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Eine Art Heimkehr

Ich stellte den BMW auf dem Parkplatz ab und ging nach oben, um meinen Stundenzettel abzugeben. Als Teilzeitreservist hatte ich kein Büro mehr. Nur einen Schreibtisch im Einsatzraum des CID, den ich mir mit Sergeant McCrabban teilte, noch so einem Teilzeitler. Crabbie war ein pflegeleichter Schreibtischpartner, es war kein Problem, sich mit ihm den Platz zu teilen, solange man sich nicht am Pfeifendunst störte, was ich nicht tat.

Ich gab den Zettel bei Mabel in der Verwaltung ab.

»Ach, Inspector Duffy, alle haben schon nach Ihnen gesucht«, sagte sie.

»Wirklich?«

»Oh ja, Chief Inspector McArthur hat angerufen. Er war sehr bestimmt. ›Wo ist denn Inspector Duffy?‹, hat er gesagt.«

»Er hat nach mir gefragt?«

»Ja.«

»Was habe ich denn ausgefressen?«

»Ich bin über die Einzelheiten nicht informiert. Mir geht’s wie den Champignons, Sean. Mich lässt man im Dunkeln.«

Ich sah auf die Uhr. Es war neun. »Tut mir leid, Mabel, aber ich muss die Mitternachtsfähre nach Stranraer erwischen. Ist das eine Aufgabe für das CID

»Er hat nach Ihnen gefragt, mehr weiß ich nicht.«

Ich schüttelte den Kopf. »Wie ich schon sagte, ich bin nicht mehr im Dienst. Sergeant Lawson ist der Vollzeitbeamte, wie Sie wissen, also …«

»Der ist im Urlaub.«

»Tatsächlich?«

»Ja. Auf Teneriffa.«

»Teneriffa? Wer fliegt denn schon nach Teneriffa?«

»Alle, Sean. Alle fliegen nach Teneriffa. Er kommt erst nächste Woche zurück.«

»Na, dann werden Sie wohl Sergeant McCrabban holen müssen. Ich nehme die Fähre.«

»Er hat dezidiert nach Ihnen gefragt«, beharrte Mabel. Sie schob die Ärmel ihres roten Pullovers hoch und verschränkte die Arme auf eine Weise, dass sie wie Thelma aus Scooby Doo aussah. Die bezaubernde Thelma der frühen Siebziger, nicht die neugezeichnete Thelma aus den Neunzigern, die sich bemühte, nicht ganz so ein Trottel zu sein.

»Mabel, hören Sie, ich muss gehen, Sie haben mich nicht gesehen, okay?«

»Jetzt kommen Sie mir nicht so, Sean«, sagte sie und runzelte die Stirn.

»Wie? Das ist doch unser Running Gag. Sie tun so, als wären Sie verärgert, aber wenn ich fort bin, murmeln Sie vor sich hin: ›Ts, ts, dieser Sean Duffy ist mir vielleicht einer …‹«

»Es reicht. Warten Sie im Büro des Chief Inspector, und ich schaue, ob ich ihn finden kann«, sagte sie mit strenger, unangenehm frömmlerischer Stimme.

Wenn ich in dem Büro warten würde, wäre ich verloren. Ich schüttelte den Kopf und wies auf meinen Stundenzettel. »Sorry. Ich bin nicht mehr im Dienst. Ich muss die Fähre erwischen!«, erklärte ich.

Schnell hinunter zum Wagen.

Ich fuhr zur Coronation Road 113, wo das Zu-verkaufen-Schild im Vorgarten gepflanzt war, und zwar schon seit einem Jahr. Es handelte sich um ein nettes Mittelreihenhaus mit drei Schlafzimmern in einer ziemlich netten Straße in einer ziemlich netten Gegend. Das Problem war nicht das Hausdas Problem war der Preis. Ich wollte fünfundzwanzig Riesen haben, um mir eine der schicken neuen Wohnungen kaufen zu können, die sie unten am Hafen bauten, und ein paar Pfund übrig zu behalten. Bis auf sechs Tage im Monat lebte ich in Schottland und brauchte nicht mehr als eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung mit Blick aufs Wasser, wo ich ein paar ausgewählte Schallplatten, ein paar Dosensuppen und ein paar Klamotten lassen konnte. Doch niemand wollte mir fünfundzwanzig Riesen für ein Mittelreihenhaus mit drei Schlafzimmern in einer netten Straße geben.

Na ja, insgeheim wusste ich, dass das alles Blödsinn war: Wenn ich das Haus verkaufen wollte, konnte ich das ganz leicht tun, indem ich den Preis um sechstausend Pfund senkte. Doch die eigentliche, die zutiefst freudianische Frage war doch, ob ich das Haus tatsächlich verkaufen wollte. Ich hatte Beth gesagt, ich wolle verkaufen, ich hatte es dem Makler gesagt, und ich hatte es sogar zu mir selbst gesagt. Ich stellte mir vor, wie toll die kleine Wohnung am Hafen sein würde. Doch um ehrlich zu sein, ich liebte dieses Haus, diese Straße und diese Leute. Wir hatten eine Menge miteinander durchgemacht: ein Bombe unter meinem Wagen, die entschärft werden musste, mehrere Fälle von häuslicher Gewalt, bei denen ich um Hilfe gebeten worden war, ein Angriff der Loyalisten und der IRA …

Ich stieg aus dem Wagen und half einem schwankenden Harry Blackwell zu seiner Haustür.

»Ist noch ein wenig zu früh, um schon in diesem Zustand zu sein, Harry«, sagte ich zu ihm, denn die Pubs waren ja noch geöffnet.

»Hochzeit. Die Frau ist noch da. Hat mich heimgeschickt.«

»Eine Hochzeit? Wer von deiner Nachkommenschaft ist denn die Glückliche …«

»Irina. Der Rotschopf. Die Schwierige. Bin froh, dass sie aus dem Haus ist«, meinte Harry in einer schlechten Imitation von Tevje, dem Milchmann.

Ich half ihm durch die Haustür und ging die Straße zurück.

Ja, wir hatten eine Menge miteinander durchgemacht, die Coronation Road und ich. Das war das erste Haus, das mir gehörte. Verrückte Idee von einem katholischen Polizisten, sich ein Haus in einer protestantischen Arbeitersiedlung zu kaufen, aber als ich es 1980 gekauft hatte, war es perfekt für mich gewesen. In der Nähe des Reviers, ein großes Wohnzimmer für meine Platten, drei Schlafzimmer im oberen Geschoss und ein Schuppen draußen, wo ich ungestört meinen Schwarzen Afghanen rauchen konnte. Außerdem war es in den frühen Achtzigern die allerletzte Straße im Großraum Belfast gewesen, was irgendwie romantisch war. Die letzte Straße in Belfast – wer würde nicht dort wohnen wollen. Richtung Süden war man gleich in den Belfaster Vororten, Richtung Norden auf dem unberührten, uralten irischen Land. Das hatte sich seitdem geändert. Carrickfergus war auf die Felder nördlich der Coronation Road hinausgewachsen, und es waren viele neue Leute in die Straße gezogen, die ich nicht kannte, aber trotzdem, wie die Katze in diesem Katzen-Musical zu singen pflegt: Erinnerung …

Ich ging den Gartenweg entlang, schloss auf und ging hinein.

Vorsichtsmaßnahmen, um in Ulster zu überleben: Dietrich und Rasierklinge in der Ärmeltasche, stets unter dem Wagen nach Sprengsätzen schauen, sich niemals mit dem Rücken zum Fenster oder zur Tür setzen, stets Haus- und Hintertür kontrollieren, ob eingebrochen worden ist.

Keine Bomben, keine Einbrüche.

Ich hob ein paar Briefumschläge vom Fußboden im Flur auf und schaute nach, ob es etwas Interessantes gab.

Nichts.

Ich ging ins Wohnzimmer und schaute bei meinen Platten nach. Ich hatte etwa ein Fünftel meiner Sammlung hiergelassen (um die vierhundert Stück), damit ich in den sechs Nächten im Monat in Ulster etwas Anständiges zum Hören hatte.

Ich schaute auf die Küchenuhr.

21.15 Uhr.

Genug Zeit für eine Dose Suppe und eine Plattenseite vor der Fahrt nach Larne.

Die Suppe war Tomate, das Album Brian Enos Music For Airports, gute Musik, um sich auf den Teppich zu legen und zu entspannen.

Ich aß die Suppe, legte mich auf den Boden und entspannte mich gerade, als es laut an meiner Haustür klopfte.

Instinktiv griff ich nach meinem Dienstrevolver, außerdem nahm ich die erheblich wirkungsvollere Glock 17 9mm Safe-Action vom Couchtisch. Ich kauerte mich hin und linste mit beiden Waffen in den Händen durch das Wohnzimmerfenster. Ich sah niemanden im Garten und erkannte von der Person, die vor der Tür stand, nur den Rücken. Normalerweise kamen Attentäter zu zweit, wenn auch nicht immer.

Ich schlich durch den Flur und linste durch den Türspion.

Bei der Person handelte es sich um Chief Inspector McArthur, meinen Boss.

Ich tat einen Schritt zurück und ging auf Zehenspitzen den Flur zurück.

»Ich weiß, dass Sie da sind, Duffy, ich sehe Ihren Wagen und ich höre Ihre Musik!«, sagte McArthur.

Ich versteckte mich im Wohnzimmer und blieb mucksmäuschenstill.

»Duffy, machen Sie auf! Ich weiß, dass Sie da drin sind! Niemand sonst würde so eine Musik auflegen!«

Ich ging ein drittes Mal den Flur entlang.

Öffnete die Haustür.

»Ja?«

»Da sind Sie ja! Ich wusste doch, dass Sie zu Hause sind und dass Sie nicht ans Telefon gehen würden!«, rief er aus.

»Sie sind ja der reinste Uri Geller. An welche Spielkarte denke ich gerade?«, fragte ich und öffnete die Tür.

»Kreuz Drei.«

»Nein, Hau ab Bube. Ich muss die Fähre erwischen.«

McArthur trug Jeans, Anorak und Gummistiefel. Er hatte irgendetwas im Freien gearbeitet, als er zu einem Tatort gerufen worden war. Was bedeutete, dass es sich um etwas Ernstes handelte. Mord. Und der Grund für sein Hiersein bestand darin, mich dazu zu überreden, in diesem Mordfall zu ermitteln, jetzt, wo Lawson weg war und all das.

Auf keinen Fall.

»Darf ich hereinkommen?«, fragte er.

»Das dürfen Sie, es hat aber nicht viel Sinn. Ich bin auf dem Weg zur Fähre.«

Darauf ging er nicht ein, sondern betrat das Wohnzimmer. Ich steckte den Revolver wieder ins Schulterhalfter unter meinem Jackett und legte die Glock auf den Couchtisch zurück.

McArthur setzte sich auf die Couch; ich blieb stehen, und wir sahen uns äußerst ungemütliche fünfzehn Sekunden lang an.

»Ich habe Ihnen viele Male aus der Patsche geholfen, Duffy, als die Oberen schon auf Sie angelegt hatten«, lautete seine erste Salve.

»Ich habe das anders in Erinnerung: Ich habe Sie viele Male bei unseren Oberen rausgehauen, und als es um meine Probleme bei den Oberen ging, haben Sie den Kopf eingezogen und mich ganz allein schwimmen oder untergehen lassen«, entgegnete ich.

»Schön und gut, wir könnten jetzt die ganze Nacht darüber raschomonisieren, wenn wir wollten, der Punkt ist doch, wir haben uns gegenseitig geholfen.«

Das Verb »raschomonisieren«, das höchst unerwartet über diese Lippen kam, faszinierte mich derart, dass ich mich hinsetzte.

McArthur sah mich weitere fünfzehn Sekunden lang an und zog eine Packung Silk Cut aus der Tasche. Er bot mir eine Zigarette an, doch ich schüttelte den Kopf. Ich reichte ihm den Tuborg-Aschenbecher, den ich für Gäste hatte, die ich nicht leiden konnte.

»Was zum Teufel ist das für Musik? Ist das überhaupt Musik? Können Sie das ausmachen, bitte?«

Ich machte die Musik aus.

Ich sollte ihn wohl fragen, ob er Tee wollte. In Nordirland muss man jeden fragen, der ins Haus kommt, ob er oder sie einen Tee möchte. Und wenn es dein Erzfeind ist, kann man der zeremoniellen Frage nach Tee und Keksen nicht entgehen.

»Tee?«, fragte ich.

»Keine Zeit. Hören Sie, Duffy, es hat einen Mord gegeben.«

»Ich kann nicht. Ich bin nicht mehr im Dienst. Meine Schicht war um zwölf Uhr zu Ende. Ich habe meine sechs Tage diesen Monat rum und bis nächsten Monat frei. Ich wollte eigentlich die Nachmittagsfähre nehmen, bin aber für eine Dichterlesung in Belfast geblieben.«

»Duffy, Sie verstehen nicht. Es hat einen Mord gegeben, und unser leitender Beamter des CID, Ihr Schützling, ist nicht mal im Land. Er kariolt durch Italien.«

»Spanien.«

»Ist doch egal wo, oder? Er ist außer Landes, und wir haben keine Detectives, um in einem Mordfall zu ermitteln. Was sollen wir machen?«

»WPC Warren. Ich weiß, dass Lawson sie für das CID vorgeschlagen hat, und soweit ich mitbekommen …«

»Sie ist noch in Belfast in der Ausbildung. Wird erst gegen Jahresende verfügbar sein.«

»Wie schade. Sie ist schlau wie ein Fuchs.«

»Jedenfalls ist sie nicht hier und Ihr gewünschter Nachfolger auch nicht.«

»Nehmen Sie Sergeant McCrabban.«

»Sergeant McCrabban hat ebenfalls alle seine Tage diesen Monat erfüllt, und außerdem ist er auf irgendeiner Farmauktion in Ballymena.«

»Klingt recht plausibel.«

»Jedenfalls hat seine Frau das gesagt.«

»Ich bin also der einzige Detective in ganz Carrickfergus?«

»Ja.«

»Und genau wie Aschenputtel bin ich um Mitternacht verschwunden.«

»Sie müssen das übernehmen, Sean.«

»Es geht nicht. Ich habe Sean Duffys letzten Fall bereits gelöst. Alles andere wäre doch eine Enttäuschung. Ein Soufflé kann man nicht aufwärmen, wie schon Paul McCartney sagte.«

»Wenn Sie es nicht übernehmen, muss ich Larne CID einschalten«, sagte er und sah mich mit seinen dunklen Augen fest an.

»Larne CID

»Ich habe keine andere Wahl.«

»Aber … Larne? Sie wissen doch, wie die sind.«

»Ich habe das bereits überprüft. Chief Inspector Kennedy ist verfügbar.«

»Aber der ist … Sie kennen ihn doch …«

»Wenn Sie es nicht machen, wird er es machen müssen.«

»Sie versuchen, mich zu ködern.«

»Das tue ich nicht. Wenn Sie den Fall nicht übernehmen, muss ich Larne RUC anrufen.«

Immer mit der Ruhe, Sean, lass dich da nicht reinziehen, das ist nicht dein Problem, das hat nichts mit dir zu tun.

Andererseits konnte ich auch nicht zulassen, dass Larne CID in unser Haus gelatscht kam und direkt unter unserer Nase einen Mordfall versaute.

»Worum geht es?«

»Sieht nach einem ziemlich unkomplizierten kleinen Mord aus. Jemand wollte einem Mann vor seinem Haus in der Belfast Road den Wagen stehlen. Offenbar hat er Widerstand geleistet, und sie haben ihm in die Brust geschossen. Die Nachbarn glauben, dass er Maler ist oder so was.«

»Handwerker-Maler?«

»Maler-Maler. Wie Hitler, verstehen Sie?«

»Interessant, dass Sie ausgerechnet mit Hitler ankommen, wenn Sie an einen Maler denken. Nicht Monet oder van Gogh. Hitler.«

»Du meine Güte, Duffy, müssen Sie eigentlich immer so ein Arschloch sein?«

»Sie haben ihm also in die Brust geschossen und seinen Wagen geklaut. Was für eine Marke?«

»Jaguar.«

»Aye, das ergibt Sinn. Heute Nacht hat es jede Menge Autodiebstähle gegeben. In Belfast ist es zu Unruhen gekommen. Die Jungs fahren wohl aus Spaß Rennen gegeneinander. Dafür ist ein Jaguar gerade richtig.«

»Eine Schande, dass dafür jemand sterben musste.«

»Aye.«

»Übernehmen Sie den Fall?«

»Kriminaltechnik schon vor Ort?«

»Ja.«

»Und wann kommt Lawson zurück?«

»Sonntag, glaube ich.«

»Okay, ich muss erst die Dame des Hauses fragen, ob das in Ordnung geht. Und für die Dauer der Ermittlungen kriege ich die Stunden anderthalbfach angerechnet. Jede Minute, die ich an der Sache arbeite, sind Überstunden.«

»Anderthalbfach?«

»Aye.«

»Also gut.«

»Und wenn ich Crabbie dazu bringe, mit mir an dem Fall zu arbeiten, kriegt er ebenfalls das Anderthalbfache berechnet. Bei Überstunden oder Sonderschichten wird es mehr. Sie kennen ja die Gewerkschaftsregeln.«

»Du meine Güte. Was wird mich das alles kosten?«

»Ich habe nicht gesagt, dass ich es machen werde. Erst muss ich hören, was Beth dazu sagt.«

»Könnten Sie sie also bitte anrufen?«

Ich ging in den Flur, benutzte unbemerkt mein Asthmaspray und rief Beth an.

»Hallo?«

»Hi, ich bin’s.«

»Hi Sean, wo bist du?«

»In der Coronation Road.«

»Ach, gibt es einen Interessenten?«

»Nein. Beth, hör mal, es hat einen Mord gegeben, aber Lawson ist im Urlaub, also wollen die, dass ich den Fall übernehme.«

»Ein Fall. Schau mal an, dein Traum wird wahr. Ein Fall. Und dann auch noch ein Mordfall.«

»Ich hab denen gesagt, ich nehme die Mitternachtsfähre. Aber die sind ganz verzweifelt. Der Chief Inspector steht direkt neben mir.«

»Ach, sag Peter einen schönen Gruß von mir.«

Ich drehte mich zu McArthur um. »Schöne Grüße von Beth.«

»Und einen schönen Gruß von mir an Elizabeth.«

»Er grüßt zurück. Sie zahlen mir den anderthalbfachen Stundensatz, solange ich an dem Fall arbeite, wenn ich ihn denn übernehme.«

»Und wie lange wirst du da drüben bleiben?«

»Das weiß ich nicht. Bei einem Mordfall kann man das nie wissen. Aber Lawson kommt am Sonntag zurück, dann kann ich ihm den Fall übergeben, falls es überhaupt so lange dauert.«

»Ich werde dich vermissen und Emma auch, aber Nein sagen kann ich ja nicht, oder? Das kann man sich doch nicht mit ansehen, wie du im Haus hockst und Trübsal bläst. Dir juckt’s doch seit mindestens einem Jahr in den Fingern nach einem Fall.«

»Tut es nicht. Ich vermisse die Arbeit als Detective überhaupt nicht.«

»Ha! Du bist ein schlechter Lügner. Na, übernimm schon den Fall. Und komm her, wann immer du kannst.«

»Vielleicht habe ich den Fall morgen schon geklärt.«

»Okay, Sean, wenn du das sagst.«

»Gib Emma einen Kuss von mir.«

»Mach ich. Ich liebe dich.«

»Ich liebe dich auch, bye.«

Ich legte auf und sah McArthur an.

»Und, hat die Dame des Hauses die Erlaubnis erteilt?«

»Na, das sagt gerade der Richtige, der seine Formulare in dreifacher Ausfertigung von Tina unterschreiben lassen muss, bevor er mal mit den Jungs einen saufen gehen kann.«

»Das ist eine bösartige Unterstellung.«

»Ein Anruf noch«, sagte ich, rief bei Crabbie an und sagte zu Helen, dass ich die Hilfe des großen Kerls bei den Ermittlungen in einem Mordfall bräuchte.

»Er hat damit abgeschlossen, Sean«, entgegnete Helen.

»Es dauert nur ein paar Tage, und sie zahlen uns das Anderthalbfache«, erklärte ich. »Doppelt, wenn es mehr als acht Stunden werden.«

Der Chief Inspector verzog das Gesicht, und Helen klang hörbar freundlicher.

»Na ja, das Geld könnten wir gut brauchen«, sagte sie.

Ich gab ihr die Anschrift des Tatorts durch und trug ihr auf, Crabbie solle mich so bald wie möglich dort treffen.

Ich rief bei der KT an, um zu fragen, wer den Fall übertragen bekommen hatte, und war erleichtert zu hören, dass es sich um Frank Payne handelte, der trotz seiner sauertöpfischen Art einer der besseren Kriminaltechniker in der Branche war.

Ich legte auf und ertappte mich dabei, wie ich in den Flurspiegel grinste. Ein Mann war tot, der Tote schrie nach Gerechtigkeit, und Inspector Sean Duffy von der Carrickfergus RUC würde losziehen und ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Detective Inspector Sean Duffy, Carrickfergus RUC.

Ich versetzte McArthur einen Klaps auf den Rücken. »Also gut, alter Knabe, schauen wir uns doch mal den Tatort an, oder?«