»Was für ein Sternzeichen bist du, Hannibal?«, fragte Poppins.
»Steinbock.«
Sie blätterte in der Zeitschrift und las vor. »Die neue Jahreszeit bringt erhöhte Liebeschancen.« Poppins zog die Brauen hoch. »Herbstliche Erdtöne sind deine Kraftfarben, also mach dich darauf gefasst, gesehen zu werden. Außerdem solltest du diesen Monat in eine neue Trainingsroutine investieren, um den Beachbody beizubehalten, für den du so hart gearbeitet hast — warum versuchst du es nicht mit Tae Bo?«
»Dafür habe ich echt hart trainiert.« Hannibal tätschelte seinen runden Bauch. »Es wäre wirklich schade, wenn der mir flöten geht.«
Ein tiefer Seufzer lenkte die Aufmerksamkeit auf Baby. »Wie lange müssen wir noch warten?«, stöhnte sie, den Blick auf die Uhr gerichtet. Es war zehn nach neun am letzten Sonntag im September, und das gesamte ROYO-Video-Team (bis auf Scarlet) wartete im Pausenraum auf die »Teamversamlung«, die eigentlich um 8.45 Uhr anfangen sollte, bevor der Laden aufmachte. »Wie dreist von Scarlet, ein Meeting zu schwänzen, das sie selbst einberufen hat. Als hätte der Rest von uns nichts Besseres zu tun.«
Alle Köpfe nickten. Baby hatte ausgesprochen, was die meisten von uns dachten.
Es war das erste Mal, dass ich mit all meinen Kollegen (bis auf Scarlet) gleichzeitig in einem Raum war. Ehrlich gesagt erinnerte es mich an die Gruppentherapie. Ein zusammengewürfelter Haufen, der um einen Tisch saß und wartete, bis die Person aufkreuzte, die das Sagen hatte. Therapeuten kamen auch immer zu spät. Ich schätze, für je wichtiger man sich hält, desto unpünktlicher kann man sein.
Die Dynamik, die beim Warten auf die Therapie entstand, schien sich auch hier zu entwickeln. Wenn der Therapeut mehr als zehn Minuten zu spät kam, versuchte die Person, die das Schweigen am schlechtesten aushielt, den Rest der Gruppe zu unterhalten, damit die Zeit schneller vorbeiging. In diesem Fall war das Poppins mit ihren Horoskopen.
Der zweite Charaktertypus, der sich in solchen Momenten zeigte, war gewöhnlich der Zornigste, weswegen ich nicht überrascht war, als Baby zu meckern anfing.
Sie trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch. »Vielleicht sollte mal jemand an der Tür nachsehen, für den Fall, dass sie davorsteht und zieht, statt zu drücken.«
»Sie ist bestimmt gleich da«, sagte Poppins. »Was ist dein Sternzeichen, Baby?«
»Ich habe keins.«
»Natürlich hast du eins. Jeder hat ein Sternzeichen. Wann hast du Geburtstag?«
»Elfzehnter Febtember.«
Poppins zog die Brauen zusammen. »Ach komm. Ich versuche nur, die Zeit totzuschlagen, bis Scarlet kommt.«
Aber Baby weigerte sich mitzuspielen. »Ich will aber nicht die Zeit totschlagen, Poppins. Die Einzige, die ich totschlagen will, ist Scarlet.«
Poppins ignorierte sie. »Was ist mit dir, Pate? Wann hast du Geburtstag?«
»Das ist eine persönliche Frage«, war die Antwort. Der Pate sah in einen kleinen Spiegel und malte sich die Lippen nach. Roter Lippenstift war, wie ich kürzlich erfahren hatte, die einzige Ausnahme, die sie bei ihrem Schwarz-in-Schwarz-Motto machte. Sie zog ihn ständig nach und erzählte allen, die fragten (und denen, die nicht fragten), mit sichtlichem Genuss, dass ihre Lieblingsfarbe »Kiss of Death« hieß.
Poppins seufzte. »Mann, Leute. Was ist los mit euch? Will hier keiner sein Horoskop wissen?« Mit letzter Hoffnung sah sie Dirty Harry an.
»Welches Sternzeichen sieht aus wie eine 69?«, fragte er.
»Das hier … Krebs«, bestätigte Poppins, die in der Zeitschrift nachsah.
»Okay. Das nehme ich.«
»Du kannst dir das Sternzeichen nicht aussuchen. Du kriegst das Zeichen, unter dem du geboren wurdest«, erklärte Poppins. »Wann hast du Geburtstag?«
»Ich hatte gerade. Siebzehnter September.«
»Okay — dann bist du Jungfrau.« Sie holte Luft, um ihm sein Horoskop vorzulesen.
»Auf keinen Fall.« Er schüttelte den Kopf. »Dann spiele ich nicht mit.«
Poppins warf die Zeitschrift auf den Tisch. »Na gut, dann starren wir uns eben schweigend an, bis Scarlet sich dazu herablässt, hier zu erscheinen.«
»Ich bin Stier«, sagte ich und schob die Zeitschrift wieder in ihre Richtung. »Und ich will unbedingt wissen, was der Oktober für mich bereithält.«
Poppins lächelte dankbar, und Baby verdrehte die Augen.
Es waren ein paar Wochen vergangen, seit Baby mir Reality Bites gegeben hatte. Seitdem hatte sie mir außerdem Mallrats und Clerks verordnet, ich glaube, um ihre Theorie über die Loser zu untermauern. Gefolgt von Gilbert Grape, aus dem gleichen Grund, nur unter dramatischeren Umständen.
Ich mochte alle Filme, die Baby mir vorschlug, und es machte Spaß, danach mit ihr darüber zu reden, was irgendwie zu »unserem Ding« wurde. Ich genoss es, dass Baby und ich ein »Ding« hatten, und das nicht nur, weil sie mich für NORMAL hielt. Es war kein Geheimnis, dass Baby nur wenige Menschen mochte. Zumindest verhielt sie sich bei der Arbeit so. Abgesehen von Scarlet, der einsamen Spitze auf ihrer Shit-Liste, schien Baby zwar keinen unserer Kollegen zu hassen, aber sie mochte sie einfach nicht. Die Tatsache, dass wir uns so gut verstanden, war eine Rarität, und rare Dinge sind wertvoll.
»Stier«, wiederholte Poppins und nahm die Zeitschrift in die Hand. Sie räusperte sich. »Neue Möglichkeiten zeichnen sich ab, auch wenn es kompliziert werden kann, sobald sich die Vergangenheit zurückmeldet. Vergiss nicht, alte Geister tauchen zu dieser Jahreszeit gerne wieder auf, vor allem die, die nie richtig zur Ruhe gebettet wurden.« Sie schnaubte. »Hoppla — immer langsam mit den Halloween-Metaphern, Teen-Magazine.« Dann fuhr sie fort. »Versuche dir diesen Monat den einen oder anderen Nachtisch zu verkneifen — im Herbst legt der Stier gern zu, und bald ist Thanksgiving.«
»Du kannst mit mir Aerobic machen, mein Freund«, schlug Hannibal vor.
»Danke.«
Die Glocke an der hinteren Tür klingelte, und Sekunden später schwebte Scarlet mit der Gelassenheit einer pünktlichen Chefin herein.
Als sie unsere bösen Blicke sah, warf sie einen Blick auf die Uhr. »Habe ich nicht halb zehn gesagt?«
Baby hielt das Memo hoch. »Viertel vor neun«, las sie mit aller Feindseligkeit, die sie in vier Silben packen konnte.
»Oh. Tut mir leid.« Scarlet zuckte die Schultern. »Na ja, jetzt bin ich ja da.« Sie teilte einen Zettel aus.
»Was ist das?«, fragte Poppins.
»Ein paar Entscheidungen, die gefallen sind«, erklärte Scarlet. »Damit ich am College keine Kurse verpasse.«
Alle starrten sie an.
»Du hast es aufs College geschafft?«, fragte Baby im Namen aller.
Scarlet ignorierte Babys ungläubigen Ton, wie man es nur schafft, wenn man restlos überzeugt von sich ist. »Ja! Aufs Kosmetik-College. Ich werde Ästhetikerin.«
Es wurde still.
»Was ist das?«, fragte Hannibal. »Eine Ärztin, die Hässlichkeit heilt?«
Scarlet dachte einen Moment nach, bevor sie antwortete. »Ja.« Sie lächelte zufrieden. »Jedenfalls kann ich nicht mehr so viel hier sein, und deswegen mussten ein paar Veränderungen gemacht werden.«
Alle Augen kehrten auf den Zettel zurück — den Dienstplan des nächsten Monats —, und es verging eine Sekunde der Stille, bevor das Geschrei begann.
»Das ist doch nicht dein Ernst!« Baby schäumte. »Solo ist Schichtmanager?«
»Was?«, fragte ich. Poppins zeigte auf meinen Namen auf dem Plan. Daneben stand in so kleinen Buchstaben SM, dass ich sie wahrscheinlich gar nicht bemerkt hätte. »Was heißt das?«
»Das heißt, du bist befördert worden. Du weißt schon, das, was sich andere Leute ›erarbeiten‹, wenn sie ihren Job länger als ganze sechs Wochen machen.« Baby machte vorwurfsvolle Fingergänsefüßchen.
»Oh.«
»Im Ernst, was soll das?«, wollte auch Hannibal wissen. »Das ist nicht cool. Ich arbeite seit drei Jahren hier und bin noch nie befördert worden.«
»Ich auch, Hannibal«, meldete sich Baby.
»Das ist echt unfair«, stimmte Poppins ein. »Ich meine, nimm’s nicht persönlich, Solo, aber ich muss dich immer noch an die Rückspulgebühr erinnern. Du bist noch nicht so weit.«
»Das ist bloß einmal passiert«, widersprach ich, aber dann schämte ich mich. Ich verstand sehr gut, warum alle sauer waren, selbst wenn ich immer noch nicht wusste, was ein Schichtmanager war.
»Das ist ein Affront«, stellte der Pate fest, auch wenn sie nicht allzu getroffen schien. »War es das? Können wir jetzt gehen?«
Dirty Harry verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Mir ist scheißegal, wer Manager ist. Ich krieg jetzt schon mehr Stundenlohn als die meisten von euch, weil meinen Eltern der Schuppen gehört.«
Der Kommentar sorgte auch nicht für bessere Stimmung.
»Was soll die Scheiße?« Baby war kurz vorm Explodieren.
»Na und? Ich bin ihr Sohn«, giftete Dirty zurück, als handelte es sich um einen legitimen Grund, besser bezahlt zu werden als seine Zeitgenossen.
»Jetzt haltet mal alle den Rand und hört zu!« Scarlet versuchte, die Führung zu übernehmen. Baby schloss den Mund, wohl eher aus Neugier, nicht, weil sie Scarlets Autorität respektierte. »Okay, erstens war das nicht meine Entscheidung — sondern die meiner Eltern. Also, lasst eure Wut nicht an mir aus. Zweitens sage ich euch mal was über Solo.« Sie lächelte und legte mir die Hand auf die Schulter.
Ich zuckte zusammen. Ich hatte keine Ahnung, was Scarlet sagen würde, aber ich hatte den Verdacht, sie machte ihre Entscheidung damit nicht populärer.
»Seit er hier angefangen hat, ist der Laden blitzsauber. So ordentlich war es hier noch nie! Es liegen keine Stapel unsortierter Papiere mehr herum. Und habt ihr die Kammer gesehen? Da drin kann man vom Boden essen.«
»Du machst Witze, oder?« Baby kochte. »Du beförderst ihn, weil er einen Putzfimmel hat?«
»Nein, sondern wegen seiner ›Arbeitsmoral‹.« Diesmal machte Scarlet Fingergänsefüßchen, auch wenn sie offenbar nicht begriffen hatte, was sie bedeuteten. »Er zeigt ›Initiative‹. Er ist nicht ›faul‹ wie viele andere hier.« Dann zählte sie weitere vorbildliche Leistungen aus meiner kurzen Amtszeit auf, die mich zum perfekten Angestellten machten, auch wenn ich das alles nur getan hatte, um meine Gedanken in Zaum zu halten.
Normalerweise hätte sich die Anerkennung bestimmt gut angefühlt — besonders, da sie von Scarlet kam. Ich meine, ich hatte die (niedrigen) Erwartungen an einen Videoverleiher weit übertroffen, und der Laden sah wirklich toll aus. Es machte nur keinen Spaß, stolz darauf zu sein, wenn die Lobeshymne eine Meuterei entfachte.
»Das ist trotzdem Bullshit«, knurrte Baby. »Solo hat noch keine Beförderung verdient.«
Obwohl ich Babys Meinung war, fühlte es sich mies an, als sie es sagte.
»Dann kennst du ihn schlecht«, verteidigte mich Scarlet. »Er ist nämlich nicht nur fleißig, er ist auch hart im Nehmen. Er hat als Kind Anämie überlebt, und das können die wenigsten von euch behaupten.«
Eine kurze Stille trat ein, während der alle Anwesenden versuchten, die Enthüllung meiner medizinischen Frühgeschichte in irgendeinen Zusammenhang mit dem aktuellen Thema zu bringen.
»Was ist Anämie?«, fragte Dirty Harry schließlich.
»Das ist so was wie …« Das war der Moment, als klar wurde, dass Scarlet keine Ahnung hatte. »Eine sehr ernste Krankheit. Und Solo hat sie besiegt, weil er so stark ist und nicht aufgibt.« Sie sah mich an und lächelte, was normalerweise super gewesen wäre, aber in diesem Moment alles noch schlimmer machte.
»Anämie ist mehr oder weniger Eisenmangel und keine große Sache«, klärte Baby die anderen auf. Und dann fasste sie empört zusammen: »Solo wird also Schichtmanager, weil er als Kind Vitamine fressen musste? Ja, das ist voll fair.«
Scarlet ließ den Einwand nicht gelten. »Ist doch egal. Solo arbeitet hart, Baby.«
»Ich auch!«, rief Baby. »Ich arbeite schon drei Jahre länger hart als er.«
Scarlet schnaubte. »Wohl kaum.«
Es waren bloß zwei Worte, aber sie waren geladen.
Die anderen wichen zurück, als Baby aufstand. »Was willst du damit sagen?«
Scarlet ließ sich nicht einschüchtern. »Ich sage nur, wenn du in der Videothek so hart gearbeitet hättest, wie du daran gearbeitet hast, Indiana Jones an die Wäsche zu gehen, wärst du längst befördert und könntest uns deinen hysterischen Anfall ersparen.«
Alle im Raum spürten, wie tief der Schlag unter die Gürtellinie ging, und rissen erschrocken die Augen auf.
Die zwei starrten sich giftig an, bis Baby irgendwann »Leck mich« murmelte und aus dem Raum stürmte.
Ich stand auf, um ihr zu folgen, aber Scarlet hielt mich zurück. »Lass sie, Solo. Die kriegt sich schon wieder ein.«
»Das war echt fies«, sagte ich. Ich wusste nicht, wie viel Wahrheit hinter dem Vorwurf steckte, aber darum ging es auch nicht. Es war gemein.
Scarlet legte den Kopf schräg und sagte unschuldig: »Hör zu, ich weiß, dass du einfach nur ein netter Kerl sein willst. Aber ganz ehrlich, das musste mal gesagt werden. Die Wahrheit tut weh, Solo.«
Auf dem Parkplatz hinter dem Laden kündeten quietschende Reifen von Babys Abgang.
Ich sah mich um. Aus irgendeinem Grund schien niemand sonst für Baby auf die Barrikaden gehen zu wollen, was meine Entschlossenheit dämpfte. Schließlich setzte ich mich wieder.
Das Meeting dauerte noch zwanzig Minuten, aber ich war zu aufgewühlt, um zuzuhören. Es war das erste Mal, dass ich Baby und Scarlet zusammen erlebt hatte, und ich war überrascht, dass die Feindseligkeit zwischen den beiden gegenseitig war. Ich hatte angenommen, dass die meisten Leute heimlich über ihren Chef oder ihre Chefin lästerten, aber dass Scarlet Baby vor allen gedemütigt hatte, zeugte von etwas Persönlichem.
Meine Begeisterung für Scarlet hatte merklich nachgelassen, als sie mich ins Büro bat, um mir meine neue Position zu erklären (was sie wahrscheinlich hätte tun sollen, bevor sie damit an die Öffentlichkeit ging).
»Freust du dich?«, fragte Scarlet und reichte mir ein Formular, das ich unterschreiben sollte.
»Sollte ich?«
»Ja«, sagte sie. »Du kriegst zehn Dollar die Stunde.«
Ich biss die Zähne zusammen, weil mir sonst die Kinnlade heruntergefallen wäre. Meine Mutter dekorierte in der Farmer-Jack-Bäckerei seit sechs Jahren Torten, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie auch nur zwölf Dollar die Stunde bekam. »Was genau muss ich für so viel Geld tun?«
»Eigentlich nicht mehr als vorher.« Scarlet zuckte die Schultern. »Du hast bewiesen, wie wertvoll du bist. Und damit meine ich nicht nur, dass du die Kammer aufgeräumt hast.«
Ich unterschrieb, dass ich mit der Gehaltserhöhung einverstanden war, und gab ihr den Vertrag zurück. »Ach ja?«
Scarlet setzte sich auf ein freies Stück ihres Schreibtischs. »Klar. Der Laden sieht super aus. Aber meine Eltern rechnen dir vor allem hoch an, dass ich beschlossen habe, aufs College zu gehen.«
»Was? Warum?«
»Du hast zu mir gesagt, es ist nie zu spät, der Mensch zu werden, der ich sein könnte — und da habe ich nachgedacht«, erklärte sie. »Und ich bin zum Schluss gekommen, dass du recht hast.«
Ich starrte sie ungläubig an. »Wirklich? Deswegen gehst du aufs College?«
»Es war der Anstoß, der mir gefehlt hat. Seit ich mit der Highschool fertig bin, liegen mir meine Eltern in den Ohren, dass ich eine Ausbildung anfangen soll.« Sie drückte meinen Arm. »Die Beförderung ist ihre Art, sich bei dir zu bedanken.«
Ich konnte es nicht fassen.
»Außerdem habe ich Devin gesagt, er ist auf ganz dünnem Eis unterwegs«, fuhr Scarlet fort. »Das freut Mom und Dad auch. Sie fanden immer, dass ich was Besseres verdient habe.«
»Warte mal. Werde ich wegen meiner Arbeitsmoral befördert oder weil deine Eltern denken, ich bin ein guter Einfluss für dich?«
»Geht nicht beides?«, sagte Scarlet. »Du kannst stolz auf dich sein, Solo. Du bist gut darin, Ratschläge zu geben. Für einen Highschool-Schüler bist du echt ziemlich weise. Mom sagt, wenn man als Kind eine Krankheit überlebt hat, kennt man sich mit dem Leben besser aus.« Sie zuckte die Schultern. »Wenn ich als Kind Krebs gehabt hätte, wäre ich jetzt vielleicht Rechtsanwältin oder so was.«
Jeder ihrer Sätze war noch ironischer als der davor.
Scarlet sah mein Gesicht und runzelte die Stirn. »Ich dachte, du würdest dich freuen. Was ist los?«
»Es ist echt toll«, versicherte ich ihr. »Ich bin bloß überrumpelt. Und die anderen hassen mich jetzt, daran muss ich mich auch erst gewöhnen.«
Sie winkte ab. »Wenn dir jemand blöd kommt, kannst du ihn einfach feuern. Du hast das Recht dazu.«
»Ich weiß nicht, ob ich sie damit gewinne«, bemerkte ich, aber dann legte Scarlet die Hand auf meine, und meine Sorgen waren verschwunden.
»Ich hoffe, es zählt etwas, dass ich dich nicht hasse«, sagte sie leise. »Vergiss nicht, auch bei dir ist es nicht zu spät, das zu werden, was du hättest sein können.«
Ich wusste, ich hätte wegen Baby wütend auf sie bleiben sollen, aber Scarlet war Kryptonit für meine moralische Empörung.
»Das zählt wahrscheinlich mehr, als gut ist«, gestand ich und ging.