Mila
W ährend der Fahrt zu meiner Praxis haben wir kein Wort gewechselt und auch, als ich ausgestiegen war, spürte ich noch Jareds Wut auf mich. Und ich kann ihn sogar verstehen. Aber das mit ihm und mir, das ist einfach etwas, das nicht geht.
Als ich in mein Auto steige ist da trotzdem etwas wie Bedauern in mir. Ich kann nicht abstreiten, dass es mir, immer wenn Jared mir nah ist, besser geht. Er ist in der Lage, ohne gewillt etwas dafür zu tun, all meine alten wie neuen Dämonen in den Hintergrund treten zu lassen. Und beinahe hätte ich mir gewünscht, dass es beim Aussteigen angefangen hätte zu regnen. So wie beim letzten Mal. Aber das tat es nicht und ich ging ohne ein letztes Wort zu meinem Parkplatz und er fuhr davon.
Ich brauche eine Ewigkeit durch die Rushhour, bis ich zu Hause ankomme. Es ist heute das erste Mal seit Samstag, dass ich wieder hier bin. Eine Fremdfirma aus Philadelphia war von mir beauftragt worden, neue Sicherheitsschlösser einzubauen. Ich hoffe, dass Phils Kontakte nicht bis nach Philadelphia reichen, und dass Tiffany wirklich so loyal ist, wie ich denke, denn sie war hier, während die Männer die Alarmanlage einbauten und die Schlösser wechselten. Dazu kam noch eine weitere Firma, die mir innerhalb von drei Tagen einen mannshohen Stabgitterzaun rund um mein Grundstück gesetzt haben, so dass ich jetzt beinahe so gut abgesichert bin, wie mein Vater es immer war. Ich muss bei diesem Gedanken fast lachen. Ihm und seinen Männern könnten dieser popelige Zaun, das Schloss und die Alarmanlage nichts anhaben. Und die Residenz, in der ich aufgewachsen bin … Dagegen ist dieses Haus hier eine Absteige. Eine Absteige für annähernd eine halbe Million Dollar.
Als die Tür hinter mir ins Schloss fällt, kann ich es mir trotzdem nicht nehmen lassen, erst alle Zimmer im Erdgeschoss zu überprüfen und dann die der oberen Etage. Sauber! Kein Phil, kein gar nichts. Auch wenn ich froh bin, ihn nach der letzten Aktion nicht sehen zu müssen, würde mich doch interessieren, wohin er verschwunden ist. Ich erreiche ihn einfach nicht. Hier sieht es nicht danach aus, als wäre er noch mal ungefragt eingedrungen. Trotzdem achte ich sogar darauf, ob etwaige Kameras oder Abhörgeräte versteckt wurden, aber mir fällt nichts auf. Und erst als ich das alles hinter mich gebracht habe, gehe ich in mein Bad, streife das Kleid ab und stelle mich unter die heiße Dusche. Schon nach wenigen Sekunden stütze ich mich mit den Armen auf den Kacheln ab und lasse meinen Kopf dagegensinken. Etwas stimmt mit Jared nicht. Genauso wie mit Phil. Ich habe nicht die geringste Idee, wohin er seit Samstag verschwunden ist, und ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist, auch wenn es sich gut anfühlt. Und Jared. Jared ist mir ein Rätsel. Dieses alte Heim in das Sarah mich mitgenommen hatte, etwas war seltsam daran. Überhaupt ist alles, was Jared betrifft, seltsam und anders. Ich kann nicht mal sagen, dass ich geschockt war, als ich ihn mit den zwei Frauen im Schwimmbad gesehen habe. Ganz im Gegenteil. Als der erste eifersüchtige Stich verzogen war, hatte ich es genau an der Stelle pulsieren spüren, an die normalerweise nur meine Finger gelangen und ich war froh, dass Sarah mich sofort dort hinausgezogen hatte.
Ihr Freund, Sam, war sichtlich erbost darüber, dass sie mich mitgebracht hatte, und schon als sie und ihr Halbbruder Frost mit mir in die Tiefgarage des Merciful Mothers gefahren waren, wusste ich, dass das nicht einfach eine Wohngemeinschaft ist. Diese ganzen sündhaft teuren Autos und Motorräder …
Im Flur höre ich das Handy klingeln, mit diesem ganz besonderen Klingelton. Ich springe schnell aus der Dusche und wickle mir ein Badetuch über. Wie beim letzten Mal hinterlasse ich auf dem Fußboden lauter Wasserspuren. Scheinbar kein gutes Omen. »Was ist passiert? Du sollst mich doch nur in Notsituationen anrufen!«
Zwanzig Minuten später verlasse ich mein Zuhause wieder.