Anhang B

Wie Sie Ihr Unbehagen bezüglich Oralsex überwinden können

Es geht hier nicht darum, eine gute Technik zu beschreiben, sondern Ihnen zu helfen, einige Hürden zu überwinden, falls Sie sich beim Geben oder Empfangen von Oralsex nicht wohlfühlen. Den meisten Menschen gelingt es, diese Hürden zu überwinden, sofern sie dazu motiviert sind.

Kapitel 14 wendet sich an monogam lebende Paare. Falls Sie nicht in einer monogamen Beziehung leben oder gerade eine solche Beziehung beginnen, sollten Sie sich zunächst auf das HIV-Virus und auf andere genital übertragbare Krankheiten hin untersuchen lassen. Dies hilft Ihnen, sich beim Sex zu entspannen und »offenäugiges« (statt blindes) Vertrauen zu entwickeln. Geschlechtskrankheiten können durch jenen Austausch von Flüssigkeiten, zu dem es beim Oralsex kommt, übertragen werden. Falls notwendig – oder wenn keine Tests auf solche Risiken durchgeführt wurden –, sollten Sie bei der Fellatio ein Kondom und beim Cunnilingus einen Dental Dam benutzen. Sicher fühlt sich Oralsex mit einer solchen Latexbarriere nicht so natürlich an wie ohne. Doch wenn Sie weder sich selbst noch Ihren Partner in Gefahr bringen wollen, hätten Sie andernfalls überhaupt keine Möglichkeit, Oralsex, wie er hier beschrieben wurde, zu erleben. Seife und Wasser und ganz generell Reinlichkeit sind ebenfalls von Nutzen.

Es ist schwer, sich zu entspannen, wenn Sie oder Ihr Partner innerlich damit hadern, dass Sie etwas schmecken, das Ihnen nicht angenehm ist. Dies gilt sowohl für die aktive als auch für die passive Rolle beim Oralsex. Sie sollten sich nicht nur »einigermaßen« wohl dabei fühlen. Falls Ihnen beim Oralsex unbehaglich ist, reicht es nicht aus, wenn Sie Ihr Zögern oder Ihre »Zimperlichkeit« überwinden: Sie müssen mit dieser Möglichkeit »Frieden schließen«.

Zunächst geht es darum, Probleme zu überwinden, die Sie mit dem Geruch, Geschmack oder Herunterschlucken von Sexualflüssigkeiten haben. Andernfalls werden Sie nicht nur nie wirklich Freude am Geben und Empfangen von Oralsex haben, sondern es besteht auch die sehr reale Gefahr, dass Sie Ihrem Partner beim Oralsex die Allianz aufkündigen. Ihr Unbehagen kann bewirken, dass Sie den Kontakt zur aktuellen Situation verlieren, weil Sie zu sehr mit Ihrem Unbehagen beschäftigt sind und sich bemühen, nicht zu würgen, oder versuchen, Übelkeit zu vermeiden. In solch einem Fall können Sie sich mit Sicherheit nicht besonders darauf konzentrieren, Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin Lust zu bereiten oder selbst entsprechende Gefühle zuzulassen. Letztendlich geht es hier aber nicht um eine »unzulängliche Technik«, sondern darum, dass Sie in dieser Verfassung nicht in der Lage sind, einen zutiefst positiven somatosensorischen Augenblick der Begegnung zuzulassen, verbunden mit erhöhter positiver Neuroplastizität.

Außerdem werden Sie etwas, das Sie schmecken, kaum mögen, wenn Sie sich dazu gezwungen fühlen, und es wird Ihnen auch nicht gefallen, von Ihrem Partner »geschmeckt zu werden«, wenn dieser sich dazu gezwungen fühlt. Es ist schwierig, sich zu entspannen und Oralsex als Empfangender zu genießen, wenn Ihr Partner sich beim Geben offensichtlich nicht wohlfühlt. Zwingen Sie Ihren Partner nicht. Er (oder sie) selbst muss sich für oder gegen Oralsex mit Ihnen entscheiden. Der Kopf des Gebenden muss sich frei bewegen können. Versuchen Sie niemals, Ihren Penis in die Kehle des Gebenden hineinzustoßen. Achten Sie darauf, dass Sie selbst und Ihr Partner sich in einer angenehmen Position befinden. Atmen Sie durch, und entspannen Sie sich. Reden Sie miteinander. Wenn Ihr Partner weiß, dass Sie die Situation nicht vermeiden und ihn nicht unterbrechen werden, können Sie sich beide entspannen. Wenn Sie den Eindruck erwecken, es handle sich um einen »Job«, fühlt Ihr Partner sich davon wahrscheinlich abgestoßen. Wenn Ihr Kiefer oder Ihre Zunge müde wird, dann gehen Sie zu manueller Stimulation über.

Tun Sie sich einen Gefallen: Kosten Sie den Geschmack Ihres Partners und Ihren eigenen Geschmack – nicht beim Oralsex, denn dann haben Sie keine Zeit, sich mit eventuellen negativen Reaktionen auseinanderzusetzen oder darauf zu fokussieren, dass Sie sich wirklich wohlfühlen. Im Folgenden beschreibe ich eine schlüssige Möglichkeit, dies zu tun – wobei es durchaus sein könnte, dass diese Ihnen zunächst etwas merkwürdig erscheint.

Kosten Sie vor dem Sex den Geschmack Ihres Partners oder Ihrer Partnerin. Eine gesunde Vagina hat von Natur aus einen milden moschusartigen Duft, auf den einige Menschen – ebenso wie auf den Geruch und Geschmack der Ejakulationsflüssigkeit – negativ reagieren. Stecken Sie einen Finger in die Vagina Ihrer Partnerin, und nehmen Sie eine Geschmacksprobe (was Ihre Partnerin selbst ebenfalls tun sollte). Verfahren Sie mit dem Ejakulat des Mannes nach seinem Orgasmus (aufgrund manueller Stimulation oder infolge von Genitalverkehr) ebenso.

Sich an den Geschmack von Samenflüssigkeit zu gewöhnen, wenn sie ausgestoßen wird, ist schwierig. Sie schmeckt ein wenig salzig oder bitter, ihre Konsistenz erinnert an Eiweiß, und manchmal hat sie außerdem einen schwachen Duft, der an Chlorbleiche erinnert. Manche mögen diesen Geschmack, andere empfinden ihn als neutral, und wieder andere mögen es nicht, ihn im Mund wahrzunehmen. Der Umgang mit Ejakulat ist für viele Paare ein Problem, mit dem man sich am besten direkt auseinandersetzt. Probleme, die mit dem gespiegelten Selbstempfinden beider Partner zusammenhängen, können die Situation zusätzlich verkomplizieren. Einige Männer fühlen sich zurückgewiesen, wenn ihre Partnerin nicht bereit ist, ihre Samenflüssigkeit zu schlucken, und einige Frauen fühlen sich erniedrigt, wenn der Mann in ihrem Mund ejakuliert.

Sprechen Sie offen darüber, wie Sie mit dem Ejakulat des Mannes umgehen wollen, damit Sie keine Überraschung erleben (es sei denn eine positive). Klären Sie dies, bevor Sie mit dem Oralsex beginnen. Wenn der Mann erwartet, in Ihrem Mund zu ejakulieren, und Sie die Stimulation dann unterbrechen, ist es schwierig, die kollaborative Allianz aufrechtzuerhalten. Bitten Sie Ihren Partner, Ihnen die Ejakulation anzukündigen, damit Sie Ihren Plan in die Tat umsetzen können. Dies ermöglicht Ihnen, sich gemeinsam zu entspannen und beim Nahen des Orgasmus zusammenzubleiben.

Auf folgende Weise können Sie einem Mann Oralsex geben, ohne dass Ihr Würgereflex aktiviert wird, weil der Penis Ihres Partners zu weit in Ihre Kehle vordringt. Bei Anwendung dieser Methode brauchen Sie sich wegen des Würgereflexes keine Sorgen zu machen, und Ihr Partner hat trotzdem das Gefühl, völlig angenommen zu werden. Legen Sie eine Hand um den Penisschaft, so dass der Kopf des Penis aus Ihrer Hand herausragt. Sie können sich nun auf das Saugen konzentrieren und Ihre Zunge benutzen. Experimentieren Sie damit, was Sie selbst gern tun und was Ihrem Partner gefällt. Halten Sie dann Ihre Hand weiter am Mund, und bewegen Sie Ihren Kopf aufwärts, bis Sie das Ende des Peniskopfes erreichen. Bis zu dieser Höhe können Sie Ihren Kopf bei der Stimulation aufwärts bewegen. Mit Hilfe Ihrer Hand können Sie kontrollieren, wie groß der Teil des Penis ist, der bei der Aufwärtsbewegung des Kopfes in Ihren Mund gelangt.

Einem Mann gefällt es möglicherweise, in den Mund seiner Partnerin zu ejakulieren, weil eine plötzliche Unterbrechung der Stimulation und die Entfernung des Penis aus dem Mund die emotionale Verbindung zwischen beiden unterbricht, ganz zu schweigen davon, dass dabei die Entwicklung zum Orgasmus unterbrochen werden kann. Wenn Sie nicht möchten, dass das Ejakulat in Ihren Mund gelangt, können Sie ein Kondom ohne Feuchtfilm benutzen, oder Sie führen die Ejakulation nach entsprechender vorheriger Absprache durch manuelle Stimulation herbei. Wenn es Ihnen keine Probleme bereitet, dass Ihr Partner in Ihrem Mund ejakuliert, Sie das Ejakulat aber nicht hinunterschlucken wollen, sollten Sie ein Handtuch bereitlegen. Lassen Sie die Flüssigkeit am Penis entlang aus ihrem Mund rinnen. Sie können zur Vorsicht auch ein Glas Wasser bereitstellen. Wenn es für einen Mann unverzichtbar ist, dass seine Partnerin sein Ejakulat hinunterschluckt, weil er sich sonst nicht »akzeptiert fühlt«, sollte er sich mit seinem gespiegelten Selbstempfinden auseinandersetzen. Und wenn Ihr Partner Sie nicht küssen will, nachdem er in Ihren Mund ejakuliert hat, besteht ebenfalls dringender Gesprächsbedarf.

Wenn Sie noch unerfahren darin sind, eine Frau oral zu stimulieren, dann streichen Sie zunächst ihre Schamhaare zu beiden Seiten der Schamlippen zurück, damit Sie keine Haare in den Mund oder in die Kehle bekommen. Weil viele Frauen sich wegen des Geschmacks und Geruchs ihrer Vagina unsicher fühlen, sollten Sie durch Ihr Verhalten nicht den Eindruck erwecken, Ihre Zunge berühre einen gefährlichen Ort. Wenn Ihre Partnerin vor kurzem gebadet hat, brauchen Sie sich nicht zu sorgen, dass Sie etwas Unangenehmes riechen oder schmecken könnten. Beginnen Sie mit der Stimulation langsam und sanft. Mahlen Sie nicht gleich zu Beginn stupide auf der Klitoris herum. Frauen mögen es, wenn ihre Klitoris stimuliert wird, insbesondere wenn sie allmählich stärker erregt werden, doch einige empfinden eine solche Stimulation am Anfang als zu intensiv oder als irritierend. Beginnen Sie mit den äußeren Schamlippen, indem sie die eine oder andere Seite derselben lecken oder in den Mund nehmen. Spreizen Sie die äußeren Schamlippen dann mit den Fingern, stimulieren Sie die inneren, und bewegen Sie sich allmählich in Richtung Klitoris. Sie können auch die Zunge in die Vagina stoßen, aber vermeiden Sie es unbedingt, in die Vagina hineinzublasen, als ob Sie einen Ballon aufblasen würden. Wahrscheinlich wird sich Ihre Partnerin bei zunehmender Erregung wünschen, dass Sie Ihre Zungenbewegungen beschleunigen oder den Druck, den Sie mit der Zunge ausüben, verstärken. Aber kommen Sie ihr in dieser Hinsicht möglichst nicht zuvor, und versuchen Sie nicht, durch Beschleunigung des Tempos oder Erhöhung des Drucks der Zunge einen Orgasmus zu provozieren.

Wenn Oralsex für Sie völlig neu ist, sollten Sie bedenken, dass Übung eine Menge ausmacht. Sie müssen diese Erfahrung viele Male wiederholen, auch nachdem Sie sich mit dem rein »mechanischen« Verlauf vertraut gemacht haben. Es erfordert eine gute Zusammenarbeit, mit Ihrem Partner im Einklang zu bleiben inmitten eines somatosensorischen Augenblicks der Begegnung, der mit starker Erregung und großer Bedeutung verbunden ist. Durch stetig wiederholte Bemühungen erzielen Sie wesentlich bessere Resultate als durch gelegentliche »Alles oder nichts«-Versuche unter Anwendung starken Drucks.