Mit einem mulmigen Gefühl folgte sie dem Mann, der sich ihr als Paolo vorgestellt hatte. Sie hatte nicht mit ihm gehen wollen, aber um das zu vermeiden, hätte sie ihn niederschlagen oder töten müssen. Und das war nicht klug, wenn sie weiter unter dem Schutz der Vargas stehen wollte.
Als sie am Morgen aufgewacht war, war Madox verschwunden gewesen. Er hatte keine Nachricht hinterlassen, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo er war oder wann er zurück sein würde. Und dann hatte es geklopft, und sie hatte in Boxershorts und langärmeligem Shirt die Tür öffnen müssen. Es hatte selten einen Moment gegeben, in dem sie sich mehr erniedrigt gefühlt hatte, als in diesem. Und sie befürchtete, dass es noch schlimmer werden würde. Schließlich brachte einer der soldati sie zu Antonio. Dem anderen Mann, der Anspruch auf den Posten des capo der Vargas erhob.
Sie hatte keine Ahnung, wie die Dinge in diesem Haus liefen. Aber sie wusste, wie sie selbst mit einer solchen Situation umgehen würde: Sie würde ihren Konkurrenten aus dem Weg räumen. Vor den Augen der famiglia. Damit jeder sah, dass sie die Stärkere war.
Sie fragte sich nur, warum Madox das noch nicht getan hatte.
Hatte er zu wenige Anhänger? Oder war dieser Antonio etwa stärker als Madox? Bei diesem Gedanken hätte sie beinahe gelacht. Madox war ein ausgezeichneter Kämpfer und ein noch besserer Killer.
Sie würde umsichtig handeln müssen, damit sie nicht ungewollt zwischen die Fronten geriet. Man hatte sie schließlich lange genug als Spielball benutzt, länger, als sie jemals vermutet hätte. Aber damit war jetzt endgültig Schluss.
»Wir sind da.« Paolo klopfte an eine Tür und warf ihr dabei über die Schulter einen Blick zu. Der Ausdruck darin war eindeutig. Er konnte sie nicht ausstehen.
Saphira hob das Kinn und warf ihm einen Blick zu, der Männer in die Knie zwang. Und auch bei Paolo wirkte er. Er schien um ein paar Zentimeter zu schrumpfen und wandte den Blick ab. In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und ein gut aussehender Mann lächelte sie an. Dunkelbraune Augen, welche die Farbe seines Haares widerspiegelten, blickten sie scheinbar freundlich an. Er war weder besonders groß noch besonders durchtrainiert. Ein eher durchschnittlicher Mann, dem Saphira auf der Straße vermutlich keinen zweiten Blick gegönnt hätte. Außerdem konnte sie nach den ersten Schritten, die er auf sie zu machte, bereits erkennen, dass er nicht ausbalanciert war. Für sie, die ihn als potenziellen Gegner betrachtete, war das eine wichtige Information, da das ein möglicher Schwachpunkt war. Er trug einen teuren Anzug, die Schuhe waren frisch poliert.
Saphira ließ sich von dem sauberen und freundlichen Auftreten nicht täuschen. Dieser Mann spielte ein doppeltes Spiel. Das war eindeutig. Sie hatte genau diesen Gesichtsausdruck schon auf so vielen Gesichtern gesehen, die ihr einen Deal angeboten hatten, der viel zu gut gewesen war, um wahr zu sein. Und immer waren diese Deals falsch gewesen.
Sie fragte sich, warum er noch lebte, wenn seine Verschlagenheit so eindeutig war. Oder konnte er das normalerweise besser verbergen?
»Saphira De Angelis. Ich bin Antonio Scuderi.«
»Das dachte ich mir.«
Er lachte leise und schickte Paolo mit einer Handbewegung weg, öffnete die Tür ganz für sie und bat sie, einzutreten. So würdevoll, wie es in ihrem Outfit eben ging, betrat Saphira das Büro. Sie bemerkte auf Anhieb, dass es früher Giuseppes Büro gewesen war. Alles sah noch genauso aus wie beim letzten Mal, als sie hier gewesen war. Lediglich Giuseppes schreckliches Selbstporträt, das hinter dem Schreibtisch an der Wand gehangen hatte, war verschwunden.
»Bitte, nimm doch Platz.«
Saphira vermied es, die Stirn zu runzeln, als sie die vertraute Ansprache bemerkte. Sie setzte sich auf einen der Besucherstühle und beobachtete Antonio dabei, wie er hinter dem Schreibtisch Platz nahm.
»Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
Antonios Lächeln verrutschte etwas, als er ihren abweisenden Ton bemerkte, aber es verschwand nicht völlig. »Ich wollte dich noch persönlich in meinem Haus willkommen heißen. Bisher hat Madox dich ja ziemlich erfolgreich vor mir versteckt.«
»Dein Haus?«, fragte Saphira und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie fühlte sich unwohl, da sie unter Madox’ T-Shirt keinen BH trug. Schließlich war auch der dreckig und teilweise voller Blut gewesen, und sie hatte ihn nach dem Duschen nicht wieder angezogen.
Antonio lehnte sich zurück. »Natürlich unser Haus. Schließlich gehört es auch Madox. Es ist sein Erbe.«
»Und warum unser? Was hast du damit zu tun?«
Er ignorierte ihre Frage und sagte stattdessen lächelnd: »Ich war dabei, als du deine famiglia verloren hast. Jetzt bist du nur eine Frau, die Schutz sucht.«
Saphira schwieg, was Antonio offenbar als Einladung verstand, aufzustehen und sich auf dem Stuhl neben ihr niederzulassen.
»Und ich bin ein Mann, der gerne einer Frau in Not hilft«, nahm er den Faden wieder auf.
»Ist das so?«
Sie bemerkte sehr wohl, wie sich Antonio näher zu ihr lehnte. Seine Hand legte sich auf ihren Arm. Das Gefühl von seiner Haut auf ihrer verursachte ihr Übelkeit. So unauffällig wie möglich rückte sie ein wenig von ihm ab. Sie musste vorsichtig sein. Sie stand zwar unter Madox’ Schutz, aber im Moment war sie allein. Und sie war, bis auf das Messer an ihrem Unterarm, unbewaffnet. Aber als sich sein Griff verstärkte, konnte sie sich dennoch nicht mehr zurückhalten. Mit einer schnellen Bewegung entzog sie sich seiner Berührung und verschränkte die Arme vor der Brust.
Antonio ließ sich nichts anmerken, aber Saphira war sich sicher, dass sie ein gewisses Funkeln in seinen Augen gesehen hatte, über das sie nicht weiter nachdenken wollte.
»Das ist so. Und wie hilfsbereit ich tatsächlich bin, werde ich dir sofort beweisen.« Er erhob sich lächelnd und reichte ihr eine Hand.
Misstrauisch beäugte Saphira ihn und stand schließlich auf. Ohne seine dargebotene Hand anzunehmen.
Antonio ließ sich nichts anmerken. »Folge mir.«
Saphira gefiel die Richtung, die dieses Gespräch nahm, ganz und gar nicht. Was hatte er vor, und wohin würde er sie führen?
Als sie gemeinsam das Büro verließen und dem Flur in einen Teil des Hauses folgten, den Saphira noch nie zuvor betreten hatte, verstärkte sich ihr ungutes Gefühl. Aber wieder hatte sie keine Wahl. Und natürlich war von Madox keine Spur. Wenn man ihn mal brauchte, war er einfach nicht da. Das war ja nichts Neues.
Saphira folgte Antonio durch das Haus. Immer wieder begegneten ihnen Mitglieder der famiglia, die erst Antonio begrüßten und dann, als ihre Blicke auf Saphira und ihr Outfit fielen, anzüglich grinsten.
Saphira ging an einem Gemälde vorbei, das ein dunkles, vom Sturm gezeichnetes Meer zeigte. Dahinter kreuzte ein weiterer Flur ihren Weg, und als sie hineinsah, erblickte sie Lauro, der sie mit großen Augen ansah, als er bemerkte, wer ihr Begleiter war. Zweifelsohne hatte er zumindest eine Idee, wohin sie unterwegs waren. Ganz im Gegensatz zu Saphira.
Einen Moment lang noch starrte er sie an, dann drehte er sich um und verschwand.
Schließlich blieb Antonio vor einer weiteren Tür stehen, öffnete sie und ließ Saphira in einen Raum eintreten, der sie an ein Wohnzimmer erinnerte. Schnell sah sie sich um, scannte den Raum nach möglichen Gefahren. Aber sie war mit Antonio allein. Obwohl sie sich nicht sicher war, ob das nicht bereits gefährlich genug war. Sie entdeckte eine weitere Tür, die allerdings verschlossen war.
Saphira vermutete, dass sie sich hier in Antonios Räumlichkeiten befanden, die wahrscheinlich ähnlich konstruiert waren wie ihre eigenen auf dem Anwesen der De Angelis. Das würde bedeuten, dass es nebenan ein Schlafzimmer mit angrenzendem Bad gab. Die Vorstellung, dass sie sich zusammen mit Antonio in der Nähe eines Bettes befand, beruhigte sie nicht gerade.
Aber er machte keine Anstalten, auf die verschlossene Tür zuzugehen. Stattdessen ging er zu der Couch, die mit dunklem Leder bezogen war.
Dort lag ein schwarzer Kleidersack, und als er ihn aufhob und damit zu ihr zurückkam, verschränkte Saphira die Arme vor der Brust.
»Ein Geschenk.«
Sie betrachtete den Kleidersack argwöhnisch. Aber darin würde sie vermutlich nichts Gefährliches finden. Also nahm sie ihn entgegen, achtete dabei aber darauf, dass sie keinen Kontakt mit Antonio hatte.
»Du kannst nach nebenan gehen, um dich umzuziehen. Dort findest du auch ein paar Schuhe.«
Saphira achtete darauf, dass sie Antonio im Auge behielt und ihm nicht den Rücken zuwandte, als sie durch die Tür verschwand. Tatsächlich befand sich dahinter ein Schlafzimmer.
Saphira schloss die Tür ab, legte den Kleidersack auf das riesige, aus dunklem Holz gefertigte Bett und öffnete ihn. Fein säuberlich auf einem gepolsterten Bügel hing ein schwarzes Etuikleid. Ein kurzer Blick auf das Etikett sagte ihr, dass es von einem exklusiven Label hier aus der Gegend stammte. Und es standen tatsächlich Schuhe in ihrer Größe vor der niedrigen Bank, die am Fußende des Bettes stand.
Saphira sah sich um, stellte noch einmal sicher, dass sie niemand beobachtete. Dann zog sie sich aus und nahm das Kleid vom Bügel. In den Stoff waren Polster eingenäht, die ihr als BH dienen würden. Nicht ideal, aber besser als nichts. Sie schloss den Reißverschluss, schlüpfte in die High Heels und fühlte sich endlich wieder mehr wie sie selbst. Dass die Sachen von Antonio waren, ignorierte sie dabei geflissentlich.
Am liebsten wäre sie ihm nicht noch einmal gegenübergetreten, aber der Raum hatte nur einen Ausgang.
Also öffnete sie die Tür wieder und trat ins Wohnzimmer. Im gleichen Moment wurde die dortige Tür aufgerissen, und Madox kam mit zornigem Blick hereingestürmt.
Saphira verkniff sich ein Lächeln. Dahin war Lauro also vorhin so schnell verschwunden.
»Was soll das hier?«, fragte Madox aufgebracht.
»Oh, ich habe nur nachgeholt, was du offenbar versäumt hattest. Und, Saphira, darf ich dir sagen, dass du einfach bezaubernd aussiehst?«
Sie sollte vermutlich nicht tun, was sie jetzt im Begriff war zu tun, aber Madox hatte sie verletzt. Und ihr letztes Gespräch, egal wie harmonisch es verlaufen war, spielte in diesem Moment keine Rolle.
Rache war etwas, mit dem sie sich bestens auskannte. Also schenkte sie Antonio ein Lächeln. »Vielen Dank.«
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Madox die Hände zu Fäusten ballte. Ihm gefiel das hier ganz und gar nicht, aber das war ihr egal.
»Saphira, wir gehen.«
Sie sah ihn an, und ihr lag schon ein Widerspruch auf der Zunge. Aber dann erinnerte sie sich daran, dass das bedeuten würde, sich weiterhin in Antonios Gegenwart aufhalten zu müssen, und das wollte sie vermeiden. Auch wenn das wiederum bedeutete, dass sie sich Madox’ Befehl beugte.
»Antonio, wenn du mich entschuldigen würdest.«
Der schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Aber natürlich. Wir werden noch genug Zeit haben, um uns näher zu unterhalten.«
Bei dem Gedanken wurde ihr schlecht.
Kaum war sie auch nur in Madox’ Reichweite, griff er nach ihrem Handgelenk und zog sie an seine Seite. Dann drängte er sie förmlich aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen. Das Geräusch klang laut in der Stille des Flurs. Sie waren allein.
Am liebsten wäre er umgekehrt, hätte sich Antonio geschnappt und ihm mit bloßen Händen das Genick gebrochen.
Aber das wäre nicht klug.
Also begnügte er sich damit, Saphiras Handgelenk mit festem Griff zu umschließen und sie hinter sich her zu ziehen, bis sie wieder in seinem Zimmer angekommen waren. Dort schloss er die Tür hinter sich und starrte sie wütend an.
Aber Saphira wandte sich einfach von ihm ab und stellte sich ans Fenster. Der Himmel war leicht bewölkt, die Sonne kam nicht richtig durch. Er wusste genau, was sie sah: die sandfarbenen Gebäude mit ihren kleinen Balkonen, die riesige Kathedrale von Palermo mit ihren reich verzierten Türmen genauso wie den Normannenpalast nicht weit davon entfernt. Es war eine liebliche, beruhigende Aussicht, und er hatte selbst in letzter Zeit oft so dagestanden und nachgedacht. Aber im Moment interessierte sich Madox nicht im Geringsten für das Panorama.
»Wieso warst du mit ihm alleine?«
Saphira verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn über die Schulter hinweg an. Nun, da sie wieder ein schwarzes Kleid und High Heels trug, sah sie aus wie früher, und auch ihr typischer Gesichtsausdruck war zurück. Kalt, erhaben, ohne jegliche Gefühlsregung.
»Er hat mich eingeladen.«
»Hatte ich dir nicht gesagt, dass du vorsichtig sein sollst?«
»Du hast mich allein gelassen, und Paolo kam, um mich abzuholen. Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen?«
Sie klang so ruhig, so beherrscht. Während er darum kämpfte, seine Wut unter Kontrolle zu halten.
»Du hättest die verdammte Tür nicht öffnen sollen.«
Sie lachte leise, aber es klang kalt. »Als wäre das eine Option gewesen.«
Madox hatte endgültig genug. Mit wenigen, schnellen Schritten war er bei ihr, griff nach ihrem Oberarm und drehte sie zu sich herum. Ihr Rücken prallte hart gegen die Fensterscheibe, als er ihre Handgelenke umfasste und sie über ihrem Kopf gegen das kalte Glas drückte.
»Dieses Haus ist nicht sicher«, sagte er leise, aber dennoch schneidend.
»Ach ja? Dann ist das ein Problem, um das du dich kümmern solltest.«
Madox machte ein knurrendes Geräusch, beugte sich vor, bis sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten und sich ihr Atem vermischte. »Nicht für mich, für dich. Ich komme zurecht. Aber jeder hier könnte versuchen, dich zu töten. Gerade Antonio. Deswegen war es nicht besonders klug, dass du einfach mit ihm gegangen bist.«
»Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du mich nicht herumkommandieren sollst?«
»Deine Regeln gelten nicht mehr, Eisprinzessin«, sagte Madox. »Und ich will dich nur beschützen.«
Langsam, aber sicher breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Du vergisst aber ein entscheidendes Detail.«
»Und das wäre?«
»Ich kann mich sehr gut selbst verteidigen.« Damit drehte sie ihre Hüfte ein wenig, riss das Knie hoch und rammte es ihm in die Weichteile.
Schmerz explodierte in seinem Unterleib, Madox keuchte, verlor den Halt um ihre Handgelenke und sackte zu Boden. Aber Saphira war offenbar noch nicht fertig mit ihm. Denn bevor er auch nur den nächsten Atemzug gemacht hatte, griff sie nach seinen Schultern und schubste ihn nach hinten. Schmerz benebelte noch immer seine Sinne, weswegen er rücklings zu Boden fiel. Und Saphira war schnell. Bevor er reagieren konnte, hatte sie ihm einen Fuß auf die Brust gesetzt und sich vorgebeugt, bis ihr Oberkörper gegen ihren Oberschenkel drückte und noch mehr Gewicht auf seinem Brustkorb lastete. Dabei drückte der Absatz ihres High Heels auf sein Brustbein.
Sie lächelte ihn an. »Siehst du?«
Obwohl stechender Schmerz jeden Atemzug qualvoll machte und er das dringende Bedürfnis verspürte, sein bestes Stück mit einem Eisbeutel zu kühlen, lächelte Madox zurück. Ihm war in seinem Leben bereits weitaus Schlimmeres angetan worden. Die Narben auf seinem Körper erzählten von Qualen, die andere Menschen längst umgebracht hätten. Er war imstande, die Schmerzen zu bezwingen.
Er legte eine Hand um Saphiras Wade. Sie beobachtete ihn argwöhnisch.
»Du vergisst aber auch etwas.«
Sie schnaubte. »Wohl kaum.«
Er zog ihre Wade mit einem Ruck weg, und sie verlor das Gleichgewicht. Der Absatz ihres Schuhs riss den Stoff seines Shirts auseinander und verletzte auch seine Haut. Aber dafür fiel Saphira auf ihn, und mit einer geschmeidigen Bewegung rollte er sie herum, bis sie unter ihm lag und er sie allein mit seinem Gewicht dort festhalten konnte.
»Schmerzen können mir nicht viel anhaben. Ich habe schon anderes aushalten müssen.«
Keuchend sah sie ihn an. »Lass mich los.«
»Erst wenn du mir versprichst, dass du ohne meine Zustimmung nicht mehr dein Zimmer verlässt.«
»Ich werde dir gar nichts versprechen.« Sie versuchte, ihn zu schlagen, aber dieses Mal war Madox schneller.
Er umfasste erneut ihre Handgelenke und knallte sie mit voller Wucht auf den Boden. Saphiras Knochen knirschten, sie biss die Zähne zusammen. Vermutlich hatte das wehgetan.
»Das hier ist kein verdammtes Spiel, Saphira!«
»Denkst du, ich weiß das nicht?« Sie schrie jetzt beinahe. »Ich habe alles verloren! Nicht du! ICH!«
Madox starrte sie an. Da war es wieder. Dieses Leid, diese unendlichen Qualen, die in den Tiefen ihrer dunklen Augen lagen. Und darüber schwelte ein Feuer, das Rache versprach.
»Und jetzt nimm deine verdammten Hände von mir, Madox Varga. Ich bin fertig mit dir.« Der letzte Satz war nur noch ein Flüstern.
Er zuckte zusammen. Saphira diese Worte aussprechen zu hören, war wie ein Schlag in die Magengrube.
Er zögerte, überlegte für einen Moment, ob er sie nicht einfach an sein Bett ketten sollte, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Aber wenn er wirklich noch eine Chance bei ihr haben wollte, dann musste er Saphira in diesem Moment ihren Freiraum geben, das wusste er auf einmal. Egal, wie viel es ihn selbst kostete.
Also ließ er vorsichtig ihre Handgelenke los. Er sah, dass ihre Haut dort gerötet war, wo er sie umfasst hatte. Sie würde vermutlich blaue Flecken bekommen. Das Wissen, dass sie seine Spuren auf dem Körper tragen würde, ließ ihn ein wenig ruhiger werden, sodass er aufstehen und sie freigeben konnte.
Saphira ignorierte seine dargebotene Hand, kam selbst wieder auf die Füße und strich ihr Kleid glatt.
Madox gefiel es nicht, dass sie etwas trug, das Antonio für sie besorgt hatte. Er warf einen Blick auf die Tüten, die er neben dem Bett abgestellt hatte. Er hatte Saphira am Morgen nur verlassen, um in der Stadt neue Kleidung zu besorgen. Als er zurückgekehrt war, hatte er das Zimmer leer vorgefunden. Gerade als er die Sachen hier abgestellt hatte und sich auf die Suche nach Saphira machen wollte, war Lauro aufgetaucht und hatte ihm gesagt, dass sie bei Antonio war. Nachher würde er sich Lauro noch einmal vorknöpfen. So etwas wie heute durfte nicht noch einmal passieren.