Kapitel 18

 

Leah

 

Es ist schon nach Mitternacht, und ich kann immer noch nicht schlafen. Nikolais Haus fühlt sich ohne ihn ganz anders an. Die Wahrheit ist, dass sich in seiner Abwesenheit alles anders anfühlt: die Arbeit, sein Zuhause, Polson. Er versucht es zu verbergen, wenn wir telefonieren, aber ich weiß, dass er mit dem Tod seiner Mutter zu kämpfen hat. Ihre Beziehung war jahrelang angespannt, aber am Ende gab sie ihr Leben für ihren Sohn. Ich spüre, dass es Nikolai deshalb so schwerfällt, ihren Tod zu verarbeiten. Laut Nikolai verbrachte seine Mutter ihr Leben damit, sich selbst an die erste Stelle zu setzen. Sie hat nie etwas getan, wenn es nicht zu ihrem Vorteil war. Dass sie sich für ihren Sohn in die Schusslinie begab, war das höchste Opfer. Ich wünsche mir so sehr, dass er hier bei mir ist, damit ich mit ihm reden und ihm Trost spenden kann – die Art von Unterstützung, die er mir gegeben hat.

Mit einem schweren Seufzer nehme ich den Teekessel vom Herd, gieße die dampfende Flüssigkeit in meine Tasse und trage sie dann den Flur hinunter in Nikolais Arbeitszimmer, wo ich mich in den übergroßen Sessel vor dem Fenster setze. Im Sitzen nippe ich an meinem Tee und starre hinaus auf den Garten. Nikolai hat darauf bestanden, dass ich hierbleibe, während er weg ist. Wenn es ihn beruhigt, dass ich hier bin und Maxim auf mich aufpasst, werde ich ihm das nicht verwehren.

In der Hoffnung, mich von Nikolais Abwesenheit abzulenken, nehme ich das Buch, das ich gelesen habe, vom Tisch neben mir und mache dort weiter, wo ich am Abend zuvor aufgehört habe.

Zwanzig Minuten später, als ich feststelle, dass ich dieselbe Seite wieder und wieder gelesen habe, beschließe ich, das Lesen aufzugeben. Ich klappe das Buch zu, lasse es liegen, entscheide mich für eine andere Taktik und mache mich auf den Weg ins Wohnzimmer.

Ich lasse meine Fingerspitzen über die schwarz-weißen Tasten gleiten, schließe die Augen und versetze mich in Gedanken zurück zum letzten Mal, als ich gespielt habe. Ich lächle. Ich sitze auf der Bank vor dem Klavier, umhüllt von Dunkelheit und Mondlicht, das durch das große Fenster fällt, während die Gedanken an Nikolai mich verzehren, und mir fällt nur ein Lied ein: Ich spiele die Mitternachtssonate.

Ich bin so in die Musik vertieft, dass ich gar nicht merke, dass ich nicht mehr allein bin. Die Person hinter mir scheint schon mehrere Minuten dort zu stehen und mich zu beobachten. Erst als ich die letzte Note spiele, betört ein vertrauter Duft meine Sinne und gleichzeitig legt sich ein Arm um meine Taille. Als Nächstes werde ich in die Luft gehoben, während Nikolai die Bank zurückschiebt und mich zu sich heranzieht, dann drückt er seinen Mund auf meinen. Während er meinen Kopf zwischen seinen Handflächen hält, taucht er seine Zunge zwischen meine Lippen, kostet mich, vereinnahmt mich. Er schmeckt nach Rauch und Whiskey, ein Geschmack, nach dem ich mich so sehr gesehnt habe.

„Ich habe dich vermisst.“

„Scheiße, ich habe dich auch vermisst, Malyshka.“

„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nach Hause kommst?“

„Ich wollte nicht, dass du auf mich wartest. Maxim sagte mir, dass du müde und erschöpft aussiehst. Er hat berichtet, du hättest nicht gut geschlafen. Ich wollte, dass du dich ausruhst. Wenn du gewusst hättest, dass ich zurückkomme, hättest du auf mich gewartet. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nicht geschlafen hast?“

Ich schüttle den Kopf. „Es ist keine große Sache.“

Nikolai fährt mir mit der Hand durch die Haare. „Doch, ist es.“

Ich seufze. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“

„Mir geht es gut, Leah. Besonders jetzt.“

„Wirklich?“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Ja. Ich habe etwas Durchblick gewonnen, während ich weg war. Wenn die Kacke am Dampfen ist und das Böse, das auf dieser Erde wandelt, zu nahe kommt, wird einem klar, dass einem das Leben, das man hat, in einem Wimpernschlag genommen werden kann. Ich habe beschlossen, dass ich kein Leben voller Reue führen will, und ich will keinen weiteren Tag meines Daseins ohne dich verbringen. Deshalb bin ich zurückgekommen. Ich brauche dich, Leah, und ich bin bereit, unser gemeinsames Leben zu beginnen. Kein Warten mehr. Nicht mit dir zusammen zu sein, würde ich bis ans Ende meiner Tage bereuen und das will ich nicht.“

Mein Atem bleibt mir im Hals stecken. „Was sagst du da?“

Nikolai küsst mich sanft. „Ich sage, dass ich dich liebe, Malyshka, und ich will, dass du mir gehörst.“

„Ich liebe dich auch, Nikolai“, krächze ich, während mir die Tränen in die Augen steigen. „Und ich gehöre dir.“

Er schüttelt den Kopf. „Ich möchte, dass du ganz mir gehörst.“ Nikolai greift in seine Tasche und holt ein kleines schwarzes Kästchen heraus. Ich zucke zusammen, als er es öffnet und einen Ring mit Smaragdschliff, gelbem Saphir und Diamanten enthüllt.

Nikolai nimmt die Hand, die meinen Mund bedeckt, und steckt mir den Ring an den Finger, wobei er den Blick nicht von mir abwendet. „Leah Winters, willst du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“

Ich nicke energisch. „Ja. Ja, tausende Male, ja.“ Ich werfe meine Arme um seinen Hals und weine. „Das kann doch nicht wahr sein. Es fühlt sich an wie ein Traum.“

Nikolai küsst meinen Hals. „Es ist kein Traum, Malyshka.“

Ich seufze, als er in die Stelle unterhalb meines Ohrs beißt, und lege meinen Kopf in den Nacken, um ihm besseren Zugang zu gewähren. Er nutzt das aus, knabbert und leckt sich seinen Weg entlang meines Kiefers zu meinem Mund. Die Wärme von Nikolais Berührungen verursacht ein Kribbeln zwischen meinen Schenkeln, als er seine Hand unter mein Hemd schiebt und meine Brust berührt. „Bitte, Nikolai“, flehe ich, ohne zu wissen, worum ich bitte.

„Was brauchst du, Leah?“

„Dich. Ich will, dass du mich berührst.“

Prompt klappt er das Klavier zu und hebt mich mit meinem Hintern darauf. Mit einem Ruck zieht er mir das Hemd über den Kopf. Nikolai stellt sich zwischen meine gespreizten Beine und ohne Vorwarnung umschließt sein Mund eine meiner Brustwarzen. „Oh, Gott!“, rufe ich aus und klammere mich an den Rand des Klaviers. Als er die eine Brust loslässt, wendet er sich der anderen zu und schenkt ihr die gleiche Zuwendung. In mir zieht sich alles zusammen. Ich will seinen Mund weiter spüren und mir entweicht ein Wimmern.

„Leg dich für mich zurück, Leah. Ich werde dich jetzt kosten.“

Oh, lieber Gott.

Ich tue, was mir gesagt wird, und lasse mich auf die kalte Oberfläche des Klaviers zurücksinken. Ich hebe meine Hüften leicht an und Nikolai lässt sich Zeit, während er meine Schlafshorts langsam über meine Oberschenkel und meine Beine hinunterzieht. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich vor einem Mann völlig nackt. Einen kurzen Augenblick lang frage ich mich, ob Nikolai gefällt, was er sieht. Aber der Moment währt nicht lange.

„Es gibt nichts Schöneres als den Anblick, wie du nichts außer meinem Ring an deinem Finger trägst. Du bist ein wahrer Traum, Malyshka.“ Nikolais glühender Blick wandert über jeden entblößten Zentimeter meines Körpers. Seine Hände beginnen an meinen Knöcheln, wandern meine Waden hinauf und über meine üppigen Hüften. Nikolais Fingerspitzen hinterlassen eine prickelnde Spur auf meiner Haut, bevor sie zu meinem Bauch wandern. „Dein Körper“, sagt er, während seine großen, mit Tinte verzierten Hände über meinen Körper streichen, „ist für Lust und Vergnügen wie geschaffen.“

Meine Atemzüge kommen hektisch und das Ziehen zwischen meinen Schenkeln wird stärker.

„Bist du bereit für meinen Mund, Leah?“

„Ja. Vollkommen“, erwidere ich und kneife die Augen zusammen, meine Stimme klingt nicht wie meine eigene.

„Öffne deine Augen, Malyshka. Sieh zu, wie dein Mann seine erste Kostprobe nimmt.“

Nikolai lehnt sich auf der Bank zurück, während ich durch meine Wimpern auf ihn hinunterblicke, mein Körper zittert vor Verlangen und Vorfreude. Es hat etwas Verletzliches, nackt zu sein, während Nikolai vollständig bekleidet ist, aber gleichzeitig ist es wundervoll. Weil er mir das Gefühl gibt, schön zu sein. Mit seinen Worten, seinem Blick und seinen Berührungen.

Ohne mich eine weitere Sekunde warten zu lassen, ergreift Nikolai meine Knie, zieht mich an den Rand des Klaviers und bringt meine Mitte nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt in Position, sein Bart kitzelt die Innenseite meiner Oberschenkel, während er meine Beine über seine Schultern legt. Wir blicken uns in die Augen und ich wage es nicht, unsere Verbindung zu unterbrechen. Nikolai lehnt sich vor und streift mit seiner Zunge von oben nach unten durch mich hindurch. Ein leiser Seufzer kommt mir über die Lippen.

Bei seiner nächsten Liebkosung entweicht ihm ein wilder Laut. „Süßer, als ich es mir vorgestellt habe.“

„Nikolai“, keuche ich und versuche, nach etwas zu greifen, an dem ich mich festhalten kann. „Nimm mein Haar, Malyshka, und halte dich fest.“

Kaum sind die Worte über seine Lippen gekommen, ist sein Mund wieder auf mir, und ich habe keine andere Wahl, als zu tun, was er sagt. Ich wippe mit den Hüften und sehne mich nach der Erlösung, die mein Körper so dringend braucht. Mit seinen kräftigen Armen umfasst er meine Oberschenkel und hält mich an Ort und Stelle, während sein gieriger Mund mich völlig beansprucht. Bald durchströmen Nikolais Berührungen meinen ganzen Körper, und ich bin nicht mehr in der Lage, die intensive Lust, die mich durchflutet, zurückzuhalten.

„Lass los, Malyshka“, knurrt er, kurz bevor er meinen Kitzler einsaugt.

„Nikolai“, wimmere ich.

„Jetzt, Leah. Ich will, dass du an meinem Mund kommst. Gib es mir.“

Wie beim letzten Mal bringt mich sein Kommando um den Verstand. Ich löse den Griff um sein Haar, stütze meine Handflächen auf die glatte Oberfläche des Klaviers, wölbe meinen Rücken und schreie seinen Namen, als meine Erlösung über mich hereinbricht. „Nikolai!“

 

***

 

„Ich möchte, dass du die Mädchen heute anrufst, damit sie dir beim Planen helfen. Es gibt noch viel zu tun vor dem Wochenende“, sagt Nikolai.

Ich wende mich vom Herd ab, wo ich gerade Pfannkuchen zubereite, und sehe ihn an. Er sitzt an der Kücheninsel, ohne Hemd, die Haare noch feucht von der Dusche, und trinkt eine Tasse Kaffee. Ich betrachte seine breiten Schultern und seine mit Tinte bedeckten Arme. Der Mann ist ein Kunstwerk. Ich glaube nicht, dass ich mich jemals an seinem Anblick satt sehen kann. Wenn man Schönheit im Wörterbuch nachschlagen würde, sollte dort Nikolai stehen.

„Leah“, ruft Nikolai meinen Namen und reißt mich aus meinen lustvollen Gedanken. Ich eise meinen Blick von seiner Brust los. Er grinst wissend. Dann erinnere ich mich an seine Frage. „Was ist dieses Wochenende?“

Ohne mit der Wimper zu zucken, antwortet er: „Unsere Hochzeit.“

Der Pfannenwender in meiner Hand klappert auf den Boden, ich starre Nikolai an und versuche herauszufinden, ob ich ihn richtig verstanden habe. „Tut mir leid, ich hätte schwören können, dass du gesagt hast, wir würden dieses Wochenende heiraten.“

Endlich sieht er auf. „Du hast richtig gehört.“

„Nikolai!“

„Was?“

„Das ist in vier Tagen.“

„Ja, Malyshka, ich weiß.“

„Du willst in vier Tagen heiraten?“ Ich klinge plötzlich panisch und in diesem Moment legt Nikolai sein Telefon weg, kommt um die Insel herum und nimmt mich in die Arme.

„Leah, ich habe dir gestern Abend gesagt, dass ich nicht mehr warten will. Wenn es nach mir ginge, würden wir heute zum Standesamt gehen, aber weil du eine richtige Hochzeit verdienst, gebe ich dir bis Samstag Zeit.“

„Ich kann keine Hochzeit bis Samstag planen, Nikolai.“ Meine Stimme kommt in einer hohen Tonlage heraus und ich beginne zu glauben, dass mein zukünftiger Ehemann verrückt geworden ist.

Nikolai zieht mich an seine Brust. „Willst du meine Frau werden?“

„Ja. Mehr als alles andere.“

„Ich habe ernst gemeint, was ich gestern Abend gesagt habe. Ich habe das Warten satt, Leah. Ich weiß, es fühlt sich an, als würden wir uns mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, aber nicht für mich. Ich habe über ein Jahr auf dich gewartet, Malyshka.“

Ich suche seine Augen und was ich sehe, ist nichts als Liebe. Er hat recht. Unsere Beziehung hat innerhalb weniger Wochen Riesensprünge gemacht, aber das ist nur die Oberfläche. Wenn ich tiefer grabe, sehe ich, was er meint. Wir haben ein Jahr lang auf diesen Moment hingearbeitet. Ich bin diejenige, die jetzt aufholen muss.

„Du bist nicht der Einzige, der gewartet hat. Ich habe mein ganzes Leben auf dich gewartet, Nikolai Volkov.“

„Willst du damit sagen, dass du diese Reise mit mir antreten willst?“

Ich lächle. „Ja.“

„Vier Tage?“

Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Vier Tage.“

Nikolai küsst mich auf die Nasenspitze. „Und was ist jetzt mit dem Frühstück?“

Nach dem Essen rief ich Alba an und erzählte ihr von meiner und Nikolais Verlobung. Nachdem sie mir ins Ohr gejubelt hatte, teilte ich ihr mit, dass ich dieses Wochenende heiraten würde und Hilfe bräuchte. Sie merkte, dass ich am Ausflippen war. Nachdem sie mich beruhigt hatte, sagte sie, dass sie in einer Stunde mit Verstärkung vorbeikommen würde. Das tat sie dann auch.

Fünfundvierzig Minuten später steht sie mit der Frauenbrigade der Kings, Bella, Mila, Grace, Emerson und Sofia, vor der Tür. Demetris Freundin Glory ist die Erste, die das Wort ergreift, als ich die Tür öffne, um sie zu begrüßen. „Verdammt, diese Volkov-Männer fackeln nicht lange, oder? Wie der Vater, so der Sohn.“ Sie schlendert herein, sie trägt ein Paar Riemchenabsätze, einen schwarzen hüftbetonten Bleistiftrock und eine grüne Seidenbluse. Glory mag eine Lehrerin sein, aber sie kleidet sich nicht wie eine solche. Sie trägt sogar eine Armschlaufe mit Leopardenmuster, die sie wegen ihrer ausgekugelten Schulter tragen muss. Glory bleibt neben mir stehen und mustert mein Gesicht, dann schaut sie zu der Gruppe von Frauen, mit denen sie gekommen ist.

„Seht sie euch an. Sie hat sogar das Volkov-Glühen.“ Glory dreht sich wieder zu mir um und lächelt. „Ich musste mich aus dem Haus schleichen. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Ihr habt lange genug gebraucht.“

„Das musst ausgerechnet du sagen, Glory.“ Grace rollt mit den Augen und ruft ihre beste Freundin zur Ordnung.

„Wie auch immer“, winkt Glory ab.

In diesem Moment schlendert Nikolai aus der Küche herein, bleibt neben mir stehen und zieht mich an seine Seite. Er neigt seinen Kopf. „Meine Damen.“

„Hi, Nikolai“, antworten sie alle unisono.

Nikolai holt sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche, zieht eine Kreditkarte heraus und hält sie mir hin. „Viel Spaß mit den Ladies heute.“ Ich nehme die Karte entgegen.

„Wie hoch ist unser Budget?“, fragt Alba.

„Kein Budget. Was immer Leah will, soll sie haben“, antwortet Nikolai.

„Das lässt sich arrangieren“, grinst Bella.

  

Drei Stunden später stehe ich vor den Mädels und trage das sechste Kleid, das ich anprobiere. In Polson gibt es kein Brautmodengeschäft, also mussten wir zwei Städte weiter zu Caroline’s Bridal fahren. „Das ist es“, sage ich und streiche mit den Händen die Vorderseite des Kleides glatt, wobei ich meinen Blick nicht von meinem Abbild im bodenlangen Spiegel abwenden kann. Das elfenbeinfarbene Satinkleid schmiegt sich an meine Kurven. Ich drehe mich und betrachte die mit Stoff überzogenen Knöpfe entlang meiner Wirbelsäule. Ich streiche mit meiner Handfläche über die langen Ärmel, die sich babyweich anfühlen.

„Ich stimme zu“, sagt Alba und stellt sich neben mich.

„Es ist perfekt“, fügt Bella hinzu.

Mila, Grace, Emerson, Sofia und Glory nicken zustimmend mit dem Kopf. „Das Kleid ist wie für dich gemacht, Leah.“ Glory strahlt.

Die Besitzerin der Boutique kommt herüber. „Haben wir ein Urteil?“ Ich schaue zu ihr hinüber und lächle. „Ja. Das ist mein Kleid.“

„Wunderschön.“ Sie faltet ihre Hände zusammen. „Es sieht so aus, als bräuchte das Kleid nur ein paar kleine Änderungen. Zum Glück haben wir eine Schneiderin im Haus und sie kann Ihr Kleid bis morgen fertigstellen.“

„Perfekt. Ich danke Ihnen.“

 

Am Ende des Tages bin ich erschöpft. Zum Glück haben wir fast alles organisiert. Ich habe mein Kleid gefunden, Nikolai hat gesagt, er würde sich einen neuen Anzug besorgen. Bella kümmert sich um das Essen und den Alkohol, Mila hat sich freiwillig gemeldet, um die Blumen und die Dekoration zu übernehmen. Emerson hat mich vorhin informiert, dass Quinn darauf bestanden hat, die Zeremonie zu leiten, was mir sehr recht ist. Und Grace wird die Torte backen. Maxim und ich haben gerade ihre Bäckerei verlassen, in der sie sechs verschiedene Hochzeitstorten zum Probieren präsentiert hat. Am Ende des Geschmackstests entschied ich mich für eine Torte mit köstlicher Zitronenmousse, gepaart mit spritzigem Zitronenquark und einer Schicht aus frischen Brombeeren.

„Möchten Sie noch irgendwo anhalten, Miss Leah, bevor ich Sie nach Hause bringe?“, fragt Maxim und wirft einen Blick in den Rückspiegel.

Da mir einfällt, dass ich mich noch umziehen muss, nicke ich. „Ja, bitte. Können wir bei meiner Wohnung vorbeischauen?“

„Das wird nicht nötig sein. Nikolai hat dafür gesorgt, dass Ihre Sachen heute zu ihm gebracht werden.“

Plötzlich bin ich hellwach. „Was? Ich bin bei ihm eingezogen? Heute?“

„Ja. Es ist alles erledigt.“

„Dann können wir wohl nach Hause fahren.“

Maxim nickt mir zu.

„Oh, warte! Kannst du noch beim Laden halten? Ich habe vergessen, dass ich noch ein paar Sachen besorgen muss.“

Maxim bleibt immer dicht hinter mir, wie mein Schatten, während ich die Zutaten für die selbst gemachten Frühstücks-Waffeln einkaufe. Als Nächstes gehe ich in die Tiefkühlabteilung, um Eiscreme zu besorgen. Nach diesem mental anstrengenden Tag möchte ich einfach nur nach Hause und mich mit einem Becher Cookie-Eiscreme im Bett neben Nikolai einrollen.

„Das macht dreiundzwanzigachtundsiebzig“, teilt mir die Kassiererin mit, während ich etwas Bargeld aus meinem Portemonnaie krame. Aber bevor ich bezahlen kann, kommt mir Maxim zuvor.

„Was machst du da? Du brauchst nicht für meine Sachen zu bezahlen, Maxim. Ich habe das Geld.“

Maxim schüttelt den Kopf. „Anweisung vom Chef.“

Das Mädchen hinter der Kasse kaut ihren Kaugummi. „Schatz, wenn ein Mann zahlen will, lässt man ihn zahlen.“

Da ich nicht in der Stimmung bin, mich zu streiten, halte ich den Mund und seufze.

 

Später am Abend liege ich im Bett neben Nikolai und esse Eis, während er auf seinem Laptop tippt. „Hast du heute wirklich meinen Umzug organisiert, während ich weg war?“

„Ja“, antwortet er, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.

„Und hast du Maxim gesagt, dass ich nicht für meine Sachen bezahlen darf?“

Bei meiner zweiten Frage reißt Nikolai seinen Blick von seiner Arbeit los und richtet ihn auf mich. „Du gehörst zu mir. Ich kümmere mich um das, was mir gehört. Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass du alles hast, was du willst und brauchst.“

„Okay, aber ich kann mir trotzdem mein Eis kaufen.“

„Dieses Thema ist nicht verhandelbar, Malyshka. Ein Teil der Beziehung zu mir besteht darin, das zu akzeptieren.“

„Was kommt als Nächstes? Willst du mir sagen, dass ich auch aufhören muss zu arbeiten?“ Genervt von dem Gespräch vergeht mir der Appetit und ich lege mein Eis beiseite.

„Leah.“ Nikolais Gesicht wird weich. „Ich würde dich nie bitten, deinen Job zu kündigen, es sei denn, du willst es.“

„Gut“, gebe ich zurück. „Denn ich mag meinen Job.“

„Ich mag es auch, dass du für mich arbeitest.“

„Nun, wenn du mich nicht zu unseren Finanzen beitragen lässt, was kann ich dann tun?“

Nikolai wirft seinen Laptop zur Seite, fasst mich um die Taille und zieht mich zu sich heran. „Du bist verdammt süß, wenn du schmollst.“

Ich verschränke meine Arme vor der Brust und recke mein Kinn vor. „Ich schmolle nicht“, lüge ich.

„Malyshka.“ Nikolai küsst meine Halsbeuge. „Sei nicht böse.“ Er knabbert an meinem Ohrläppchen, und ich beginne, dahinzuschmelzen. Verflucht sei er.

Ich greife nach oben und fahre mit meinen Fingern durch sein Haar, während er mich weiter mit seinen Lippen verwöhnt. „Ich weiß, was du tust.“

„Ja. Und was ist das?“

„Du lenkst mich ab, damit ich mich nicht mit dir streite.“ Ich spüre sein Lächeln auf meiner Haut. „Du willst, dass ich aufhöre?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

Ich fühle, wie Nikolai sein Lachen unterdrückt, denn sein Körper zittert leicht. „Wie ich schon sagte, süß.“

Ich rolle mit den Augen, auch wenn er sie nicht sehen kann. Es ist unmöglich, auf diesen Mann wütend zu sein, vor allem, wenn seine Hände auf mir liegen, von denen eine gerade unter mein Hemd gleitet und mit dem Daumen über meine Brustwarze streicht.

Ein plötzlicher Anflug von Mut überkommt mich und ich frage: „Nikolai?“

„Hmm“, brummt er, das Gesicht immer noch in meinem Nacken vergraben.

„Wirst du … wirst du mir beibringen, wie ich meinen Mund bei dir einsetzen kann?“

Nikolai erstarrt hinter mir und mein Atem bleibt mir im Hals stecken.

„Fragst du, weil du es willst, oder weil du denkst, dass ich es will?“

Ich drehe mich in seinem Arm, setze mich auf die Knie und sehe ihn an. „Beides.“

„Bist du sicher, dass du bereit bist, Malyshka?“

„Ja … ja. Es sei denn, du willst nicht, dass ich …“

„Doch, verdammt, ich will es“, unterbricht er mich.

„Okay. Also, Tipps. Hast du welche für mich?“

„Tu, was sich natürlich anfühlt. Pass nur mit deinen Zähnen auf.“

Ich schaue auf die Beule, die sich unter Nikolais Boxershorts abzeichnet, und lecke mir über die Lippen. Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, dass ich es versuchen will. Ich denke schon länger darüber nach, Nikolai mit meinem Mund zu verwöhnen, als ich zugeben möchte. Ich möchte ihm die Art von Vergnügen bereiten, die er mir geschenkt hat.

Ich krabbele zwischen seine Beine, greife nach dem Bund seiner Boxershorts und ziehe sie herunter, bis seine Erektion freisteht. Irgendwie wusste ich, dass Nikolais Schwanz genauso schön sein würde wie er selbst. Er ist lang und dick und ich kann es kaum erwarten, mit meiner Zunge über die kleinen Adern zu streichen, die in dem ordentlich getrimmten Haarkranz am Schaft verschwinden.

„Zieh dein Hemd für mich aus, Leah. Ich will deine Brüste sehen, während mein Schwanz in deinem Mund ist.“

Ich gebe Nikolai, was er will, ziehe mir das Hemd über den Kopf und werfe es auf den Boden. Dann zögere ich nicht länger und nehme seinen Schwanz in die Hand. Ich bewege sie auf und ab und genieße das Gefühl der samtig glatten Haut. Und als aus der Spitze ein Tropfen Sperma austritt, beuge ich mich vor und fahre mit der Zunge darüber, um eine erste Kostprobe zu nehmen.

„Fuck“, zischt Nikolai und legt seinen Kopf zurück ans Kopfteil des Bettes, die Augen fest geschlossen. Ich lächle und genieße den Effekt, den ich auf ihn habe. Ich schließe meine Lippen um sein Glied und nehme so viel wie möglich davon in meinen Mund. Es dauert nicht lange, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe und meinen Mund und meine Hand gleichzeitig benutze. An den Lauten, die Nikolai von sich gibt, merke ich, dass er es besonders mag, wenn ich mich seiner Spitze widme.

„Fuck, fuck, fuck“, flucht Nikolai, gefolgt von einer Reihe russischer Wörter, die ich nicht verstehe, die aber sexy klingen. Ich liebe seinen Akzent. Er ist so ausgeprägt und knurrig.

„Leah, ich komme. Wenn du mich nicht im Mund haben willst, zieh dich zurück“, warnt er.

Ich brumme und mache weiter, lasse ihn wissen, dass ich alles von ihm will. Nachdem ich grünes Licht gegeben habe, sieht Nikolai mir in die Augen, während er mit einer Hand in mein Haar greift. Sekunden später krampft sich sein Kiefer zusammen, seine Bauchmuskeln spannen sich an und seine Pupillen weiten sich. Ich weiß, dass er gleich kommen wird. Ich spüre, wie die Spitze seines Schwanzes zwischen meinen Lippen anschwillt, bevor Nikolai knurrt und meinen Mund mit seiner Erlösung füllt. Als ich sicher bin, dass ich alles gekostet habe, was er zu geben hat, lasse ich seinen Schwanz aus meinem Mund frei und setze mich wieder auf meine Knie. Ich betrachte Nikolais entspannte Haltung, bin zufrieden mit meiner Leistung und lächle. „War ich gut?“ Ich beiße mir auf die Unterlippe.

„Komm her, Leah.“ Nikolai hakt seine Hände unter meine Arme und manövriert mich schnell auf den Rücken. Er schwebt über mir.

Ich schreie auf. „Was machst du da?“

„Du bist dran, Malyshka.“

 

***

 

„Ich hab sie!“, jubelt Alba und hält eine kleine weiße Plastiktüte in die Höhe, als sie mit ihrer Tochter auf der Hüfte ins Zimmer stürmt. Vorhin, als Bella mit dem Schminken fertig war, habe ich gesagt, dass ich mir Kontaktlinsen wünsche. Normalerweise stört mich meine Brille nicht, aber als ich mich im Spiegel sah, wurde mir klar, dass es eine Schande wäre, den perfekten Smokey Eye-Look, den Bella mir verpasst hatte, hinter einer Brille zu verstecken.

„Oh, mein Gott. Du bist die Beste! Wie hast du das geschafft? Die Arztpraxis ist samstags geschlossen.“

„Ich habe Emerson angerufen“, erklärt sie und ich notiere mir in Gedanken, dass ich ihr später danken muss.

Nachdem ich meine Kontaktlinsen eingesetzt habe, verbringt Bella weitere dreißig Minuten damit, mein Haar zu frisieren und rote Rosen in meine Locken zu stecken.

Die Rosen in meinem Haar passen zu dem Strauß, den ich tragen werde, und auch zur Außendekoration. Nikolai und ich haben beschlossen, die Zeremonie einfach zu halten, indem wir sie in unserem Haus abhalten und nur die Familie einladen. Ich habe vorhin einen Blick in den Garten geworfen und war erstaunt, was die Mädchen in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben.

Der Pavillon am Rande des Sees, in dem Nikolai und ich unser Gelübde ablegen werden, ist mit weißen Rosen geschmückt. In der Nähe des Haupthauses, auf der hinteren Veranda, werden wir das Essen für die After-Party servieren. Alba hat gesagt, dass Logan und Gabriel für diesen Bereich zuständig sind. Das dachte ich mir schon, als ein Freund des Clubs und örtlicher Barbesitzer, Charley, mit einem Lieferwagen vorfuhr. Dann sah ich zu, wie er und ein paar andere Jungs ein paar Fässer Bier ausluden. Es sieht so aus, als würden wir heute Abend im King-Stil feiern.

„Bist du bereit, dich umzuziehen?“, fragt Alba und reißt mich aus meinen Gedanken.

Ich lächle und schaue ihr in die Augen, als sie hinter mich vor den Spiegel tritt. „Ja.“

Alba geht hinüber zu meinem Kleid, das an einem Haken neben dem Kleiderschrank hängt. Alba wird heute meine Trauzeugin sein. Das Kleid, das ich für sie ausgesucht habe, ist ein champagnergoldenes, ärmelloses, knielanges Kleid. Es passt perfekt zu ihrem goldblonden Haar.

Bella steht auf und wendet sich zum Gehen. „Ich werde mich vergewissern, dass alles bereit ist. Bist du immer noch einverstanden, in dreißig Minuten anzufangen, oder brauchst du mehr Zeit?“

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Ich werde bereit sein.“

Sobald Bella gegangen ist, hilft mir Alba mit meinem Kleid, indem sie die Knöpfe am Rücken schließt. „Du wirst heiraten“, sagt sie in einem wehmütigen Ton.

„Kannst du das glauben? Ich, Leah Winters, werde Nikolai Volkov heiraten.“

Alba hält inne und unsere Blicke treffen sich noch einmal im Spiegel. „Ich kann es absolut glauben. Willst du wissen, warum?“

Ich sage nichts, aber sie fährt trotzdem fort.

„Weil du einer der nettesten und schönsten Menschen bist, die ich kenne. Wenn jemand eine Märchenhochzeit und ein glückliches Leben verdient, dann du, Leah. Also, ja, ich kann es glauben.“

Ich drehe mich zu Alba um und ziehe sie in eine Umarmung. „Ich danke dir. Ich wäre nicht hier, wenn es dich und Sam nicht gäbe.“

„Ich wusste, dass meine Ohren aus einem bestimmten Grund glühen.“

Ich löse mich von Alba und sehe Sam mit einem breiten Grinsen in der Tür stehen. Ich betrachte seine dunkle Jeans, sein schwarzes Button-Down-Hemd und darüber seine MC-Kutte. Als er mich entdeckt, kommt er weiter herein und bleibt stehen. „Du siehst umwerfend aus, Darling.“

Ich strahle zu ihm hoch. „Danke, Sam.“

„Alba hat recht. Du verdienst es, glücklich bis ans Ende deiner Tage zu sein, Süße.“ Er küsst mich auf den Scheitel. „Wir sehen uns dann draußen.“

Zwanzig Minuten später ist Alba gerade dabei, Bella anzurufen und ihr zu sagen, dass ich bereit bin, als es an der Tür klopft und Demetri den Raum betritt. Er trägt einen eng sitzenden Anzug, wie er es gewohnt ist, doch heute in schwarz-weiß, dem Anlass entsprechend. „Störe ich?“

„Ganz und gar nicht“, lächle ich.

Demetri tritt auf mich zu und küsst mich auf die Stirn. „Tih kra-sah-vee-tsa. Du bist wunderschön. Mein Sohn ist ein Glückspilz.“

„Ich danke dir, Demetri.“

„Ich bin hier, um zu fragen, ob ich die Ehre haben darf, dich zum Altar zu führen. Es würde mir große Freude bereiten, dich in deine Zukunft mit meinem Sohn zu begleiten.“

Ich stoße ein stummes Seufzen aus. Es ist kein Geheimnis, dass ich keine Familie habe, mit der ich meinen Tag teilen kann, aber wenn ich im letzten Jahr und vor allem in den letzten vier Tagen etwas gelernt habe, dann, dass Familie nicht immer nur mit Blutsverwandtschaft zu tun hat. Die Volkovs und die Kings sind meine Familie.

„Danke, Demetri. Ich würde mich freuen, wenn du mich zum Traualtar führen würdest“, sage ich mit zitternder Stimme und blinzle die Tränen weg, die zu fließen drohen, während ich auf den Boden schaue.

Demetri legt seinen Finger unter mein Kinn und neigt meinen Kopf nach hinten. „Heute bekomme ich eine Tochter. Und du nicht nur einen Ehemann, sondern auch einen Vater. Nichts würde mich stolzer machen.“