Elf
Micah
Rachel war zufrieden mit den Sachen, die ich für Laurie gekauft hatte. Sie verbrachte eine lange Zeit damit, sie anzusehen und Sachen zu kombinieren. Anscheinend hatte ich sogar die richtige Größe besorgt, obwohl der Mantel, der für einen Fünfjährigen gedacht war, seinen winzigen Körper ertrinken ließ. Aber man konnte in einem Wyoming-Winter nie genügend zusätzlichen Platz im Mantel haben.
Zu den Dingen, die ich für sie gekauft hatte, gab sie keinen Kommentar ab, schichtete sie in den Schrank in ihrem Zimmer, ordentlich und präzise. Sie dankte mir jedoch und auch für die Vitamine. Die winzigen Strampler, die ich für das Baby gekauft hatte, zusammen mit den Windeln und Schnullern, wurden sorgsam in Schubläden gelagert und ich glaubte sogar, dass ich einmal ein kleines Lächeln sah. Laurie half ihr dabei, die Babysachen zu sortieren, und nahm sich eine Menge fokussierter Zeit, um sicherzustellen, dass alle Gegenstände auf eine Weise angeordnet waren, die ihn glücklich machte.
Ich wartete, bis Jeff und Amy beide im Haus waren und Rachel bei Laurie war. Sie hatte sich den Küchentisch geschnappt, um eines der einfacheren Puzzles mit Laurie zu machen, und ich bedeutete Jeff und Amy ins Wohnzimmer zu kommen.
„Wir müssen reden“, verkündete ich und wartete darauf, dass sie sich eine Million Gründe einfallen ließen, warum sie sich nicht hinsetzen und über alles diskutieren wollten.
Stattdessen wechselten Jeff und Amy einen Blick und gingen dann ins Wohnzimmer, wo sie sich nebeneinander auf das lange Sofa setzten.
Ich setzte mich ihnen gegenüber und musterte ihre Gesichter. Amy sah aus, als ob sie anfangen würde zu weinen, Jeff wollte meinem Blick nicht begegnen und seine Wangen waren gerötet. Ich nahm an, dass er wütend war, aber ich war mir nicht sicher, was in Amy das Bedürfnis weckte zu weinen.
Dann machte sie mit einem scharfen Satz alles klar.
„Das ist unser einziges Zuhause. Du kannst uns nicht rauswerfen“, platzte sie heraus und suchte blind nach der Hand ihres Mannes, die Jeff ohne Widerrede bot.
Ich blinzelte sie an. „Ich bitte euch nicht zu gehen“, sagte ich.
„Wir wissen, dass dies dein Land ist, dein Haus“, sagte Jeff. „Wir wissen, dass wir nur Aufpasser sind, aber wir werden nicht jünger und wir werden mit dir um das Recht kämpfen, hierzubleiben. Wir haben mit einem Anwalt gesprochen und er hat gesagt, dass du uns nicht einfach rauswerfen kannst, nicht nach allem, was wir getan haben.“
Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell vor Wut und Frustration.
„Ohne uns hättest du kein Zimmer, in dem du sitzen kannst“, schnappte Amy und ich konnte sehen, dass sie anfing, wütend zu werden.
„Moment.“ Ich hob eine Hand. „Wartet einen Moment. Niemand wirft irgendjemanden hinaus. Zur Hölle, wir verdanken euch alles, weil ihr hiergeblieben seid, als Rachel und ich das nicht konnten. Aber das hier ist mein Land und ich möchte, dass Rachel sich hier ein Zuhause schafft. Sie wird ihr eigenes Heim brauchen, in dem sie die Kinder großziehen kann und sie wird ihre Tante Amy und ihren Onkel Jeff brauchen. Also geht niemand.“
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und wartete auf ihre Reaktion. Ich würde diese Ecke verteidigen. Amy und Jeff waren Rachels einzige Familie und sie brauchte die Lennox Ranch, um sich ein Leben aufzubauen.
Amy musterte mich konzentriert und beugte sich dann auf dem Sofa vor, hielt immer noch Jeffs Hand fest.
„Aber du bleibst nicht“, sagte sie, hatte das Fehlen von Informationen über meine Pläne bemerkt. Ich hatte so viele Antworten, die ich hätte geben können. Dass ich nicht bleiben konnte, weil ich vor neun Jahren versprochen hatte, nie wieder zurückzukommen. Oder dass, wenn das Gesetz uns einholte, ich bereits entschieden hatte, was ich tun würde. Oder vielleicht, dass ich woanders auf einer Ranch einen Job hatte. Ich entschied mich, Einzelheiten zu meiden.
„Nein.“
Jeff sah erleichtert aus und ich glaubte, dass Amy enttäuscht wirkte. Ich wusste nicht, wie ich beide Schlachten austragen sollte, darum machte ich weiter.
„Ich möchte ein paar Jungs anheuern, damit das Land in Ordnung gebracht wird.“ Jeff öffnete seinen Mund, um sich zu verteidigen, aber das brauchte ich nicht zu hören. „Jeff, du bist ein Mann und dieses Land ist ein Miststück. Ich möchte den Bach zurück, den Steinschlag einzäunen, ich will, dass die Schlafbaracken repariert werden, Pläne für zwei Helfer, die hierbleiben, um dir zu helfen. Wir haben nicht das Geld, um das alles zu stemmen, darum werde ich mit Scott über das Angebot für das Land im Osten reden.“
„Du willst einen Teil der Ranch verkaufen?“ Amy war entsetzt. „Sie Apartments und Gott weiß was auf dem Land deines Papas bauen lassen?“
„Meines. Im Moment gehört das alles mir. Einen Teil zu verkaufen bedeutet, dass wir Rachel ein Haus bauen, ihre Zukunft sichern, in die Ranch investieren, sie für Laurie und seinen Bruder oder seine Schwester erhalten können. Dann, wenn ich fort bin, werde ich alles Rachel und den Kindern vermachen.“
Jeff schien bereit zu sein, meinem Blick zu begegnen, darum ließ ich ihn reden.
„Das ist alles, was wir tun können. Wir sind reich an Land aber arm an Geld und der junge Scott hat mir versichert, dass es Luxuswohnungen sein werden. Besitzer, die nur zeitweise hier sind und sich den Traum von einem abgeschiedenen Leben in Wyoming kaufen.“ Er klang, als würde er aus einer Broschüre zitieren, wahrscheinlich wiederholte er Scotts Worte. „Wir könnten einen Zaun aushandeln und die Zugangsrechte verkaufen. Das wäre eine Menge Geld für die Ranch.“
Schweigen und Jeff und Amy tauschten Blicke.
„Wo wirst du hingehen?“, fragte Amy.
„Das hat nichts hiermit zu tun. Ich habe jeden Dollar, den ich erübrigen konnte, hierher geschickt, aber es könnte eine Zeit kommen, wenn ich das nicht mehr kann und dann muss die Ranch in einer Position sein, in der sie sich trägt.“
Für den Fall, dass mir etwas zustößt .
Ich hatte diese Entscheidung am Vortag getroffen, während ich über das Land gewandert war, gesehen hatte, wie es dalag und darüber nachgedacht hatte, wie es eine Zukunft für zumindest eines der Lennox Kinder sein konnte. Es war nur so, dass das Rachel war. Ich musste noch erklären, was ich vorhatte und sie dazu bringen zuzustimmen. Kinder brauchten ihre Mutter und ich hatte niemanden mehr, den ich enttäuschen konnte.
Jeff stand schließlich auf, nahm Amy mit sich und schüttelte meine Hand.
„In Ordnung“, sagte er. „In Ordnung.“
Amy runzelte die Stirn, als ob sie versuchte, den schwierigsten Teil dieses Puzzles zu lösen.
„Warum machst du das?“, fragte sie. Sie hob die Hand, um mein Gesicht zu berühren, aber ich fing sie ab. Was war nur los, dass die Leute mich anfassen wollten? Sie hatte uns Kindern Zuneigung gezeigt, als wir noch klein waren, war diejenige, die so etwas wie eine Leihmutter für uns geworden war, aber wir waren uns nie nahegestanden.
„Es ist erledigt“, war alles, was ich sagte. Ich hoffte, dass diese Worte ausreichten, sie davon abzuhalten, weitere Fragen zu stellen. Ich ging und suchte Rachel, die auf einen schlafenden Laurie aufpasste.
„Wir müssen reden“, sagte ich und setzte mich auf den Boden, meinen Rücken der geschlossenen Tür zugewandt.
Sie sah verängstigt aus, schaute hinter mich auf die Tür. „Was ist los? Sind sie hier?“
„Wer, Rachel? Wer sollte hier sein? Meinst du die Polizei oder denkst du, die anderen aus dem Kult werden dich finden? Ich muss wissen, womit ich es zu tun habe.“
Sie schüttelte ihren Kopf. „Niemand verlässt diesen Ort. Niemand wird melden, was passiert ist. Sie sind Überlebenskünstler, von der Außenwelt abgeschnitten.“
„Kannst du dir da sicher sein?“ Ich musste sie drängen und sogar diese kleine Frage ließ sie das Gesicht verziehen.
„Ich glaube schon.“ Ihre Schultern sanken nach unten, sie weinte.
„Du musst mir etwas versprechen.“
Sie legte ihre andere Hand auf ihren Bauch und drehte sich mir ein wenig zu, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Was versprechen?“
„Wenn die Polizei kommt, und das könnte passieren, musst du ihnen sagen, dass ich es war, der Callum erschossen hat.“
Ihre Augen weiteten sich und sie schüttelte stumm ihren Kopf, packte meine Hand.
„Das musst du mir versprechen“, beharrte ich.
„Micah, nein—“
„Ich habe nichts zu verlieren, aber ich werde nicht zulassen, dass deine Kinder ihre Mutter verlieren. Verstehst du?“
„Nein.“
„Laurie braucht dich, dein Baby braucht dich. Ich organisiere alles, damit du die Ranch bekommst, du schaffst dir hier ein Heim, das machst du für mich, klar? Aber vor allem erzählst du ihnen, dass ich diesen Bastard erschossen habe, dass es Selbstverteidigung war, aber dass ich den Abzug gedrückt habe.“
Sie ließ meine Hand los und hob dann ihre eigene und ich zuckte nicht zusammen, als sie meine Wange umfasste und mit einem Daumen über meinen Wangenknochen strich.
„Ich wollte ihn für das umbringen, was er uns angetan hat“, sagte sie und weinte erneut, nackte Emotion in ihrer Stimme. „Du solltest nicht wegen seinen Sünden gegen mich und Laurie leiden.“
Ich fing ihre Hand ein, aber nicht, um sie wegzuschieben, um sie festzuhalten, dann drehte ich sie, um einen Kuss auf ihre Handfläche zu drücken.
„Alles wird gut.“
Wir umarmten uns zum ersten Mal, seit sie von Zuhause weggegangen war und sie hielt mich an sich gedrückt. Sie weinte und ich wiegte sie und irgendwie war in diesen wenigen Minuten all der schreckliche Scheiß in unseren Leben fort.
Und ich fühlte mich, als ob die hohlen Teile in mir sogar noch sichtbarer waren als zuvor.
Es dauerte lange, ehe ich einschlief, obwohl ich körperlich erschöpft war. Ich hatte den Tag damit verbracht, die Brunnenabdeckung zu reparieren, gute, ehrliche Arbeit und hatte mich dann um die Pferde gekümmert, als ob ich nie fort gewesen wäre.
Zumindest hatte ich den Punkt erreicht, wo ich gedankliche Klarheit in Bezug auf mein Erbe hatte. Das Stück Land musste verkauft werden, wenn der Rest der Lennox Ranch überleben sollte. Sobald ich aufwachte, würde ich Scott in seinem Büro anrufen, um ihm zu sagen, dass ich über den Verkauf verhandeln wollte und das war so ziemlich alles, was ich tun konnte.
Und natürlich war Daniel in meinem Kopf präsent, als ich einschlief, weil ich keine Kontrolle über meine Gedanken hatte.
Ich hatte versucht, nicht an ihn zu denken, nicht in der Zeit, seit wir zurückgekommen waren, aber das Bedauern über das, was ich getan hatte und wie sehr ich den Mann, den ich liebte, verletzt hatte, waren mehr, als ich unterdrücken konnte.
Er hatte die wunderschönsten Augen und ich hatte mich so sehr in ihn verliebt.
So sehr, dass ich seitdem nichts Vergleichbares erlebt hatte.
Die Albträume hatten schon vor langer Zeit aufgehört, ich hatte mich so sehr an sie gewöhnt, dass ich mich selbst trainiert hatte, aufzuwachen, wie ein Instinkt zur Selbsterhaltung, aber ich schlief nicht. Ich verbrachte eine Ewigkeit damit, an die Decke zu starren und mich dann hin und her zu wälzen. Zwei Uhr und ich war immer noch wach. Ich wusste, dass ich am Morgen dafür bezahlen würde, weil meine innere Uhr auf Ranch-Zeit eingestellt war. Ich drehte mich um und konzentrierte mich darauf, jeden Muskel zu entspannen.
Der nächste Tag konnte nicht früh genug beginnen.