Das Messer schnitt immer tiefer in Malin Bromans Hals. Ein Zentimeter. Zwei.
Lotta reagierte nicht, ihre Augen starrten auf das Schild mit den Codes, das der Russe in der Hand hielt.
Agneta behielt Jurij im Auge. Byk. Den Ochsen. Der kastrierte Oligarch, der geglaubt hatte, dass er niemals Vater werden könnte. Der vor nicht allzu langer Zeit erfahren hatte, dass er eine erwachsene Tochter hatte. Eine schöne und erfolgreiche Tochter, die die blauen Augen ihres Vaters geerbt hatte.
Drei Zentimeter.
Jetzt begann Malin hysterisch zu schreien.
»Stopp!«, rief Jurij.
»Warte«, sprach Agneta in das Handy, und die Hand mit dem Messer hielt inne.
»Du gewinnst«, sagte Jurij und streckte Agneta die Hand mit dem Schild entgegen. Sie machte einen humpelnden Schritt auf ihn zu.
»Nein!«, schrie Lotta »Eine Person! Lässt du eine einzelne kleine Idiotin das alles zunichtemachen?«
»Ja«, sagte Jurij verbissen.
Agneta schloss die Finger um das Schild in Jurijs Hand, wobei ihre Hände einander berührten.
Da hob Lotta ihre Waffe und schoss eine Salve auf sie beide ab. Jurij und Agneta fielen blutend zu Boden.
Das Namensschild aus Messing flog durch die Luft und landete mit einem klirrenden Geräusch auf dem Marmorboden.
Schönberg, der mittlerweile seine Brille wieder aufgesetzt hatte, wollte zum Schild krabbeln, aber Lotta erschoss ihn.
Durchbohrte seinen Körper mit Kugeln, sodass der Rücken in kleinen, blutroten Geysirausbrüchen explodierte.
Schönberg schrie auf und blieb liegen.
Lotta hob erst das Handy auf und ging dann zu dem Schild, das einen Meter von Agneta entfernt auf dem Boden lag.
»Nur noch ein einziger Code«, sagte Lotta mit Triumph in der Stimme, während sie sich nach dem Messingstück bückte.
Schönberg war vollkommen still. Jurij lag auf dem Boden und röchelte. Agneta blutete kräftig aus dem Bauch, und aus ihrem Mund rann Blut. Sara hatte nur einen Treffer im Bein, könnte Lotta aber niemals erreichen, ohne vorher von ihr entdeckt und erschossen zu werden.
Jetzt hatte Lotta sowohl das Handy als auch das Schild mit den Codes auf der Rückseite in ihren Händen.
Sara bemerkte eine leichte Bewegung in den Augenwinkeln. Sie sah zu Agneta herüber, die ihr etwas zeigte, was wie ein kleiner Metallring aussah.
Sara brauchte eine Sekunde, um es zu begreifen.
Eine Sekunde, von der Agneta wusste, dass sie sie eigentlich nicht hatten.
Eine Sekunde, die Sara das Leben hätte kosten können, sie jetzt aber rettete.
Agneta gab Sara die Sekunde. Und damit auch das Leben zurück.
Denn der Ring, den Agneta in den Händen hielt, war der Sicherungsstift einer Handgranate, die sie entsichert hatte.
Und diese Handgranate war das Einzige, was Lotta noch aufhalten konnte.
Agneta gab Sara einen diskreten Wink mit den Fingerspitzen, bevor sie die Augen schloss, und Sara gehorchte.
Sie trotzte den scharfen Schmerzen im Bein und im Rücken, ignorierte alle Warnsignale des Körpers und warf sich kopfüber aus der Türöffnung, die steile Steintreppe hinunter.
Im selben Augenblick warf Agneta mit letzter Kraft die Handgranate auf ihre Tochter.