Am liebsten hätte ich gar keine Feier gemacht, sagte Lena, es war alles so überstürzt, aber Chris bestand darauf, er wollte eine klassische Hochzeit mit allem Drum und Dran, als sei das Gelübde sonst nicht gültig. Am Morgen waren wir in der Kirche gewesen, ich ganz in Weiß, er in einem schwarzen Anzug. Wir leisteten uns sogar einen Fotografen, der unten am See Bilder von uns machte. Am Nachmittag fuhren wir mit einem Schiff auf dem See herum und dann mit einem alten Postbus mit Blumen auf der Kühlerhaube zur Feier. Es gab Schweinebraten mit Kartoffelpüree und eine dreistöckige Hochzeitstorte, auf der ein kleines Brautpaar aus Marzipan stand. Viele Freunde vom Schauspielhaus waren da, es gab lange, gefühlsduselige Reden, Boshaftigkeiten, einen Dramaturgen, der schon am Nachmittag zu viel trank und schmutzige Witze erzählte, das ganze Elend einer bürgerlichen Hochzeit. Alles endete in einem betrunkenen Chaos. Chris und ich bekamen Streit, ich weiß nicht mehr weshalb, und als wir endlich zu Hause waren und er mich über die Schwelle tragen wollte, tat er es so ungeschickt, dass ich mit dem Kopf gegen den Türrahmen stieß und mir eine Beule holte. Der glücklichste Tag meines Lebens.
Das kann nicht sein, sagte ich, ich habe Magdalena nicht geheiratet. Wir haben nie daran gedacht. Es gibt Abweichungen, sagte Lena so leise, dass ich nicht sicher war, ob ihre Stimme traurig oder fröhlich klang.
Wir saßen an einem kleinen Tisch im Foyer der Bibliothek und tranken dünnen Kaffee aus dem Automaten. Es war verrückt, sagte Lena, als Chris mich fragte, ob ich seine Frau werden wolle, waren wir ja erst seit einem Monat zusammen. Ich war überhaupt nicht gefasst auf die Frage. Und so komisch es klingen mag, ich hatte den Eindruck, auch er sei unsicher, ob er um meine Hand anhalten solle, als habe ihn jemand dazu getrieben.
Ich war vollkommen verwirrt und fragte mich, was Chris’ und Lenas Ehe änderte an der ganzen Geschichte. Er ist unterwegs hierher, sagte ich schließlich. Er hat sich für das Schreiben entschieden, das richtige Schreiben, und ist davongelaufen vom Essen, vor dem Workshop, vor seinem sicheren Leben als Lohnschreiber. Jetzt irrt er genauso durch die Stadt wie wir, wie ich damals herumgeirrt bin.