Es wird höchste Zeit, dass ich beiseitetrete, den Vorhang lüfte und offenbare, welche Elemente des Romans auf Fakten beruhen und welche ausgedacht sind. Ich erzähle hier eine wilde Geschichte von Lebewesen auf Organosiliziumbasis, schiefgegangenen Mondmissionen und tektonischen Katastrophen, doch vieles davon basiert auf Fakten – während anderes wiederum dazugedichtet wurde.
Lassen Sie uns mit dem Anfang beginnen, und der liegt in der Vergangenheit.
Zunächst muss ich gestehen, dass ich als kleiner Junge einen Film gesehen habe, der mich tief beeindruckt hat: Krakatoa – Das größte Abenteuer des letzten Jahrhunderts. Er kam 1968 heraus, mit Maximilian Schell und Brian Keith in den Hauptrollen. Dabei ging es um den Ausbruch des Krakatoa oder Krakatau im Jahr 1883. Den Film habe ich in Erinnerung behalten. Er weckte mein Interesse am Vulkanismus. Als Autor wollte ich die Erregung einfangen, die ich damals im Kino empfand.
Viele Details im Prolog beruhen auf Augenzeugenberichten zum Ausbruch des Tambora: die in Hunderten Kilometern Entfernung zu hörenden Eruptionen, das aschebedeckte Meer mit den Flößen aus schwimmendem Bimsstein, die Erkundungsschiffe im Ascheregen. Der Tag wurde zur Nacht; die Küsten wurden von Tsunamis überrollt.
Dies alles wurde in einem aufregenden Buch geschildert, das ich Ihnen wärmstens empfehlen möchte:
The Year without Summer: 1816 und the Volcano That Darkened the World and Changed History , von William K. Klingaman und Nicholas P. Klingaman.
Durch die Lektüre habe ich von Sir Stamford Raffles erfahren, dem Vizegouverneur der Region, der eine Schlüsselrolle bei dem Ereignis spielte und einen Großteil seiner Erlebnisse aufgezeichnet hat. Er war auch ein passionierter Naturforscher und interessierte sich für Geschichte und Kultur der Einheimischen. Während seines Aufenthalts in Jakarta war er Präsident der Königlichen Batavischen Gesellschaft, einer bedeutenden Wissenschaftsorganisation in der Region.
Später errichtete er zusammen mit William Farquhar den Hafen von Singapur. Sie wetteiferten um den Ruhm für naturwissenschaftliche Entdeckungen, dann kam es zu einem dramatischen Zerwürfnis. Schließlich machte Stamford einen Arzt zum Gouverneur von Singapur, den er von seiner Zeit in Jakarta her kannte: Dr. John Crawfurd. Die Intrigen, die Verleumdungen und der wissenschaftliche Wettstreit sind historisch belegt. Ich aber hatte die Vermutung, dass noch mehr hinter ihrer Geschichte steckte – und das habe ich aufgeschrieben.
Bei meiner Recherche stellte sich heraus, dass die Besatzung der britischen und holländischen Schiffe in der Region häufig von Aborigines gestellt wurde. Die Ureinwohner Australiens genossen hohes Ansehen wegen ihrer nautischen Fähigkeiten und ihrer Sachkenntnis. Sie arbeiteten als Lotsen, Spurenleser, Unterhändler, Übersetzer und Führer. Deshalb war ein Schiffsjunge wie Matthew nicht ungewöhnlich.
Sehen wir uns das Thema genauer an.
In diesem Buch wird erörtert, wann der australische Kontinent besiedelt wurde. Heute geht man allgemein davon aus, dies sei vor 50 000 bis 60 000 Jahren geschehen. Dieser Annahme widersprechen jedoch Lager von Fischern und Jägern mutmaßlich älteren Datums. Die Datierung ist umstritten, doch bei meiner Recherche bin ich auf Forschungsartikel gestoßen, welche die Theorie, wonach der Mensch in Afrika entstanden ist, infrage stellen und die Wiege der Menschheit nach Australien verlegen. Erstaunlicherweise haben die Genetiker, die als Erste die Afrika-Theorie stützten, ihre eigene Arbeit später widerrufen. Von einem dieser Forscher stammt folgende im Text zitierte Aussage: Die Analyse der mitochondrialen DNA legt nahe, dass der Ursprung der Menschheit viel weiter zurückliegt und dass die australischen Aborigines vor 400 000 Jahren aufgetaucht sind .
Was die Legenden der Ureinwohner betrifft, konnte ich deren komplexe Glaubensvorstellungen nur streifen. Was im Buch steht, basiert jedoch auf belegten Erzählungen der Aborigines. Die Legenden der Regenbogenschlange sind zutreffend dargestellt: der Schöpfungsmythos, die tief in der Erdkruste schlafende Schlange, die durch Wasserverbindungen von Ort zu Ort wandern kann, ihr widersprüchliches Wesen, das Zerstörung und Rettung bringt, und die Aussaat der »kleinen Regenbogen« – Miniaturausgaben ihrer selbst –, die Unheil im Körper der Betroffenen anrichten.
Die Schwirrhölzer sind tatsächlich geheim-heilige Werkzeuge der australischen Ureinwohner. Sie gelten als »Stimme der Regenbogenschlange«. Und diese Stimme trägt tatsächlich kilometerweit und erreicht eine Lautstärke von bis zu hundert Dezibel, was dem Lärm einer Kettensäge entspricht.
Was das Dunkle Träumen angeht, so habe ich die Traumzeit der Aborigines mit eigenen Spekulationen angereichert. Ich fand es interessant, dass der Supervulkan Toba in der Region vor 74 000 Jahren ausgebrochen ist. Ich frage mich, ob dieses Ereignis – ein Ausbruch, der die Welt jahrzehntelang verdunkelt und die globale Bevölkerung auf 30 000 hat schrumpfen lassen – der Auslöser für die Besiedlung Australiens gewesen sein könnte, zumal in den Schöpfungslegenden von einer Feuerkatastrophe und Riesenwellen die Rede ist. Könnte dies auf den Ausbruch des Toba verweisen? Dem sollte man einmal nachgehen.
Wo wir gerade von Forschung sprechen: Schauen wir uns nun die wissenschaftlichen Themen an, die im Roman angesprochen werden.
Ich möchte zunächst über die Boote, Schiffe und Tauchkapseln sprechen, die in diesem Buch Verwendung finden. Grundlage bilden faszinierende Meeresfahrzeuge, eines davon in Entwicklung, zwei bereits erprobt und in Gebrauch.
Die Titan X basiert auf einer Gigajacht mit Atomantrieb – der Earth 300 –, die sich derzeit im Bau befindet und 2025 zu ihrer ersten Forschungsreise starten soll. Wenn Sie mehr erfahren möchten, schauen Sie sich diese Website an: earth300.com. Auf dem Schiff werden 160 Forscher und die gleiche Zahl Crewmitglieder tätig sein. In der dreizehnstöckigen Glaskuppel (Science City) sind 22 hochmoderne Labors untergebracht, außerdem verfügt die Jacht über zahlreiche Unterwasserfahrzeuge. Als ich davon erfuhr, beschloss ich, einen Testlauf zu unternehmen. Bitte beachten Sie, dass ich das Schiff kaum beschädigt und hinterher sogar aufgeräumt habe. Ich warte noch immer auf eine Einladung zur Jungfernfahrt – den Sekt bringe ich gerne mit.
Wie bereits erwähnt, wird die Earth 300 mit Unterwasserforschungsfahrzeugen ausgestattet sein. Vielleicht sogar mit einem Triton 3600/2 DSV . Die im Buch vorgestellte Cormorant basiert auf diesem Fahrzeug. Statt zwei Sitzplätzen habe ich vier eingebaut. Und ich habe ihr zwei Flügel verliehen, die ich mir von einem anderen U-Boot von Triton ausgeborgt habe, dem Titanic Explorer. Davon abgesehen, habe ich mich an die Beschränkungen der Triton 3600/2 gehalten. Auch das Akustikmodem, das für Sprach- und Textübertragung geeignet ist, basiert auf aktueller Technik und reicht bis in die tiefsten Meeresgräben.
Auch die autonomen DriX, die eine so bedeutende Rolle im Buch einnehmen, gibt es bereits. Sie werden von der innovativen Firma iXblue hergestellt.
Beschäftigen wir uns nun mit dem, was diese Fahrzeuge erforschen sollen.
Ein großer Teil der Meere ist noch unerforscht. Etwa zwanzig Prozent des Meeresbodens wurden bislang näherungsweise kartiert. In hoher Auflösung – die es erlauben würde, ein Flugzeugwrack abzubilden – wurden lediglich 0,05 Prozent der Fläche erfasst.
Niemand kann so recht sagen, was sich dort unten befindet. Ständig werden neue Entdeckungen gemacht. Riesenkraken galten so lange als mythische Geschöpfe, bis welche am Strand angespült wurden. In diesem Buch habe ich mich um eine realistische Darstellung der biologischen Sachverhalte bemüht. In den Eingangskapiteln beschreibe ich das Leben in drei Kilometern Tiefe. Diese Schilderung ist zutreffend. In der sonnenlosen Tiefe gibt es wundervolle Oasen des Lebens.
Die Gespräche über die einzigartige Biologie der Tiefseekorallen beruhen ebenfalls auf Fakten, auch das faszinierende Detail, dass die Korallen im Mittelmeer seit 400 000 Jahren kontinuierlich wachsen. In zehn Kilometern Tiefe wurden zwar noch keine Korallen gefunden, doch wir haben bislang kaum hingeschaut, und aus biologischer Sicht spricht nichts dagegen (wenn die Natur mit ein bisschen Organosilizium nachhilft).
Auch die Unterhaltung über den Gigantismus in der Tiefsee basiert auf Fakten. Die genannten Gründe (Sauerstoffsättigung, Salzgehalt und Druck) sind zutreffend.
Wenden wir uns einigen Details zu: Knallkrebse machen tatsächlich eine Menge Lärm und feuern plasmaangetriebene Blasen ab. Die DARPA untersucht, ob man auf Grundlage solcher Meeresgeräusche ein neues Sonarsystem entwickeln kann. Bis es so weit ist, nutzen militärische U-Boote die lärmigen Krebse, um sich vor der Sonarortung durch Oberflächenschiffe zu verstecken – ungefähr so, wie Phoebe es im Roman macht.
Was die Geologie der Tiefsee angeht, habe ich Meeresvulkane erwähnt, die flüssiges Kohlendioxid und geschmolzenen Schwefel ausstoßen. Beides hat man in den dunklen Tiefen des unerforschten Meeres gefunden.
Und da wir gerade von Geologie sprechen …
Die beiden mysteriösen Fragmente unter dem Pazifik und dem afrikanischen Kontinent gibt es tatsächlich. Immer mehr Forscher gehen davon aus, dass es sich um Bruchstücke des Planetoiden Theia handeln könnte, der mit der Urerde zusammengeprallt ist und den Mond in den Orbit geschleudert hat. Außerdem wird vermutet, dass kleinere Bruchstücke in die Mondmasse eingelagert sein könnten, doch das wurde bislang nicht verifiziert.
Die chinesische Mondsonde Chang’e-5 hatte beim Anbohren einer seltsamen Mondschicht übrigens tatsächlich einen Ausfall zu verzeichnen. Bei der Untersuchung des zur Erde transportierten Mondgesteins stellte sich heraus, dass der Mond weit langsamer abgekühlt ist als in Modellrechnungen vorausgesagt. Eine mögliche Erklärung wäre, dass ein exotisches radioaktives Material den Mond erwärmt. Was könnte das sein? Ich habe da meine eigene Theorie, und die steht im Buch.
Schauen wir genauer hin. Die beiden »Klumpen« scheinen für einen Großteil der tektonischen Instabilität des Planeten verantwortlich zu sein. Sie lösen vor allem an ihren Rändern Vulkanausbrüche und Erdbeben aus. Trond Torsvik von der Universität Oslo bringt die Klumpen mit den größten Katastrophen der Erdgeschichte in Verbindung. Er nimmt an, eine Veränderung in einem der Klumpen habe das große Sterben ausgelöst, dem der größte Teil des Lebens auf der Erde zum Opfer fiel. Und er glaubt, es könnte wieder geschehen. Ihm zufolge sitzen wir alle auf einer »vorsintflutlichen Zeitbombe«.
Es trifft auch zu, dass es in den Regionen erhöhter tektonischer Aktivität eine merkwürdige Häufung unidentifizierter Luftphänomene gibt. Hütet dort etwas seinen Vorgarten? Wie Painter es formuliert: Wenn das stimmt, wollen wir hoffen, dass die Erntesaison noch auf sich warten lässt.
Dieses Thema möchte ich gern einzeln besprechen. Ich habe die Dokumentation Mein Lehrer, der Krake gesehen und viele Artikel zur einzigartigen Biologie und Intelligenz dieser Tiere gelesen. Deshalb hat es mich nicht erstaunt, dass es zahlreiche offene Fragen zur Evolution der Kraken gibt. In letzter Zeit genoss dieses Thema eine gewisse Medienaufmerksamkeit, häufig mit spöttischem Unterton. Bei eingehender Beschäftigung stieß ich jedoch auf einen bereits begutachteten Artikel über Panspermie und Retroviren extraterrestrischen Ursprungs. Der Titel lautet: »Die Ursache der kambrischen Explosion – terrestrisch oder kosmisch?« Verfasst wurde er von Astrobiologen aus aller Welt. Ihre Schlussfolgerungen fand ich erstaunlich überzeugend. Deshalb beschloss ich, dem Thema nachzugehen.
Mehr zu extraterrestrischen Lebensformen und wie man sie findet:
In den vergangenen Jahren verlagerte sich das Interesse der wissenschaftlichen Gemeinde weg von Techniksignaturen (Radiosignalen) als Anzeichen von Leben auf anderen Planeten. In diesem Roman spricht Dr. Datuk Lee über seine Forschungsarbeit, wobei er sich auf aktuelle und fortdauernde Studien bezieht. Die Institution, für die er arbeitet – das Laboratory for Agnostic Biosignatures, abgekürzt LAB –, befindet sich an der Georgetown University und ist weltweit vernetzt. Der MinIon Nanopore-Sequenzierer, den er auf der Cormorant einsetzt, ist ein Analysegerät für organische Substanzen und wird derzeit auf seine Eignung für den Einsatz bei zukünftigen Weltraummissionen getestet.
Wenn Sie mehr über Biosignaturen erfahren möchten, empfehle ich Ihnen ein Buch, das von einem Harvard-Astronomen verfasst wurde:
Außerirdisch: Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten , von Avi Loeb
Darin behandelt er ausführlich das Thema der Biosignaturen und behauptet, Oumuamua, der zigarrenförmige Asteroid, der im Jahr 2019 die Erde passiert hat, sei ein Alien-Artefakt gewesen. Wie die Theorie von den extraterrestrischen Kraken wurde diese These skeptisch aufgenommen. Ich schätze jedoch seine Herangehensweise und seine Schlussfolgerung: Denken Sie darüber nach und schauen Sie genau hin. Diese Einstellung ist jedem zu empfehlen.
Die in diesem Roman beschriebene Ausrüstung der Volksbefreiungsarmee basiert auf in Produktion oder bereits im Einsatz befindlichen Gerätschaften. Das gilt auch für das mit ballistischen Raketen ausgerüstete Atom-U-Boot vom Typ 096 (im Buch Changzheng 24 genannt), das Helikopter-Landedock vom Typ 076 (die Dayangxi ) und das Luftkissenfahrzeug vom Typ 726 (die Yema ) und den Kampfpanzer 96.
Von dem AI -gesteuerten Schiff, der Zhu Hai Yun , existiert ein militärischer Prototyp. Auch die UUV s und die smarten Torpedos, die Kowalski in der Geschichte zu schaffen machen, gibt es bereits und wurden in der Taiwanstraße erprobt. Des Weiteren hat die chinesische Marine ein Tiefseefahrzeug mit militärischen Fähigkeiten entwickelt, das im U-Boot-Krieg der Aufklärung und Überwachung dienen soll. Die Qianliyan basiert auf dieser Entwicklungsplattform.
Wenden wir uns nun Themen abseits der wissenschaftlichen Aspekte zu, die von besonderem Interesse sind.
Die Bar in Hongkong, die Kowalski besucht – Alter Mann – gibt es und auch die Drinks, die er bestellt. Der hochgelegene Park, in dem er sich mit Valyas Schergen prügelt, liegt gleich gegenüber. Am Königlichen Jachtclub könnten Sie mit Ihrem Boot anlegen und in der Nähe Golf spielen – vorausgesetzt, kein anrollender Tsunami zwingt sie, sich wie Gray ins Clubhaus zu flüchten. Die Feuerschneisen und Wanderwege auf den bewaldeten Hängen des Victoria Peak sind tatsächlich labyrinthisch.
Im Lee-Kwon-Chian-Naturkundemuseum in Singapur wird die von Sir Stamford Raffles gegründete naturkundliche Sammlung verwahrt, einschließlich der von ihm beigesteuerten Funde. In der Ahnengalerie des Museums wird auch der verwickelte wissenschaftliche Wettstreit zwischen Raffles und Farquhar dokumentiert. In den oberen Etagen sind die umfangreichen Nass- und Trockensammlungen mit Millionen Exemplaren untergebracht. Und im öffentlichen Bereich gibt es eine Lightshow mit riesigen Dinosauriern. Für das Chaos, das ich dort angerichtet habe, entschuldige ich mich.
In Jakarta lädt die Liebesbrücke zu nächtlichen Spaziergängen (oder Feuergefechten) ein. Das Historische Museum befindet sich im ehemaligen Rathaus, wo Sir Stamford Raffles sein Büro hatte. Ich bezweifle, dass es darin einen mit Codeschloss geschützten Safe gibt, der die sterblichen Überreste eines Jungen enthält, aber wer weiß. Auch das Labor, in dem Heng und Xue zu später Stunde tätig sind – das Eijkman Institut für Molekularbiologie – gibt es wirklich.
China hat einen großen Teil des kambodschanischen Marinestützpunkts Réam in Beschlag genommen. Einem Artikel der Washington Post zufolge wird er für militärische und Forschungszwecke genutzt – was mich stärker beunruhigt, als wenn er nur einem einzigen Zweck dienen würde.
Okay, Leute, das war’s. So wie der Roman endet, können Sie sich denken, dass Sigma auf dem Kriegspfad wandelt. Eine große Schlacht im globalen Maßstab steht bevor. Niemand wird ungeschoren davonkommen. Um zu überleben, kommt es auf jeden einzelnen Agenten an, selbst auf die aus früheren Büchern, darunter auch ein vierbeiniger Soldat – möglicherweise sogar zwei davon.