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Rechts an der Skalitzer Straße und an den erhöhten Gleisen der U-Bahn entlang, auf denen die hübschen gelben Züge ihre Passagiere zwischen ihren Arbeitsplätzen, ihren Wohnungen und ihren gesellschaftlichen Aktivitäten transportierten. Mit derselben hohen Geschwindigkeit über die Spree mit dem Fernsehturm auf Abstand. Dahinter scharf nach links in eine schmalere Straße, in der Koslow schnell am Straßenrand parkte, in den Sitz sank und den Verkehr draußen in der Allee durch den Rückspiegel betrachtete.

Nach einer halben Minute schien er davon überzeugt, dass sie den Pistolenmann abgeschüttelt hatten, und setzte sich wieder gerade hin. Dieses Mal trug der Russe eine schwarze Lederjacke zu seinen schwarzen Anzughosen, dazu ein weißes Hemd und eine weinrote Krawatte. Und nach wie vor einen Fedorahut auf dem Kopf.

Sara blieb in ihrer versunkenen Haltung liegen. Hatte keine Kraft mehr, sich aufzurichten. Sie hatte sich von dem Anschlag noch nicht erholt. Alles war so schnell gegangen, es fühlte sich fast unwirklich an, als sie darüber nachdachte, dass sie kurz davor gewesen war, erschossen zu werden. Aber so war es tatsächlich; der Rücken, der mehr als je zuvor schmerzte, war ein Beweis dafür.

Wer wusste, dass sie in Berlin war? Und warum wollte sie jemand tot sehen? Sie wollte doch nur in Ruhe gelassen werden. Das zerbrechliche Gefühl der Sicherheit, das sie nach ihren früheren Traumata hatte aufbauen können, war jetzt wie weggeweht. Sie fühlte sich ungeschützt und ausgeliefert, aber dieses Gefühl machte ihr nicht nur Angst, sondern trieb auch ihre Rachlust an. Niemand hatte das Recht, so mit ihr umzugehen. Sie setzte sich hin und betrachtete ihren Retter.

»Wer war es, der auf mich geschossen hat?«, fragte Sara.

»Valkyria«, antwortete Koslow.

»Erics Firma?«

Sara fiel es schwer, diese Information zu verarbeiten.

»Vor langer Zeit. Jetzt wird sie von anderen Leuten gesteuert. Sie sind direkt in eine Falle gelaufen, fürchte ich.«

Koslow betrachtete sie mitleidig.

»Rabe?«

»Man kann sich auf niemanden verlassen«, sagte der Russe.

»Aber warum?«

Koslow zuckte mit den Schultern.

»Faust, Geiger, Rabe. Doppelagenten und Trippelagenten, die die ganze Zeit die Seite wechseln.«

»Und auf welcher Seite stehen Sie?«

»Auf Ihrer«, sagte Koslow und legte die Hand auf Saras Knie. »Immer auf Ihrer.«

Sara wischte Koslows Hand mit einer müden Geste zur Seite.

»Was spielt sich hier eigentlich ab?«, fragte sie dann und warf ihm einen stechenden Blick zu.

»Die Götterdämmerung.«

»Die Welt geht also unter?«

Das sagte Sara zumindest ihr Schuldeutsch.

»Ziemlich nah dran. Und es war der Name der Operation, die Abu Rasil und Geiger durchführen wollten. Jetzt versuchen sie es erneut.«

Koslow ließ den Motor wieder an, wendete auf der Straße und bog dann nach links in die Stralauer Allee ab.

In der Zwischenzeit schrieb Sara eine SMS an Thörnell.

»Oleg Jadoweg?«

»Halten Sie sich von ihm fern!«

»Wenn Sie Infos schicken. Versprochen.«

»Okay«

Plötzlich ertönte etwas im Innenraum, das wie ein altmodischer Luftalarm klang. Der Lärm schien ein Signal aus Koslows Handy zu sein. Er hob es auf und sah auf das Display.

»Der Werwolf. Das hätte ich nie für möglich gehalten.« Dann warf er Sara einen amüsierten Blick zu. »Wenn da nicht wieder Ihre geliebte Agneta die Finger im Spiel hatte.«

»Was für ein Werwolf? Was ist denn passiert?«, fragte Sara und beugte sich vor, um zu sehen, was das Display zeigte.

»Ein toter Waffenhändler. Das heißt, Waffenhändler wäre eine Untertreibung. Raketen, Bomber, Kernwaffen. Er spielt in einer ganz eigenen Liga. Oder spielte. Er kaufte jede Menge sowjetischer Waffen auf, als das Imperium zusammenbrach, und verkaufte sie anschließend auf dem offenen Markt. Gerüchte sagten, dass er unmöglich zu töten sei. Hunderte sollen es schon versucht haben.«

»Und jetzt wurde er von Agneta umgebracht? Warum denn?«

»Wer weiß. Aber er ist im Kreml ganz gewiss in Ungnade gefallen. Sie fanden, dass er das Vaterland verraten hätte, als er die Waffen der Sowjetunion verkaufte. Es war ihnen allerdings nie geglückt, an ihn heranzukommen. Bis jetzt.«

»Arbeitet Agneta für Russland?«

Koslow zuckte unbekümmert mit den Schultern.

»Einmal Schläferin, immer Schläferin.«

Er sah vergnügt aus, als hätte die Mannschaft, die er immer unterstützt hatte, ein Spiel gewonnen, das alle anderen verloren gegeben hatten.

»Könnten Sie sich vorstellen, mir einen kleinen Dienst zu erweisen?«, sagte Koslow dann. »Nachdem ich Ihnen das Leben gerettet habe?«

»Kommt drauf an, worum es geht.«

»Darum, dass Sie hier unterschreiben.«

Ohne den Blick von der Straße zu nehmen, angelte Koslow eine Plastikmappe vom Rücksitz und reichte sie Sara.

Eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei Infrastrukturarbeiten in Deutschland. Die Sara im Namen von Titus & Partners unterschreiben sollte.

»Sind das die Papiere, von denen Tom gesprochen hat? Gloria?«

»Ja. Sie würden uns beiden einen großen Gefallen tun, wenn Sie Ihre Unterschrift darauf setzen könnten.«

»Gibt es denn gerade nichts Wichtigeres?«, entgegnete Sara, ließ die Fensterscheibe herunter und warf die Papiere nach draußen. Dann wandte sie sich wieder Koslow zu.

»Was haben Sie für ein Interesse an dieser Zusammenarbeit?«

»Ich vermittele Kontakte, wie ich bereits erklärt habe«, sagte der Russe mit heiterem Tonfall. »Das erleichtert die Geschäfte.«

»Und Valkyria ist gegen dieses Geschäft?«, fragte Sara, während sie nachdachte.

»Wer auch immer sie beauftragt, scheint dagegen zu sein. Auf dem Energiemarkt ist die Konkurrenz im Augenblick sehr hart.«

»So hart, dass man Leute ermordet?«

»Liebe Sara, jede Menge Menschen werden für weitaus weniger ermordet als in diesem Fall.«

Koslow war mit hoher Geschwindigkeit an der Spree entlanggefahren und auf der Otto-Braun-Straße abgebogen. Jetzt nahm er die Leipziger Straße bis zum Potsdamer Platz, fuhr am Holocaust-Mahnmal und am Brandenburger Tor vorbei. Dann ging es quer durch den Tiergarten und weiter nach Westen. Die ganze Zeit drehte sich Sara um und suchte nach dem schwarz gekleideten Mann auf dem Motorrad.

»Wohin fahren wir?«, fragte sie, als sie sich endlich ein bisschen ruhiger fühlte, wandte den Blick wieder nach vorn und sah, dass sie aus Berlin herausgefahren waren.

»Leipzig. Haben Sie Hunger? Hier.«

Koslow fischte eine braune Papiertüte vom Boden und warf sie zu Sara hinüber. Sie öffnete die Tüte und nahm einen viereckigen Kuchen mit dem Relief eines Piratenschiffs heraus, das in der Luft über den Wellen schwebte.

»Frankfurter Brenten«, sagte Koslow. »Die leckersten Kuchen der Welt, und es ist noch nicht einmal Weihnachten. Spezialanfertigung.«

Er klang genauso zufrieden wie ein Fünfjähriger, der zwei Süßigkeitentüten auf einem Kindergeburtstag ergattert hatte. Sara biss von dem Kuchen ab. Orange und ein leichter Geschmack nach Marzipan, gut genug. Sie stopfte sich drei Stück nacheinander hinein, statt des Mittagessens, das sie verpasste hatte.

Bevor sie fertig gegessen hatte und fragen konnte, was sie in Leipzig denn vorhätten, bekam sie eine SMS mit Links von Thörnell.

Sara klickte nacheinander auf die Links und konnte auf unterschiedlichen Homepages über den großen Mafiakrieg lesen, der das auseinanderfallende Russland in den Neunzigerjahren heimgesucht hatte. Oligarchen und Gangsterbosse hatten Krieg um Bodenschätze und ehemalige staatliche Unternehmen geführt. Die offizielle Zahl lautete dreißigtausend Ermordete, aber das wurde eher als die Unterkante angesehen. Eine brutale Zeit.

Und Oleg Jadoweg war der Brutalste von allen. Er hatte ohne Gewissen gemordet. Es wurde außerdem behauptet, dass er jede Menge Gegner persönlich umgebracht hätte.

Ein paar der Links galten Valkyria. Das inzwischen tatsächlich Jadoweg gehörte. Valkyria hatte in Syrien, im Irak und in verschiedenen Bürgerkriegen in Afrika gekämpft und brutale Massaker an Zivilisten verübt. So tickte also Erics alte Firma, die gerade versucht hatte, sie zu erschießen. Selbst nach seinem Tod war Erics böser Geist noch hinter ihr her, dachte Sara, während sie die Texte las.

Der Name der Gruppe kam daher, dass sie Wagners Walkürenritt in ohrenbetäubender Lautstärke spielten, wenn sie ihre Opfer angriffen, inspiriert von dem Film Apocalypse Now . Sie waren also gleichzeitig lächerlich und lebensbedrohlich.

Koslow schielte auf Saras Handy herunter und wies darauf hin, dass sie leicht zu orten sei, wenn sie es eingeschaltet habe.

Sie schaltete ihren Apparat ab und wandte sich dem ehemaligen Diplomaten zu.

»Was wissen Sie über Oleg Jadoweg?«

Koslow sah sie sehr lange an.

»Keine guten Sachen.«

»War er es, der die Informationen über die Bomben an die Terroristen verkauft hat?«

Koslow hielt kurz inne, bevor er reagierte.

»Wo haben Sie das gehört?«

»Wird Agneta ihn auch töten?«, fuhr Sara fort und ignorierte seine Frage.

»Das weiß ich nicht. Es ist schwierig herauszufinden, was genau gerade passiert. Jadoweg hat viele Feinde, aber er steht der Leitung des Kremls nahe, also wird er beschützt. In Russland geht es allein darum, wie viel Schutz man hat. Krysja. Und Jadoweg hat den besten, den man für Geld bekommen kann.«

»Man kommt also nicht an ihn heran?«

»Man kann an jeden herankommen. Aber damit die Russen einen Angriff auf ihn akzeptieren, müssen sie eine Gegenleistung bekommen. Etwas, das mehr wert ist.«

»Wie der Tod des Werwolfs und der von Romanowitsch?«

»Zum Beispiel«, sagte Koslow, steckte die Hand in die braune Tüte und stopfte sich einen Kuchen in den Mund. Krümel bröselten ihm aus dem Mund, als er weitersprach und gleichzeitig kaute. »Sie zu eliminieren, muss ein Dienst am Kreml gewesen sein. Und man wird auf eine erhebliche Belohnung hoffen. Nicht einmal die GRU war an sie herangekommen.«

»Also ist Agneta ziemlich gut in dem, was sie tut?«

»Besser als je zuvor. Als sie jung war, war sie zu schön, zog alle Blicke auf sich. Als alte Frau ist sie unsichtbar«, sagte der Russe und sah dabei etwas melancholisch aus.

»Aber warum macht Agneta es für den BND

»Wer weiß?«, sagte Koslow und zuckte mit den Schultern. »Der BND arbeitet schließlich mit Jurij zusammen, Desirées altem Führungsoffizier. Vielleicht hat er sie überredet?«

»Und er gehört immer noch zum KGB ? Oder FSB

»N-nein«, sagte der Russe und zögerte mit der Antwort, »aber er will zurück in den inneren Zirkel. Es kann sich lohnen, mit dem Kreml befreundet zu sein. Vor allem ist es lebensgefährlich, ihn zum Feind zu haben. Und Oleg Jadoweg scheint zu der gegnerischen Gruppe von Jurij zu gehören. Es gibt zwei Fraktionen, die um die Gunst des Präsidenten buhlen. Jurij hat deshalb selbst ein Interesse daran, ihn zu stoppen.«

»Indem er tut, was der Kreml will?«, fragte Sara mit gerunzelter Stirn.

»Es geht darum, das zu tun, was der Präsident will, ohne dass der Präsident es sagen muss. Full deniability.«

»Wenn also Agneta zwei Oligarchen tötet, liegt Jurij im Kreml besser im Rennen, und dann kommt der BND an Jadoweg heran, damit der keine Informationen über andere Bomben verkauft?«, fragte Sara und betrachtete Koslow, um sich zu vergewissern, dass sie es richtig verstanden hatte.

»Es ist eine Theorie.«

»Und warum passiert das alles gerade jetzt?«, fragte sie und dachte, dass sie sehr viel dafür geben würde, wenn es nicht so wäre. Um stattdessen zu Hause auf dem Sofa mit ihren Kindern zu sitzen. Sara hatte geglaubt, dass Erics Tod das Ende war, ein wahrlich schreckliches Ende, aber gleichwohl etwas, das nötig war, damit sie weiterkommen konnten. Um die Bosheit und die Fäulnis, die sich in der Familie verbreitet hatten, hinter sich zu lassen. Jetzt stellte sich im Gegenteil heraus, dass der Tod des Schwiegervaters lediglich ein kleiner Teil eines sehr viel größeren Ganzen war, ein unglaublich traumatisches Ereignis in ihrem eigenen Leben, das von den großen Spielern nur im Vorübergehen bemerkt wurde. Und dass einer dieser Spieler Titus & Partners war, mit dem Sara in höchstem Grade verknüpft war. Das korrupte Familienunternehmen. Doch Jadoweg und die anderen hatten einen großen Fehler begangen, dachte sie. Sie hatten geglaubt, dass Erics Tod auch Sara aus dem Spiel geworfen hätte. Aber sie erkannte jetzt, dass die Ereignisse im Keller im letzten August nur der Startschuss gewesen waren und dass sie jetzt dabei sein und spielen wollte. Sie war es leid, nur ein Stein im Spiel der anderen zu sein, sie wollte über ihr eigenes Leben bestimmen, und wenn es dafür erforderlich war, sich denen zu stellen, die sie angriffen, dann war das eben so.

»Gute Frage«, sagte Koslow und unterbrach ihren Gedankengang. »Ich nehme an, dass diejenigen, die es zuletzt versucht hatten, einen neuen Anlauf unternehmen wollen. Und dass der deutsche Geheimdienst damit rechnet, dass sie es weiter versuchen, bis es ihnen glückt. Wenn man sie nicht ein für alle Mal stoppt.«

»Und was soll dabei Ihre Rolle sein? Sie machen Geschäfte, sagten Sie.«

»Geschäfte und Politik gehören zusammen. Es ist dieselbe Sache.« Der Russe hielt eine Hand hoch und zeigte ihr abwechselnd die Vorder- und die Hinterseite. »Geschäfte – Politik. Geschäfte – Politik. Und Sie zu retten, ist gut für das Geschäft.«

»Sonst hätten Sie es nicht getan?«, fragte Sara und tat gekränkt.

Koslow lächelte nur zur Antwort.

»Ich nehme an, dass Sie eine große Provision erwartet, wenn ich unterschreibe?«

»Sehr groß.«

»Und dann habe ich die Papiere einfach weggeworfen.«

Sie setzte eine Trauermiene auf.

»Kein Problem«, sagte Koslow. »Ich habe mehrere Kopien des Vertrags im Handschuhfach.«

Sara öffnete das Handschuhfach, holte eine Mappe mit mehreren Verträgen heraus, ließ das Fenster herunter und warf die Mappe nach draußen. Sah eine Packung mit Schmerztabletten und schluckte bei der Gelegenheit zwei Stück.

»Kein Interesse«, sagte sie.

Koslow schielte zu Sara hinüber und nickte.

»Am Ende werden Sie unterschreiben«, sagte er.

Sara nahm noch einen Kuchen, legte ihn dann aber wieder zurück in die Tüte und sah aus dem Autofenster. Abfahrtsschilder nach Potsdam. Alles auf ihrem Weg schien aus den Geschichtsbüchern geholt zu sein, die sie als Kind gelesen hatte. Als würden die Jahre mit derselben Geschwindigkeit an ihr vorbeirasen, die das Tachometer anzeigte.

»Was machen wir in Leipzig?«, fragte sie.

Koslow schwieg eine Weile, statt gleich zu antworten, dann nickte er still, als hätte er eine Entscheidung getroffen.

»Liebe Sara, abgesehen von den ganzen Geschäften sind Sie jetzt auch Teil der Operation Wagner, ob Sie es wollen oder nicht.«

»Und was ist die Operation Wagner?«

»Zu verhindern, dass die Bomben an der alten Grenze gesprengt werden. Wagner soll die Götterdämmerung aufhalten.«

»Raffiniert«, sagte Sara.

»Ja, das ist es, nicht wahr?« Koslow sah zufrieden aus. »Sie wissen ja, Terror ist nicht gut für die Geschäfte.«

»Sonst wäre es Ihnen egal?«

Koslow zuckte nur mit den Schultern.

»Und wer steckt hinter der Operation Wagner?«, fragte Sara. »Der BND ?« Koslow zog eine Augenbraue auf eine Weise hoch, die Sara als bekräftigend deutete. »Und worin besteht Ihre Rolle bei dem Ganzen? Abgesehen von den Geschäften?«

»Ich vermittle. Ich versuche den BND und den FSB zur Zusammenarbeit zu bewegen.«

»Warum denn? Was haben Sie selbst davon?«

Koslow lächelte. Ein gleichzeitig trauriges und glückliches Lächeln.

»Die Liebe. Sie wissen ja, seit meine Frau tot ist, bin ich sehr einsam gewesen. Aber jetzt habe ich eine neue Frau. Jung und schön.«

Koslow hielt sein Handy hoch und zeigte das Bild einer hübschen Frau in den Zwanzigern mit einem leeren Blick.

»Und sie wird gezwungen, Sie zu heiraten?«

»Es ist ganz freiwillig. Ihre Familie bekommt ein eigenes Haus und eine kleine Werkstatt, damit sie sich versorgen können. Sie sind Roma. Sie haben sonst keine Möglichkeiten.«

Der Russe betrachtete das Display mit lüsternem Blick.

»Ein sechzig Jahre älterer Mann ist auch keine Möglichkeit.«

»In zehn Jahren bin ich tot, dann erbt sie alles.«

»Ein Pakt mit dem Teufel«, sagte Sara und sah aus dem Seitenfenster.

Alle Intrigen surrten ihr im Kopf herum. Terroranschläge, die DDR , die Sowjetunion, Krieg um Energiemärkte, Sicherheitsdienste und Doppelspiele. Und mitten drin befand sich Sara an einem winzigen Rad des Uhrwerks, indem sie die Papiere für Titus & Partners unterschrieb.

Aber auch kleine Zahnräder konnten sehr große Uhrwerke zum Stehen bringen, dachte Sara streitlustig.

Die Ereignisse des Tages forderten ihre Rechnung. Als die Tabletten endlich anfingen zu wirken, schlief Sara mit der Wange an der Seitenscheibe ein.

Nach einer Weile schielte Koslow zu ihr hinüber, stellte fest, dass sie schlief, und nahm sein Handy.

Während er das Gaspedal noch tiefer durchtrat, machte er ein Bild der schlafenden Sara und schickte es an eine Nummer im Telefonbuch, die er mit dem Namen »X« gekennzeichnet hatte.

Und bekam sofort eine Antwort.

Ein nach oben gerichteter Daumen.

Koslow nahm noch einen Kuchen aus der Tüte und kaute zufrieden.

Alles lief wie geplant.