Drei­und­zwanzig
Micah
Der Zaun, der unser Land von dem trennte, was zu Sheridan Besitz werden würde, war beinahe fertig. Wir hatten versucht, ihn so robust wie möglich zu bauen, hatten lange gearbeitet, um ihn fertigzustellen. Als das Arbeiter-Team nach Hause fuhr, nachdem der Schnee sich weigerte, nachzulassen, war nur ich hier draußen. Ich ging den Zaun entlang bis zur Brücke, ehe ich wieder den Hügel hinauf zur Ranch wanderte. Ein Auto fuhr die Straße entlang, aber es war zu weit weg, als dass ich sehen konnte, wer es war und ich erkannte das Fahrzeug überhaupt nicht.
Ich muss zugeben, dass mein Herz zunächst einen kleinen Sprung tat, bei dem Gedanken, dass es Daniel sein könnte. Nachdem ich gegangen, die Notiz hinterlassen hatte, war ich im Chaos gelandet. Oliver war unruhig, machte all die Dinge, die Neugeborene so machten, Laurie schwankte zwischen aufgeregt und eifersüchtig. Dazu noch die Arbeit auf der Ranch und es waren drei Tage vergangen, seit ich Daniel gesehen hatte und ich konnte nicht verhindern, dass ich mir Sorgen darüber machte, wie er sich nach dem, was wir getan hatten, fühlte. Er war nicht auf Besuch zur Ranch gekommen, tatsächlich hatte sein Dad Rachel untersucht, verkündet, dass Mutter und Kind wohlauf waren.
Mied er mich?
Wir hatten uns für eine Weile unterhalten, aber über nichts Persönliches und wir waren respektvoll miteinander. Er hatte mir sogar die Hand geschüttelt, als er gegangen war und mir gesagt, dass er froh war, dass ich wieder da war.
Es hatte sogar so geklungen, als ob er es ernst meinte.
Ich erreichte schließlich das Haus, nachdem ich meine Schritte beschleunigt hatte. Immerhin befand eine fremde Person sich auf unserem Land. Was ich sah, beruhigte mich nicht. Jeff stand an der Tür, die er hinter sich geschlossen hatte und er hatte ein Gewehr in der Hand. Vor ihm stand die Gestalt eines Mannes, aber aus der Entfernung konnte ich nur sehen, dass er dunkle Haare hatte und groß war. Ich fing an zu laufen und stand dann zwischen Jeff und dem Fremden.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich höflich. „Leg die Waffe weg, Jeff.“
Jeff murmelte etwas über idiotische Narren, stapfte aber ins Haus und schlug die Tür zu.
„Ich bin hier, um mit Rachel Prince zu reden.“
Ich verbarg meine Furcht. Prince war Rachels Ehename. Wer sollte hier nach ihr suchen?
„Und Sie sind?“ Ich verschränkte meine Arme vor meinem Brustkorb und versuchte, bedrohlich auszusehen, aber dieser Typ war mindestens zehn Zentimeter größer und hatte deutlich mehr Gewicht als ich. Er war muskulös und stark und genauso einschüchternd, wie ich es zu sein versuchte.
„Meine Karte“, sagte er und hielt sie mir hin. Ich bewegte mich nicht und ich nahm ganz sicher nicht die verdammte Visitenkarte. „Wohnt Rachel Prince hier?“
„Und ich frage wieder, wer zur Hölle sind Sie?“
„Jemand, der wirklich mit Rachel Prince sprechen muss.“
Wir befanden uns in einer Sackgasse. Offensichtlich. Wenn der Typ ein Polizist gewesen wäre, hätte er sicherlich mittlerweile seine Marke gezeigt.
„Rachel Prince wohnt hier nicht.“
Die Tür öffnete sich hinter mir und Rachel rief fragend meinen Namen. „Micah?“
Ich drehte mich nicht um. „Geh zurück ins Haus.“
Die Augen des großen Mannes weiteten sich. „Rachel Prince? Können wir reden?“
„Geh. Zurück. Ins. Haus.“ Ich bestand darauf und sie tat es, Gott sei Dank.
Wir starrten einander an und ich glaubte, wenn er mich hätte überwältigen wollen, hätte er das tun, direkt über mich trampeln können, um zu meiner Schwester zu kommen. Ich spannte mich an, bereit für einen Kampf.
„Bitte“, murmelte er und es war, als ob jemand all seine Schnüre durchschnitten hätte. Trauer stand in seinem Gesicht und Mitgefühl. Als ich nicht reagierte, nickte er, als ob er verstand, was ich tat. „Ich bin in Collier Springs, im Mennier Bed and Breakfast.“ Er seufzte und drehte sich um, hielt an und sah mich erneut an.
„Was?“, fragte ich abweisend.
„Meine Cousine, Natalie, starb vor acht Jahren auf dem Gelände des Kultes der Brothers of Chiron“, sagte er und wandte sich dann zum Gehen. Die Nachricht schockierte mich—dass der Grund, warum er hier war, nicht war, um Rachel zu befragen, sondern um sie mit seiner Cousine in Verbindung zu bringen.
Ich knackte mit meinem Hals und entschied, dass das hier nicht vorbei war und dass ich mit ihm reden musste. Ich musste einen besseren Eindruck von dem bekommen, was vor sich ging, darum folgte ich dem Mann zu seinem Auto, fort von der relativen Sicherheit des Hauses und Jeffs Gewehr.
Ich hielt ihm meine Hand hin. „Micah Lennox. Ich bin Rachels Bruder.“
Er schüttelte sie vorsichtig. „Connor Mason. Privatdetektiv.“
„Was wollen Sie von uns?“
Für mich sah es so aus, als würde er abwägen, was er zu mir sagen sollte und das war gefährlich. Ich konnte mit Unehrlichkeit nicht umgehen, nicht im Moment, wenn die Sicherheit meiner Schwester auf dem Spiel stand.
„Ich würde gerne mit Ihrer Schwester reden, wenn das möglich ist.“
„Nein.“
Er musterte mich ruhig und schloss dann seine Augen und ich sah wieder die nackte Trauer in seinem Gesicht. „Sie haben die Leiche meiner Cousine zehn Kilometer vom Kultgelände entfernt in einem Bach gefunden und die Polizei konnte sie nicht mit dem Kult in Verbindung bringen, aber dort war sie gewesen. Sie hatte mich kontaktiert, mir gesagt, dass sie gehen wollte, dass sie Angst hatte. Ich hatte nicht so viel Glück wie Sie. Als ich an unserem Treffpunkt ankam, war sie nicht da. Ich war zu spät gekommen.“
Ich hatte in meinem Leben schon Täuschung gesehen. Das hier war es nicht. In seinen Worten lag rohe Ehrlichkeit und ich vertraute meinen Instinkten, dass er nicht hier war, um uns zu schaden.
„Wie haben Sie Rachel gefunden?“
Er musterte das Haus.
„Überwachungskameras“, sagte er, als er sich mir wieder zuwandte. „Ein besorgter Vater hat mich angeheuert, um seinen Sohn zu finden.“
„Und der Sohn war mit Rachel zusammen dort?“
„Ja.“
Ich erinnerte mich an die Schatten in der Dunkelheit. „Ein Kind?“
„Nein.“
Der beißende Wind war mehr, als der Privatdetektiv ertragen konnte. Ausgehend von seiner gebräunten Haut, war er eher an die Sonne als an Schnee gewöhnt und er zitterte in seinem dicken Mantel.
„Wobei, denken Sie, kann Rachel Ihnen helfen?“
Er seufzte und schloss kurz seine Augen, als ob er das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen würde. „Hoffnung. Das ist alles, wonach ich suche. Nur Hoffnung.“ Seine grünen Augen glänzten vor Emotionen. Ich konnte dieses Bedürfnis teilen. Hoffnung ist alles, worum wir im Leben je bitten können.
„Kommen Sie mit.“
Ich brachte ihn durch den Stall zu meinem Zimmer in der Schlafbaracke und sagte ihm, dass er warten sollte, ehe ich wieder ins Haus ging und Rachel suchte. Sie war im Schlafzimmer, brachte einen müden Laurie für ein Nickerchen ins Bett.
„Ich denke, wir sollten mit ihm reden, herausfinden, was er will.“
Sie sah mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte und vielleicht hatte ich das, aber es gab hier zu viele Geheimnisse und wenn Überwachungsmaterial ihn zu Rachel geführt hatte, wer wusste dann, wie viele Leute diese Information hatten? Wenn wir herausfinden konnten, was er hatte, vernünftig mit ihm redeten, dann würde Rachel vielleicht in Sicherheit sein.
„Micah, bist du dir sicher?“
Sie hob Oliver hoch, der in eine Decke gewickelt war und wartete darauf, dass ich erklärte, warum ich überhaupt dachte, mit einem Fremden zu reden wäre eine gute Idee.
„Wir müssen uns sicher sein, was er weiß, Schwester.“
Sie nahm das so hin und wir wickelten Oliver noch dicker ein und gingen zum Stall. Ich nahm ihr Oliver ab und sie folgte mir langsam.
„Danke, das bedeutet mir so viel.“ Connor stand auf, aber ich hatte eine Warnung für ihn.
„Ich bleibe hier und ich werde es beenden, wenn es zu viel wird.“
Er nickte.
Wie es aussah, hatten wir einen Deal.
Wir saßen zu dritt in einem losen Kreis in dem kleinen Zimmer, die beiden Heizungen liefen auf Hochtouren. Zumindest waren wir auf diese Weise aus dem Haus und weg von Amy und Jeff und ich hoffte, dass Laurie weiterschlief. Amy hatte gesagt, dass sie auf ihn aufpassen würde und ich konnte sehen, dass sie unbedingt wissen wollte, was los war, aber ich sagte ihr nichts. Noch nicht.
Connor war höflich und ruhig, zeigte nichts von dem Stress, den ich zuvor an ihm gesehen hatte. Er hatte eine Liste an Fragen und ein Foto, das aussah, als ob es in einer Geldbörse oder etwas Ähnlichem gewesen wäre, weil es so zerknittert war. Ich fragte mich, ob an dieser Geschichte nicht mehr dran war als ein Privatdetektiv, der nach dem Sohn eines Mannes suchte. Er hatte seine Cousine erwähnt, aber nicht die Identität des Mannes, nach dem er suchte. Ich nahm an, das war Teil seines Vertrags, dass er dieses Wissen für sich behielt.
Er zeigte Rachel das Bild eines dunkelhaarigen Mannes. Sie wurde blass und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Max“, murmelte sie. „Er hat uns geholfen. Ich habe ihn nicht gesehen, als wir gegangen sind. Ich weiß nicht, ob er noch auf dem Gelände war oder ob er auch geflohen ist, wie er es gesagt hat. Ich weiß nicht, wo er ist. Es tut mir leid.“
Connors Schultern sackten nach unten, aber er blieb professionell. „Können Sie mir irgendetwas darüber erzählen, was er gemacht hat oder was er zu Ihnen gesagt hat?“
Sie schüttelte ihren Kopf und Oliver regte sich in ihren Armen. Er fing ihren Daumen in seiner winzigen Hand und meine fantasiereiche Seite dachte, dass er vielleicht seine Mama unterstützte.
„Ich durfte nicht mit ihm reden, aber er war neu, ein Bekehrter, das wurde mir zumindest erzählt. Am Tag bevor ich geflohen bin, hat er mich aufgesucht und mir gesagt, dass ich weglaufen sollte, wenn ich das könnte. Er hat mir sein Handy gegeben und ich habe Micah angerufen. Das war das letzte Mal, dass ich Max gesehen habe.“
„Ich nehme nicht an, dass Sie das Handy noch haben?“, fragte Connor mit einem Hauch Optimismus in seiner Stimme.
„Nein, ich habe es versteckt.“
Connors Hoffnungen wurden zunichtegemacht. „Dann ist es mit allem anderen verbrannt.“
„Was hat gebrannt?“, fragte sie und wandte sich mir zu, als ob ich es wüsste. Ich schüttelte den Kopf, er hatte mir das nicht erzählt und obwohl ich regelmäßig nachsah, war nichts in den Nachrichten gekommen.
„Jemand hat das Gebäude angezündet, zumindest das Hauptgebäude.“
„Die Kinder?“, Rachel war weiß und ich rutschte näher, um sie und Oliver zu halten. „Da waren Kinder, geht es ihnen gut?“
Er schüttelte seinen Kopf. „Ich weiß nicht, wer überlebt hat und wer gestorben ist. Ich wünschte, das täte ich.“
Ich konnte sehen, dass er log, aber in diesem Moment wollte ich nicht, dass Rachel irgendwelche Wahrheiten über Leute, die sie vielleicht gekannt hatte und die gestorben waren, hörte, vor allem nicht über die Kinder, von denen sie gesprochen hatte. Wenigstens glaubte Rachel ihm und das war alles, was zählte. Als er mich ansah, nickte ich leicht, um meine Dankbarkeit zu zeigen, und er nickte ebenfalls.
„Das Handy war in der Waschküche, wenn sie gebrannt hat, dann ist es zerstört.“
Connor öffnete einen Ordner und machte Anstalten, ein Foto der ausgebrannten Gebäude herauszuziehen und ich dachte, dass ich im Vordergrund Leichen sah, darum hielt ich ihn mit einer Berührung an seiner Hand auf. „Keine Fotos.“
Er wurde rot vor Scham. „Scheiße, es tut mir leid. Ich habe nicht mitgedacht.“
„Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr helfen.“ Rachel wiegte Oliver und ihre Augen glänzten. Ich dachte, dass sie vielleicht anfangen würde zu weinen. „Max war ein netter Mann, ich konnte nie verstehen, warum er überhaupt dort war.“
„Das ist eine lange Geschichte“, murmelte Connor.
Ehe er ging, den Ordner eng an seinen Brustkorb gedrückt, schüttelte er mir die Hand und gab uns seine Karte, die ich dieses Mal nahm.
„Danke“, sagte er einfach und wir beide sahen zu, wie er wegfuhr.
Rachel lehnte sich an mich und zusammen gingen wir zurück ins Haus, Oliver schlief tief und fest in ihren Armen und wir schlichen, so leise wir konnten, durch die Küche, um Oliver nicht zu wecken. Ich folgte ihr zu ihrem Zimmer, ging direkt an Jeff vorbei, der eindeutig Antworten wollte. Ich hob eine Hand, um fünf Minuten anzudeuten, und er wandte sich wieder Amy zu, die in der Vorratskammer stand.
Rachel umarmte mich erleichtert, aber ich machte mir Sorgen. Wenn ein Mann Rachel finden und sie mit dem in Verbindung bringen konnte, was geschehen war … was war dann, wenn er dieses Überwachungsmaterial anderen zeigte, von dem, was passiert war oder wer dort gewesen war?
„Alles wird gut“, sagte Rachel und legte Oliver in seine Wiege.
„Wie Rachel? Wenn eine Person uns finden kann, was hält sie dann davon ab, uns mit dem in Verbindung zu bringen, was wir mit Callum Prince gemacht haben? Wie können wir verbergen, dass wir ihn getötet haben?“
Der überraschte Laut hinter mir ließ mich auf dem Absatz herumfahren. Ich stand direkt vor Daniel.
Scheiße.
Er sah mich vorsichtig an. Was machte er hier überhaupt?
„Willst du mir sagen, wie du das gerade gemeint hast?“ Er schob seine Hände in seine Manteltaschen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich nichts tun. Es war Rachel, die Daniel ins Zimmer zog und die Tür schloss. Wie dumm war es, über das, was passiert war, zu reden, nur weil Jeff und Amy sicher in der gottverdammten Vorratskammer auf der anderen Seite des Hauses waren?
„Amy hat mich reingelassen“, erklärte Daniel. Er griff jedenfalls nicht nach seinem Handy, um die Polizei zu rufen, oder tat angewidert oder war wütend.
Ich konnte immer noch nicht sprechen. Rachel trat vor, warf einen Blick auf ihre schlafenden Söhne und spannte ihre Schultern an. Das war eine liebende Mutter in Aktion.
„Mein Ehemann hat mir und Laurie wehgetan. Einer von vielen. Ich habe keine Ahnung, wer die Väter der Jungen sind und ich muss nicht erklären warum. Er hat versucht, mich am Gehen zu hindern, als Micah gekommen ist, um mich zu retten, und ich habe ihn erschossen.“
„Nein, hat sie nicht“, sagte ich dringlich. „Ich war es. Ich trage die Schuld.“
Rachel hob eine Hand. „Hör auf, Micah. Ich habe nichts Falsches getan. Ich habe meine Babys vor einem Mann beschützt, der mich beinahe umgebracht hätte.“
„Du hast ihn in Notwehr erschossen“, fasste Daniel zusammen.
„Ja.“
Sie forderte Daniel heraus, etwas zu sagen, die Polizei zu rufen, irgendetwas, damit es erledigt war und sie sich darum kümmern konnte. Das war es, was ich hätte tun sollen, aber ich hatte seinen Gesichtsausdruck gesehen, er hatte mich angesehen und da war Furcht in seinen Augen gewesen. Ich verlor ihn.
Hatte ich ihn überhaupt je besessen?
Sein Gesichtsausdruck war unleserlich. „Du hättest es mir sagen sollen“, meinte er.
Ich wollte einwenden, dass es nichts gab, was ich ihm hätte sagen müssen, dass ich meine Schwester beschützt hatte, aber ich hatte ihm gesagt, dass ich nie aufgehört hatte, ihn zu lieben und ich hatte ihm gesagt, dass wir eine Zukunft hatten.
Er trat zu mir und umarmte mich. Das hatte ich nicht erwartet und ich erwiderte die Umarmung nicht, bis er mich losließ und Rachel umarmte. Sie standen eine lange Zeit zusammen und er sagte ihr, dass er ihr Geheimnis um ihrer Söhne willen bewahren würde.
Und das war alles, was man verlangen konnte.
Ich folgte ihm, als er ging, den ganzen Weg zu seinem Auto und er sagte kein einziges Wort. Es hätte auf zwei Arten ablaufen können. Er hätte sich aufregen und mich anschreien können und dann wäre es zwischen uns aus gewesen. Oder er hätte kalt, schweigend weggehen können und dann wäre es zwischen uns aus gewesen.
So oder so war es aus zwischen uns.
In der letzten Minute, bei seinem Auto, drehte er sich zu mir um und ich wäre beinahe gegen ihn geprallt.
„Ich habe für meine Familie getan, was ich musste“, sagte ich und schloss meine Augen, wartete darauf, dass er mich schlug oder mich anschrie oder irgendetwas, um die verrückte Spannung zwischen uns zu lösen.
Stattdessen küsste er mich, tief, als ob dies der letzte aller Küsse wäre. Ich klammerte mich so sehr an ihn, wie er sich an mich und ich wollte ihn nicht loslassen. Bitte, geh nicht .
Wir trennten uns und er lächelte mich an. „Ich liebe dich“, sagte er.
„Moment? Was?“
Da grinste er. „Du musst auch sagen, dass du mich liebst.“
Wie konnte er in diesem Moment lächeln und scherzen? „Das ist ernst.“
Er umfasste mein Gesicht und ich kämpfte gegen den Instinkt, mich loszureißen, und ließ ihn reden. Das schuldete ich ihm.
„Ich liebe dich und was du für Rachel getan hast und das Geheimnis, das du bewahrt hast, trotz allem. Du hast sie beschützt und du hast versucht, da drin die Schuld auf dich zu nehmen, sogar nachdem sie mir erzählt hatte, was sie getan hat. Ich mache ihr keinen Vorwurf, ich kann mir die Furcht und den Schmerz vorstellen, die sie durchlitten hat.“
„Aber du gehst.“
„Ich bin in Bereitschaft. Ich sollte im Moment eigentlich in der Stadt sein. Ich komme heute Abend zurück oder du und Rachel könntet zu mir kommen, die Kinder mitbringen. Wir können reden.“
Dann hielt er mich und wir küssten uns erneut, bis unsere Lippen heiß waren, aber unsere Finger eisig kalt. Erst da trennten wir uns und er ging.
Ich konnte nur daran denken, was er über Furcht und Schmerz gesagt hatte und dass Rachel verkündet hatte, dass sie Callum erschossen hatte. Was passierte, wenn andere es erfuhren? Was würde mit Rachel passieren? Den Kindern?
Und mit absoluter Sicherheit wusste ich, was ich zu tun hatte.