Kapitel 57
»Lauren. Baby. Alles okay da drin?«
»Jaja, alles gut. Ich komme gleich raus.«
Lauren betrachtete ihr Spiegelbild in dem dreiteiligen Spiegel. Sie hatte alles dafür getan, dass er glücklich war. Er hatte ihr gesagt, dass Gelb seine Lieblingsfarbe war. Der Sommerschlussverkauf war nun vorbei, und die Läden waren voll mit den neuesten Herbstfarben. Lauren hatte überall suchen müssen, bis sie schließlich eine gelbe Seidenbluse inmitten all der schwarzen, pflaumenblauen und anthrazitfarbenen Kleider gefunden hatte. Sie drehte sich zur Seite und zupfte die Schulterträger zurecht.
»Lauren. Ich mache noch eine Flasche Rotwein auf. Ist das okay?«
»Natürlich, Liebling.«
Sie griff nach dem schmalen, rotgoldenen Röhrchen auf dem Ankleidetisch und öffnete es. Dann legte sie ein wenig roten Lippenstift nach und sprenkelte noch etwas Parfüm auf ihren Hals, bevor sie die Silberkette zurechtzog. Er hatte ihr gesagt, dass er ihr langes Haar mochte. Sie hatte es wachsen lassen. Er hatte ihr gesagt, dass Lammbraten sein Lieblingsessen war. Sie war um sieben Uhr zu Smithfield’s gefahren und hatte eine Unsumme für eine Lammkeule bezahlt. Er hatte gewollt, dass ihre erste Nacht etwas Besonderes wird. Sie hatte die Selbsthilfebücher unter dem Bett versteckt und Duftkerzen entzündet. Sie schaute zu dem Doppelbett zurück. Das brandneue John-Lewis-Bettzeug war vollkommen zerknüllt. Sie schaute auf ihre Handgelenke. Die Spuren auf ihrer Haut verblassten bereits. Sie hatte ihm nicht gesagt, dass die Fesseln zu eng gewesen waren.
»Bitte schön.«
»Danke.« Lauren nahm das Weinglas von ihm an. Sie spürte ein Flattern in ihrem Bauch.
»Alles okay mit dir, Liebling?«, fragte er. Er setzte sich aufs Sofa und klopfte auf den Platz neben sich.
»Ja, alles gut. Ich habe nur nachgedacht. Das mag vielleicht seltsam klingen, aber ich will keine Zeit verschwenden. Weißt du, was ich meine?«
»Ich weiß ganz genau, was du meinst.« Er trank einen Schluck Wein. »Hmmm, das ist wirklich gut. Es schmeckt einfach wunderbar.«
Lauren spürte, dass sie rot anlief, und schmiegte sich an ihn. »Wir hätten natürlich auch ausgehen können, aber ich wollte dir so gerne selbst etwas kochen.«
»Und das weiß ich zu schätzen, Lauren.«
»Wirklich? Das freut mich.«
»Sei doch nicht so überrascht. Du hast diesen Abend wirklich zu etwas Besonderem gemacht. Normalerweise stürze ich mich nicht so einfach in eine Beziehung, aber bei dir …«
Er schob den Finger unter ihren Schulterträger. Sie schnappte unwillkürlich nach Luft, als seine Hand immer tiefer wanderte. Dann umfasste er ihre Brust und drückte so fest zu wie noch nie.
»Gefällt dir das? Möchtest du, dass ich dich noch mal ficke?«
»Ja, das will ich.«
Lauren stellte ihr Glas auf den Tisch. Sie bemerkte noch nicht einmal, dass es dabei umfiel. Rotwein sammelte sich auf dem Tisch und floss wie ein Wasserfall auf den Boden. Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn. Sie schmeckte Blut, als er ihr in die Lippe biss und die dünne Haut platzte.
»Lass uns wieder ins Schlafzimmer gehen«, sagte er.
»Okay. Gib mir eine Minute, dann komme ich.«
Lauren stand auf und ging ins Badezimmer. Sie war vollkommen außer Atem. Die Aufregung ob dessen, was er jetzt wieder tun würde, zog ihr die Lunge zusammen. Sie öffnete den Badezimmerschrank und griff nach dem Asthmaspray. Als sie die Schranktür wieder schloss, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Sie sah sein Spiegelbild im Spiegel. Dann ging das Licht aus.
»Tut mir leid«, sagte er und packte sie am Hals. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Lauren öffnete den Mund. Sie wollte schreien, doch kein Ton kam über ihre Lippen. Sie versuchte, seinen Namen zu sagen, doch der Schlag, als ihr Kopf gegen den Glasspiegel des Badezimmerschranks prallte, trieb das Wort wieder in ihren Leib. Schmerz breitete sich in ihrem Schädel aus. Der Raum drehte sich, als er sie zu sich zog und dann auf den Boden warf.
Ich kann nicht mehr atmen
, versuchte Lauren zu sagen, als sie sich umdrehte und zur Tür kroch. Sie schrie, als er sie am Haar packte und zog. Sie spürte Druck auf ihrem Rücken und Schmerz in der rechten Schulter, als er sie umdrehte.
»Bitte tu das nicht.«
»Bettele nicht.«
Sie spürte, wie seine knochige Kniescheibe in ihre Rippen drückte, als er sich auf sie hockte. Das orangefarbene Glühen der Straßenlaternen draußen drang durch die Lücken in den Rollläden. Die silberne Klinge des Messers flackerte in dem gespenstischen Licht. Sie versuchte, um sich zu treten, doch er drückte ihr grob die raue Hand aufs Gesicht, auf Mund und Nase. Das Messer kam schnell. Ihr Hals fühlte sich warm an. Sie erstickte. Sie hatte das Gefühl, als würde sie ertrinken, doch ihr Gehirn war verwirrt. Wie konnte sie ertrinken, wo sie doch nicht unter Wasser war? Dann wurde die Welt schwarz.