11. KAPITEL

Gemeinheit in Ketten

Langsam beruhigte sich die Lage wieder. Die Königliche Ogergarde fuhr mit Pferd und Grüner Minna vor, um den Wolf festzunehmen. Ausnahmsweise einmal fand ich die brutalen Umgangsformen der Ungeheuer irgendwie unterhaltsam, als sie dem Verbrecher Handschellen anlegten, ihn aus dem Laden schleiften und ihn wie einen Sack verfaulter Rüben in den Wagen schmissen. Die Zuschauermenge jubelte und schrie dem Wolf die ganze Zeit Beleidigungen zu.

George war nun total professionell drauf und bellte die ganze Zeit Befehle in sein Telefon. In Minutenschnelle fanden sich einige seiner besten Leute vor der Bäckerei ein, zusammen mit dem getreuen Ross des Edelritters. Seine Rüstung hing in ihren Einzelteilen seitlich am Sattel herab.

George schwang sich auf sein Pferd und ritt zurück zu der Stelle, wo Kevin, Joe und ich am Straßenrand standen.

Er versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht so ganz. Sein Pferd scharrte mit den Hufen und war sichtlich startbereit. George blickte in die Ferne.

»Ich werde eure Lehrerin befreien. Euch würde ich gern raten, euch aus allem rauszuhalten, aber ich kenne euch ja. Also versprecht mir einfach, vorsichtig zu sein. Das hier ist offenbar noch nicht zu Ende.«

Joe schniefte laut und zog seine Hose ein Stück hoch.

»Wenn hier noch mehr Wölfe antanzen, müssen sie es erst mal mit dem, äh, Joekernator aufnehmen.« Er sah ein bisschen betreten aus, als ihm aufging, dass der Witz ein wenig hinkte.

Ich versuchte, ihm zu helfen. »Dem JoeboCop?«

Joe schniefte wieder und wandte sich verlegen ab. »Ja, das ginge.« Der Edelritter beugte sich zu uns herunter. »Hört mal zu. Ich ernenne euch allesamt bis zu meiner Rückkehr zu Hilfsrittern. Und ich möchte, dass ihr in höchster Alarmbereitschaft seid!«

Er richtete sich auf, rief seinen Leuten etwas zu und dann galoppierten sie in einer Staubwolke davon.

Während Kevin ein quäkiges Wimmern ausstieß, fuchtelte Joe mit den Fäusten herum und machte auf seinem unverletzten Fuß einen ungeschickten kleinen Freudensprung.

»Das ist ja so was von knorke! So was hab ich noch nie erlebt!« Ich wusste nicht so recht, wann das Wort »knorke« wieder in Mode gekommen war, aber ich wusste, dass das hier für Joe ein großer Augenblick war, deshalb ignorierte ich es einfach.

Goldie fuhr in ihrem ramponierten Fressmobil vor und sagte, wir sollten uns reinstapeln, sie werde uns alle nach Hause fahren. Joe entgegnete jedoch, er habe schon eine Mitfahrgelegenheit, und humpelte hinüber zur Grünen Minna. Als sie in Richtung Burg davonratterte, sprang Joe hinten auf die Stoßstange.

Als Goldie vor der Villa Kleinschwein vorfuhr, standen dort noch immer die Karussells und Buden vom Fest und sahen in der Dunkelheit ziemlich gespenstisch aus. Kevin murmelte, die Freiwilligen aus der Oberstufe würden erst am nächsten Wochenende alles abbauen.

»Aber komm mir nicht an, eine der Spielbuden ausprobieren zu wollen oder Sierra zu einer Runde Riesenrad einzuladen oder so. Meine Eltern lassen nicht mal mich da ran.« Kevin mühte sich aus dem Golfwagen wie ein alter Mann und sah traurig und fertig aus. »Bis morgen dann, Leute.«

Als Goldie die Auffahrt hinunterfuhr, spürte ich, dass sie mich ansah. Angestrengt versuchte ich, nicht darauf zu achten.

Ich ließ mich tiefer in meinen Sitz sinken. »Goldie, ich bin nicht in Stimmung.«