Nicht identifiziertes Söldnerteam

Ecke P Street und Wisconsin

Georgetown

Washington, D. C.

21:19 Uhr

»Volltreffer«, rief Tony. »Bingo! Ein Homerun, drei Punkte, Tooor! Jetzt lass uns …«

»Scheiße«, fluchte Mick. »Ich hab einen beschissenen Fernseher getroffen. Hab gesehen, wie er zersplittert ist. Das ist ’ne verfickte Falle.«

Seine Kugel hatte die Mitte von dem getroffen, was er für Cruz’ Kopf gehalten hatte. Aber dann hatte er gesehen, wie Cruz nach dem Treffer unbewegt sitzen blieb und eine Sekunde später in einem Regen aus durchsichtigen Plastiksplittern und elektrischen Funken zerfiel. Er hatte irgendeinen Bildschirm durchlöchert, der ein zuvor aufgezeichnetes Bild von Cruz gezeigt hatte, der ins Auto gestiegen war.

Jetzt kamen schwere SUVs in Sicht, die aus Seitenstraßen entlang der nächsten fünf Blocks der P Street hervorrasten, scharf nach Osten abbogen und wie Rammböcke auf sie zukamen.

Außerdem kam eine ganze Versammlung von Spezialeinsatzkräften mit allen möglichen Maschinenpistolen und schwarzen Gewehren links und rechts aus den Büschen. Suchscheinwerfer wurden auf sie gerichtet und eine Stimme ertönte von irgendeinem Punkt aus einem Lautsprecher: »Sie im SUV, zeigen Sie uns Ihre Hände, Sie sind umstellt, hier spricht das FBI.« Hubschrauber flogen niedrig heran und schickten ebenfalls Lichtstrahlen, die durch die Kronen der Ulmen drangen. Die Welt hatte sich blitzschnell in ein Kriegsgebiet verwandelt.

Mick gab Tony einen kräftigen Klaps auf die Schulter.

»Okay, Junge. Zeigen wir diesen Wichsern, was wir draufhaben.«

»O Baby, jetzt geht der Tanz los!«, rief Tony.

Mick nahm seine MP5, die neben dem großen Sako-Scharfschützengewehr lag, stieß ihre Schnauze durch das offene Rückfenster, feuerte mit einer starken Hand eine lange Salve in die Dunkelheit und sah die Männer in der Nähe durch die Luft fliegen oder zusammenbrechen. Er hörte, wie Tony Zs M4 30 Kugeln im Kaliber 223 in weniger als zwei Sekunden verschoss, sah, wie der SUV an der Spitze von mehreren Treffern zum Vibrieren gebracht wurde. Der Wagen wich nach links aus, rammte etwas Hartes, steuerte nach rechts und zerstörte sowohl sich selbst als auch das Auto, mit dem er zusammenstieß. Er blockierte nun die P Street.

»Gut geschossen!«, schrie Mick.

Die Nacht war von der Magie der Verwüstung erfüllt. Ihr eigenes Fahrzeug begann unter den Kugeln zu zittern und protestierte bei jedem Einschlag mit metallischem Scheppern. Als die Reifen platzten, sackte es ein Stück herab. Die Fenster wurden von einem Spinnennetz aus Rissen und Löchern überzogen, als die Kugeln hindurchpeitschten. Zuerst hielten sie noch stand, aber als mehr und mehr Geschosse kamen, gab erst eins, dann ein weiteres nach und wurde zu einem Sprühnebel glitzernder Fünkchen pulverisiert.

Mick stieg als Erster aus, an der linken Seite, wo sich der Bürgersteig befand. Kugeln schlugen um ihn herum ins Gras ein und wirbelten heiße Wolken aus pflanzlichen Proteinen auf. Er drückte sich dicht an das Auto und nutzte jede Deckung, die er finden konnte. Z kroch als Nächster heraus, schnell, aber ungelenk. Mick feuerte auf jedes Ziel, das er erkennen konnte. Er sah einen weiteren SUV, der das Wrack umrundet hatte und über den Bürgersteig fuhr. Er nahm ihn ins Visier, feuerte und sah, wie der Wagen ins Schlingern kam und Teile verlor. Dann stieß er mit einem Baum zusammen und blieb auf der Seite liegen. Noch mehr Scheinwerfer wurden eingeschaltet, aber Mick und Tony schossen in einer klassischen SWAT-Formation, einer über dem anderen, und leerten ihre Magazine auf schnelle Läufer und Fahrzeuge, in denen sie Bewegungen wahrnahmen. Das schien die FBI-Beamten auf Distanz zu halten. Keiner der Markenträger wollte der Einzige sein, der starb.

Die Schießerei war sagenhaft, ließ nichts zu wünschen übrig; der reine Wahnsinn. Es war Heat, The Wild Bunch, Die Hunde des Krieges, die North-Hollywood-Schießerei, Babyface gegen die FBI-Schützen mit seiner ratternden Tommygun. All das, alles gleichzeitig, eine Welt, die in Gewalt und Chaos versank. Mündungsblitze zuckten, das rauchschwache Pulver setzte sein Rauschmittel frei, ein teuflisches Parfüm, das so stark war, dass die Haare in der Nase sich vor Lust aufrichteten, während die Patronenhülsen flogen wie Bienen, die aus dem Bienenstock schwirrten. Der Rückstoß war befriedigend stark, aber nicht zu heftig, und gleichzeitig mit diesem Drama spielte sich ein zweites ab, das Drama der Männer, die fielen, der Fenster, die splitterten, der Autos, die auswichen, der Dinge, die zerstört wurden. Die Kacke war mächtig am Dampfen.

Mick wechselte schnell das Magazin.

»Wollt ihr ein bisschen Krieg?«, schrie er. »Okay, ihr Wichser, dann kriegt ihr ihn! Und wisst ihr was? Wir mögen Krieg!«

Tony lachte. Für einen Söldner war es eine himmlische Erfahrung. Es war das, wovon alle Söldner träumten, auch wenn nur die ehrlichen es sich eingestanden. Es war der letzte große Ritt mit dem Teufel, Feuerkraft, Zerstörung, eine Menge Munition, ein Feind, der erwartete, dass man nachgab, und nicht damit gerechnet hatte, dass hier im schläfrigen Georgetown der dritte Weltkrieg beginnen würde.

»Alles gut bei dir?«, erkundigte sich Mick und schloss den Nachladevorgang ab.

Auch Tony lud ein neues Magazin in den Karabiner.

»So was von gut. Mann, geht’s mir gut. Ich wünschte bloß, Crackers wär hier.«

Mick griff in seine Tasche, holte eine Handvoll Dexedrinpillen hervor und schluckte sie trocken hinunter. Sie zündeten in seinem Kopf wie Leuchtspurmunition, die auf Edelstahl traf. Mann, war er aufgeputscht. Die pure Kriegslust, durch und durch.

Er sah, wie Tony ebenfalls die magischen Pillen schluckte, und sie zeigten sich gegenseitig ein übermütiges Scheiß-auf-die-Welt-Grinsen voller machohafter Todessehnsucht und -lust. Es war wie der letzte Blick, den sich Matix und Platt 1986 in Dade County hinter dem Suniland-Einkaufszentrum zugeworfen hatten, oder vielleicht die Delta-Scharfschützen Shughart und Gordon an der Absturzstelle des Black Hawk UH-60, 1993 in Mogadischu.

»Lass uns ein paar Arschlöcher killen«, rief Tony.

Beide standen auf und schossen. Ihre Kugeln pfiffen durch die Nacht und brachten Schutt, Putz, Späne, pulverisiertes Glas und Stahlsplitter zum Fliegen, änderten die Wetterlage zu »100 % Todeswahrscheinlichkeit«. Sie rannten durch irgendeinen Vorgarten, während einschlagende Kugeln überall um sie herum kleine Fontänen aus Erdbrocken aufwirbelten. Ein Geschoss warf Tony zu Boden, aber es wurde von seiner Weste aufgehalten. Nach einer Sekunde war er schon wieder auf den Beinen und lachte darüber.

»Der Scheißkerl hat wohl geglaubt, dass er mich erwischt hat! Was für ein Loser!«

Sie rannten zwischen zwei Häuser.

Mick, der wieder das Magazin wechselte, blinzelte sich den Schweiß aus den Augen. Als er den Blick hob, sah er ein kleines Mädchen, das durch ein Fenster zu ihm herunterspähte.

»Runter, runter, Schätzchen.« Er gestikulierte wild.

Sie lächelte.

Er erwiderte ihr Lächeln, zwinkerte ihr zu und machte noch einmal das »Runter auf den Boden«-Zeichen. Diesmal gehorchte sie.

»Fertig?«, fragte Z.

»Fertig, schussbereit, ausgestattet wie ein Zuchthengst, bereit für Rock ’n’ Roll, bereit für einen stolzen, lauten Abgang.«

»Ich bin so aufgekratzt«, rief Tony Z. »Mann, das ist wie in Heat! «

»Jetzt kommt das große Finale«, erwiderte Mick lachend. »Roll, Tide! Okay, auf mein Kommando geht’s los. Ich schätze, wir laufen zur Wisconsin, da können wir am meisten Schaden anrichten.«

»Dann los, du fauler Sack«, gab Tony zurück.

Sie rannten zwischen den Häusern hindurch, der eine mit der MP5, der andere mit seinem M4, zwei gepanzerte, riesige Terminatoren, aufgeputscht von Drogen und Zerstörung, verschwitzt, dem Untergang geweiht und jede verdammte Sekunde genießend.