Obwohl die Videoaufnahme keinen Ton hatte, war es offensichtlich, dass der ehemalige Außenminister Jan Schildt um Gnade bat.
Mit Panik im Blick.
Er schrie und weinte und versuchte sich von den Seilen loszureißen, die ihn an der Bank aus Stahl festhielten. Er bettelte und flehte.
Aber August Sandin ließ sich nicht erweichen.
Er hob eine Motorsäge, eine ganz gewöhnliche Husqvarna 130 , zog das Startkabel mit einer entschlossenen Bewegung und legte die Kette an den Hals von Schildt.
Blut spritzte über die Anzüge der beiden Männer, und Schildt schrie. Man sah es an seinem Mund. Ein furchtbarer Schrei voll Todesangst und unerträglichen Schmerzen.
Die Motorsäge blieb stecken, sodass Sandin sie herausziehen und von vorne anfangen musste.
Schildt lag im Sterben. Die Pupillen verschwanden unter den Augenlidern, und das Blut rann aus dem Mund und über das Kinn nach unten. Der Körper zuckte in Konvulsionen.
Sandin sah sich um, seufzte tief und machte weiter.
Jetzt drückte er die Motorsäge mit aller Kraft an den Hals seines Opfers, und schließlich gelang es ihm, den Kopf vom Körper zu trennen.
Da kamen die Tränen.
Er weinte, bis er zu zittern begann. Von oben bis unten mit Blut bespritzt, ließ er die Motorsäge zu Boden fallen und drehte sich um.
Er griff nach einer CZ 75 Compact, während er gebrochen schluchzte. Mit einer instinktiven Bewegung wischte er sich die Tränen aus den Augen, wischte das Blut dabei in roten Streifen über das halbe Gesicht.
Dann setzte er die Pistole an seine rechte Schläfe und schoss.
Er fiel aus dem Bild, dann endete das Video.
Sara Nowak und Anna Torhall wandten sich an Harald Moberg, den Vorstandsvorsitzenden des Forstbetriebs Norskog, der jetzt in Saras Büro in der Polizeiwache von Solna saß. In seinem Brionianzug mit gefalzten Nähten, seinen handgenähten Schuhen von Church’s und dem kreideweißen Hemd von Bauer mit glänzenden Manschettenknöpfen von Bulgari fiel er vor der unauffällig bürokratischen Einrichtung deutlich auf. Und seine missmutige Miene zeigte mit aller gewünschten Deutlichkeit, dass es ihn irritierte, in ausgerechnet diesem Raum empfangen zu werden. Obwohl er selbst sich an die Polizei gewandt hatte.
Diese Irritation wurde noch dadurch verstärkt, dass Moberg an die nächstgelegene Polizeiwache und zwei gewöhnliche Kriminalinspektorinnen verwiesen worden war. Er hatte Sara und Anna deutlich zu verstehen gegeben, dass er am liebsten vom Polizeipräsidenten empfangen worden wäre. Immerhin war er ein Mann in einer außerordentlich exponierten Position.
Konnte er sich überhaupt auf die Schweigepflicht dieser beiden Polizistinnen verlassen? Alles, was einen Mann wie Moberg betraf, musste mit äußerster Diskretion behandelt werden, das musste ihnen doch klar sein? Sara hatte erwidert, dass sie damit vollkommen einverstanden wären, hätte ihn aber am liebsten, tja, zurück in den Wald geschickt.
Bis sie das Video gesehen hatte.
Da wachte die Polizistin in ihr auf und übertönte die Teenagerrebellin.
»Woher haben Sie dieses Video?«, fragte Sara und beugte sich über den Schreibtisch, der sie vom Vorstandsvorsitzenden trennte.
»Keine Ahnung. Von Schildt oder Sandin kann es jedenfalls nicht kommen.«
»Kannten Sie die beiden? Schildt und Sandin?«
»Nicht persönlich. Aber ich habe beide natürlich zu verschiedenen Anlässen getroffen. Wir bewegten uns ja in denselben Kreisen.«
Kreise, denen Moberg mit deutlich vernehmbarer Zufriedenheit angehören durfte.
»Und welches Verhältnis hatten sie untereinander?«, warf Anna ein. »Ein ehemaliger Außenminister und der Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft?«
»Verhältnis? Gar keines, soweit ich weiß«, sagte Moberg und fegte sich ein unsichtbares Staubkorn von einer Schulter. »Aber sie kannten einander vielleicht. Es ist ja trotz allem ein kleines Land.«
»Und Sie haben diese Videoaufnahme in Ihrem Briefkasten gefunden? Auf diesem USB -Speicher?«
»Ja, im Briefkasten zu Hause in Nockeby.«
»In einem Umschlag?«, fragte Sara.
»Mit der Beschriftung ›You’re next‹.«