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»Heb das Schild auf«, sagte eine blutbefleckte Lotta zu Jurij.

Und Jurij tat, was sie gesagt hatte.

Er hob das Schild auf, kam auf die Füße und sammelte sein Handy ein. Zog seine Kleidung zurecht und war bereit, den letzten Code zu verschicken.

»Jetzt werden wir einem einzigartigen Erlebnis beiwohnen«, sagte er zu Sara und Schönberg. »Ihr werdet spüren, wie es sich anfühlt, wenn ein Imperium untergeht. Wenn die Welt, für die man sein ganzes Leben lang gekämpft hat, in Rauch aufgeht. Es wird schmerzhaft sei. Aber lehrreich.«

»Warte«, sagte Agneta, und Jurij hielt inne. »Ich habe mich entschieden.«

»Bist du dabei?«

»Nein, ich möchte, dass du es abbrichst. Sara hat ganz allein gegen euch beide kämpfen müssen. Jetzt stelle ich mich an ihre Seite.«

Jurij musste lachen.

»Nein. Dieses Mal gewinne ich. Du hast die Sowjetunion zerschlagen, ich zerschmettere Deutschland, und aus der Asche wird ein neues Rusgermania geboren.«

»Hör auf!«

Agneta zog ihr Messer und humpelte auf Jurij zu.

»Töte mich ruhig«, sagte Jurij mit einem Blick auf das blutige Messer. »Mein Leben bedeutet nichts in diesem Zusammenhang.«

»Nicht dein Leben, aber vielleicht das deiner Tochter?«

Agneta holte ihr Handy heraus und zeigte es Jurij.

Auf dem Bildschirm sah man eine weinende Malin Broman.

Die an einen Stuhl gefesselt war und ein Messer an ihrem Hals hatte.

Jurij sah aufrichtig erschüttert aus.

»Als du nach Stockholm kamst, nur um sie mit deinen eigenen Augen zu sehen, verstand ich, wie wichtig sie für dich ist«, sagte Agneta. »Wie wichtig es für dich ist, ein Vater zu sein. Was du für unmöglich hieltest, nachdem sie dir die Eier abgeschnitten hatten. Es war Saras DNA -Probe, die mir die endgültige Antwort gab. Vielen Dank dafür, Sara.«

Die Botschaft war schwer zu verdauen. Die Worte beinahe unmöglich zu verstehen.

Jurij der Vater von Malin?

Also war keine der Schwestern ein Kind von Stellan, dachte Sara. Das erklärte auch die großen Unterschiede zwischen ihnen. Die blonde Malin und die schwarzhaarige Lotta.

War Sara also Stellans einziges leibliches Kind? Zustande gekommen durch eine Vergewaltigung.

Sara machte einen vorsichtigen Schritt nach vorn, um den Bildschirm besser sehen zu können. Malin hatte Todesangst, so viel konnte sie erkennen. Und Sara dachte, dass sie Malin zwar nie besonders gemocht hatte, aber dass sie so etwas nicht verdient hatte. Sie war kein Teil von dem hier, wusste nichts darüber, was Lotta gerade vorhatte. Genau wie Ebba hatte sie nur das Pech, die falschen Leute zu kennen, in die falsche Familie hineingeboren zu sein.

»Tu ihr nicht weh«, sagte Jurij und sah Agneta flehend an.

»Gib mir das Handy.«

»Das kann ich nicht.«

»Schneiden!«, rief Agneta in das Handy.

Und auf dem Bildschirm war zu sehen, wie die Hand, die das Messer hielt, in Malins Hals zu schneiden begann.

Das Blut rann ihren rosafarbenen Kragen hinab, und sie schrie wie am Spieß.

Da bemerkte Sara, dass die Hand einer Frau das Messer hielt.

Und sie erkannte die Ringe an den Fingern.

Sie gehörten Jane.