Kinderwunsch und Endometriose


Ein bewegendes Thema


Dass Endometriose mit reduzierter Fruchtbarkeit einhergehen kann, aber nicht muss, wurde bereits erläutert und Sie kennen bereits die Zusammenhänge zwischen Erkrankung und Empfängnisschwierigkeiten. Werfen wir im Folgenden also noch einen wissenschaftlich orientierten Blick auf die Frage, die viele Patientinnen am meisten bewegt: Kommen wir zu unserem Wunschkind?

Worin liegt die Problematik?

Diese Frage ist manchmal sehr leicht zu beantworten, manchmal gar nicht. Zunächst lässt sich festhalten, dass die Fruchtbarkeit von Endometriose-Patientinnen um ca. 50 % reduziert ist, wobei die tatsächliche Einschränkung bei jeder Frau stark von Ausprägung und Schweregrad abhängt. Verwachsungen, Verklebungen oder Herde im Bereich von Gebärmutter, Eileitern und Eierstöcken können die entsprechenden Organe ganz unmittelbar in ihrer Funktion einschränken. Neben diesen mechanischen Hindernissen spielen auch Entzündungsstoffe und andere chemische Substanzen, die dadurch entstehen, bei der eingeschränkten Fertilität eine Rolle.

So kann beispielsweise der Eisprung verhindert werden oder aber befruchteten Eizellen ist es nicht möglich, sich in der Gebärmutter einzunisten. Und schließlich wird auch bei leichten Fällen manchmal Unfruchtbarkeit festgestellt, obwohl dann im Einzelfall nicht nachvollziehbar ist, worin diese eigentlich begründet liegt. Tatsächlich ist Endometriose einer der häufigsten Gründe für Unfruchtbarkeit und bei vielen Frauen wird die Krankheit erst entdeckt, weil sich bei der Familienplanung Probleme ergeben. Eine weitere Möglichkeit liegt in einem generell verminderten „Vorrat“ an Follikeln, die zur Befruchtung in Frage kämen, und eine verminderte Eizellqualität kann ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Möglichkeiten der Intervention

Operativer Eingriff

Kann man da was tun? In vielen Fällen zum Glück schon. Am einfachsten ist es, wenn die Herde an sich als klares „Hindernis“ ausgemacht werden können, weil sie beispielsweise die Eileiter beeinträchtigen. Lassen sich solche Herde in einer OP vollständig entfernen und lag tatsächlich in dieser physischen Form der Blockade der Grund für eine ausbleibende Schwangerschaft, so steht dieser im Anschluss nichts mehr im Weg.

Minimierung von Entzündungsstoffen

Sind Entzündungsstoffe und damit verbundene Stoffe die Problemauslöser, so lässt sich möglicherweise mit gutem generellem Endometriose-Management etwas erreichen. Wenn durch effektive Behandlung die Entzündungslast zurückgeht, fällt möglicherweise auch die Konzentration der die Fertilität einschränkenden Substanzen so weit ab, dass eine Schwangerschaft möglich wird. Was diesen Punkt angeht, haben Sie, wie Sie wissen, die größte Einflussmöglichkeit auf den Prozess. Blättern Sie hier einfach noch einmal die Kapitel durch, die sich damit beschäftigen, durch welche Änderungen im Lebensstil Sie Entzündungen den Kampf ansagen können.

Künstliche Befruchtung

Zeigen all diese Effekte keine Wirkung, so stehen Ihnen weitere Optionen im Bereich der künstlichen Befruchtung offen. Üblicherweise werden Frauen innerhalb der nächsten sechs Zyklen seit Beginn der Schwangerschaftsbemühungen schwanger. Das gilt auch für Endometriosepatientinnen nach einer OP, das heißt, wenn spätestens ein Jahr nach dem chirurgischen Eingriff, der die Fruchtbarkeit erhöhen sollte, noch immer keine spontane Schwangerschaft zustande gekommen ist, so empfiehlt es sich, auf assistierte Formen der Reproduktion zurückzugreifen. Wenn Sie an einer mild ausgeprägten Form der Endometriose leiden, so führt oft die intrauterine Insemination zum Erfolg. Hier führen Ärzte die Reifung der Eizelle sowie den Eisprung durch Medikamentengabe gezielt herbei, sodass ein möglichst exaktes Fruchtbarkeitszeitfenster berechnet werden kann. Dann werden Samenzellen, die im Labor vorbereitet wurden, direkt in die Gebärmutter eingebracht und führen dort idealerweise zu einer Befruchtung.

Klappt das nicht oder sind Sie von schwerer Endometriose betroffen, kann auf In-vitro-Fertilisation zurückgegriffen werden, also die Möglichkeit, dass der eigentliche Befruchtungsvorgang außerhalb des Körpers stattfindet. Hier steht am Beginn meist eine Hormonbehandlung der Frau, daraufhin wird der Eisprung vorsätzlich eingeleitet, die Eizelle entnommen und im Labor mit der Samenzelle zusammengebracht. Hat die Befruchtung geklappt, werden nach zwei bis spätestens sechs Tagen maximal drei entstandene Embryonen mittels Katheterschlauch in die Gebärmutter verpflanzt, wo sie sich im Idealfall einnisten und ab dann einem regulären Schwangerschaftsverlauf folgen.

Für derartige Behandlungen begeben Sie sich in ein Kinderwunschzentrum, wo spezialisierte Ärzte die optimale Strategie gemeinsam mit Ihnen entwickeln. Auch wichtig zu wissen: Warten Sie damit nicht zu lange. Denn dadurch, dass bei Endometriosepatientinnen oft nur ein begrenzter Eizellvorrat zur Verfügung steht und dieser ohnehin mit dem Alter schwindet, empfiehlt sich frühzeitiges Einschreiten. Soweit zur reinen Medizin. Darüber hinaus haben Sie sicher noch weitere Fragen bezüglich Einrichtungen, Kosten oder Vorgehensweise. Zunächst einmal sollten Sie eine Einrichtung finden, bei der Sie ein gutes Gefühl und Vertrauen in den behandelnden Arzt haben. Manche Kliniken bieten auch zusätzliche therapeutische Begleitung an, in jedem Falle sollten Sie sich vorher ein gründliches Bild machen – das geht in den meisten Zentren bei Informationsabenden. Und wie sieht es mit den Kosten aus? Grundsätzlich übernimmt die Krankenkasse bei verheirateten Paaren die Hälfte der Kosten, wenn der Behandlungsplan vorher genehmigt wurde. Voraussetzung dafür ist, dass die Frau älter als 25 und jünger als 40 Jahre ist, der Mann hingegen muss älter als 25 sein und jünger als 50. Darüber hinaus übernehmen jedoch viele Kassen freiwillig einen größeren Anteil an den Behandlungskosten, zudem bieten manche Bundesländer Zuschussprogramme.

Die tatsächlichen Kosten errechnen sich ungefähr wie folgt:

Die Insemination schlägt mit ca. 200 € zu Buche, ca. 900 € im Falle einer Hormonbehandlung (was meist notwendig ist). Dazu kommen Kosten in Höhe von ca. 750 €, Sie müssen jeweils die Hälfte davon selbst zahlen. Wird eine In-vitro-Fertilisation durchgeführt, müssen Sie mit einem Eigenanteil von etwa 1500 € rechnen.

Auf dem Weg zum Wunschkind

Die medizinische Faktenlage ist soweit klar und doch ist jeder Weg zum sehnlichst erwünschten Kind einzigartig. Das liegt nicht nur an den ganz unterschiedlichen körperlichen – teils krankheitsbedingten – Ausgangssituationen, sondern zu einem großen Teil an Ihnen als Persönlichkeit und Ihnen beiden als Paar. Deswegen möchte ich Ihnen abschließend noch einige Strategien mit an die Hand geben, wie Sie diesen Weg für sich persönlich optimal beschreiten.

Werden Sie sich als Paar über Ihre langfristigen Wünsche klar.

Sie möchten ein Kind – aber wie unbedingt möchten Sie es? Wollen Sie nötigenfalls die maximalen Möglichkeiten im Hinblick auf Interventionsoptionen und Zahl an Versuchen ausschöpfen oder fühlen Sie sich wohler damit, im Vorhinein ein bestimmtes Limit zu vereinbaren: Wir versuchen X und Y, und zwar höchstens dreimal, und wenn es dann nicht geklappt hat, dann ist es eben so? Sprechen Sie auch ehrlich darüber, was das Leben als kinderloses Paar für Sie bedeuten würde. Könnten Sie sich damit abfinden? Kämen andere Optionen, wie etwa Adoption, in Frage? Bewerten Sie die Sache unterschiedlich, könnte sich also einer von Ihnen recht gut mit Kinderlosigkeit arrangieren, für den anderen würde es jedoch eine Katastrophe bedeuten? Es ist wichtig, den Erwartungshorizont möglichst vor Beginn der Bemühungen abzustecken, denn so nehmen Sie massiv Druck aus der Angelegenheit. Apropos Druck: Bei vielen Frauen, denen es nicht gelingt, schwanger zu werden, lässt sich am Ende kein körperlicher Grund feststellen – Stress als letztliche Ursache ist absolut denkbar und in alten evolutionären Mustern begründet. Am besten also, Sie lassen es gar nicht so weit kommen und sorgen von Anfang an mit Bedacht dafür, dass der Weg zur gemeinsamen Familie nicht in Stress ausartet. Auch hier helfen Ihnen die Methoden, die Sie bereits kennengelernt haben, wie etwa Yoga, Sport oder Atemübungen.

Machen Sie sich unbedingt gemeinsam auf diesen Weg.

Auf der Suche nach der Möglichkeit, miteinander ein Kind zu bekommen, sind Sie beide als partnerschaftliche Einheit gefragt wie vielleicht nie zuvor. Gehen Sie jeden Schritt gemeinsam, auch wenn die meisten Eingriffe dann bei Ihnen vorgenommen werden. Versichern Sie sich gegenseitig Ihres Beistandes und lassen Sie einander teilhaben, denn eine solche Reise gelingt nur im Team.

Sorgen Sie selbst, soweit es Ihnen möglich ist, für optimale Bedingungen.

Und da haben Sie mehr in der Hand, als Sie vielleicht glauben. Denn durch eine gesunde Lebensführung mit wertvoller Ernährung, körperlicher Fitness, Normalgewicht, Verzicht auf Rauchen und mäßigem Alkoholkonsum verbessern Sie Ihre generelle Gesundheit ganz erheblich, leisten einer guten Fruchtbarkeit Vorschub und versetzen Ihren Körper in den optimalen Zustand, eine Schwangerschaft mühelos meistern zu können. Das gilt genauso für den Mann: Fettleibigkeit, Rauchen sowie Alkoholkonsum haben erwiesenermaßen einen negativen Einfluss auf die Qualität der Spermien, also bemühen Sie sich um einen gesunden Lifestyle.

Bewahren Sie Zuversicht, Mut und eine positive Einstellung.

Endometriose allein kann bereits eine immense Belastung für das alltägliche Leben darstellen, die bange Frage nach dem Wunschkind schlägt hier noch eine ordentliche Portion drauf. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich aufmerksam beobachten und ehrlich zu sich sind. Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie bemerken, dass Ihnen die Sache über den Kopf wächst. Für Ihre Situation gibt es Unterstützung – Psychotherapie, Beratungsgespräche, Selbsthilfegruppen und vieles mehr – und sie steht Ihnen zu. Holen Sie sich die Hilfe, die Sie brauchen, und zwar rechtzeitig und selbstbewusst. Es ist die beste Investition in eine glückliche, erfüllende, gemeinsame Zukunft – mit Kind oder ohne.