Diffuse Symptome, unklare Prognose

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Warum Frauen oft lange auf Diagnose und Behandlungsplan warten

Als „Chamäleon der Gynäkologie“ wird die Endometriose oft bezeichnet, was die hübschen Reptilien in unverdient schlechten Ruf bringt, die Symptomlage aber sehr gut beschreibt. Denn die ist vor allem eins: unspezifisch. Ein Strauß an Beschwerden kann, aber muss nicht vorliegen, und gleichzeitig können all diese Beschwerden ebenso gut von anderen Erkrankungen herrühren. Und oft scheint das sogar zunächst naheliegender, weil gerade Frauen, die über Endometriose noch nicht viel wissen, bestimmte Symptome zunächst mit ganz anderen Problemen in Verbindung bringen. Wer etwa Blutungen beim Stuhlgang bemerkt, bemüht sich erschreckt um die Abklärung möglicher Darmtumore und denkt nicht an Endometrioseherde im Verdauungsorgan. Andere Beschwerden hingegen sind so verbreitet und diffus, dass viele Frauen oft jahrelang darunter leiden und nicht einmal auf die Idee kommen, dass eine konkrete Ursache dahinterstecken könnte. Das gilt etwa für heftige Regelschmerzen, die zahlreichen Patientinnen als „normal“ erscheinen, da solche Beschwerden weit verbreitet sind und sie selbst keine andere Intensität kennen.

Genauso werden mit der Erkrankung einhergehende Probleme wie Erschöpfung, Müdigkeit oder auch Infektanfälligkeit nicht unbedingt auf einen bestimmten Auslöser zurückgeführt, sondern viel eher mit Stress, schlechtem Schlaf oder eben einfach mal einer schlechten Phase in Verbindung gebracht. Und selbst, wenn der Verdacht dann schließlich in die richtige Richtung geht, so ist der Beweis noch lange nicht erbracht.

Denn wie das leuchtend grün getarnte Chamäleon vor Blattwerkhintergrund entzieht sich auch die Endometriose recht geschickt der Nachweisbarkeit und in der Regel sind aufwendige Untersuchungen notwendig, um die Diagnose wirklich bestätigen zu können. Tests, mit denen man eine Erkrankung etwa anhand eines Blutbildes, einer Urinprobe oder eines Vaginalabstrichs nachweisen kann, existieren mittlerweile für viele Krankheiten, jedoch zählt die Endometriose leider nicht dazu. Bis zum Zeitpunkt der klaren Diagnose – und damit einhergehend schließlich auch der oft dringend benötigten Behandlung! – sind viele Frauen also schon zermürbt und müde vom langen Kampf gegen Schmerzen und nicht wenige haben auf dem beschwerlichen Weg dorthin zusätzliche Beschwerden angehäuft, wie etwa Schwierigkeiten in der Partnerschaft, ungewollte Kinderlosigkeit oder auch psychische Leiden wie Depressionen. Die oberste Devise im Kampf gegen die Endometriose muss also zunächst einmal lauten: Enttarnen wir den Feind so früh wie möglich und sorgen wir dafür, dass Frauen Möglichkeiten offenstehen, hier selbst aktiv und frühzeitig auf eine Klärung ihrer Situation hinzuarbeiten. Darauf zielen der folgende Endometriose-Selbsttest sowie die gründliche und systematische Symptombeschreibung ab.

Selbsttest: Könnte ich an Endometriose leiden?

Der folgende Test fragt in Kürze die häufigsten und deutlichsten Erkennungsmerkmale einer Endometrioseerkrankung ab und kann Ihnen damit einen ersten Hinweis geben, ob eine solche bei Ihnen möglicherweise vorliegt.

Wichtig ist allerdings: Der Test ist in seiner Aussagefähigkeit sehr begrenzt, da, wie im letzten Kapitel erläutert, die Krankheit so vielgesichtig und unspezifisch ist. In keinem Falle kann er eine Diagnose liefern oder gar den Arztbesuch ersetzen, aber Sie können für sich selbst einen Überblick bekommen, ob Ihre eigenen Beschwerden ins Endometriose-Raster passen.

□ Leiden Sie auch abseits der Regeblutungszeit unter Unterleibsschmerzen?

□ Haben Sie Schmerzen beim Sex oder bei gynäkologischen Untersuchungen?

□ Erleben Sie während der Menstruation starke Schmerzen und haben durch Gespräche mit anderen Frauen den Eindruck, dass Ihre Schmerzen unverhältnismäßig stark sind?

□ Treten bei Ihnen Blutungen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang auf?

□ Haben Sie beim Toilettengang Schmerzen oder Schwierigkeiten?

□ Beobachten Sie bei sich selbst eine erhöhte Infektanfälligkeit während Ihrer Periode?

□ Ist für die genannten Symptome keine andere medizinische Erklärung bekannt?

□ Versuchen Sie seit Längerem erfolglos, schwanger zu werden?

Wenn Sie mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, kommt die Symptomlage durchaus für eine Endometrioseerkrankung infrage. Das kann auch der Fall sein, wenn Sie nur ein oder zwei Fragen bejahen, ebenso ist allerdings möglich, dass auch bei Bestätigung aller Fragen eine andere Erkrankung Ihren Beschwerden zugrunde liegt. In jedem Falle gilt, dass ärztliche Abklärung absolut empfehlenswert ist, denn gerade auch, wenn Endometriose nicht die Ursache Ihrer Leiden ist, kommen andere – teils bedrohlichere – Erkrankungen in Frage, die dringend erkannt und behandelt werden müssen.

Medizinische Fakten: Symptome, Diagnose, Behandlung und Prognose

Nachdem Sie die verdächtigsten Anzeichen im Selbsttest bereits kennengelernt haben, werfen wir im Folgenden einen genaueren Blick auf den medizinischen Stand der Dinge. Denn auch, wenn vieles über die Krankheit noch unbekannt oder unklar ist, so steht dem mittlerweile auch eine breite Basis an gesichertem Fachwissen entgegen und sowohl Patientinnen als auch Frauen, die eine Endometriose bislang nur vermuten, profitieren von detaillierten und fundierten Kenntnissen.

Schmerzen, Blutungen & Co.: Die häufigsten Anzeichen für eine Endometrioseerkrankung


Wie Sie bereits wissen, dreht sich bei der Endometriose letztlich alles um den weiblichen Zyklus. Gerade der monatlichen Menstruation und allem, was mit dem gynäkologischen Fachbereich zusammenhängt, kommt also eine ganz besondere Bedeutung bei der Symptomlage zu. Unabhängig von der Häufigkeit ihres Auftretens haben sich zwei Beschwerden herausgebildet, die meistens der Auslöser sind, wenn Frauen mit Endometriose erstmalig um ärztlichen Rat fragen: Schmerzen und Empfängnisprobleme.

Interessanterweise deutet das oft auf ganz unterschiedliche ‚Erkrankungsarten‘ hin – werfen wir also zunächst einmal einen Blick auf die Schmerzpatientinnen. Diese haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, da Schmerzen nicht selten erst einmal ausgehalten wurden.

Qual Nr. 1 sind die gefürchteten Regelschmerzen und gerade hier kann sich die Endometriose oft lange austoben, ohne dass jemand sie auf dem Radar hat. Denn schließlich kennen Millionen von Mädchen und Frauen die allmonatlichen krampfartigen Schmerzattacken und Teenagerzeitschriften, Internetforen und ärztliche Ratgeber sind voll von Tipps, wie man mit Wärmflasche, Tees und Entspannungsübungen dagegen vorgehen kann. Doch es gibt zahlreiche Betroffene, bei denen mit diesen milden Hausmittelchen nicht viel zu erreichen ist und die stattdessen auf Schmerzmittel zurückgreifen müssen. Hierzu zählen auch viele Frauen, bei denen keine Endometriose vorliegt, für Endometriosepatientinnen ergibt sich hier aber ein irreführendes Bild: Schmerzen – auch heftige – seien normal.

Gerade im Hinblick darauf, dass bei der Erkrankung genetische Veranlagung eine große Rolle spielt, tut sich hier eine zusätzlich ungünstige Dynamik auf, wenn nämlich auch die Mutter bereits unter Endometriose leidet, davon aber keine Ahnung hat. Für sie gehören dann auch stärkste Regelschmerzen zum Standardrepertoire des weiblichen Zyklus und entsprechend bestärkt sie eine ebenfalls erkrankte Tochter in dieser Annahme. Solche Mädchen leiden oft jahrelang an nahezu unerträglichen Schmerzen, ohne jemals Hilfe zu suchen. Rettung kommt dann manchmal durch Altersgenossinnen, wenn beispielsweise während des Studiums eine Wohnung mit anderen jungen Frauen geteilt wird und die Betroffene sieht: „Ich liege jeden Monat tagelang im Bett und schlucke Tabletten, während meine Mitbewohnerinnen vielleicht mal eine halbe Stunde zur Wärmflasche greifen.“ Wenn dann genauer recherchiert und bewusst der Austausch und Vergleich mit anderen Frauen gesucht wird, so entsteht bei Patientinnen oft erstmalig das Bewusstsein dafür, dass das, was sie erleben, nicht „normal“ ist. Ein bisschen besser treffen es da junge Frauen, die etwa beim Sex Probleme haben, denn hier werden Unregelmäßigkeiten schneller auffällig. Zwar sind die ersten sexuellen Erlebnisse oft alles andere als entspannt und reines Verkrampfen führt beim berühmten „ersten Mal“ und auch vielen weiteren Malen nicht selten zu leichten Schmerzen, allerdings legt sich das mit zunehmender Vertrautheit. Bleiben hier Schmerzen bestehen, so suchen junge Frauen meist bald das Gespräch mit Ärzten und gehen so einen ersten Schritt in Richtung Diagnose.

Schmerzen sind also generell ein Hauptsymptom der Endometriose und neben abnormal starken Regelbeschwerden und Schmerzen beim Sex kommen noch weitere hinzu: Schmerzen im Unterbauch außerhalb der Menstruationszeit, Schmerzen bei gynäkologischen Untersuchungen, an bestimmten druckempfindlichen Stellen im Bauchbereich, Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang oder Schmerzen im Bauch- und Rückenbereich, die in manchen Fällen auch in die Beine ausstrahlen können. Manche der Beschwerden unterliegen in ihrem Auftreten dem Rhythmus des weiblichen Zyklus und treten etwa verstärkt in der zweiten Zyklushälfte auf, genauso können aber auch ständige Schmerzen zum Krankheitsbild gehören.

Neben Schmerzbeschwerden sind auch verschiedene Blutungsphänomene ein typisches Symptom. Von ausgeprägt starken Regelblutungen oder auffällig langen Blutungsperioden wird ebenso berichtet wie von einer Neigung zu Zwischenblutungen und je nachdem, wo sich Endometrioseherde befinden, kann es zu Blutungen aus Blase oder Darm kommen, die oft als besonders erschreckend wahrgenommen werden. Liegen Gewebeansammlungen ungünstig in diesen Organen, können auch allgemein Schwierigkeiten bei den Ausscheidungsvorgängen beobachtet werden und Betroffene klagen teilweise über Verstopfung, Blähungen oder auch Durchfall.

Auch noch diffusere Symptome gehören zum Krankheitsbild: So weisen manche Patientinnen während der monatlichen Blutungen eine erhöhte Infektanfälligkeit auf, Allergien und weitere Autoimmunerkrankungen treten auf und weitverbreitet sind stark ausgeprägte Erschöpfungserscheinungen. Erhebungen zufolge kämpfen über 50 % der Betroffenen neben der Endometriose selbst mit dem Fatigue-Syndrom, das übermäßige und anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung bringt. Schlaf und Erholung führen hier nicht zur Verbesserung des Wohlbefindens, die Kraftreserven sind abnormal begrenzt und Probleme wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen beeinträchtigen das normale Alltagsleben teils extrem.

Und dann ist da noch ein weiteres Symptom, das oftmals zum Entdeckungsanlass für die Erkrankung wird und gleichzeitig der größte Alptraum vieler Patientinnen ist: Fruchtbarkeitsprobleme. Denn wenn eine Frau über längere Zeit versucht, schwanger zu werden, und ihr das nicht gelingt, erfolgt meistens der Gang zum Arzt und die Suche nach der Ursache kommt in Gang. Die so entdeckten Endometriosepatientinnen unterscheiden sich nun stark von denen, die von unerträglichen Schmerzen zum Arzt getrieben werden, denn sie haben meist bisher nichts von ihrer Erkrankung bemerkt. Im Nachhinein werden vielleicht doch etwas stärkere Regelschmerzen identifiziert, aber im Großen und Ganzen haben diese Frauen ihr bisheriges Leben von der Endometriose unbehelligt verbracht. Tatsächlich ist Endometriose ein berüchtigter Verdächtiger, wenn es um Empfängnisprobleme geht, denn bei ca. 50 % der Frauen, die sich wegen unerfüllten Kinderwunsches an ärztliche Stellen wenden, findet sich schließlich tatsächlich eine vorliegende Endometriose, und auch umgekehrt sind die Zahlen sehr ähnlich: Etwa die Hälfte der Endometriosepatientinnen hat Schwierigkeiten, auf natürlichem Wege und spontan schwanger zu werden. Die Fruchtbarkeitsprobleme selbst entstehen in erster Linie durch Endometrioseherde an Eileiter und Eierstöcken, die zu Verwachsungen führen und damit einer erfolgreichen Befruchtung und Einnistung im tatsächlichen Wortsinn „im Wege stehen“.

Weiterhin wird diskutiert, ob auch indirekte Einflüsse hier Probleme bereiten könnten, besonders zwei Möglichkeiten werden hier in Betracht gezogen. Erstens: Das Immunsystem erkennt die Herde als Fremdkörper und ist dadurch so sehr in den Alarmmodus versetzt, dass es einer befruchteten Eizelle nicht erlaubt, sich überhaupt einzunisten. Oder aber zweitens: Die Spermien werden durch die Endometriose auf ihrem Weg behindert, der Eileiter wird in seiner Beweglichkeit eingeschränkt, womöglich werden auch die Eizellreifung sowie die Entwicklung in frühen Embryonalstadien gestört.

Hierzu ist die Datenlage aber noch nicht eindeutig, als nachweisbarer Auslöser sind in erster Linie die Verwachsungen zu betrachten. Schonmal vorweggenommen: Je nach genauer Lage und Ausprägung kann hier mit einer OP oft sehr gut geholfen werden, sodass die Diagnose „Endometriose als Schwangerschaftshindernis“ zunächst noch überhaupt kein Grund zur Verzweiflung ist.

Obwohl Endometriose eine klar fassbare und körperliche Erkrankung ist, darf neben Schmerzen, Fruchtbarkeitsproblemen & Co. ein weiterer entscheidender Punkt nicht ins Hintertreffen geraten: die psychische Komponente. Es existieren mittlerweile zahlreiche Studien aus verschiedenen Ländern, die einen Zusammenhang zwischen Endometriose und psychischen Erkrankungen, wie etwa Depressionen, Angststörungen oder auch verschiedene Suchtmittelabhängigkeiten, aufzeigen. Das verwundert kaum, kann eine Endometriose doch die Lebensqualität stark einschränken und insbesondere durch chronische oder häufig auftauchende und starke Schmerzen Betroffenen den Alltag zur Qual machen. Eine umfassende Behandlung hat deshalb immer auch mögliche psychische Folgen im Blick und sorgt bei Bedarf ebenso für deren Therapie.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Endometriose präsentiert sich tatsächlich als schwer fassbar und kann sich mit ihrer diffusen Symptomlage oft lange tarnen. Es ist also grundsätzlich eine gute Idee, bei gynäkologisch unklaren Beschwerden oder Beobachtungen diesen Übeltäter zumindest im Hinterkopf zu behalten, und je besser gerade junge Frauen darüber Bescheid wissen, desto effektiver lässt sich der oft unnötig lange Leidensweg verkürzen. Wenn Sie also zu den Frauen gehören, die einen solchen Verdacht hegen, zögern Sie nicht, der Sache auf den Grund zu gehen, und erwähnen Sie, falls nötig, Endometriose auch bei Ihrem Arzt. Mittlerweile ist die Krankheit jedoch glücklicherweise gut bekannt und die Zeiten, in denen Frauen befürchten mussten, man könnte ihre Beschwerden als „Einbildung“ abtun, sind längst vorbei.

Wie erfolgt die medizinische Diagnostik?

Wenn das „Chamäleon“ sich aber so hartnäckig der Entdeckung entzieht, wie gelangt man dann schließlich wirklich zu einer Diagnose? Das ist tatsächlich gar nicht so einfach und wird letztlich in einem mehrstufigen Verfahren in Angriff genommen.

Anamnese


Am Anfang steht immer ein gründliches Anamnesegespräch mit dem Gynäkologen oder auch dem Hausarzt, falls der aufgrund der Diffusität der Beschwerden der erste Ansprechpartner wird. Hier ist eine wirklich ausführliche Besprechung der Symptome nötig, da sie – wie Sie nun bereits wissen – nur in ihrer komplexen Gesamtheit schließlich einen klaren Hinweis auf eine vorliegende Endometrioseerkrankung geben können. Dabei kommt es nun in erster Linie auf Sie an: Je präziser und umfassender Sie Ihre Erlebnisse schildern können, desto hilfreicher sind die Anhaltspunkte für Ihren Arzt. Wenn Sie also einen Endometrioseverdacht hegen, ist es äußerst sinnvoll, eine Art Beschwerdetagebuch zu führen. Notieren Sie exakt, was Sie wann beobachten, also wann Blutungen auftreten, wie lange sie anhalten, wie stark sie sind, wann Sie Schmerzen verspüren und wo genau etc. Gerade über den Verlauf mehrerer Zyklen hinweg können sich hier schon sehr deutliche Bilder ergeben, die Ihrem Arzt zu einem Anfangsverdacht verhelfen können. Dies kann ebenfalls nützlich sein, um mögliche Muster aufzudecken, die vielleicht nicht auf eine Endometriose hindeuten, aber für andere Krankheitsbilder typisch sind.

Beschwerdetagebuch

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Ohnehin spielt das Ausschlussverfahren in der ersten Diagnostikphase eine große Rolle. Ihr Frauenarzt wird je nach Ihrem persönlichen Beschwerdebild zunächst andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ausschließen, insbesondere solche, die sich einfach nachweisen lassen. Dazu können etwa Geschlechtskrankheiten zählen, Entzündungen von Eileiter oder Gebärmutterschleimhaut oder Zysten und Tumore. Worauf Sie sich ebenfalls einstellen müssen: vermutlich recht intime und vielleicht unangenehme Fragen, etwa zu Ihrem Sexleben oder zu körperlichen Vorgängen wie Stuhlgang und Wasserlassen.

img-8.jpg Diese Informationen sind leider unverzichtbar, können aber im vertrauensvollen Arzt-Patientinnen-Gespräch bedenkenlos geäußert werden – es gibt nichts, wofür Sie sich schämen müssten.

Untersuchung


Anschließend folgt eine gynäkologische Untersuchung, die Ihnen von Krebsvorsorge und ähnlichen Terminen nicht ganz unbekannt ist. Mittels Tastung wird Ihr Arzt überprüfen, ob schmerzhafte Bereiche vorliegen und sich womöglich größere Herde ertasten lassen, auch Spekulum (Instrument zur Untersuchung der Scheide, ermöglicht die Betrachtung) und Scheidenspiegel zur optischen Untersuchung kommen zum Einsatz.

Auch der Enddarm wird möglicherweise untersucht, da sich hier Endometrioseherde, die sich an den Haltebändern der Gebärmutter befinden, besonders gut ertasten lassen. Diese einfachen Untersuchungsmethoden können erste Verdachtsmomente liefern und eventuell vorhandene größere Herde etwa in der Scheide lassen sich so bereits entdecken. Kleine Herde sind damit allerdings nicht feststellbar und auch bei großen ist eine eindeutige Diagnose so nicht möglich: Welcher Natur die tastbaren Veränderungen tatsächlich sind, kann auf diese Art nicht geklärt werden, es könnte sich beispielsweise auch um Zysten handeln, die mit einer Endometriose nichts zu tun haben. Leider lässt es sich – insbesondere, wenn Sie tatsächlich an Endometriose leiden – nicht immer vermeiden, dass diese Untersuchungen unangenehm sind und manchmal sogar zu Schmerzen führen. Den in manchen Internetforen kursierenden Horrorberichten dürfen Sie jedoch getrost eine Absage erteilen und sich stattdessen vertrauensvoll in die Hände eines guten Arztes begeben. Gerade wer auf Endometriose spezialisiert ist, weiß schließlich nur zu gut, welche Schmerzen von den Herden ausgelöst werden können, und nimmt die Untersuchungen entsprechend vorsichtig vor.

Im nächsten Schritt kommt nun spezialisierte Technik zum Einsatz: Ultraschall, auch Sonografie genannt. Die äußerst sichere und in vielen Fällen angewandte Untersuchungsmethode erlaubt Ihrem Arzt, sich zunächst von außen durch die Bauchdecke ein Bild davon zu machen, wie es bei Ihnen innen so aussieht. Falls Sie damit noch keinerlei Erfahrungen gemacht haben: Hier fährt der Arzt mit einer Art Griff Ihren Bauchbereich ab und die davon abgesonderten Wellen erzeugen auf einem Monitor ein Bild, auf dem sich viele Details im Gewebe erkennen lassen – etwa so, wie Röntgenaufnahmen es mit Knochen tun. So verschaffen Behandelnde sich etwa einen Eindruck von der Lage der Gebärmutter und können auch etwaige größere Herde oder Verwachsungen entdecken. Auch Organe wie die Nieren können so unter die Lupe genommen werden, falls hier Befall vermutet wird. Die Erkennungsmöglichkeiten sind allerdings beschränkt, kleine Herde werden auf diese Weise nicht entdeckt, weshalb man sich anschließend mit einem Vaginalultraschall behilft. Dieser funktioniert im Prinzip auf die gleiche Weise, allerdings diesmal aus dem Inneren heraus. Eine Art Stab mit leicht verbreitertem Kopf wird hierbei in die Vagina eingeführt, wodurch das Instrument gewissermaßen „näher am Geschehen“ ist und detailliertere Bilder etwa von den Eierstöcken, jedoch auch von möglichen Herden an Blase oder Darm liefern kann.

Analyse


Für eine abschließende gesicherte Diagnose reicht jedoch auch das nicht aus, denn eines kann der Ultraschall nicht leisten und das ist die genaue Analyse von Gewebe. Das heißt, es wird zwar vielleicht eine auffällige Gewebeansammlung entdeckt, aber die wirkliche Unterscheidung von etwa einer normalen Zyste ist so nicht möglich. Für die endgültige Sicherheit greifen Ärzte deshalb zur Laparoskopie, der Bauchspiegelung. Dabei handelt es sich um eine minimalinvasive Operation, die unter Vollnarkose durchgeführt wird. Ein optisches Instrument, also eine Art Minikamera, wird durch einen kleinen Schnitt in die Bauchhöhle eingeführt, sodass der Arzt sich ein einzigartig detailliertes Bild von sämtlichen dort befindlichen Bereichen machen kann. Auf diese Weise können auch Herde oder Verwachsungen entdeckt werden, die so klein sind, dass sie auf Ultraschallaufnahmen verborgen geblieben sind, und vor allem: Der Arzt kann nicht nur sehen, sondern auch direkt aktiv werden. Das heißt, dass über feinste Instrumente, die sich ebenfalls durch kleine Schnitte einführen und bedienen lassen, verdächtiges Gewebe sofort entnommen werden kann. So kann man einerseits eine Biopsie vornehmen, also eine Gewebeprobe nehmen, die anschließend untersucht wird, andererseits aber entdeckte Herde auch sofort beseitigen. Zur abschließenden Diagnose ist eine solche Bauchspiegelung unverzichtbar, denn nur mikroskopische Untersuchungen des auffälligen Gewebes können wirklich bestätigen, dass es sich dabei um Endometrioseherde und nicht um etwas anderes handelt.

In Einzelfällen können Ärzte noch auf weitere bildgebende Methoden wie etwa CT oder MRT zurückgreifen. Für die routinemäßige Diagnostik ist das aber nicht nötig, sondern kommt eher dann zum Einsatz, wenn bestimmte Schwierigkeiten vorliegen. Das Gleiche gilt für Darm- oder Blasenspiegelungen, die bei entsprechendem Befall nützlich, ansonsten jedoch überflüssig sind.

Wer nun angesichts dieses Methodenmarathons in Panik gerät, der darf beruhigt sein: Nicht jede Endometrioseerkrankung verlangt den kompletten Diagnostikkoffer und bis auf die Laparoskopie gehören die Untersuchungen zur Alltagsroutine in jeder Frauenarztpraxis. Und selbst, wenn eine Bauchspiegelung notwendig werden sollte, so handelt es sich wie erwähnt um eine minimalinvasive Operationsform, also eine, die nur minimale Eingriffe nötig macht und im Hinblick auf Schmerzen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes deutlich weniger belastend ist als eine herkömmliche offene Operation.

Der typische Behandlungsverlauf der Endometriose

Ist die Diagnose erst einmal gesichert, so kommt der für Patientinnen natürlich weitaus interessantere Teil, nämlich die Frage danach, was denn nun alles gegen die Beschwerden getan werden kann. Die gute Nachricht: eine ganze Menge. Das geht von Schmerz- über Hormonbehandlung bis hin zu operativer Behandlung und wird mittlerweile zunehmend durch erweiterte Methoden – auch abseits der Schulmedizin – ergänzt. Was nun aber die eine typische Behandlung wäre, lässt sich, wie Sie erahnen können, nicht sagen, da sich die Krankheit so unterschiedlich und vielfältig zeigt, wie sie Patientinnen hat. Festhalten lässt sich, dass jede Behandlung nicht die Heilung zum Ziel hat, denn diese gilt generell als unmöglich und tritt erst mit dem Erreichen der Menopause von selbst ein. Als oberste Regel gilt in jedem Falle, dass die Behandlung sich an den Symptomen und vor allem am Beschwerde- bzw. Leidensdruck der Betroffenen orientiert. Das heißt zunächst einmal, dass Endometriose, die keine oder nur leichte Schmerzen und auch sonst keine Probleme verursacht, auch nicht behandlungsbedürftig ist, insbesondere, wenn die Herde auch nicht den Anschein der Wachstumsfreude erwecken. Bei vielen Erkrankten dürfte sich diese „Therapie“ dann auch ganz von selbst ergeben, da eine Endometriose, die keine auffälligen Beschwerden auslöst, auch oft nicht einmal entdeckt wird. Für diejenigen, die allerdings bereits wissen, dass sie die Krankheit in sich tragen, spielen insbesondere zwei Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Frage nach einer möglichen Behandlung.

Erstens: Je früher eine Endometriose behandelt wird, desto höher sind die Chancen auf einen möglichst günstigen Verlauf.

Das heißt je nach Behandlungsoption, dass Herde in ihrem Wachstum gebremst werden, die Entstehung weiterer Herde verhindert wird oder bestehende Herde möglichst restlos entfernt werden. Auch symptomfreie Patientinnen sind also gut beraten, sich Gedanken zu machen, ob sie eine Behandlung wünschen oder nicht, denn eine Garantie, dass die Schmerzfreiheit aufrechterhalten bleibt, gibt es nicht. Möglich ist das allerdings durchaus und es gibt Betroffene, die ihr ganzes Leben lang keiner Behandlung bedürfen, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Behandlungsmöglichkeiten alle nicht völlig risiko- bzw. nebenwirkungsfrei sind, muss hier eine kluge Abwägung vorgenommen werden. Kein Wunder, dass viele Patientinnen angesichts dieser Entscheidung verunsichert sind und das Gefühl haben, sie könnten kaum die richtige Wahl treffen.

Wenn Sie zu diesen Betroffenen zählen, sind Ihre besten Verbündeten ein ausgezeichneter Arzt und Ihr Körpergefühl. Gerade als Frau mit Endometriose-Problematik oder -verdacht ist es für Sie noch wichtiger als für die meisten Ihrer Geschlechtsgenossinnen, dass Ihr Gynäkologe wirklich der Arzt Ihres Vertrauens ist. Sollten Sie hier Unsicherheiten, Antipathie oder einfach ein mangelndes Gefühl an Zutrauen haben, rate ich dringend zur Suche nach einem Arzt, bei dem Sie sich wirklich gut aufgehoben fühlen. Vielleicht können Freundinnen jemanden empfehlen, vielleicht bekommen Sie einen guten Hinweis bei Selbsthilfeportalen im Internet – in jedem Fall lohnt hier die Suche und eventuell auch eine weitere Anfahrt. Für komplexere Behandlungen sind Sie ohnehin in spezialisierten Endometriose-Zentren am besten aufgehoben, wo Sie auf höchste Expertise und zugleich Einfühlungsvermögen vertrauen dürfen. Es kann auch Sinn machen, sich dorthin zu wenden, wenn Sie sich einfach unklar sind über die optimale weitere Vorgehensweise.

Womit wir bei Punkt zwei der Frage nach einer möglichen Behandlung angelangt sind: Familienplanung.

Auch, wenn Sie derzeit noch keine oder nur gut erträgliche Beschwerden haben, so sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass der Verlauf nicht vorhersehbar ist und möglicherweise einem späteren Kinderwunsch in die Quere kommen könnte. Dabei kommt es natürlich ganz auf Ihre Situation an. Bei abgeschlossener Familienplanung spielt dieser Faktor eine ganz andere Rolle als bei einer jungen Erwachsenen, die gerade vor dem Kinderwunsch steht, oder wiederum einem Teenager, der über seine Familienplanung noch kaum eine verlässliche Aussage wird treffen können.

Wenn nun der Entschluss zur Behandlung gefasst ist, welche Möglichkeiten haben Sie dann?


Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass keine Behandlung darauf abzielt, die Ursachen der Endometriose an sich zu bekämpfen, sondern stets die Symptome bzw. Begleiterscheinungen aufs Korn genommen werden. Nr. 1 sind hier sicherlich die Schmerzen. Für die allermeisten Patientinnen kommt es zunächst darauf an, Schmerzen zu lindern; hier sind zwei medikamentöse Wege möglich.

1. Behandlung: medikamentös

Klassische und weitverbreitete Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika, wie etwa Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure, sind Mittel der Wahl, wenn es um Schmerzfreiheit geht, und viele Betroffene haben damit auch längst Erfahrungen gemacht.

Allerdings sollte eine Schmerztherapie auf Basis dieser in niedriger Dosierung zwar frei verkäuflichen Medikamente nicht einfach in Eigenregie durchgeführt, sondern unbedingt mit dem Arzt geplant werden. Denn es kommt stark darauf an, in welchem Rhythmus, welcher Häufigkeit und welcher Dosis die Schmerzmittel genommen werden sollen, um für die jeweils individuelle Schmerzsituation die perfekte Gegenmaßnahme darzustellen. Das Prinzip, nach dem man sich bei Kopfschmerzen eben mal eine Ibuprofen erlaubt, wenn sie besonders lästig sind, ist bei Endometrioseschmerzen nicht unbedingt zielführend und abhängig von den jeweiligen körperlichen Voraussetzungen empfehlen sich auch unterschiedliche Schmerzmittel.

Außerdem treten bei Daueranwendung nicht selten unerwünschte Nebenwirkungen etwa im gastrischen Bereich auf, weshalb hier auf jeden Fall ein ärztlich abgesegneter Anwendungsplan befolgt werden sollte. Generell sind mit solchen Medikamenten aber sehr gute Erfolge zu verzeichnen und zahlreiche Patientinnen finden allein damit schon zu einem Lebensalltag zurück, in dem die Erkrankung sie kaum oder gar nicht mehr einschränkt.

Ein weiteres Plus: Die genannten Mittel befreien nicht nur vom Schmerz, sondern entfalten zusätzlich antientzündliche Wirkungen, und da die typischen Endometrioseschmerzen oft von entzündetem Gewebe herrühren, wirken die Medikamente sozusagen doppelt.

Deshalb wird neben der Schmerzmittelgabe auch ein zweiter Weg beschritten, bei dem man sich ganz auf das Entzündungsproblem fokussiert und mit sogenannten Entzündungshemmern (COX-2-Hemmer) arbeitet. Die typischen schmerzhaften Begleiterscheinungen einer Endometriose werden damit bekämpft und ihre Verabreichung hat sich als vielversprechend gezeigt, wenn es darum geht, der Entstehung chronischer Schmerzbeschwerden vorzubeugen.

2. Behandlung: nach speziellem Plan

Wenn Sie bereits unter chronischen Schmerzen leiden oder mit besonders starken oder besonders einschränkenden Schmerzen zu kämpfen haben, dann kann eine gezielte Schmerztherapie von spezialisierten Therapeuten sinnvoll sein. Die Fachärzte haben im Vergleich zu anderen Medizinern einen viel differenzierteren Überblick über die unterschiedlichsten Aspekte und Ausprägungsformen von Schmerzen, Schmerzmitteln, deren Kombination und präziser Anwendung, sodass ein Behandlungsplan aus ihren Händen oft deutlich effektiver und gezielter ist. Gerade wenn Sie es also bereits über längere Zeit und womöglich mit unterschiedlichen Mitteln versucht haben und trotzdem keine zufriedenstellende Besserung eingetreten ist, kann der Gang zum Schmerzspezialisten die Erlösung bedeuten.

Eine stärkere, gleichzeitig auch gezieltere Vorgehensweise besteht in der Gabe von hormonellen Medikamenten, was dann als endokrine Behandlung bezeichnet wird.

3. Behandlung: endokrin (hormonell)

Das macht Sinn, denn wie Ihnen nun schon bekannt ist, hängt Ihre Erkrankung letztlich mit dem weiblichen Hormonsystem zusammen und so erscheint es nur folgerichtig, hier anzusetzen. Ärzte wählen hierbei einen von drei möglichen Wegen – mit dem ersten haben Sie vielleicht längst Bekanntschaft gemacht, nämlich die „Pille“. Was präziser als monophasisches Östrogen-Gestagen-Präparat bezeichnet wird, ist nichts anderes als das, was viele Teenager und Frauen zur Schwangerschaftsverhütung verwenden. Anders als Sie es aber vielleicht kennen, empfiehlt sich bei diesem Einsatz der Pille die Langzyklus- oder gar die Langzeitanwendung, die pillefreien Tage fallen also zumindest für eine bestimmte Zahl an Zyklen oder eben langfristig weg und das Medikament wird durchgehend genommen. Hiermit lassen sich Endometriosebeschwerden meist deutlich verbessern und die Herde werden tatsächlich auch geschrumpft.

Die Wirkweise ist simpel: Durch die Pille wird verhindert, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut und damit auch das außerhalb liegende Endoemtriosegewebe, welches sich schließlich analog zum Endometrium verhält. Zur Pille wird sowohl als erster Behandlungsansatz gegriffen – der bei vielen Patientinnen dann aber auch ausreichend ist – als auch bei der Rezidivprophylaxe, also der Rückfallvermeidung, nach einer Operation. Ebenso ist die Gabe der Hormone beispielsweise per Vaginalring möglich; in jedem Fall müssen die üblichen Nebenwirkungen der Pille, wie etwa erhöhte Thromboseneigung, bedacht werden. Für jüngere Patientinnen werden hier oft zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, wird doch in der Pille Verhütung mit Behandlung vereint, aus dem gleichen Grund ist sie natürlich für Frauen mit Kinderwunsch ungeeignet. Das ist aber in der Regel kein Problem, denn während einer Schwangerschaft schaltet die Endometriose aufgrund der hormonellen Umstellungen ohnehin gewissermaßen in den „Pausemodus“.

Was unbedingt erwähnt werden muss: Die Pille ist in Deutschland als Mittel zur Endometriosebehandlung nicht offiziell zugelassen. Das heißt nicht, dass sie nicht wirkt, sondern lediglich, dass sie im sogenannten „off-label-use“ verwendet wird, also außerhalb des Einsatzbereiches, für den sie die offizielle Zulassung hat. Der Arzt muss Sie hierüber explizit aufklären und leider bringt diese Tatsache auch mit sich, dass Krankenkassen die Kosten dafür oft nicht übernehmen.

Eine weitere Möglichkeit der hormonellen Behandlung besteht in der Gabe von Gestagenpräparaten, also Gelbkörperhormonpräparaten. Hierbei handelt es sich um chemisch erzeugte Hormonvarianten, das bekannteste natürliche Gestagen ist Progesteron, auch als Schwangerschaftshormon bekannt und quasi der „Gegenspieler“ von Östrogen. Kurzer Exkurs in die Hormonkunde: Östrogen und Gestagen sind im Wechselspiel die beiden Hauptverantwortlichen dafür, dass der Zyklus planmäßig verläuft. In der ersten Hälfte jedes Zyklus steigt zunächst der Östrogenspiegel bis kurz vor dem Eisprung, in der zweiten Zyklushälfte übernimmt dann Progesteron die Hauptrolle. Es sorgt dafür, dass eine eventuell befruchtete Eizelle perfekte Einnistungsbedingungen vorfände und falls das stattfindet, läuft auch die Progesteronproduktion weiter auf Hochtouren. Falls keine beginnende Schwangerschaft vorliegt – also in den meisten Zyklen –, fährt der Körper die Produktion wieder herunter, bis schließlich die Regelblutung einsetzt. Künstliche Gestagenpräparate können nun für vielfältige gynäkologische Zwecke eingesetzt werden, etwa zur Verhütung, zur Zyklusregulierung oder eben zur Behandlung von Endometriose. Je nach Anwendungsgebiet existieren zahlreiche unterschiedliche Präparate mit verschiedener Wirkung, für die Behandlung von Endometriose hat jedoch nur einer die Zulassung, nämlich Dienogest. Seine Wirkweise beruht darauf, dass die Produktion von Östrogen heruntergefahren, aber nicht komplett eingestellt ist, gleichzeitig ist es antientzündlich und hemmt die Teilung der Zellen in den Endometrioseherden – vereinfacht gesagt: Es trocknet die Herde aus. Ebenfalls durch Gestagen wirkt die sogenannte Minipille, auch hier gilt jedoch, dass sie ausschließlich im „off-label-use“ zum Einsatz kommen kann. Möglich ist zudem die Verabreichung von lokal anzuwendenden Gestagenen, etwa in Form einer Levonorgestrel abgebenden Spirale, was den Vorteil mit sich bringt, dass erstens „direkt vor Ort“ – also etwa an der Gebärmutterwand – besonders gut auf Herde eingewirkt werden kann und zweitens insgesamt niedrigere Hormonkonzentrationen im gesamten Organismus vorliegen, was Nebenwirkungen verringert. Auch hier geht es um „off-label-use“. Generell ist eine Gelbkörperhormonbehandlung insbesondere für Betroffene empfehlenswert, die in Bezug auf das Thrombose-Risiko der Pille zur Risikogruppe gehören, etwa Raucherinnen oder Übergewichtige.

Drittens kann Endometriose mit sogenannten GnRH-Analoga behandelt werden. Das sind Medikamente, die längerfristig verabreicht die Ausschüttung des follikelstimulierenden Hormons unterdrücken und damit quasi die zentrale Steuerung der Hormone lahmlegen. Dadurch wird der Körper, was den Östrogenspiegel angeht, in einen Zustand versetzt, der dem der Wechseljahre gleicht. Damit gehen leider auch nicht selten die typischen Wechseljahresbeschwerden, wie Hitzewallungen, Kopfschmerzen oder auch Stimmungsschwankungen, einher, außerdem führt die Aufrechterhaltung dieses Zustands über längere Zeit zu einem Schwund an Knochenmineralien, also Osteoporose. Dieser Problematik kann mit einer sogenannten „add-back“-Therapie entgegengearbeitet werden, in der zusätzlich entsprechende Hormone verabreicht werden, die die Leiden stark reduzieren. Eine solche Therapie ist meist auf höchstens sechs Monate beschränkt, findet bislang eher selten Anwendung und kommt meist nur für besonders schwere Fälle, bzw. als Nachbehandlung einer umfangreichen OP, zum Einsatz.

Bei all den Möglichkeiten der hormonellen Therapie ist zu bedenken, dass hier – teils stark – in den Hormonhaushalt der betroffenen Frauen eingegriffen wird. Das kann ganz unproblematisch verlaufen, jedoch auch mit Nebenwirkungen verbunden sein und muss deshalb immer sorgfältig mit dem erhofften Nutzen abgewogen werden. Gerade im Hinblick auf Familienplanung kommt der Frage natürlich noch einmal eine ganz besondere Bedeutung zu. Neben den verschiedenen Ansätzen, die Endometriose medikamentös in Griff zu kriegen, gibt es noch die bereits mehrfach erwähnte Möglichkeit der Operation.

4. Behandlung: operativ

Hierbei werden sämtliche auffindbare Herde mittels Laser oder Skalpell möglichst vollständig entfernt. Das stellt auf der einen Seite natürlich einen deutlich massiveren Eingriff dar als das tägliche Schlucken einer Tablette, birgt auf der anderen Seite jedoch nicht die Risiken von Nebenwirkungen aufgrund einer Langzeittherapie. Nach einer solchen OP sind Schmerzen und sonstige Beschwerden meist massiv reduziert, es handelt sich also um eine stark wirksame Form der Behandlung. Zum Einsatz kommt sie vor allem bei großen Zysten an den Eierstöcken und Harnwegen oder in Blase und Darm, bei sehr ausgeprägtem und verbreitetem Befall und tief infiltrierenden Herden.

Gerade wenn die Herde so groß oder ungünstig gelegen sind, dass sie Organe in ihrer Funktion beeinträchtigen, kann die operative Entfernung die einzige Option sein, womit dann auch eine Beseitigung der Beschwerden einhergeht. Das gilt auch im Falle von Fruchtbarkeitsproblemen, wofür in der OP empfängnisverhindernde Verwachsungen entfernt werden können. Meist wird ein solcher Eingriff in Form der bereits beschriebenen Laparoskopie durchgeführt, nur sehr selten ist eine offene OP nötig.

Zur Nachbehandlung greift der Arzt dann oft zu einer zeitlich begrenzten medikamentösen Unterstützungstherapie, um das erneute Entstehen von Endometrioseherden zu unterdrücken.

Mit all diesen Möglichkeiten der Behandlung lässt sich bei den allermeisten Patientinnen eine deutliche Verbesserung ihres Zustands bis hin zur Beschwerdefreiheit erreichen. Verschwiegen werden sollte allerdings nicht, dass generell eine recht hohe Rückfallwahrscheinlichkeit besteht, denn schließlich ist die Ursache nicht behandelbar. Man muss also gerade bei schweren Fällen von anhaltendem Behandlungsbedarf ausgehen, was jedoch keineswegs anhaltenden Leidensdruck bedeutet.

Abseits der klassischen Behandlungsmethoden etablieren sich in jüngster Zeit zunehmend ergänzende oder alternative Konzepte, mit denen viele Patientinnen exzellente Erfahrungen machen.

5. Ergänzende Konzepte

Von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln über Ernährungs- und Bewegungskonzepte bis hin zu alternativmedizinischen Verfahren gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich dem Kampf gegen die Endometriose zu stellen, worum es dann im Hauptteil dieses Buches gehen wird. Abschließend lässt sich bis hier zusammenfassen: Für die meisten Patientinnen findet sich ein guter Weg, die Endometriose so in den Hintergrund rücken zu lassen, dass sie einem unbeschwerten und befreiten Alltags-, Liebes- und oft sogar Familienleben nicht im Wege steht. Wie Sie selbst diesen Weg für sich gestalten und optimieren können, erfahren Sie in den Folgekapiteln.