TGI-Friday’s-Parkplatz
915 Braverman Avenue
Jacksonville, North Carolina
21:15 Uhr
Swagger beendete seine Mahlzeit, lehnte sich zurück und versuchte, sich etwas zu entspannen. Er sehnte sich nach Schnaps, seiner Tochter, seiner Frau, einem einfachen Leben und unbegrenzt viel Zeit zum Schlafen, und er erzählte sich selbst einige harmlose Lügen über eine tiefe und lohnende platonische Freundschaft zu Susan Okada. Warum träumte er nicht davon, alles zu haben? Aber nichts davon war in Aussicht. Schlimmer noch, zu dieser späten Uhrzeit tat seine Hüfte manchmal etwas weh. In den letzten paar Monaten schien es besser geworden zu sein, aber wenn er sie im Laufe eines langen Tages zu stark belastete, konnte sie sich entzünden und unschöne Erinnerungen heraufbeschwören. Jetzt fühlte sie sich unruhig an, wie in der Vorphase des Schmerzes.
Er gab der Kellnerin ein Signal, reichte ihr 20 Dollar, wartete auf das Wechselgeld, ließ ein großzügiges Trinkgeld zurück, nahm die Rechnung, steckte sie in die Aktentasche und stand auf, wobei er dem gesunden Bein den Vorzug gab. Eine Welle der Steifheit überkam ihn, aber er schüttelte sie ab, ging durch die Vordertür hinaus und suchte sein Auto auf dem Parkplatz. Hmm, ein Mietwagen, was war es noch mal, ach ja, ein Ford Taurus, den er auf Kosten der Regierung bei Hertz gemietet hatte. Er entdeckte ihn und ging durch die halb gefüllten Parkreihen auf ihn zu, hinter einem Schirm aus niedrigen Büschen entlang der Straße, all das rotgolden im Neonlicht des großen TGI-Friday’s-Schilds ganz oben. Er erreichte seine Reihe und bog ab, um zu seinem Auto zu gehen.
Als der Kerl ihn angriff, tat er es mit voller Wucht und quetschte Bob gegen das Heck des Wagens. Es war nicht besonders schmerzhaft, führte aber dazu, dass er vollkommen die Koordination verlor.
»Was zum …!«, hörte Swagger sich selbst hervorstoßen, während die Muskelkraft seines Angreifers ihn fest ans Heck drückte, an dem er hinabglitt. Blitzlichter, Feuerräder, Goldregen erstrahlten hinter seinen Augen, weil seine Sehnerven feuerten, aber dann kehrte er in die Wirklichkeit zurück – einen Moment zu spät. Ein schweres Knie wurde in seinen Rücken gedrückt, ein weiteres auf seinen Hals. Er spürte das Gewicht eines großen Mannes auf sich.
»Halt dein verfluchtes Maul, Mister, sonst verpass ich dir eine.«
Der Kerl hatte ihn völlig im Griff, hielt ihn durch sein Gewicht und seine Kraft fest. Bob wand sich unter ihm, wusste aber, dass er keine Chance hatte. Er drehte den Kopf zur Seite, spürte, wie der Räuber sein Sportsakko zerriss und die Aktentasche herausholte. Dann schnappte er sich das Portemonnaie und riss es auf.
»Hey, Sie da!«, rief jemand vom anderen Ende des Parkplatzes.
»Scheiße«, fluchte der Angreifer und stand auf.
Er wandte sich ab und lief davon. Bob sah ihn vom Platz rennen, über die niedrige Hecke springen und über die Straße laufen. Aber ein athletisch aussehender Kerl fing ihn wie aus dem Nichts mit einem hervorragenden Open Field Tackle am Bordstein ab und die beiden gingen in einem Knäuel zu Boden. Der Räuber war zäh und konnte dem guten Samariter mit der Rechten einen Schlag in die Rippen versetzen, was diesen zurückweichen ließ und es dem Dieb möglich machte, sich freizukämpfen. Schon war er auf den Beinen und rannte die Straße entlang, bis er ein Stück entfernt hinter einem Einkaufszentrum verschwand.
Bob traf dort ein, als der gute Mann sich gerade erhob.
»Alles okay, Mister?«, fragte er.
»Ach«, erwiderte der andere, »meine Mutter schlägt härter zu als der.«
Bob sah einen schlaksigen Mann Mitte 30 vor sich, durchtrainiert wie ein Footballspieler. Er hob gerade seine Yankees-Mütze auf und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
»Hey«, sagte Bob, »Sie waren toll, im Ernst, aber Sie hätten das wirklich nicht tun sollen. Der Typ hätte ein Messer oder eine Pistole haben können.«
Der andere gab lächelnd zurück: »Ach, wissen Sie, das ging so schnell, dass ich gar nicht nachgedacht habe. Ich hab nur reagiert. Wollen Sie die Polizei rufen oder so?«
Bob stellte sich vor, wie er eine Stunde damit verschwenden würde, den Vorfall zu melden. »Eigentlich nicht. Ich bin nicht verletzt. Oh, mein Portemonnaie. Scheiße, er hat …«
Aber der Kerl sagte: »Warten Sie, ich hab gesehen, wie er beim Wegrennen was verloren hat. Lassen Sie uns nachsehen.«
Sie gingen ein paar Schritte weiter, und da lag das Portemonnaie, mitten auf dem Bürgersteig.
Der Mann hob es auf, öffnete es, warf einen Blick hinein und fragte: »Sind Sie Mr. Swagger?«
»Der bin ich.« Bob nahm die Brieftasche entgegen.
»Ich glaub nicht, dass er Zeit hatte, was rauszunehmen«, sagte der Held.
Bob sah rasch nach. Sein Stapel 20er, die er aus dem Geldautomaten gezogen hatte, war noch vollständig, und als er die Plastikkarten durchblätterte, schien keine zu fehlen.
»Sieht okay aus.«
»Sicher, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist?«, fragte der Mann. »Körperlich, meine ich.«
»Ich habe ein paar Kratzer und vielleicht ein, zwei blaue Flecken. Aber nichts sonderlich Traumatisches.«
»Ich kann einen Krankenwagen rufen.«
»Nee«, entgegnete Swagger. »Wer hat denn Zeit für so was?«
»Okay«, erwiderte der andere. »Ich schätze, dann geh ich jetzt rein und hol mir was zu essen. Sie sind sicher, ja? Sie brauchen keine Hilfe?«
»Nein, und danke noch mal. Sie müssen mal Football gespielt haben.«
»Ist Jahre her«, lachte der Kerl. »Mann, ich dachte, meine Tackle-Zeiten wären vorbei.«
Sie lachten gemeinsam darüber, Bob hielt ihm die Hand hin und er schüttelte sie. Dann ging Bob zu seinem Wagen zurück, wobei er dachte: Verdammt merkwürdig, das alles.