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Verbrenn sie.«

Der Drache verneigte sich vor Marith. Rauch drang aus seinem Maul. Seine Augen erinnerten an Magierglas. Kirschblüten. Sonnenlicht, das auf rauem Wasser tanzte. Leuchtende Meereskreaturen, die durch Carins Hände glitten.

Sieh einem Drachen niemals in die Augen. Niemals. Blickst du einem Drachen in die Augen, verlierst du den Verstand. Es tut weh. Es schmerzt. Marith erwiderte seinen Blick. Der Drachen blinzelte und wandte sich ab.

»Verbrenn sie, vernichte sie, reiß sie in Stücke.«

Der Drache zischte. Oder lachte. Oder weinte. Verlangen ging von ihm aus. Oh ja, Drachen spüren Verlangen und Liebe und Leidenschaft und Begierde.

»Sekne, Ansikanderakesis.« Ja, mein Lord. Seine sanfte grüne Stimme wie der Duft von Sommerbäumen.

Marith beobachtete, wie er zum Himmel emporstieg. Im Licht der untergehenden Sonne schimmerte er rot wie der Königsstern. Er tauchte blitzartig ab, als die Sonne hinter den westlichen Hügeln verschwand. Das Brüllen des Feuers, das aus seinem Maul drang, war deutlich zu hören.

Ein silbernes Licht schoss ihm aus dem illyrianischen Lager entgegen. Magierfeuer, dachte Marith, nicht von Bedeutung. Dann traf das Licht den Drachen, umgab ihn, und er zuckte in einem silbernen Netz, war in Lichtstrahlen getaucht und davon bedeckt. Sein Feuer erlosch, er schlug panisch mit den Flügeln, Schwanz und Kopf zuckten und bebten. Er schrie.

Schatten schossen aus dem Himmel heraus. Kamen dem Drachen zu Hilfe. Das silberne Licht attackierte sie. Wie Nebel, der vom Fluss aufsteigt oder als würde man auf einem Hügel stehen, während sich die Wolken herabsenken.

Die beiden Armeen sahen gebannt zu. Götter, die am Himmel kämpften. Ein Feuervogel aus Gold und Silber erhob sich, um in den Kampf einzugreifen. Er rang mit den Schatten. Ein Falke, der im Flug Gänse fing und in der Luft tötete. Goldene Federn und Schattenfragmente rieselten zu Boden. Sie trafen die illyrianische Armee, die sich jedoch nicht rührte, sondern starrend dastand und an Ort und Stelle starb. Die Nacht war voller Wunder. Kein Mond, keine Sterne, nur goldene und silberne Magie und das gedämpfte Drachenfeuer.

Sie kämpften. Rangen miteinander. Ein Reigen aus Wundern. Götter, die zerstört starben. Licht und Dunkelheit und Todesqualen am Himmel. Schwaden aus Gold und Silber. Die dunkle Gestaltlosigkeit der Schatten, gesichtslose Zähne und Klauen. Wild flatternde Flügel, ein zuckender Drachenkörper. Dumpfe Explosionen aus Drachenfeuer. Das Schönste, was der Mensch je gesehen hatte. Und lautlos. Langsam und lautlos. So weit entfernt. Funken eines Freudenfeuers. Fische, die sich im Wasser bewegten. Nicht echt.

Ein Drache kann nicht sterben, dachte Marith. Ein Drache ist ein Wunder. Eine Unmöglichkeit. Dem Tod überlegen. Ein Drache kann nicht sterben.

Der Drache befreite sich von seinen Fesseln. Schrie. Zerrte verzweifelt am Himmel. Wunden zeichneten sich auf seinem Leib ab. Sein Blut regnete auf die illyrianische Armee hinunter. Sein Flug wurde unstet, ein Flügel war zerfetzt. Feuer schoss aus seinem Maul und seinem Bauch. Er schrie. Schrie. Schrie.

War verwundet. Blutete.

Starb.

Du hast einen Drachen getötet, Marith. Du bist ein Drachentöter. Selbstverständlich können Drachen sterben. Sie sind sterblich. Das Leben ist eine Illusion. Alles stirbt. Letzten Endes sogar das. Sogar die Schönheit. Einfach alles.

Dann war er fort. Ein ferner Feuerball in den Hügeln weit im Westen.