18.00 Uhr

Mehrmals hatte Rohleff den Klingelknopf betätigt und vergeblich auf das Summen des Türöffners gewartet. Obwohl er sich nicht viel davon versprach, schlüpfte er ins Haus, als ein Pärchen herauskam, und stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf. Vorher hatte er die Namensschilder im Parterre geprüft.

Er machte sich keine Illusionen darüber, daß er weiterhin auf bereits abgegrastem Terrain seine Forschungen betrieb und günstigenfalls abholte, was für ihn vorbereitet worden war. Die verfahrene Geschichte gedachte er Groß, sobald er ihn am Wickel hatte, heimzuzahlen. In seinem Kopf punktete er die Vergehen des Kollegen, die Liste wurde stetig länger.

Die Wohnung von Lehmann, dem Waffenexperten, lag links neben der Treppe, auf ein erneutes Schellen wurde fast sofort die Tür aufgerissen. Lehmann hatte sich wohl gerade einen Mantel übergeworfen, seine Füße staken noch in Filzlatschen. Die Wieselaugen hinter goldfischglasdicken Gläsern huschten über Rohleff.

»Ich will gerade weg, kommen Sie ein andermal, ich hab's eilig.« Lehmann zog die Tür bereits halb hinter sich zu, ein normaler Besucher wäre vielleicht einen Schritt zurückgewichen, Rohleff trat vor und deutete nach unten.

»In Filzpantoffeln?« Die Tür schwang zögerlich wieder zurück, er gab ihr einen zusätzlichen Schubs, so daß sie an die Wand flog, Lehmann japste erschreckt.

»Was wollen Sie?«

Rohleff haßte Auftritte, die wie aus stereotypen Kriminalfilmen wirkten, ließ aber bei dieser Gelegenheit nichts aus, was zu derartigen Szenen gehörte. Er zückte betont forsch seinen Dienstausweis, während er Lehmann näher rückte und dadurch zum Rückzug in die Wohnung zwang.

»Kriminalpolizei.«

Lehmann knöpfte sehr langsam seinen Mantel wieder auf, schlüpfte aus den Ärmeln und hängte ihn an die Garderobe. Er hielt dabei den Kopf gesenkt, sprach praktisch den Mantel und zwei Jacken an, die gleichfalls an Haken hingen.

»Ich weiß nicht, was jetzt Sie von mir wollen.«

»Das wundert mich aber, können wir uns woanders unterhalten, ich steh nicht gern im Flur herum.«

Rohleff folgte ihm in ein Wohnzimmer, das häßlich und sparsam möbliert war, aber voller Kakteen stand, riesigen Exemplaren in großen Kübeln, von denen einige mit extrem stachligen Armen vor dem Näherkommen warnten.

Er mußte sich erst orientieren und sich einen kollisionsfreien Weg an dem bedrohlichen Gestrüpp vorbei zu einem Stuhl überlegen, bevor er den Raum tatsächlich betrat. Die meisten der Stachelgewächse, die größten vor allem, standen vor einer getäfelten Wand gegenüber der Fensterseite. Auf den Fensterbrettern drängten sich die kleineren.

Lehmann hatte sich durchgeschlängelt und verbreitete eine Atmosphäre der Unruhe, er setzte sich auch nicht, nachdem Rohleff Platz genommen hatte. Wahrscheinlich hätte ein Hund – er dachte flüchtig an Berni – etwas an dem Mann riechen können, was auf Angst und auf schlechtes Gewissen schließen ließ. Er fragte sich, was Groß mit diesem Kerl zu tun hatte, ob die Vorliebe für exotische Gewächse eine Verbindung geschaffen hatte.

Weder im Flur noch im Wohnzimmer war auch nur eine Waffe zu sehen, womöglich lag er völlig falsch und war wieder einer Doppelgängerstraße aufgesessen und einem Doppelgänger Lehmann, mit noch unbekanntem Dreck am Stecken. Wovor hatte der Mann Angst?

Bevor er der Frage nachgehen und auf Waffen zu sprechen kommen konnte, meldete sich Knolle. Daher rückte er den Stuhl so, daß er Lehmann und den größten Teil des Raumes im Auge behielt.

Knolle hatte in Bochum den Tänzer gesprochen, der gleichfalls am Tanzfestival in Münster teilgenommen hatte.

»Der Mann hat zugegeben, daß er mit Isabel in der einen Woche was hatte, und er sagte, er sei nicht der einzige gewesen. Du wirst dich noch wundern. Die Frau brauchte nur aufzukreuzen und gar nicht mal viel zu sagen oder zu machen, aber nach einer Stunde hatte die alle Männer auf Touren gebracht wie eine läufige Kuh eine ganze Bullenherde.«

»Schöner Vergleich«, sagte Rohleff und betrachtete Lehmann, der einige der Kakteen goß und an den Töpfen rückte, »aber komm zur Sache.«

»Die Frau war ein Phänomen. Die hätte mit Berufssex ein Schweinegeld verdienen können, so wie die alle aufgegeilt hat, aber die wollte nicht für Geld. Nur tanzen, aber wenn's sie gerade überkam, kannte die keine Hemmungen. In Sachen Sex ein Naturereignis. Der Mann hörte gar nicht mehr auf, als er einmal angefangen hatte, und wenn ich ihn gelassen hätte, wäre er noch dabei. Er sagte, die einmal im Bett gehabt zu haben verdirbt einen für alle anderen.«

»Den Namen«, sagte Rohleff kühl.

Die Kakteen bildeten inzwischen eine undurchdringliche Hecke vor der getäfelten Wand. Als er den Kopf schief legte, konnte er ein paar Unebenheiten und Linien auf der Wand erkennen. Knolle beendete seinen Sermon mit dem gewünschten Namen.

»Überrascht mich nicht«, sagte Rohleff knapp und unterbrach die Verbindung.

»Womit sollen wir anfangen, Herr Lehmann? Mit dem, was Sie da hinter dem Stachelzeug in Ihrer Schrankwand horten, oder mit Ihrer Bekanntschaft mit Harry Groß? Er war doch hier?«

Lehmann zuckte zusammen, der Strahl seiner Gießkanne traf den Fußboden, und das Wasser verlief sich in den Ritzen der Holzdielen.

»Er hat gesagt, ich hätte wahrscheinlich nicht mit größeren Schwierigkeiten zu rechnen, und kaum ist er weg, stehen Sie hier, feiner Kunde, Ihr Harry Groß.«

»Woher kennen Sie ihn?«

Lehmann blickte zornig auf. »Ich kenne ihn überhaupt nicht, bis vor zwei Stunden jedenfalls. Der hat meine Adresse aus dem Internet, wie er sagte, aber das kann gar nicht stimmen, ich hab keine angegeben, ich bin ja nicht blöd. Ich hatte nur ab und zu einen Chat mit anderen ...«

»Waffenexperten?« hakte Rohleff ein. »Ihr Pech, da hatten Sie wohl auch mal meinen Kollegen in der Leitung, der spielt gern am Computer. Was haben Sie ihm über die Waffe erzählt?«

»Welche Waffe? Der hat mir einen Bolzen gezeigt, aber wenn er das passende Gerät dazu sucht, ist er bei mir grundfalsch, da muß er in den nächsten Baumarkt gehen, aber das wußte er doch auch. Haben Sie schon mal daran gedacht, was man alles mit einer elektrischen Kettensäge anrichten kann?«

Rohleff deutete auf den Schrank. »Ist nicht mein Spezialgebiet. Sind Sie sicher, daß der Bolzen nicht zu einer bestimmten Waffe gehört?«

Lehmann hatte begonnen, die Töpfe wieder zu verschieben. »Ich beschäftige mich mit Waffen, seit ich vor vierzig Jahren als Fünfjähriger einen Plastikcolt für Platzpatronen geschenkt bekommen habe. Das war zum Karneval, ich stamm aus dem Rheinland, aus Köln.« Lehmann hockte sich auf die Fersen. »Diese Bolzen gehören zu keiner regulären Waffe, ich habe mir die Dinger sogar unter dem Mikroskop angeschaut, die Spuren vom Schußkanal auf der Oberfläche. Ich sag ja, Heimwerkermarkt. Mit dem, was da an Geräten angeboten wird, könnten Sie ein Schlachtfest unter der Bevölkerung anrichten.«

Rohleff erhob sich. »Hätten Sie noch einen Tip für das zutreffende Gewerbe, das solche Sachen benutzt?«

»Zimmermann, Dachdecker, was weiß ich.« Lehmann deutete auf die Holz- oder Schrankwand, zu der jetzt ein Durchgang den Zutritt erlaubte. »Wollen Sie nun reinschauen?«

Rohleff wehrte ab. »Gehört nicht in meine Zuständigkeit. Hat Ihnen mein Kollege etwas aufgetragen, was Sie mir ausrichten sollen?«

Lehmann kam ganz dicht an Rohleff heran, seine Filzlatschen schoben sich beinahe unhörbar über den Boden. »Sagen Sie mir endlich, was hier eigentlich läuft?«

Rohleff spähte nach der U-Bahn aus, die ihn in die Stadtmitte befördern sollte, als sein Polizistengewissen mit Vorhaltungen begann. Hätte er nicht korrekterweise den Inhalt des Schranks inspizieren müssen? Und all die schwerkalibrigen Pistolen, leichten Colts und alle übrigen Handfeuerwaffen, doppelläufigen Flinten und Elefantentöter, auf die er treffen würde, registrieren müssen? Vielleicht wäre er auch noch auf ein paar selbstgebastelte Bomben gestoßen. Und er hätte die Munition sicherstellen müssen. Er sah sich mit einem großen, bleischweren Sack zu Füßen auf dem Bahnsteig stehen oder in Lehmanns Wohnung auf Pat und Patachon warten, die den Waffennarren hochnehmen würden.

Daß er es mit einem Narren zu tun hatte, stand für ihn außer Frage. Ein Mann, der Minderwertigkeitsgefühle mit einer Sammlung gefährlicher Waffen kompensierte. Er vergegenwärtigte sich noch einmal den unsicheren Blick des Mannes, das beinahe lautlose Geschleiche in den Filzpantoffeln, dann die eigenartige Vorliebe für Stacheliges, alles in allem Indizien für ein gestörtes Gemüt. Einer der Gründe, warum er nichts gegen Lehmann unternommen hatte, war seine Wut auf Groß.

Es war ihm klar, daß Groß dem Mann versprochen hatte, ihn nicht zu melden, weil er darauf baute, daß er, Rohleff, das erledigen würde, eine Marionette, die er sehr lässig an den Fäden führte.

In der U-Bahn wurde Rohleff schnell von seinen mißmutigen Gedanken abgelenkt. Ein junger Mann spannte blitzgeschwind ein weißes Bettlaken zwischen zwei gegenüberstehende Sitzbänke, und ehe sich die Fahrgäste versahen, erschien ein grün angemaltes Krokodil mit klapperndem Holzmaul über der Lakenkante.

Von einem zum anderen Moment verfiel Rohleff der Verzauberung durch das Puppenspiel, dem vorlauten Kasper und den betörenden Augenaufschlägen der Prinzessin, die hörbar mit den spinnenbeinartigen Wimpern den Takt zu ihren Auftritten gab. Eine kleine Scheinwelt, die gerade wegen ihrer Durchschaubarkeit so viel Reiz ausübte und Sehnsüchte weckte, die ihn weit zurück schweifen ließen, in Kindheit und Unwissenheit.

Die Lautsprecherdurchsagen, die die Stationen angaben, mutierten zu Hintergrundgeräuschen, und nur weil die Bahn gerade ruckelnd in eine Kurve bog und sein Nachbar ihn beim Aufstehen anstieß, nahm er die verzerrte Stimme aus der Wirklichkeit wieder wahr. Es dauerte ein Weilchen, bis er begriff, daß er bereits ein paar Stationen zu weit gefahren war. Bevor er ausstieg, bedankte er sich bei dem Puppenspieler.

20.00 Uhr

Durch die Hin- und Herfahrerei kam er beinahe zu spät ins Theater.

»In den Hackeschen Höfen«, hatte Ramon gesagt, und in diesen Höfen irrte Rohleff herum, ein kleines Labyrinth, in dem die Schächte zwischen den Hauserwänden Nummern trugen wie Zellentrakte und der Geräuschpegel ab-, aber der Hall zunahm, je weiter er sich vom Eingang entfernte.

Bei der zweiten Runde traf er auf Franziska Helm, die ihn am Ärmel ergriff und in einen Eingang zerrte.

»Ich habe Sie vorhin schon vorbeilaufen sehen, die Vorstellung fängt gleich an, die Karten habe ich gekauft.«

Rohleff zückte sein Portemonnaie. »Dann lassen Sie mich die gleich bezahlen, später vergeß ich's noch.« Mit dem Geld förderte er seinen Dienstausweis aus der Tasche. »Haben Sie sich die Leute angeschaut, die hereinkamen?« fragte er und schaute dabei selbst Franziska an.

Das blonde Haar hatte sie in einem Nackenknoten zusammengerafft, ein vergebliches Bemühen, ihrem runden, etwas kindlichen Gesicht Strenge oder Rasse zu verleihen, ihr nicht ganz schlanker Körper steckte in einem langen schwarzen Fummel, der ihre Rundungen eher betonte als kaschierte. In Jeans und Pullover hatte sie ihm besser gefallen, da hätte er sich, wenn ihm daran gelegen wäre, ausmalen können, wie aus ihrem Typ etwas zu machen wäre.

»Ich habe niemanden erkannt«, erklärte sie, »aber es gibt einen Hintereingang, hab ich an der Kasse erfahren, den konnte ich ja nicht auch noch im Auge behalten.«

Die Enttäuschung in der Stimme klang etwas zu heftig für den Auftrag, den er ihr erteilt hatte. Er sah sich suchend um.

»Er ist auch nicht gekommen, Ihr Kollege, den hätte ich natürlich sofort wiedererkannt«, fuhr sie fort, und Rohleff filterte noch eindeutigeres Bedauern heraus.

»Harry war bei Ihnen?«

Ihre Augen leuchteten genug auf, daß sich ein paar Vermutungen ergaben, bevor sie aber antworten konnte, mischte sich die Frau ein, die hinter dem schmalen Kassentresen stand.

»Wenn Sie die Vorstellung noch sehen wollen, wird's aber Zeit, daß Sie sich einen Platz suchen.«

Rohleff hielt ihr den Ausweis hin. »Haben Sie eine Künstlergarderobe? Ich will sie sehen, sofort.«

Der Raum, in den sie geführt wurden, bestand aus einem Verschlag ohne Tageslicht, der nur den notwendigsten Platz zum Schminken und Umkleiden bot.

Franziska sog scharf die Luft ein. »Das ist es, ›Sumatra rain‹, das erkenne ich sofort.«

Rohleff roch vorwiegend alte Socken und Schweiß. »Den gleichen Aftershave-Duft, den Sie in Ihrer Wohnung bemerkt haben, nachdem Isabel Besuch hatte?« Er fragte nur der Ordnung halber. Als er sah, wie das Mädchen nickte, wandte er sich an die Frau vom Theater, die mißtrauisch hinterhergekommen war.

»Wer hat sich hier als letzter umgezogen?«

Franziska war an den Garderobenständer herangetreten, nahm ein Hemd, das nachlässig über einen Haken geworfen war, und hielt es an die Nase.

»Sagen Sie, was soll das, und lassen Sie die Sachen, wo sie sind. Für das, was Sie hier machen, brauchen Sie einen Durchsuchungsbefehl. Geht's um eine Scheidungsgeschichte? Sie sind kein Polizist, Sie sind Schnüffler.«

Die Frau riß das Hemd an sich, sie war recht heftig geworden, und bezog Posten vor dem Ständer. »Machen Sie, daß Sie hier rauskommen.«

Rohleff ergriff Franziskas Hand und zog die Studentin mit sich zur Tür. »Ich denke, ich weiß schon, was ich wissen wollte, wir sehen uns jetzt auch noch den Rest an, wir haben ja die Karten.«

Der eigentliche Theaterraum bestand aus ein paar ansteigenden Sitzreihen, zu denen ein schmaler Gang die Wand entlang führte, und davor erstreckte sich die Bühne: ein schwarzer Boden und schwarze Stellwände, die den Hintergrund bildeten. Nichts lenkte von den Tänzern ab. Rohleff und Franziska hatten sich gerade im Dunkel des Zuschauerraums zu zwei Plätzen getastet, ziemlich vorn an der Bühne, da rückte Franziska dicht an Rohleff heran. Ihre Nähe war ihm sehr angenehm, das Mädchen roch gut, nach einem Aroma, das er nicht benennen konnte, etwas Wohltuendem, Weiblichem.

Sie flüsterte ihm ins Ohr: »Der Lange, das ist der Mann, den ich im Flur gesehen habe.«

»Der andere ist auch ein Mann, keine Frau.«

»Das seh ich.«

Das Mädchen verblüffte ihn. Er selbst hätte, wenn er es nicht besser gewußt hätte, die Tänzerin als Frau wahrgenommen.

»Woran?« fragte er zurück.

»Schwer zu erklären. Ich habe einfach einen Blick dafür. Die Schwarzhaarigen gefallen mir auch nicht so, auf Latinos steh ich nicht.«

Rohleff verkniff es sich, zu fragen, ob ihr Rotblonde besser gefielen, auch rundlichere als die zwei sehnigen Männer auf der kleinen Tanzfläche vor ihnen. Es lag an Franziskas Mißfallen, daß er sich anfangs nicht so sehr auf den Tanz konzentrieren konnte, auch die Sorge um Groß kam wieder hoch.

Ganz fest hatte er damit gerechnet, daß er ihn im Theater treffen würde. Ebenso rätselhaft erschien ihm, daß Fernando seinen Part absolvierte, als gäbe es nicht den Schatten eines Verdachts gegen ihn. Ramon mußte ihn doch informiert haben.

Der Zwang hinzuschauen stellte sich schleichend ein. Später sollte es ihm vorkommen, als hätte Ramon zunächst konventionell getanzt und als wäre nur langsam die wahre Leidenschaft in ihm erwacht, die für den Tanz und vor allem die für den Partner, Fernando. Immer häufiger trafen sich ihre Blicke, und immer unglaubhafter erschien der Gedanke, daß die Tänzerin ein Mann sein sollte, der mürrische Ramon. Vielmehr sah Rohleff Isabel vor sich und für kurze, heftige Augenblicke sogar Sabine.

Wie gebannt verfolgte er mittlerweile jede Bewegung der Tangotänzerin, da bot sich jemand beinahe zornig an und dann wieder unterwürfig. Ramon rührte einen Strudel der Sinnlichkeit und des Begehrens auf, in den der andere wie in einen Mahlstrom geriet, der ihn in die Tiefe reißen sollte. Ein Sumpf der Erotik, in dem der Verstand verröchelte und etwas Tierisches zum Vorschein kam, blinde, rohe Leidenschaft. Rohleff mußte sich zusammenreißen, um derart blödsinnige Assoziationen von sich zu weisen, seine Hände, die er im Schoß gefaltet hielt, fühlten sich schweißnaß an, der Gaumen wurde ihm trocken, und die Augen taten weh vom Hinsehen. Er blinzelte.

Wie eine kleine Erlösung legte sich ihm eine Hand auf die Schulter.

»Sobald sie fertig sind, greifen wir ihn uns und quetschen ihn aus, bis er alles zugibt.« Groß flüsterte hinter ihm, Rohleff wandte sich langsam um, es kostete ihn Mühe, den Hals zu drehen, und dann schielte er an Groß vorbei.

»Da könnten wir aber ein kleines Problem haben.«

Am Eingang, von unten matt beleuchtet durch eine schwache Lichtquelle, die Zuspätkommende vor einem Sturz bewahren sollte, standen Ribeck und Mürwitzer.

»Pat und Patachon halten nach uns Ausschau«, sagte Rohleff.

Groß blickte sich gleichfalls um. »Dick und Doof, wolltest du sagen.«

Mit einer Hand zog Rohleff Franziska zu sich heran, er roch wieder das angenehme Aroma. »Ich hätte da eine Bitte an Sie ...« Als er fertig war, fügte er noch eine Frage an. »Wonach riechen Sie so schön?«

Wahrscheinlich lächelte Franziska im Dunkeln, als sie ihre Antwort gab. »Ich habe Brot gebacken, bevor ich herkam.«

Die Tänzer erstarrten bei den letzten Klängen der Musik, die aus einer unsichtbaren Quelle, vermutlich einer Kassette, stammte, in einer Pose, bei der sich ihre Gesichter sehr nahe waren, dabei kehrten sie aber den Zuschauern das Profil zu, so daß nichts von dieser letzten Zwiesprache der Augen sichtbar wurde. Nach einer schwungvollen Verbeugung, in die das Klatschen und Aufstampfen der fünfzig bis sechzig Anwesenden auf den paar ansteigenden Reihen aufbrandete, verschwanden die Tänzer blitzschnell. Rohleff sprang mit den anderen auf, Groß setzte über die Bankreihe vor ihm. Als die zwei quer über die Bühne liefen, um durch die Kulisse zur Garderobe zu hetzen, verließ sich Rohleff darauf, daß Franziska dazu ansetzte, die ihr übertragene Aufgabe so gewissenhaft, wie er erwartete, auszuführen.

»Ferdinand Rabe, ich verhafte Sie ...«, Rohleff hielt die Tür zur Garderobe in der Hand, Groß schnellte an ihm vorbei und stürzte sich auf Fernando, der ihn gleichfalls packte.

»Du Schwein, du hast sie umgebracht«, schrie der Tänzer.

Der Spiegel zerbrach, als die beiden Männer ineinandergehakt dagegenprallten. Funkelnde Splitter fielen von der Wand, Rohleff riß schützend einen Arm hoch, das hinderte ihn daran, sofort in das Handgemenge einzugreifen, auch er schrie, er wußte nicht, was.

»Raus hier!« Das war Groß, dem es gelang, einen sehr effektiven Polizeigriff anzuwenden, er drehte Fernando einen Arm auf den Rücken und riß ihn hoch, Rohleff ergriff den anderen.

Erst als sie durch den Hintereingang das Gebäude verlassen hatten, fiel ihm Ramon ein, er hatte ihn noch bemerkt, als sie die Garderobe stürmten, er sah die aufgerissenen Augen des Argentiniers vor sich, und jetzt war der Mann verschwunden. Das kümmerte ihn im Augenblick wenig, seine größte Sorge war, den Verdächtigen verhören zu können, bevor die Berliner Polizisten aufkreuzten und Fernando genau die Anschuldigung wiederholte, in die sich Rohleff mehr als einmal in den letzten Tagen verbissen hatte. Die andere Möglichkeit.

Das Gewirr der Hackeschen Höfe erwies sich als Vorteil, es erlaubte ihnen, zu entkommen, einen Bogen zu schlagen und ganz in der Nähe ein Lokal zu finden, in dem niemand auf sie achtete. Erst als Fernando saß, ließen sie ihn los, er rieb sich die Handgelenke.

Schon stand ein Kellner vor ihnen. »Keen Radau hier, wenn ihr Zoff habt, geht ihr raus.«

Fernandos Gesicht zeigte Spuren der Schlägerei, ein Auge begann sich zu verfärben. Groß keuchte, er war rot angelaufen. Rohleff nahm an, daß auch er alles andere als gleichmütig wirkte. Schief lächelte er zu dem Kellner hoch.

»Keine Bange, eine Lage Mineralwasser für uns, oder wollen Sie Rotwein, Fernando?« Das letzte rutschte unbedacht heraus, das Bild des feurigen Tänzers wirkte nach. Fernando starrte vor sich hin, ohne erkennbare Reaktion.

»Dann nur Mineralwasser«, beschied Rohleff.

Schon bevor Flaschen und Gläser auf dem Tisch standen, begann der Mann zu reden.

»Ich weiß, was ihr wollt. Ihr schiebt es mir in die Schuhe, damit der Herr Kommissar eine reine Weste behält.«

»Ich habe das Bolzenschußgerät gefunden.« Groß sprach leise, nur sein Atem ging heftig. »Hinter der Bühne, ich habe mich dort umgeschaut, als die Vorführung lief. Sie haben es benutzt, um Latten und Balken für die Kulissen zusammenzunageln, ich hatte so was in der Art erwartet.« Groß zog etwas aus der Tasche, einen langen, silbrigen Stahlnagel ohne Kopf, einen der Bolzen, die Rohleff blutbesudelt aus einem Baumstamm hatte herausragen sehen. »Steckte noch im Lauf.«

Rohleff wäre jetzt gern über den Kollegen hergefallen, wie hatte er sich aufs Glatteis locken lassen, wie geschickt hatte Groß immer von Waffe gesprochen und damit Rohleffs Mutmaßungen in die falsche Richtung gelenkt.

Die Getränke kamen, der Kellner blieb am Tisch stehen und äugte auf den Bolzen.

»Das war alles«, sagte Rohleff bestimmt und scheuchte den Mann mit einer ärgerlichen Handbewegung fort.

»Womit hast du sie umgebracht?« zischte Fernando und schlug unversehens mit den geballten Fäusten auf den Tisch. Gläser und Flaschen klirrten. »Du warst bei ihr, am Donnerstagnachmittag, ich habe dich weggehen sehen.«

»Als ich ging, lebte sie noch, aber dann bist du gekommen, das weiß ich auch, ich hab euch beide beim Vögeln beobachtet.«

Fernando machte wieder Anstalten aufzuspringen, Rohleff fuhr daher scharf dazwischen. »Dann will ich erst von dir was hören, Harry, das, was ich noch nicht weiß, und laß nichts aus.«

Groß ließ das Wasser im Glas kreisen und sah zu, wie die Blasen aufstiegen, er sortierte seine Erinnerungen an diesen Donnerstagnachmittag.

Alle Versuche, Isabel näherzukommen, waren bis dahin fehlgeschlagen. Sie hatte es genossen, sich mit ihm zu unterhalten, weil sie ihn witzig fand, aber schon ihre Körperhaltung verriet, daß sie sich währenddessen offenhielt für andere, auch ihre Blicke schweiften zu häufig umher. Ihre Aufmerksamkeit glich dem Wasser im Glas, unruhig, nicht festzuhalten.

Die Einladung für den Donnerstag hatte er ihr abgetrotzt, sie sprach von Abreise und daß er ja auf einen Sprung vorbeikommen könne. Erst als er den geöffneten Koffer sah, ging ihm auf, was sie gemeint hatte. Beim Kaffeetrinken klebte ihm die Zunge förmlich am Gaumen, alles hörte sich fade an, nicht witzig. Die Unterhaltung schleppte sich, während sie fortfuhr, ihre Sachen zusammenzusuchen.

In der Jackentasche spürte er die blaue Pille, er tastete mit den Fingern über ihre gerundeten Kanten, sie bildeten eine Raute. Von dieser Pille hatte er sich einen besonderen Schwung erhofft. Daß sie auch schon mal tödlich wirken konnte, hatte er gehört, hielt das aber im gegebenen Fall für unwahrscheinlich. Das Dumme war, daß er sich später nicht mehr daran erinnerte, was mit der Pille geschehen war, es gab da Unklarheiten über den Zeitraum, als das Telefon schellte und Isabel eine kurze, wortkarge Unterhaltung führte. Er jedenfalls hatte die Pille aus der Tasche geholt, zwischen den Fingern gedreht und damit über den Kaffeetassen hin und her jongliert, während Isabel auf dem Bett hockte und ins Telefon sprach.

Als sie ihn wenig später hinauskomplimentierte, begriff er, daß sie eine Verabredung getroffen hatte. Auf der Treppe fiel ihm all das ein, was er hatte sagen wollen. Wie er ihr hätte über den Arm streichen und sie plötzlich an sich reißen müssen. Mehr Vergewaltigung denn Verführung.

Der Hunger, der ihn eine halbe Stunde lang jede ihrer Bewegungen hatte verfolgen lassen, wollte ihn nicht loslassen, er trödelte daher vor dem Haus herum und schaute in den ersten Stock hinauf, ihr Apartment lag aber nach hinten hinaus.

Daher wechselte er am Ende auf die andere Straßenseite, ging die fünfzig Meter zum Auto, schloß es auf, stieg ein und blieb sitzen, ohne den Motor zu starten. Nach wenigen Minuten stieg er wieder aus und kehrte zurück. Aus einiger Entfernung sah er, wie die Haustür zuklappte. Warum er dies Zuklappen mit Isabel in Verbindung brachte, wußte er nicht, schließlich wohnten noch mehr Leute im Haus, aber das Telefongespräch, bei dem kein Name gefallen war, hatte einen immer handgreiflicheren Verdacht geweckt, dem er nachgehen mußte.

Neben dem Haus fand er einen Durchgang zum Hof, den betrat er, ohne sich um Bedenken zu scheren, kalte Wut beherrschte ihn. Hätte nicht die Leiter an der Wand der Garage gelehnt, wäre er nicht auf das Dach gestiegen. Er tat so, als überprüfe er etwas an der Dachabdeckung.

Nicht einmal der Gedanke, daß ihn jemand aus den umliegenden Häusern hätte beobachten können, hielt ihn davon ab, sich an das Fenster, das zu Isabels Zimmer gehörte, heranzupirschen.

Sie hatte die Vorhänge bis auf einen schmalen Spalt zugezogen. Durch diese Ritze stierte er in einen dämmerigen Raum, auf ein Bett, auf dem sich zwei Menschen umschlangen, Isabel und ein Unbekannter. Der Spalt gewährte nicht genug Durchblick, um das ganze Bett zu erfassen, er sah nur Partien, Ausschnitte, so daß seine Phantasie das übrige dazutat, es war ein Fegefeuer, auf dem Dach zu hocken und zuzuschauen.

Plötzlich befand sich nur noch ein Körper auf dem Bett, ein Arm, eine geöffnete Hand mit nach oben weisenden Fingern lag, von der Hüfte abgerückt, auf dem Laken, ganz unbewegt, so ruhig, wie Isabel noch nie gewesen war. Er hatte nur einen Augenblick die Beobachtung unterbrochen, um noch einmal die anderen Häuser zu mustern, vor allem die Fenster, kalte, dunkle Löcher ohne ein Zeichen menschlichen Lebens.

Beim Erzählen hielt er sich an die Tatsachen, ohne Beschönigung, die Emotionen ließ er weg, auch die Pille, ganz korrekt gab er den Zeitpunkt der Heimfahrt an, er war noch im Büro gewesen, um über ein paar Untersuchungen auf andere Gedanken zu kommen. Im gleichen unpersönlichen Ton wandte er sich an Fernando.

»Du hast sie gevögelt, das ist mir erst in Berlin klargeworden, bei der Helm. Und du hast sie umgebracht, ich habe praktisch dabei zugesehen. Womit hast du's gemacht?«

Die Ermittler mußten beide zugreifen, um den Mann auf dem Stuhl zu halten. Fernandos Augen rollten in den Höhlen. »Du Arschloch. Dich hat sie nicht rangelassen, darum hast du sie ...« Er schrie nur noch.

Rohleff klatschte mit der Hand auf den Tisch. »Noch so ein Ausbruch, und Sie gehen in Handschellen hier raus. Sie beantworten mir jetzt ein paar Fragen, Herr Rabe.« Er wartete ab, bis Fernando etwas ruhiger schien, und danach mußte er noch den Kellner besänftigen, der drohend an den Tisch getreten war. Er bestellte noch einmal Wasser.

»Sie hatten also ein Verhältnis mit Isabel Moravia und gleichzeitig mit Ramon Puntavista. Was hatten Sie sich dabei gedacht?«

Fernando sah auf seine Hände, er lächelte spöttisch. »Ich denke dabei nicht so viel wie Sie. Ramon und ich waren seit drei Jahren zusammen, und Ramon ging mir allmählich auf den Geist. Er wurde immer mehr zur Klette. Und außerdem legte er sich dauernd Krankheiten zu, bei denen ich ihn pflegen mußte. Eine Zeitlang macht man das Getue mit. Isabel war ganz anders. Wir hatten vor, zusammen was Größeres aufzuziehen.«

»Ich dachte«, fiel Rohleff rasch ein, »Isabel war nur eine drittklassige Tänzerin, jedenfalls habe ich mir das sagen lassen.«

»Du hast sie aus Eifersucht umgebracht«, Groß sprach schnell, gereizt, »du warst bei ihr nicht der einzige, du hättest sie nie festhalten können.«

»Dieses Schwein hier«, Fernando sprach die Decke an, »hat keine Ahnung. Isabel war wie ein Magnet, die brauchte nicht perfekt zu sein, was die hatte, kann man nicht lernen.«

Es kostete Rohleff einige Mühe, die beiden so weit in Schach zu halten, daß er aus Fernando die Einzelheiten jenes Donnerstags, die ihn betrafen, herausholen konnte. Isabel hatte nur wenig Haschisch genommen, er dagegen eine gehörige Dosis, das steigerte den sexuellen Rausch erheblich, daher fiel ihm erst hinterher auf, daß Isabel sich gelegentlich merkwürdig zusammengekrampft und gegen ihn gewehrt hatte, ihr Aufstöhnen hielt er lediglich für ein Zeichen der Ekstase.

Auf einmal war sie tot. Und es dauerte eine Zeitlang, das zu begreifen und ihren Tod im Zusammenhang mit dem Mann zu sehen, der das Haus verlassen hatte, als er gerade kam. Da er und Isabel ihre Verbindung geheimhielten, vor allem wegen Ramon, hatte er gewartet, bis der andere verschwunden war.

Rohleff hatte noch einmal einhaken müssen, um zu klären, warum Ramon so fest behauptete, daß Fernando das gemeinsame Zimmer gar nicht verlassen hätte. Groß legte demonstrativ eine Kassette auf den Tisch, mit Gitarrenmusik, wie er erklärte, und damit war schon alles klar. Das Band lief, als Ramon einduselte.

Alles, was auf den Tod folgte, war von Panik und einer mörderischen Wut diktiert. Er hatte die Schlüssel von Isabels Zimmer an sich genommen und fuhr zurück in sein Hotel, um nach Ramon zu sehen. Er rüttelte Ramon sogar wach, gab ihm zwei Schlaftabletten und ließ, während der Kranke wieder einschlief, das Band mit der Musik zum zweitenmal laufen. Dann fuhr er mit dem Auto zur Pension zurück, zog Isabel das Unterkleid an und trug sie ins Auto.

Mittlerweile war es dunkel draußen. Er wußte, daß Groß in Steinfurt wohnte, und ihn beherrschte der Gedanke, daß er dem Mörder das Opfer vor die Tür legen müsse. Eine zugegebenermaßen sehr unausgegorene Idee, da er nicht einmal die Adresse von Groß kannte, die mußte er sich erst noch besorgen. Es schien ihm ein guter Einfall, die Leiche zunächst im Bagnowald zu verstecken, zufällig stieß er auf den alten Eiskeller. Er war nicht abgeschlossen. Noch am Abend holte er Isabels Sachen aus dem Zimmer.

Sehr spät am nächsten Abend, als Ramon schlief, fuhr er nach Steinfurt zurück und fand die Leiche so steif vor, daß sie nicht mehr ins Auto paßte. Als er sie neben dem Wagen liegen sah, in der merkwürdigen Haltung, in der sie im Eiskeller auf dem Laubbett zufällig erstarrt war, da hatte er die Idee, sie dort zu lassen, aber sichtbarer und so, daß jeder, der sie sah, von ihrem Anblick betroffen sein mußte, von ihrer Schönheit, ihrer Besonderheit.

Außerdem nahm er an, daß sich Harry Groß mit dem Fall zu befassen hatte, und er hoffte, daß er sich bei der Ermittlung früher oder später selbst als Mörder entlarven würde.

Das Bolzenschußgerät hatte er aus Versehn aus Berlin mitgebracht, es diente dazu, die Latten für die Kulissen zusammenzunageln. Während er damit hantiert hatte, waren die Gelenke von Isabel wieder weicher geworden, er hatte dann noch etwas an ihr herumbiegen können.

Die Unverfrorenheit, mit der sich Groß am nächsten Tag im Theater blicken ließ, hatte ihn sehr überrascht, daß er aber über Isabel kein Wort fallenließ, bestätigte Fernandos Gewißheit über die Täterschaft. Auch daß sich Groß mit einem dieser Taschentücher durchs Gesicht fuhr, von denen eins zwischen Isabels Sachen gelegen hatte.

In der Nacht war er wieder nach Steinfurt gefahren und hatte im Bagno gesehen, daß die Leiche verschwunden war. Mittlerweile wußte er, wo Groß wohnte, er wollte ihn zum Reden zwingen. Nachdem er zwei Stunden gewartet hatte, hatte er die Stufen unter Wasser gesetzt als kleine Warnung. Wasser hatte er immer dabei, weil der Kühler des Autos ein bißchen leckte. Sonderlich logisch klang das alles nicht.

Auf der Rückfahrt war er am Burgsteinfurter Schloß vorbeigekommen und hatte, ohne lange zu überlegen, Isabels Koffer, mit einem losen Brocken aus dem Kopfsteinpflaster beschwert, in den Schloßteich geworfen, an einer Stelle nahe der Brücke, wo der Teich nicht ganz zugefroren war. Der Koffer war sofort untergegangen.

»Ich weiß, wie das bei euch läuft. Ihr haut mich in die Pfanne. Schade, daß er sich nicht den Hals gebrochen hat, der dicke Harry.«

Rohleff schenkte es sich, das Vorkommnis auf dem Bahnsteig zu klären, auch so konnte er sich den Vorfall zusammenreimen. Der Mitbewohner hatte dem Tänzer von dem Anruf erzählt, von der bevorstehenden Ankunft der Kommissare in Berlin, und Fernando war ihnen vom Bahnhof zur U-Bahn gefolgt.

Rohleff war direkt froh, als die Berliner Kollegen das Lokal betraten, dankte aber im stillen Franziska, die die beiden bis dahin aufgehalten hatte. Durch die Anwesenheit von Groß erwies sich das Verhör als eine schwierige Aufgabe, die ihn arg ermüdet hatte, auch wenn ihm das Gespräch zu ein paar neuen Erkenntnissen verholfen hatte. Trotz der betont nüchternen Ausdrucksweise hatte er die Verstrickung von Groß nur zu klar erkannt, die hoffnungslose und leidenschaftliche Verliebtheit und die Demütigung des Zurückgewiesenen.