45 GIUSEPPE VERDI (1813–1901)

Er war der bedeutendste Opernkomponist Italiens und – wenn es das gab – ein Antipode zu Richard Wagner. Doch anders als jener war er kein egomanischer Selbstverwirklicher, sondern auch engagierter Patriot, Gründer eines Altersheims für ehemalige Musiker, zudem Landwirt und Rinderzüchter. Und seine Musik erweckte nicht so sehr Erlösungswünsche im Auditorium, sondern weltliche Emotionen wie Liebe, Trauer, Stolz, Herzensgüte und Leidenschaft.

In Roncole bei Buseto geboren – sein Vater war Wirt und Weinhändler –, wuchs er im Dunstkreis der Kirche auf, erhielt den ersten Musikunterricht von einem Priester, verrichtete als Neunjähriger bereits den Orgeldienst, kam dann über Mailand zurück nach Buseto, wo er 1836 eine Stelle als »Maestro di musica« erhielt. 1839 ging er wieder nach Mailand, konnte dort erste Opern aufführen, bis er 1842 mit »Nabucco« den Durchbruch erzielte. In den nächsten zehn Jahren entstand ein großer Teil seiner Opern, er bereiste die wichtigsten Opernhäuser Italiens, kam 1847 nach London, dann nach Paris. 1851 bezog er den Landsitz seiner Vorfahren in der Nähe von Buseto. 1854 kam er nochmals für längere Zeit nach Paris, kehrte aber stets von seinen Reisen in sein ländliches Heim Sant’ Agata zurück.

Seine Anteilnahme am politischen Geschehen, vor allem an den Bestrebungen zur Einigung Italiens, dem Risorgimento, verhalf ihm zu großer Popularität. Man buchstabierte seinen Namen in Anspielung auf und als Unterstützung für Viktor Emanuel II.: V(ittorio) E(manuele) R(e) D’I(talia). 1861 bewog ihn sein Freund, der Ministerpräsident Cavour, als Abgeordneter ins Parlament zu gehen, was er für vier Jahre tat. In diese Zeit fielen auch Reisen nach St. Petersburg, Paris, London und Madrid. 1871 erlebte ein internationales, aufsehenerregendes Auftragswerk seine Aufführung in Kairo: »Aida« – eigentlich zur Einweihung des Suezkanals 1869 gedacht.

Erst in späteren Jahren wandte er sich auch anderen Gattungen als der Opernmusik zu und schuf 1873 ein Streichquartett, 1874 sein berühmtes Requiem, das dem Andenken des Dichters Alessandro Manzoni gewidmet war. Zu einer neuen intensiven Tonsprache fand Verdi in seinen späten Werken: 1887 »Otello« und 1893 »Falstaff«. 1898 fasste er in »Quattro pezzi sacri« geistliche Vokalwerke zusammen, die teils schon in den Jahren zuvor entstanden waren: Te Deum, Stabat Mater, Laudi alla Vergine Maria, Ave Maria. 1888 hatte er begonnen, sich sozialen Einrichtungen zu widmen: ein Krankenhaus in Villanova und ein Heim für alte Musiker in Mailand. Dort, am Aufführungsort vieler seiner Schöpfungen, starb er auch.

Es gibt wohl nur wenige andere Komponisten, aus deren Opernschaffen noch so viele Werke auf den Bühnen lebendig sind, darunter einige notorische Lieblingsopern der Musikfreunde. In Auswahl: Nabucco – Ernani – Macbeth – Rigoletto – Il Trovatore – La Traviata – Simon Boccanegra – Un ballo in maschera – La forza del destino – Don Carlos – Aida – Otello – Falstaff. Die Oper »Nabucco«, eine Oper mit großen Chorpartien, wurde zum musikalischen Symbol der nationalen Einigung Italiens.

Meilensteine: die populäre Trilogie (Rigoletto/Troubadour/Traviata) – Aida – Nabucco – Requiem

Ohrwürmer: Gefangenenchor aus Nabucco – Triumphmarsch aus Aida

Legende: Dem Requiem geschieht natürlich Unrecht, wenn es nach einem alten Bonmot als Verdis beste Oper bezeichnet wird.