht, dass manche Männer in ihren Reaktionen auf persönliche Gefahr unberechenbar waren. Kampf oder Flucht schienen die üblichen Muster zu sein, doch wusste Bruno, dass die Wirklichkeit komplexer war, vor allem, wenn eine Frau im Spiel war. Joëls instinktiver Impuls, Flavie mit maskuliner Courage zu beeindrucken, mochte in Konflikt geraten mit dem ebenso intuitiven Beschützerinstinkt, gerade in den frühen, schwärmerischen Tagen ihrer Liebesbeziehung.
Bruno hatte beschlossen, dass es sinnlos war, sich länger darüber den Kopf zu zerbrechen. Es war sein Job, alle bekannten Fakten offen anzusprechen und auf die Gefahren hinzuweisen. Wie die beiden damit umgehen würden, war ihre Sache. Wenn möglich würde er bei ihnen bleiben, bis sie das Ganze ausdiskutiert hatten.
»Wir fahnden nach zwei Spaniern, professionellen Killern, von denen zu befürchten ist, dass sie Sie, Joël, töten wollen«, erklärte Bruno und nahm am Tisch Platz.
»Das soll ein Witz sein, oder?«, erwiderte Joël und lachte nervös. Flavie schenkte Bruno gerade Kaffee ein, setzte die Tasse aber plötzlich klappernd ab, schlug eine Hand vor den Mund und ließ sich auf den Stuhl neben Joël sinken.
»Schön wär’s«, entgegnete Bruno und nahm einen Schluck aus der halb vollen Tasse. »Ich komme gerade von einer Sitzung in Périgueux mit der Präfektin und den Chefs von Polizei und Gendarmerie. Per Video war eine hochrangige Geheimdienstmitarbeiterin aus Paris zugeschaltet, die die Gefahr beschrieben hat, in der Sie schweben. Ich bin beauftragt, Ihnen den Schutz der Republik anzubieten, sei es auf einem Militärstützpunkt oder in einer Gendarmerie.«
»Habe ich Sie richtig verstanden? Ich stehe auf der Abschussliste professioneller Killer …?« Joël stockte und schluckte.
»Der spanische Geheimdienst beobachtet zwei ehemalige Mitglieder spanischer Spezialkräfte, Ex-Legionäre, die er als gefährliche politische Extremisten einstuft. Sie sind seit ein paar Tagen untergetaucht. Einer von ihnen ist ein ausgebildeter Scharfschütze. Wir glauben, dass er eine Waffe bei sich hat, mit der man Ziele in einer Entfernung von bis zu zwei Kilometern treffen kann. In einem Fahrzeugwrack wurden Fingerabdrücke sichergestellt, die vermuten lassen, dass sich die Gesuchten hier im Périgord aufhalten. Aufgrund von Hinweisen aus Madrid gehen wir davon aus, dass die beiden es auf Sie, Joël, abgesehen haben.«
Bruno ließ das erst Mal sacken und zeigte dann auf die bewaldete Anhöhe jenseits des Flusses. »Ein gutes Gelände für Scharfschützen. Wenn sie herausfinden, wo Sie sich aufhalten, würde ich an Ihrer Stelle nicht mehr auf diese Terrasse hinausgehen.«
»Von welcher Stelle in Madrid kamen die Hinweise? Aus Regierungskreisen etwa?«, fragte Joël mit einer Spur Misstrauen in der Stimme.
»Von einem spanischen Delegierten des Europäischen Komitees für Sicherheitsfragen, der einen französischen Kollegen informiert hat«, antwortete Bruno. »Die belgischen und deutschen Delegierten sind ebenfalls informiert für den Fall, dass ein Anschlag auf Carles Puigdemont geplant ist.«
»Wissen Sie noch mehr über diese Terroristen, welcher Gruppe sie angehören?«, fragte Joël.
»Wir glauben, dass sie im Irak und in Afghanistan Kampferfahrung gesammelt haben, und offenbar waren beide Mitglieder der Vox-Partei, bis sie sich einer militanten Splittergruppe namens Los Novios angeschlossen haben. So sehen sie aus.« Bruno legte die Fahndungsfotos auf den Tisch. »Ihre Regierung nimmt die Sache sehr ernst und schlägt vor, Sie und Flavie auf einem Militärstützpunkt in Sicherheitsgewahrsam zu nehmen. Wir setzen in der Zwischenzeit alles daran, diese beiden Typen dingfest zu machen.«
»Militärstützpunkt, sagen Sie …?« Joël stockte. Er schaute Flavie an und legte ihr eine Hand auf den Arm.
»Es käme zum Beispiel der Fliegerhorst Mont-de-Marsan infrage. Er ist weiträumig abgesperrt und hat Quartiere für verheiratete Paare. Ein Cousin von mir ist dort stationiert. Eine andere Option wäre Castelnaudary, der Stützpunkt unserer Fremdenlegion in der Nähe von Toulouse. Auch die Gendarmerie bietet Unterbringungsmöglichkeiten, aber deren sichere Kasernen stammen aus dem 19 . Jahrhundert, und die Nassräume sind nicht gerade zu empfehlen.«
»Was ist mit Puigdemont?«
»Wahrscheinlich wissen Sie besser als ich, wo er sich zurzeit aufhält«, erwiderte Bruno. »Mir wurde gesagt, dass er sich in eine Villa bei Brüssel eingemietet hat. Belgien wird ihm bestimmt ebenfalls Schutz anbieten.«
»Woher sollten diese Kerle wissen, dass Joël hier bei mir ist? Es gibt nichts, was auf diese Adresse hinweisen würde«, sagte Flavie, die sich Joël mit einem so liebevollen Blick zuwandte, dass Bruno fast ein wenig neidisch wurde.
»Du bist die Sängerin von Les Troubadours«, antwortete er. »Das macht auch dich zum Ziel. Und wenn die Typen dich beschatten, dürfte ihnen klar sein, dass ihr ein Paar seid. Und natürlich wissen sie alles, was in der Presse oder in den sozialen Medien über dich bekannt ist. Du warst auf der Titelseite der Sud Ouest und wirst wohl, wie ich meinen Freund Gilles kenne, nächste Woche auf dem Cover von Paris Match sein. Hat die Reporterin von France Bleu Périgord nicht erwähnt, dass du in einer kleinen Ortschaft nahe Siorac wohnst?«
»Mon Dieu, ja, du hast recht, das Gespräch mit Marie-Do. Sie war so nett.« Flavie seufzte. »Da gibt es wohl nicht mehr allzu viele Geheimnisse …«
»Bleibt uns Bedenkzeit, auch damit wir uns besprechen können?«, fragte Joël. »Nach dem Scheunenbrand müssen wir auch mit dem Rest der Band reden.«
»Ich will euch nicht unter Druck setzen«, antwortete Bruno. »Wie wär’s, wenn ihr vorerst mit zu mir nach Hause kommt? Da könnt ihr entspannen, ohne Angst vor Scharfschützen haben zu müssen, und euch alles in Ruhe überlegen. Ich muss in den Tennisklub, das heißt, ihr habt Haus und Garten für euch allein. Ich fahre vor, und ihr folgt mir mit deinem Auto, Flavie.«
»Was ist mit dem Konzert am Freitag? Nach dem ganzen Presserummel würde ich es ungern absagen, aber uns bleibt wohl keine Wahl«, sagte Flavie. Sie stand auf und stellte die Tassen zusammen.
»Lass mich das mal machen.« Bruno ging ihr zur Hand. »Packt ihr beide jetzt lieber ein paar Sachen ein. Ihr könnt in meinem Haus übernachten, alles überschlafen und mich dann am Morgen wissen lassen, wie ihr euch entschieden habt.«
»Klingt vernünftig«, meinte Joël und stand ebenfalls auf. »Können wir noch kurz bei mir vorbei und ein paar Sachen holen, Laptop und Koffer?«
»Besser wäre, Sie bitten Ihre Schwester, die Sachen beim Tennisklub von Saint-Denis zu deponieren. Ich bringe sie dann am Abend mit«, schlug Bruno vor. Er hatte das Geschirr auf ein Tablett gestellt, mit dem er nun Richtung Haus ging. »Wer weiß, vielleicht werdet ihr schon beobachtet.«
Eine Viertelstunde später saß Flavie mit ihrem Koffer in seinem Transporter. Joël folgte in seinem Wagen. An der Straßensperre vor Siorac hupte Bruno kurz, um Marcel auf sich aufmerksam zu machen, und sagte ihm, dass das folgende Auto zu ihm gehöre. Marcel winkte sie durch. Jenseits der Brücke ging es in Richtung Coux weiter, und anstatt vor Audrix abzubiegen und die übliche Brücke von Saint-Denis zu nehmen, fuhr Bruno den Fluss entlang, um ihn bei Campagne zu überqueren. Dann bog er in die Straße nach Saint-Cirq und Petit Paris ein, vergewisserte sich, dass ihnen niemand gefolgt war, und erreichte auf Umwegen sein Haus.
Dort bat er Joël, sein Auto hinter der Scheune zu parken, wo es von der Zufahrt aus nicht zu sehen war. Dann führte er die beiden nach oben in die Gästezimmer, die er auf dem grenier eingerichtet hatte, dem Heulager der Schäfer, die früher hier gewohnt hatten.
»Ihr habt auch ein eigenes Badezimmer. Bettzeug, Decken und Kissen liegen im Schrank«, erklärte er. »Wenn ihr Hunger habt, bedient euch bitte unten am Kühlschrank und in der Vorratskammer. Auf einem Regal in der Scheune findet ihr auch pâté und Konserven. Im Hühnerstall dürfte es frische Eier geben.«
»Das ist sehr nett von dir, Bruno«, sagte Flavie und drückte ihm ein Küsschen auf die Wange.
»Ihre Gastlichkeit rührt mich, Bruno, und alles, was Sie über die Jahre für Flavie und Les Troubadours getan haben«, sagte Joël. »Aber ich hätte eine Frage. Wie stehen Sie nach dem gewonnenen Referendum zum Recht Kataloniens auf Unabhängigkeit?«
»Dazu stehe ich genauso wie zu den entsprechenden Fällen Bretagne und Korsika. Oder auch Schottland und sein Unabhängigkeitsreferendum oder der Brexit«, erwiderte Bruno. »Wie ich schon meinen britischen Freunden gesagt habe, halte ich die Aufkündigung eines lang bestehenden verfassungsrechtlichen Bündnisses für eine sehr ernste Angelegenheit. Das kann meiner Meinung nach nicht mit einer einfachen Mehrheit von Ja-Nein-Stimmen entschieden werden, erst recht nicht, wenn an einem solchen Referendum nur vergleichsweise wenige Wählerinnen und Wähler teilnehmen. Ich werde nie verstehen, warum die Briten sich mit dem Brexit so abgeriegelt haben, nach einem Referendum, an dem nur siebenunddreißig Prozent der Wahlberechtigten für den Austritt aus der EU entschieden haben.«
»Nun, bei uns haben 2017 über neunzig Prozent für unsere Unabhängigkeit gestimmt«, entgegnete Joël. »Das ist doch eine ziemlich klare Ansage.«
»Ja, aber viele haben sich geweigert, zur Wahl zu gehen«, sagte Bruno. »Nur rund vierzig Prozent haben überhaupt ihre Stimme abgegeben. Für mich ergibt das noch kein wirkliches Mandat. Beim Brexit lag die Wahlbeteiligung bei rund siebzig Prozent, und davon war nur gut die Hälfte für den Austritt. Ich bin der Meinung, dass das nicht genügt, es sollten mindestens fünfzig Prozent der Wahlberechtigten oder vielleicht sogar fünfundfünfzig oder sechzig Prozent sein, damit der Wille des Volkes außer Frage steht. In den USA bedarf es einer Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern des Kongresses, damit eine Verfassungsänderung zustande kommen kann.«
»Bei uns sind viele daran gehindert worden, zur Wahl zu gehen«, entgegnete Joël.
»Zugegeben, sicher, Sie wissen darüber mehr als ich. Ich erinnere mich allerdings, dass die Entscheidung für das Referendum vom katalanischen Parlament getroffen wurde, aber eben nicht mit der Zweidrittelmehrheit, die für eine Verfassungsänderung notwendig gewesen wäre. Internationale Wahlbeobachter hatten auch einiges zu bemängeln. Umso mehr finde ich, dass für so wichtige Entscheidungen ganz klar große Mehrheiten nötig sind.«
»Ja, aber …«, hob Joël an, doch Flavie fiel ihm ins Wort.
»Lass gut sein, Joël, ihr werdet euch in diesem Punkt nicht einigen. Bruno hat vernünftige Argumente, und er lässt uns in seinem Haus übernachten und bietet uns Schutz. Reiten wir nicht weiter auf diesem Thema herum.«
Joël starrte sie einen Moment lang an, dann nickte er und sagte: »Du hast recht. Ich stecke wohl zu tief in der Sache drin. Was meinen Sie, Bruno? Wie sollen wir, Flavie und ich, uns verhalten? Auf einem Militärstützpunkt verstecken und hoffen, dass Sie die beiden Männer schnappen? Oder wär’s vielleicht besser, wir bleiben hier, wo wir auch halbwegs sicher sind, und treten wie geplant am Freitag auf, allerdings sozusagen undercover? Ein Großteil des Publikums wird das Konzert ohnehin auf einer Videoleinwand verfolgen.«
»Besprechen Sie das am besten mit Ihrer Band«, schlug Bruno vor, aber freute sich doch heimlich, dass Joël in dieser Sache anscheinend ähnlich dachte wie er selbst. »Ich muss jetzt los. Fühlt euch hier wie zu Hause, aber haltet euch lieber bedeckt.«
»Können wir Ihr Internet benutzen?«, fragte Joël.
»Das geht leider nicht. Ich bin mit einem Polizeinetz verbunden, und selbst wenn ich den Zugangscode weitergeben würde, bräuchtet ihr noch meinen Code und meinen Fingerabdruck. Kommst du nicht übers Smartphone ins Internet, Flavie? Joël, Sie sollten Ihres lieber ausschalten und den Akku herausnehmen, damit er nicht geortet werden kann.«
»Ja, das geht«, antwortete Flavie. »Keine Sorge. Wann kommst du zurück?«
»Frühestens gegen zehn. Ihr habt meine Telefonnummer und die von Commissaire Jalipeau Ich werde ihm sagen, dass ihr bei mir seid.«
»Danke für alles, Bruno. Uns geht es hier bestimmt bestens«, sagte Flavie.