Partnerschaft, Sex und Liebe mit Endometriose

Der letzte Teil dieses Buches widmet sich einem ganz anderen Thema, einem, das Betroffenen auf beiden Seiten meist mindestens so sehr unter den Nägeln brennt wie die rein medizinischen Fragen. Es geht darum, welche Auswirkungen die Endometriose auf Partnerschaftlichkeit, Liebe, Intimität, Familienplanung und viele weitere Dinge hat – und gerade hier sind die Erfahrungen so unterschiedlich wie die Menschen.

Wie beeinflusst die Endometriose das Sexualleben?

Informationen Silhouette Vorab sei gesagt: In den folgenden Kapiteln werde ich mich der Einfachheit und Lesbarkeit halber jeweils auf „Patientinnen“ und „Partner“ beziehen. Dabei macht es jedoch keinen Unterschied, ob Sie mit einem Mann zusammen sind oder einer Frau oder möglicherweise mehrere Beziehungen pflegen – betrachten Sie grundsätzlich alle Modelle als einbezogen. Wo bestimmte Konstellationen konkrete Unterschiede machen, werden Sie selbstverständlich gesondert benannt.

Macht die Endometriose im Bett und in der Partnerschaft einen Unterschied? Für viele Paare lautet die Antwort hierauf leider ja. Allerdings: Die Intensität ist höchst unterschiedlich, die Situation kann sich jederzeit ändern und es gibt einiges an Interventionsmöglichkeiten. Resignieren Sie also nicht, sondern setzen Sie sich offen und aktiv mit der Situation auseinander.

Problem Nummer eins sind natürlich Schmerzen. Je nach Lage und Größe der Herde, nach der Ausprägung von Verwachsungen und Verklebungen kann der Geschlechtsverkehr schmerzhaft sein, die Bandbreite reicht hier von leichten Schmerzen bis hin zu stärksten Beschwerden. Teils werden Herde aktiv durch den eindringenden Penis berührt, teils wird indirekt durch Druckausübung Schmerz ausgelöst, teils entsteht jedoch auch durch komplexe Verwachsungen Zug auf betroffenes Gewebe, das möglicherweise mit sensiblen Organen oder schmerzhaften Herden in Verbindung steht.

Anspannung, Druck oder Berührung können dann Schmerzen auslösen und tatsächlich nicht nur bei penetrativem Sex an sich. Auch Klitorisstimulation oder der Orgasmus selbst können durch die ausgelösten Kontraktionen zu Schmerzen führen – es ist nicht überraschend, dass Betroffene sexuelle Aktivität oft meiden. Dazu kommt, dass viele Patienten aufgrund der häufigen Schmerzen ohnehin an Verspannungen im Beckenbodenbereich leiden, die bestehende Beschwerden dann nur noch zusätzlich verstärken.

Im seelischen Bereich kommt es außerdem nicht nur auf Schmerzen an. Denn viele Frauen erleben eine komplizierte Beziehung zu ihrem eigenen Körper, einem Körper, von dem man den Eindruck hat, dass er „einen im Stich lässt“ oder „gegen einen arbeitet“. Ablehnung, Wut oder gar Hass auf den Körper sind Gefühle, die vielen Patientinnen nicht fremd sind, gerade in der Anfangsphase. Manche empfinden auch Ekel angesichts des Gedankens an die Verwachsungen, manche schämen sich vor Partnern oder auch Ärzten, wieder andere fühlen sich durch die Erkrankung tief angegriffen in ihrer Weiblichkeit.

All diese Faktoren können nun dazu führen, dass Sex und Intimität gemieden werden, und zwar auf unterschiedliche Art. Während die einen klipp und klar sagen, keinerlei Lust auf solche Aktivitäten zu verspüren, versuchen andere Frauen subtiler „um Sex herumzukommen“, mit unterschiedlichen Folgen für die gemeinsame Sexualität. Denn auch, wenn der Mann keine Schmerzen hat und nicht mit der Erkrankung selbst leben muss, so hat sie doch einen großen Einfluss auch auf sein Sexualleben. Dauerhafte sexuelle Abstinenz führt zu verständlichem Frust, manche Männer fühlen sich durch rigorose Zurückweisung angegriffen, wohingegen die subtileren Vermeidungsstrategien Partner oft sehr verunsichern. Insgesamt kann das Sexleben eines Paares unter Endometriose stark leiden, aber es gibt einiges, was man hier tun kann, um die Situation für beide Seiten zu verbessern.

Erstens: Geduldig und vorsichtig Grenzen austesten.

Bei den wenigsten Frauen ist es tatsächlich so, dass Sexualität überhaupt nicht stattfinden kann, vielmehr gibt es unterschiedlich große Einschränkungen. Als Paar die beste – und nebenbei schönste – Strategie: Vorsichtig austesten, was geht und was nicht. Unterschiedliche Stellungen können einen Riesenunterschied machen und auch der Penetrationswinkel bzw. das unterschiedlich tiefe Eindringen können aus einem schmerzhaften Erlebnis schon ein schmerzfreies machen. Auch sexuelle Aktivitäten abseits des reinen Penetrationsaktes können fantasievoll erkundet und ausgebaut werden, nicht selten mit Lustgewinn für beide Seiten. Darüber hinaus kann es Wunder wirken, den Zyklus im Auge zu behalten. Die Läsionen verändern sich, ebenso das Anspannungsniveau, und so ist es durchaus möglich, dass Sie in bestimmten Phasen Sex genießen können, während Sie in anderen Ihren Partner vielleicht anderweitig befriedigen oder auf Sex verzichten.

Zweitens: Auf Entspannung, Zeit und Ruhe setzen.

Alleine das oben erwähnte Verkrampfen kann schon für einen Großteil der Schmerzen sorgen, also packen Sie das Problem hier an der Wurzel. Zum einen Sie als Patientin, indem Sie mit regelmäßigen Entspannungs- und Bewegungsübungen (siehe Kapitel zu Bewegung, Yoga etc.) die Fähigkeit zur bewussten Entspannung trainieren, zum anderen gemeinsam, indem Sie das optimale Setting schaffen. Wir haben alle Zeit der Welt, es ist okay, wenn es am Ende doch nicht klappt, wir genießen einfach die gemeinsame Intimität – das ist die richtige Einstellung, um Druck aus der Situation zu nehmen. Ein ausführliches Vorspiel kann hier Wunder wirken, ebenso sollten Sie auf reichlich Gleitmittel setzen und ganz wichtig: Machen Sie es kuschelig warm, denn bei Kälte stellt sich die Muskelspannung ganz von selbst ein.

Drittens: Werden Sie kreativ!

Wohl in keinem anderen Bereich des Lebens macht es so viel Spaß, mit Kreativität und Neugier Neues auszutesten. Vielleicht hilft Ihnen Sexspielzeug, womöglich eine exotische Stellung oder aber Oralsex bekommt eine ganz neue Bedeutung – mit Offenheit und Experimentierfreude steigern Sie die Chancen erheblich, gemeinsam auf Ihre Kosten zu kommen.

Viertens: Absolute Offenheit und Ehrlichkeit.

Kommunizieren Sie klar und deutlich, wenn Sie keine Lust haben oder wenn Sie Lust haben, sagen Sie, was Ihnen gefällt oder was eher unangenehm ist. Das gilt auch für den Partner, der mit seinen Wünschen keinesfalls hinter dem Berg halten sollte – aber auch damit klarkommen muss, wenn manche davon nicht erfüllt werden können. Sie sollten sich beide zu jedem Zeitpunkt darauf verlassen können, dass der andere offen und ehrlich mit Ihnen umgeht, das ist eine Grundvoraussetzung für gelingende Sexualität.

Fünftens: Ärztliche Behandlung optimieren.

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt möglichst detailliert über Beschwerden, die Sie in Ihrem Liebesleben beobachten. So kann er Ihre Behandlung auch im Hinblick darauf optimieren und zielgenau auf Sie und Ihre Bedürfnisse ausrichten. Eventuell kommt dann eine OP doch eher in Frage, die medikamentöse Behandlung wird angepasst oder aber Ihr Arzt hat konkrete Tipps bei ganz spezifischen Schmerzbeschwerden.

Kommunikation und Verständnis als Schlüssel zur gelingenden Partnerschaft

Bei Endometriose ist es nicht nur wichtig, dass Sie, wie eben besprochen, sexuelle Wünsche, Vorstellungen und Grenzen klar kommunizieren, sondern die ganze Beziehung benötigt eine große Portion an Austausch, Verständnis und Absprachen. Denn es zeigt sich immer wieder, dass die Probleme, die eine Partnerschaft wirklich langfristig und grundlegend belasten, oft außerhalb des Feldes der rein körperlichen Beschwerden zu finden sind. Das Leben mit Endometriose ist eine Herausforderung, so viel steht fest, und zwar für beide Seiten. Missverständnisse, Überforderung, falsche Vorstellungen oder Kommunikation, die nicht rundläuft, sondern ausblenden, relativieren oder übertünchen will, macht den Alltag zum Hindernislauf und kann auf Dauer eine ernste Belastung werden. Deswegen geht dieses Kapitel einen ganz anderen Weg, und zwar zeigt es beiden Seiten auf, welche Schwierigkeiten sich aus der jeweils anderen Perspektive ergeben – und wie man sie lösen kann.

Aus Sicht der Patientin

Wenn es um Endometriose geht, rückt ganz natürlich zunächst die Patientin in den Vordergrund. Schließlich ist sie es, die Schmerzen hat, Untersuchungen und Behandlungen über sich ergehen lassen muss und die auch eine gewisse Portion an Rücksichtnahme einfordern muss. Ein verantwortungsvoller und einfühlsamer Partner wird das vermutlich als Selbstverständlichkeit ansehen und trotzdem kommt es hier nicht selten zu Schwierigkeiten. Also tauchen wir einmal ein in die Perspektive desjenigen, der mit der Krankheit selbst zu kämpfen hat, und gerade für die begleitenden Partner kann sich hier Interessantes und Hilfreiches auftun. Für die Patientin ist die Krankheit eine dauerhafte Belastung und die Diagnose manchmal ein Schock. Der muss zunächst verarbeitet werden und das geschieht auf unterschiedlichste Art. Die einen reagieren mit Wut, die anderen mit Angst, manche ziehen sich zurück, andere suchen Aufmerksamkeit, manche resignieren zunächst, während andere sofort aktiv den Kampf aufnehmen möchten. Die Einstellung kann auch wechseln und wenn Ihre Partnerin gestern noch gesagt hat, dass sie sich auf keinen Fall unterkriegen lassen möchte, so sagt sie morgen vielleicht, dass sie nicht weiß, wie sie das schaffen soll. Wutanfälle, Weinkrämpfe, Phasen des Rückzugs oder vielleicht auch Vorwürfe an den Partner – die Bandbreite der Reaktionen ist groß.

Gerade zu Beginn sollten Sie als Partner vor allem versuchen, hierfür Verständnis aufzubringen, ohne zu bewerten, es persönlich zu nehmen oder definitive Schlüsse daraus zu ziehen. Ihre Partnerin muss sich mit der neuen Situation irgendwie arrangieren und der Prozess läuft vielleicht ganz anders ab, als Sie selbst ihn bewältigen würden.

Neben den Schmerzen, den Untersuchungen und Behandlungen spielen aber noch weitere Empfindungen eine große Rolle, die sich vielleicht erst mit der Zeit bemerkbar machen. Manche Frauen fühlen sich schlecht, weil sie sich selbst als Belastung wahrnehmen, sie möchten bei Schmerzen nicht klagen und schon wieder „nerven“. Andere sind stark mit ihrem eigenen Körper beschäftigt und haben große Schwierigkeiten, ihre Identität, ihr Frausein, ihre Körperlichkeit und die Feststellung einer Krankheit, die nicht einfach wieder weggehen wird, unter einen Hut zu bringen. Bei manchen Patientinnen nimmt die Angst überhand: Angst, keine Kinder bekommen zu können, Angst vor unerträglichen Schmerzen, Angst vor Operationen, Angst vor einer Verschlimmerung der Situation. Viele Frauen fühlen sich auch unter Druck, weil Sie glauben, funktionieren zu müssen, dass sie die Krankheit nicht Oberhand gewinnen lassen dürfen, oder weil Sie fürchten und manchmal auch erleben, dass das Umfeld mit wenig Verständnis reagiert. Auch die Behandlungen und Untersuchungen können zur Belastung werden, wenn die ständige Entblößung auf dem Gynäkologenstuhl und die oft detaillierten und persönlichen Arztfragen als sehr unangenehm empfunden werden. Und nicht zuletzt nagt oft die Angst vor der vermeintlichen eigenen partnerschaftlichen Unzulänglichkeit: „Was, wenn ich meinem Partner nicht mehr das anbieten kann, was er möchte? Was, wenn er in sexueller Hinsicht nicht ausreichend Befriedigung findet? Was, wenn ihm das Leben mit einer chronisch Kranken zu anstrengend wird? Was, wenn ich ihm nicht die gewünschten Kinder gebären kann? Was, wenn er schließlich geht?“ In dieser Gemengelage entsteht bei vielen Patientinnen ein Gefühl der Ohnmacht und des Kontrollverlustes.

Es ist sehr wichtig für Partner, diesen Faktor im Hinterkopf zu behalten, denn aus dieser Verzweiflung speist sich so einiges an konfliktträchtigem Verhalten, das auf den ersten Blick manchmal nicht nachvollziehbar erscheint. Es geht, das ist für Außenstehende oft schwer zu begreifen, nicht einfach nur um Schmerzen: Es geht um eine Diagnose, die Persönlichkeit, Lebensentwurf und Realitätsbild gehörig durchschütteln kann. Für Partner sind daher einige Dinge sehr wichtig. Versuchen Sie stets mit Geduld, zu durchschauen, worum es in bestimmten Situationen wirklich geht. Welche Gefühle, welche Ängste stecken tatsächlich hinter einem bestimmten Verhalten und lässt sich hier vielleicht etwas verändern? Beziehen Sie Reaktionen – gerade spontane, heftige Ausbrüche – nicht auf sich. Es hat meist weniger mit Ihnen zu tun als mit einem bestimmten Aspekt der Krankheitsherausforderung, der gerade als besonders belastend erlebt wird. An dieser Stelle ist auch wichtig, dass Sie einen klaren und unverrückbaren Blick auf sich selbst und Ihre Bedürfnisse behalten. Ja, die Endometriose steckt im Körper Ihrer Partnerin und ja, dadurch rückt sie zunächst ganz selbstverständlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Aber Ihre Rolle in der Beziehung ist gleichwertig und wenn Sie selbst nicht auf sich achten und Ihre Grenzen kennen und verteidigen, dann geraten Sie schnell unter die Räder des Zurücksteckens, der Aufopferung oder des Herunterschluckens. Auf Dauer tun Sie damit keinem von Ihnen einen Gefallen. Deshalb werden Sie sich über einige Dinge klar. Zum einen sollten Sie wissen, wo Ihre eigenen Grenzen der psychischen Belastbarkeit liegen. Das Leiden Ihrer Partnerin mit ansehen, eventuell auch Wut, Aggression oder Zurückweisung zu erleben, auf Sex verzichten zu müssen – es klingt zunächst mitleidlos, sich Gedanken zu machen, wo man seine Grenzen zieht, aber am Ende ist es unausweichlich. Denn Grenzen hat jeder, ob er sie sich eingestehen möchte oder nicht, und wer die bewusst auslotet, hat zumindest die Möglichkeit, sie anzusprechen, bevor es zu spät ist. Dann weiß Ihre Partnerin, worauf es ankommt, und kann überlegen, ob Sie Ihnen in diesem oder jenem Punkt womöglich ganz gut entgegenkommen kann.

Wichtig und nicht selten an den Grundfesten der Beziehung rüttelnd ist auch die Frage nach Sex. Zwar haben Sie schon ein paar Möglichkeiten kennengelernt, wie Sie Sex und Endometriose vielleicht besser zusammenbringen können, aber trotz aller Bemühungen kann es sein, dass Sexualität wenig, kaum, gar nicht oder eingeschränkt stattfinden kann bzw. letztlich entscheidend: nicht so und nicht in dem Umfang, wie es für Sie wichtig wäre. Und das ist – bei allem Mitgefühl und aller Rücksichtnahme – ein Punkt, der für Sie von größter Bedeutung ist und den Sie auch nicht einfach verändern können. Ein gesundes, befriedigendes Sexualleben ist essentiell für das ganzheitliche Wohlbefinden und es ist langfristig schädlich, wenn Sie hier dauerhaft zurückstecken müssen. Es ist hier keinesfalls die Rede davon, dass Sie eben nicht immer können, wenn Sie gerade gerne würden, sondern von dauerhafter starker Reduktion der sexuellen Aktivitäten bzw. Abstinenz entgegen Ihren stark empfundenen Wünschen. Machen Sie sich bewusst, was Sie wirklich brauchen, und gestehen Sie sich das Recht zu, zu sagen: Ja, ich habe dieses oder jenes wirklich ausgeprägte Bedürfnis und es geht mir auf lange Sicht nicht gut damit, es nicht ausleben zu können. Das steht Ihnen zu, auch wenn es reichlich Konfliktpotential birgt. Zurückstecken und Unterdrücken ist übrigens, bei aller edlen Absicht, keine gute Idee: Der Sexualtrieb ist einer der stärksten Triebe des Menschen, Sie werden nicht langfristig zufrieden, ausgeglichen und glücklich sein, wenn Sie den unterdrücken müssen, und es wird sich, ob Sie wollen oder nicht, irgendwann heftig in Ihrer Beziehung niederschlagen. Setzen Sie deswegen auf Ehrlichkeit. Überlegen Sie vorab, worauf es Ihnen wirklich ankommt, und suchen Sie dann das offene Gespräch mit Ihrer Partnerin. Keine Frage: Das kann eines der schwierigsten Gespräche werden, die Sie je zu führen haben, aber Sie werden nicht darum herumkommen. Und nicht selten gibt es Lösungen. Manchmal hilft es schon, die Sache einfach bewusst auf der Agenda zu verankern und als Frau gezielt auf die Phasen zu achten, in denen Sexualität möglich ist. Sie dürfen nicht vergessen, dass die Erkrankung einen großen Raum in der Aufmerksamkeit Ihrer Partnerin einnimmt, Sexualität steht vielleicht – salopp ausgedrückt – nicht ganz oben auf der To-do-Liste, aber wenn ihr bewusster wird, wie wichtig Ihnen das ist, erschließen sich vielleicht problemlos weitere Zeitfenster.

Der wichtigste Grundsatz in Ihrem Umgang mit der Endometriose Ihrer Partnerin sollte sein: Verständnis, Zuneigung und Unterstützung anzubieten, wo immer es gefragt ist, und gleichzeitig offen und ehrlich eigene Gefühle, Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse kommunizieren. Oft stecken Partner ihre Probleme weg, weil sie die Partnerin nicht zusätzlich belasten wollen, beispielsweise auch ganz andere Schwierigkeiten wie etwa im Job oder gesundheitliche Beschwerden. Das jedoch belastet auf Dauer eine Beziehung enorm und tatsächlich wünschen sich die meisten Frauen – Endometriose hin oder her – viel eher, dass Sie in Probleme und Schwierigkeiten Ihres Partners eingebunden werden. Ihre Partnerin wird froh sein, das Gefühl zu haben, trotz Ihrer Erkrankung Ihnen nach wie vor eine wertvolle Unterstützung, eine wichtige Ratgeberin, ein emotionaler Hafen und eine treue Gefährtin sein zu können – also gehen Sie gemeinsam durch alle Herausforderungen in Ihrer beider Leben.

Aus Sicht des Partners

Wagen wir nun den Sprung in die Gegenperspektive und sehen wir uns an, was Sie als direkt von der Endometriose betroffene Frau an Verständnis aufbringen können. Es ist völlig klar: Unter der Krankheit leiden in erster Linie Sie und ja, es ist Ihr gutes Recht, Unterstützung, Rücksichtnahme und Hilfe einzufordern, wenn Sie sie benötigen. Damit die Beziehung jedoch langfristig harmonisch und gesund verlaufen kann, braucht auch Ihr Partner „Endometriose-Fürsorge“. Viele Männer stürzen zu Beginn der Beschwerden oder auch nach der Diagnose in einen Strudel an komplizierten Gedanken und Emotionen. Sie sehen ihre Partnerin leiden und können nicht helfen. Sie haben Angst, was die Erkrankung noch mit sich bringen könnte, und stellen sich tausend Fragen darüber, wie sich das Leben verändern könnte. Wird das immer schlimmer? Können wir Kinder haben? Was passiert mit unserem Liebesleben? Wie wirkt sich die Behandlung aus? Also alles Fragen, die auch Sie selbst betreffen, aus der Partnerperspektive kommt jedoch noch ein anderer Faktor dazu: Unsicherheit und das Gefühl, eigentlich überhaupt keine Ahnung zu haben. Das gilt insbesondere, wenn Ihr Partner ein Mann ist. Für viele Männer sind die Vorgänge rund um Eisprung, Periode, Regelschmerzen & Co. ohnehin auch heute noch weitestgehend unbekanntes Terrain. „Über sowas spricht man nicht“, „Das ist Frauensache“, „Es ist mir peinlich“ – solche oder ähnliche Aussagen sind häufig, wenn man Männer darauf anspricht, und bei vielen drückt sich auch eine starke Unsicherheit aus: Sie haben das Gefühl, dass es dabei um Dinge geht, die sie gar nicht verstehen können, über die sie gewissermaßen auch kein Recht haben, zu sprechen, und nicht selten steht das starke Geschlecht dann eigentlich ziemlich hilflos da.

Hier können Sie Abhilfe schaffen, in dem Sie einfach selbstbewusst die Führung übernehmen. Beziehen Sie ihn ganz selbstverständlich mit ein, sprechen Sie über diagnostische Details, neue Befunde, berichten Sie von Untersuchungen und beschreiben Sie Ihre Empfindungen. So nehmen Sie dem Thema im Handumdrehen den Nimbus der „Frauensache“ und zeigen Ihrem Partner, dass Sie ihn als Unterstützer auf Augenhöhe wahrnehmen. So geben Sie ihm auch das Gefühl, Ihnen eine wirkliche Hilfe zu sein, denn das Gefühl, ohnmächtig und nutzlos danebenzustehen, wird von vielen Partnern ihren Aussagen zufolge als sehr belastend empfunden.

Obwohl die Endometriose vor allem am Anfang natürlich einen riesengroßen Raum in Ihrem Leben und Ihren Gedanken einnimmt, sollten Sie sich bemühen, den Blick nach außen nicht zu vergessen. Auch Ihr Partner leidet mit, er hat Bedürfnisse und möglicherweise in seinem eigenen Leben ebenfalls mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Es ist absolut verständlich und nachvollziehbar, wenn Ihr Fokus zunächst voll auf die Endometriose gerichtet ist, aber es rächt sich meistens, wenn anderes völlig aus dem Blickfeld gerät. Achten Sie, auch wenn es Ihnen wie eine zusätzliche Anstrengung erscheint, auf Ihren Partner und sein Verhalten: Zieht er sich zurück? Haben Sie seit Wochen keine Klagen mehr über seinen Vorgesetzten gehört, obwohl es hier früher regelmäßig Ärger gab? Bemerken Sie, dass er Ihnen kaum mehr etwas von seinem Gefühlsleben, seinem Alltag erzählt? Dann ist es vielleicht an Ihnen, einen Schritt auf ihn zuzumachen und deutlich zu machen, dass er sich nicht zurückstellen soll. Ermutigen Sie ihn, Probleme, Ärger, Ängste & Co. mit Ihnen zu teilen, und machen Sie deutlich, dass Sie das wünschen und er Sie nicht „schonen“ soll.

Ein weiterer Punkt: Fragen Sie sich ab und an selbstkritisch, ob Sie die Endometriose Ihrem Partner stärker als Lebensmittelpunkt aufzwingen, als es nötig wäre. Sie müssen sich hier keinen Vorwurf machen, es ist natürlich, die eigenen Beschwerden, Rückschläge oder Einschränkungen gemeinsam mit dem Partner bewältigen zu wollen, und gerade zu Beginn kann die Gesamtsituation überfordernd sein. Manchmal schleichen sich aber langfristig Muster ein, die eigentlich kontraproduktiv sind. Ein Beispiel: Sie sind mit Freunden verabredet und möchten gemeinsam etwas trinken gehen.

Dem kommt eine heftige Schmerzattacke in die Quere, die Sie zwingt, die Verabredung abzusagen und sich stattdessen hinzulegen. Erwarten Sie von Ihrem Partner, dass er nun selbstverständlich auch nicht geht? Dann sollten Sie das noch einmal überdenken. Sicher, es erscheint zusätzlich ungerecht, schmerzhaft und enttäuschend, dass Sie zu Hause bleiben müssen, während er sich amüsieren geht. So schwer das auch fällt: Bleiben Sie sachlich, realistisch und fair. Ihr Partner hat keine Endometriose. Es gibt für ihn keinen zwingenden Grund, Aktivitäten einzustellen und auf Unternehmungen zu verzichten, nur weil Sie nicht können. Vielmehr noch: Es wird auf Dauer zum enormen Belastungsfaktor, wenn Ihr Partner die Erfahrung macht, sein Leben nicht mehr leben zu dürfen, weil eine Art Solidaritätspflicht ihn dazu zwingt. Dazu wird er vielleicht am Anfang bereit sein und es spricht überhaupt nichts dagegen, hin und wieder, wenn es Ihnen einmal besonders schlecht geht oder Sie einfach einen trüben Tag haben, solidarisch mit auf der Couch zu sitzen, wenn das allerdings zur Norm wird, werden Frust, Streit und Unverständnis auch in der besten Beziehung nicht lange auf sich warten lassen. So sehr es Sie vielleicht schmerzt: Machen Sie sich klar, dass das eine unverzichtbare Grundlage dafür ist, die Beziehung dauerhaft funktional, gesund und glücklich zu erhalten.

Kommunikation, gegenseitiges Verständnis, Empathie – ohne diese Werte funktioniert auf Dauer keine Partnerschaft und das gilt umso mehr für Beziehungen, die durch etwas wie Endometriose zusätzlich auf die Probe gestellt werden. Aber mit den wichtigsten Regeln und Strategien kommen Sie gut auch durch die wildesten Turbulenzen und diese Regeln lauten: In enger Verbindung bleiben, den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen, interessiert, offen und ehrlich bleiben, bereit sein, Veränderungen aktiv zu gestalten, und die gegenseitige Liebe in sämtlichen Situationen in den Vordergrund rücken.

Allerdings: Nicht immer klappt es auf Dauer, bleiben Sie auch hier ehrlich sich selbst gegenüber. Zeigt Ihr Partner dauerhaft mangelndes Verständnis für Ihre jeweilige Lage, wird er unwirsch, betont er seine Bedürfnisse bzw. Freiheiten, ist er nicht bereit, sich gemeinsam mit Ihnen auf die neue Situation einzustellen? Dann sollten Sie ein klärendes Grundsatzgespräch nicht scheuen, denn zur unangenehmen Wahrheit gehört leider auch: Nicht jeder Partner ist ein guter Gefährte in schwierigen Zeiten. Nicht auf jeden können Sie sich verlassen, nicht jeder bringt die Bereitschaft mit, zurückzustecken und gemeinsame Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Was in unbelasteten Beziehungen mit gesunden Partnern vielleicht lange gut gehen kann, macht sich in der Krise deutlich bemerkbar. Manchmal kann das bedeuten, dass man nicht mehr zueinander findet, und dann ist es möglicherweise an der Zeit, sich einzugestehen, dass man im derzeitigen Partner den Partner fürs Leben noch nicht gefunden hat.

Das Intim- und Partnerleben stärken

Für die meisten Paare gilt jedoch: Mit ein paar Tricks, guten Routinen und Strategien ist auch mit Endometriose eine erfüllende Partnerschaft mit einzigartigen Momenten und einem wertvollen Alltagsleben möglich. Denn mit einigen Maßnahmen können Sie Ihrem Intimleben und damit auch Ihrem Beziehungsleben auf die Sprünge helfen und für kostbaren Kitt in der Liebe sorgen.

Erstens: Setzen Sie auf körperliche Nähe.

Neben Sex gibt es zahlreiche wunderbare Möglichkeiten, sich als Paar ganz nahezukommen und für hormonelle Glücksflut zu sorgen. Kuscheln, streicheln, knutschen oder gegenseitige Massagen können Sie endlos ausdehnen und bewusst in den Fokus Ihrer Zweisamkeit rücken. Daneben spielen auch die unzähligen kleinen Alltagsmomente eine große Rolle: Umarmen Sie Ihren Partner, wenn er gerade Gemüse schneidet, unterbrechen Sie das Bügeln, um ihn zu küssen, streichen Sie ihm zwischendurch über den Rücken, legen Sie ihm den Arm um die Schultern, machen Sie Komplimente und drücken Sie Ihre Zuneigung aus. Der Klebstoff „Berührung“ entfaltet auf lange Frist eine enorme Bindungswirkung und schüttet Oxytocin aus, das sogenannte Kuschelhormon, das für Geborgenheit und ein gutes Gefühl im Miteinander sorgt.

Zweitens: Mehr ‚Vorspiel‘!

Auch, wenn’s mit „richtigem“ Sex nicht immer klappt, können Sie das Feuer der Lust auch anderweitig am Brennen halten. Fummeln, Knutschen, Masturbieren, gegenseitige orale Befriedigung: All diese Dinge, die manchmal als reines Vorspiel sträflich vernachlässigt werden, können nun endlich den wohlverdienten Bedeutungsaufschwung erfahren. Werden Sie entdeckungsfreudig, probieren Sie aus, geben Sie sich hin und genießen Sie – am besten ausführlich, lange und möglichst oft.

Drittens: Sorgen Sie für besondere Momente zu zweit.

Ob Sie nachts aufs Dach klettern und gemeinsam den Sternenhimmel genießen, beim Candlelight-Dinner Romantik aufkommen lassen, gemeinsam ins Theater gehen, Wanderungen unternehmen oder bei Reisen die Welt erkunden: Stärken Sie Ihre Bindung, indem Sie sich exklusive Pärchen-Momente mit besonderen Erlebnissen verschaffen. Gemeinsame Eindrücke und Erinnerungen lassen Paare immer stärker zusammenwachsen, also schreiben Sie zusammen und mit Spaß an Ihrer gemeinsamen Geschichte.

Viertens: Kleine Aufmerksamkeiten.

Ein liebevoller Zettel am Kühlschrank, eine spontane Lust-SMS oder einfach mal das Lieblingsessen kochen – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich im Alltag immer wieder gegenseitig seine Zuneigung auszudrücken. Und nein, das wird nie langweilig und auch nie überflüssig. Beziehungen bedeuten Bemühung, und zwar von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Fünftens: Bedeutsame Gespräche zur Regelmäßigkeit machen.

In der Hetze des Alltags reißt der Gesprächsfaden oft ab und man reduziert sich auf Smalltalk, Unterhaltendes oder das Notwendige. Gerade in besonders herausfordernden Situationen ist es jedoch wichtig, dass man regelmäßig tiefgehend in Kontakt bleibt. Sonst besteht die Gefahr, dass Wichtiges, Kompliziertes oder Unangenehmes auf die lange Bank geschoben wird, und zwar so lange, bis Probleme offensichtlich werden. Das können Sie vermeiden, indem Sie regelmäßig ausführliche und tiefgehende Unterhaltungen von Anfang an in Ihren Alltag einbauen, und zwar gerade auch dann, wenn’s mal stressig wird.