XXIV

Auf dem Land. Morgens. Der örtliche Barbershop, neudeutsch für Herrenfriseur mit Bartfokus. ­Waschen, Schneiden: 13 Euro. Alle paar Wochen eine wiederkehrende Übung in Demut. So auch heute.

Es beginnt bereits mit dem Betreten des Ladens. Seit vier Jahren kann sich der Inhaber meinen ­Namen nicht merken. Meistens nuschelt er etwas, das sich wie »Butterzwerg« anhört.

Dann das Gespräch unter der Schere. Nie Wetter, Fußball, Klatsch. Das Antiklischee. Er stammt aus dem kurdischen Norden Iraks und hat einen glasklaren Blick auf unser Land. Er filetiert die Bundesregierungen jeder Couleur allein durch die Schilderungen seines Alltags. Als Kleinunternehmer und Familienvater. Nicht anklagend oder jammernd, sondern nüchtern feststellend und bescheiden.

Großes Hallo als ein mittelalter Mann den Salon betritt. Wohl auch ein Stammkunde. Er betrachtet mich im Spiegel.

»Mensch, du hast einen Zwillingsbruder.«

Der Typ gestern Abend im Fernsehen hätte wirklich so ausgesehen wie ich.

»Ganz netter Kerl, so ein Ex-Politiker, aber, mein Gott, war der langweilig.«

Ich winde mich. Und nicke zustimmend: »Hab’ ich auch gesehen.«

Abschließend: Q-Tips mit heißem Wachs in den Nasenlöchern. Es gibt wenige Anblicke, die anmutiger sind.

Derart – im Wortsinne – zurechtgestutzt, stehe ich an der Kasse. Er hoffe auf Verständnis, es sei nun zwei Euro teurer, Energiepreise, Krieg in der ­Ukraine, ­Rezession, Inflation.

15 Euro für eine wundervolle Lehrstunde. Es gibt sinnlosere Ausgaben.

Bis zum nächsten Mal. (»Auf Wiedersehen, Herr Butterzwerg!«)