53 ALEXANDER BORODIN (1833–1887)

Dem Arzt und Chemieprofessor blieb zum Komponieren nur die Freizeit. Sein schmales Werk hat jedoch Gewicht in der Geschichte der russischen Musik – und bis heute Folgen für eine profiliert russische Tonsprache.

Der außereheliche Sohn eines Fürsten wurde in St. Petersburg geboren, bekam früh Klavierunterricht und hatte bald erste musikalische Auftritte. Eine Konzertreise führte ihn mit 20 Jahren durch deutsche Städte, wo er Schumann kennenlernte, der ihn in einem Aufsatz als kommendes Talent begrüßte. Doch er studierte Medizin, promovierte 1858, bereiste Deutschland, die Schweiz und Italien, wurde Militärarzt und 1864 Professor für organische Chemie. In einem als »mächtiges Häufchen« bezeichneten Freundeskreis traf er sich mit anderen Musikern, die sich um eine erneuerte und spezifisch russische Musik bemühten (Balakirew, Cui, Mussorgskij, Rimskij-Korsakow). Unter diesen Kollegen galt er allerdings als formal eher konservativ, weil er Programmmusik ablehnte und Kammermusik und Sinfonien schrieb. 1869 wurde seine erste Sinfonie aufgeführt. Im gleichen Jahr begann er mit der Oper »Fürst Igor«. Diese Arbeit beschäftigte ihn für den Rest seines Lebens und wurde erst posthum von Rimskij-Korsakow und Glasunow vollendet. Aus dem musikalischen Material schuf er aber seine 1876 aufgeführte zweite Sinfonie. In dieser Zeit entstanden auch zwei Streichquartette. 1877 unternahm er nochmals eine Deutschlandreise, auf der er Liszt traf. Erst jetzt wurden seine Werke auch im Ausland aufgeführt. Er starb in St. Petersburg.

Sein Hauptwerk – wenn auch nicht von ihm selbst vollendet – ist die Oper »Fürst Igor«. Für diese Oper waren die berühmten »Polowetzer Tänze« ursprünglich als Ballettmusik vorgesehen. Von seinen Sinfonien – eine dritte fragmentarische beendete Glasunow – ist manchmal die zweite zu hören. Gelegentlich auch seine Kammermusik. Als Orchesterwerk wird »Eine Steppenskizze aus Mittelasien« – in Deutschland hätte man sie »Sinfonische Dichtung« genannt – gern gespielt. Sie lässt neben russischen auch orientalische Klänge hören.

Meilensteine: Fürst Igor – Polowetzer Tänze

Legende: Borodin war nicht nur ein ernsthafter Musiker, sondern auch ein anerkannter Naturwissenschaftler, dessen Forschungen durchaus erfolgreich und anerkannt publiziert wurden. Über seine musikalische Ambition äußerte er sich – vielleicht auch kokett untertreibend –, sie wäre ein »Zeitvertreib zur Erholung von ernsthafteren Beschäftigungen«.