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Anna und Nina Werkström trafen mit Verstärkung ein, und bald war das Gewerbegebiet ein Meer aus blinkenden Blaulichtfahrzeugen. Polizisten und Rettungssanitäter kümmerten sich um die Betroffenen. Die Geier von den Medien landeten. Das Einzige, was an dem isolierten Tatort fehlte, war die neugierige Öffentlichkeit, die nicht in diese abgelegene Ecke von Liljeholmen gefunden hatte. Noch nicht.

Sebastian war tot, und Bernt Martinsson hatte einen Herzinfarkt erlitten infolge des unerträglichen Schmerzes, dem er ausgesetzt worden war.

Thea wurde mit Handschellen versehen und abtransportiert, nachdem Sara den GPS -Sender aus ihrer Kleidung genommen hatte, um ihrer Chefin zu zeigen, wie sie die Gruppe gefunden hatte.

Ein schockierter Omar Kush wurde von seinen Ketten befreit und ebenfalls abtransportiert. Von Brundin, die ebenfalls am Tatort aufgetaucht war.

Sara wollte Ebba nicht eine einzige Sekunde aus dem Auge verlieren, sondern stand draußen auf dem Parkplatz hinter dem Haus des Todes bei ihrer Tochter und umarmte sie. Dachte daran, wie schwindelerregend nahe sie daran gewesen war, ihr Kind zu verlieren.

Anna hielt die anderen auf Abstand.

Währenddessen erklärte sie, dass man die Fahrer der Lieferwagen gefunden hatte, hochgradig berauscht an Bord der M/S Gabriella. Sie hatten die Idee gehabt, eine Sauftour nach Finnland zu unternehmen, und ihre beiden Autos am Stadsgårdsterminal abgestellt. Auf diesem Parkplatz hatte Sebastian nach einem geeigneten Fahrzeug gesucht, das er für seine Zwecke stehlen konnte, in der Gewissheit, dass er mindestens einen Tag zur Verfügung hatte, bevor es als gestohlen gemeldet würde. Vielleicht hatte er sich für einen Lieferwagen entschieden, weil er damit ziemlich schnell fahren und ihn praktisch überall abstellen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.

Sara hörte nur mit einem halben Ohr zu. Meistens stand sie bei Ebba und legte ihre Arme um sie, schnupperte an ihrem Haar und versuchte, die Erinnerungsbilder an die Schleifmaschine zu verwischen, die gerade noch über dem Gesicht der Tochter geschwebt hatte.

Sie lebte.

Ebba lebte, und Sara würde nie wieder zulassen, dass sie irgendeiner Gefahr ausgesetzt wurde.

Als Werkström mit Tom fertig war und Sara sah, dass sie ihn aus dem Keller nach oben begleitete, ließ sie Ebba bei Anna zurück und ging zum Vorstandsvorsitzenden, packte ihn am Hemdkragen und verpasste ihm eine Ohrfeige.

All das sei Toms Schuld, schrie Sara, während Werkström sie aus der Entfernung beobachtete, als wollte sie sich vergewissern, dass die Misshandlung nicht weiter ging als bis zu diesem Punkt. Sie würde den gesamten Konzern stilllegen, versicherte sie. Ein blasser Tom antwortete tonlos, dass alles, was den Sudan betraf, weit vor der Zeit passiert sei, in der er in den Vorstand aufgestiegen wäre. Und die Sicherheitsfirma, die sie besessen hätten, Valkyria, sei mittlerweile mit der Absicht verkauft worden, ihre zweifelhaften Betätigungsfelder zu bereinigen.

Anschließend gab Tom etwas zu, was Sara zum Überkochen brachte. Er habe ebenfalls dieses Video über Schildts Tod bekommen. Ihm sei jetzt klar, dass er diese Drohung besser ernst genommen hätte. Dann wäre das alles vielleicht nicht passiert, zumindest wäre es Ebba nicht passiert. Weinend bat er Sara um Entschuldigung, atmete stockend, als er die Worte ausstieß. Sie antwortete nicht.

Schließlich wollten die Rettungssanitäter mit Tom davonfahren, und Sara machte wütend auf dem Absatz kehrt, um zurück zu Ebba zu gehen. Aber Tom hielt sie mit einer Hand auf ihrem Arm auf.

»Du musst Gloria retten«, sagte er mit brüchiger Stimme.

Sara starrte ihn nur an. Konnte nicht begreifen, wie er nach allem, was passiert war, die Stirn hatte, um so etwas zu bitten.

»Niemals«, sagte sie und trat einen Schritt zurück.

»Es ist wichtig. Für dich. Für Ebba.«

»Deine Geliebte zu retten? Meinetwegen kann sie in der Hölle brennen.«

Die Rettungssanitäter zogen Tom mit sich. Aber er drehte Sara noch immer das Gesicht zu, eine Art von Panik im Blick.

»Gloria ist keine Liebhaberin. Sprich mit Koslow.«

»Koslow? Warum?«

»Sprich mit ihm.«

Tom verschwand in einem wartenden Rettungswagen, der sofort losfuhr.

Mit einem Kopf voller Fragen kehrte Sara zu Ebba zurück.

»Du musst Gloria retten.«

»Gloria ist keine Liebhaberin.«

»Sprich mit Koslow.«

Was sollte das heißen?

Ebba hatte aufgehört zu weinen, wirkte aber immer noch am Boden zerstört. Sie verließ Anna und stürmte auf Sara zu, die ihre Arme um die über alles geliebte Tochter legte, die in eine gelbe Krankendecke gewickelt war.

»Ich habe zu Gott gebetet, dass du ihn töten sollst«, sprach Ebba in die Brust ihrer Mutter hinein. Sie hob den Kopf und blickte Sara direkt in die Augen. »Und dann hast du es getan.«

Ihre Tochter sah dankbar aus auf eine Weise, wie Sara es noch nie zuvor erlebt hatte.

»Aber du musst das hier verstecken«, sagte Ebba und zog aus der Decke eine Hand hervor, in der sie eine kleine Speicherkarte hielt.

»Aus der Videokamera«, sagte sie.

Der Beweis, dass Sara immer weiter geschossen hatte, obwohl Sebastian schon außer Gefecht gesetzt gewesen war.