22. Kapitel

«Adam.»

Danowski sah von seinen Papieren auf. Dazwischen sein verdammtes Glückstagebuch. Er schob es unter einen wissenschaftlichen Artikel zum Thema Mobbing bei Jugendlichen.

«Musst dich nicht schämen wegen deiner Handschrift», sagte Gaitner, dem natürlich gar nichts entging. Er nickte Richtung Glückstagebuch. «Hat’s doch was genützt, dass ich bei der kleinen Analyse-Show gesagt hab, du machst zu wenig Notizen.»

Danowski nickte unverbindlich. Gaitner zog die Tür hinter sich zu und setzte sich auf den Besucherstuhl. Nach einem verschwörerischen Blick zur Tür sagte er: «Adam. Magst mir Karten besorgen für die Elbphilharmonie?»

Danowski lehnte sich zurück und wunderte sich über seine Ohren. «Karten besorgen? Bitte was?»

Gaitner hob ebenso verstehend wie abwehrend die Hände und lächelte fein, nach dem Motto: Ich versteh, wie das hier läuft. Aber wir können offen reden. «Ich weiß, das ist mordsmäßig schwierig, alles ausverkauft bis nächstes Jahr. Aber Adam. Ich seh doch, dass du ein Feingeist bist. Du hast doch deine Quellen.»

Danowski sagte: «Elbphilharmonie?» Wenn er sich nicht täuschte, war dies überhaupt das erste Mal, dass er die Silben im Gespräch in dieser Reihenfolge verwendete. «Du meinst, für die Plaza? Also, diesen Austritt da?»

Gaitner lachte. «Ich mag deinen Humor, Adam. Schmarrn, die Karten bekomm ich auch allein. Großer Saal.»

«Seh ich aus wie ein …»

«Ist mir ganz egal, ob das jetzt mehr in Richtung Bruckner geht oder was ganz Modernes», sagte Gaitner. «Ich nehm alles. Also, nicht am Wochenende wär natürlich ideal. Da mag ich heim.»

«Nicht am Wochenende», sagte Danowski und zog sein Tagebuch wieder vor, um das Anfertigen von Bestellungsnotizen zu simulieren. Er klemmte die Zungenspitze zwischen die Zähne und murmelte beim Schreiben: «Nicht. Am. Wochenende.»

«Möglichst nicht hinterm Orchester», sagte Gaitner.

«Man hört überall gleich gut», sagte Danowski mit neugewonnener Autorität. War das nicht der Plan gewesen? Für die knappe Milliarde? Überall gut hören. Für ihn fingen die Probleme da schon an. Er hätte die Milliarde lieber ausgegeben für irgendwas, wo man überall nichts hörte.

«Meinst?»

«Kenner studieren gern das Mienenspiel des Dirigenten», behauptete Danowski.

«Na, mach mal, wie du denkst.»

«Wird natürlich nicht ganz einfach.»

«Ahrens sagt, wenn du dich darum kümmerst, läuft das.» Ah. Daher kam das also. Danowski nickte und tippte mit der Kulirückseite auf die Punkte, die er notiert hatte. «Ach so. Wie viele Karten denn?»

Gaitners Gesicht hellte sich noch weiter auf. «Magst mitkommen, Adam? Na, dann also zwei.»

Danowski nickte, als wäre das eh klar gewesen. Gaitner klopfte ihm auf die Schreibtischplatte wie im Wirtshaus. Als er weg war, studierte Danowski sein verschandeltes Glückstagebuch.

Nicht am Wochenende

Bruckner oder was Modernes

Zwei Karten

Er hatte das Gefühl, das Ding war damit endgültig hin.