104Modenschau in Mea Schearim

Wo gibt’s die bestaussehenden Juden auf der Welt? In Mea Schearim natürlich!

Manche gehen gerne in den Zoo, um fasziniert Kamele, Paviane, Giraffen, Löwen, Vögel und Schlangen zu beobachten. Feine Sache, gebe ich zu, aber mir sind Menschen lieber. Ich bin ein Menschenbeobachter.

Wenn ihr gerne Menschen beobachtet, meine Lieben, dann kommt her und labt euren Blick an der Schönheit der Menschheit.

Schaut euch das an. Was für ein Anblick!

Beginnen wir, wie bereits auf diesen Seiten angedeutet, mit den Ladys.

Sie sind draußen auf der Straße, in ihren feinsten Kleidern, und wirken wie Prinzessinnen, Jerusalemer Prinzessinnen natürlich, nicht britische. Erinnert ihr euch noch an Prinzessin Diana, den Traum so vieler Männer? Vergesst sie. Jerusalemer Prinzessinnen sind eine ganz andere Nummer, nicht von dieser Welt. Man kann sie beim besten Willen nicht mit den Frauen von Prenzlauer Berg vergleichen, beispielsweise. O nein. Dort zeigen diese gojischen Ladys ihre Beine oder Teile ihrer Beine, ihre Brüste oder Teile ihrer Brüste, je nachdem, was ihrer Meinung nach die Fantasien von Männern, anderen Frauen, Frauen, die früher Männer waren, Männern, die früher Frauen waren, und Menschen, die früher Katzen waren, anregt. Hier vergisst du das besser. Hier gibt’s keine Brüste. Ich meine, natürlich sind sie da irgendwo, aber du kannst sie nicht sehen. Du kannst sie dir vorstellen, aber du kannst sie nicht sehen. Nö. Keine Beine, und Hüften ist ein Wort, das keiner ausspricht. Und was die Genitalien angeht, vergiss sie. Ich meine, ja, du kannst sie dir vorstellen, aber sie haben keine Namen, so wie Gott. Die Wörter Penis oder Vagina existieren im klassischen Hebräisch nicht einmal, und du wirst sie nirgendwo in der Bibel finden. (Im Jiddischen sagt man 105zum Penis »Shmuck«.) Deshalb gilt das biblische Hebräisch als reine Sprache, als heilige Sprache. Vorstellen, meine Lieben, aber nicht aussprechen. Vorstellen. Nur Vorstellen. Keine Verdinglichung hier, alles nur Vorstellung. Mea Schearim, meine Lieben, ist der perfekte Ort für Charedim und Progressive. Ja. Was ihr hier seht, sind die Kleider, hinreißende Kleider, von denen keines wie das andere aussieht, so wenig wie ein Tichel aussieht wie das andere. Aber man kann die Arme sehen, vom Ellbogen abwärts, womöglich zum Missfallen der Progressiven. Und die Gesichter. Was für Gesichter! Wie Engel von ganz oben.

Oh, wenn ich nur so heilig, weise und klug wäre wie König Salomon, ein heiliger Mann, der von 999 Ladys umgeben war. Obwohl ich zugeben muss, dass ich es wahrscheinlich besser getroffen habe als er. Wie viele seiner Ladys, sag es mir, sprachen Jiddisch, die sexyste Sprache überhaupt? Wie viele von ihnen waren so gekleidet wie diese Mea-Schearim-Ladys?

Diese Frauen, das verrate ich dir, sind viel sexyer als Mutter Teresa seligen Angedenkens.

Maria, die Muttergottes, das Wunschbild von Milliarden Christen für Jahrhunderte, sah genauso aus wie diese chassidischen Frauen aus Mea Schearim. Kein Wunder, sagst du vielleicht, sie war ja eine Jüdin wie die Feigales und Zisales, die gerade hier durch die Straßen laufen.

Die Muttergottes, jede Wette, sprach fließend Jiddisch.

Und falls du noch nie hier warst, möchte ich dir einige Details beschreiben: Die Kleider, die die charedischen Frauen von Mea Schearim tragen, sind aus klassischen, hochwertigen Materialien (zumindest sieht es so aus) und raffiniert entworfen und geschnitten, alles, um den weiblichen Körper in anmutiger, aber klarer Linienführung zu betonen. Manche gleichen im Design klassischen Abendkleidern, andere gehen mehr in Richtung Haute Couture, die meisten aber sehen tatsächlich klassischen europäischen Gemälden von Maria sehr ähnlich. Nicht zu vergessen das Make-up, das die Frauen hier benutzen: immer dezent, nie zu auffällig, und gut aufgetragen. Die meisten von ihnen ha106ben eine attraktive Figur, und nur sehr wenige sind übergewichtig (was auch für die Männer gilt).

Doch ist der Sabbat nicht nur für den Spaziergang da, sondern auch eine Zeit des Gebetes. Im Gebet bitten die charedischen Juden Gott darum, nach Zion zurückzukehren und die Toten zu erwecken. »Und treu bist du, die Toten wieder zu beleben. Gelobt seist du, Ewiger, der die Toten belebt!«

Nachdem die Gebete gesprochen sind, ob in Jeschiwas oder Schuls, kehren die Betenden natürlich wieder auf die Straße zurück, um ihre schönen Selbste vor aller Augen aufmarschieren zu lassen. Ich sage ihnen A Giten Schabbes, einen guten Sabbat, wenn ich an ihnen vorbeigehe, und einer nach dem anderen erwidert mir A Giten Schabbes, manche singen es sogar und schenken mir ein kleines Lächeln noch dazu.

Die Männer in ihren goldenen Kaftanen und großartigen Schtreimel sind so attraktiv, dass sie viel schöner aussehen als jeder britische Royal, schöner sogar als Charles.

Jawoll!

Was würde ein Transgender-Charedi wohl tragen, frage ich mich, ein prachtvolles Kleid oder einen prachtvollen Schtreimel? Beides vielleicht.

Gerade gehen einige Goldene an mir vorüber, die sexysten Männer der Geschichte.

107Kommt her, o ihr Gays und Queers aus aller Welt, kommt in die heilige Stadt Jerusalem und badet eure Augen in den rosigsten Düften männlicher Sexualität. Diese chassidischen Männer werden eine Versuchung für euch darstellen; sie werden euch herausfordern, und ihr werdet sie nie berühren dürfen, wie intensiv ihr sie auch anschaut. Ja, ihr könnt sie anschauen, solange ihr wollt. Wie dieser litwakische Rabbiner, der seine Mußestunden zuhause damit verbringt, seiner Frau in der Küche beim Zerteilen des Hühnchens zuzusehen.

Das einzige Problem besteht allerdings darin, dass die Goldenen Jungs nicht dafür bekannt sind, ihre zarten Hände mit toten Hühnchen zu beschmutzen.

Nun denn.

Chassidische Männer, gleich welchen Alters, tragen Bart. Litwakim rasieren sich normalerweise, bis sie verheiratet sind, aber wenn sie anfangen, sich für wichtiger als andere zu halten, lassen auch sie sich einen Bart stehen. Die meisten Männer in Mea Schearim tragen einen Bart, manche einen langen, manche einen kurzen, dieser und jener Form. Ich selbst bin kein Bartträger, aber ich habe in meinem Leben manche Frauen gesehen, die für einen bärtigen Mann töten würden. Stell dir vor. Alle charedischen Männer, falls du auf Männer stehst und mehr Details hören möchtest, rasieren sich die Köpfe, bis auf ihre sexy Schläfenlocken.

Zurück in meinem Hotelzimmer grüble ich, ob, wenn alles erlaubt wäre und die Jungen mit den Mädchen hätten gehen können, die Mädchen von Mea Schearim dann so schön wären. Wären die Jungen von Mea Schearim so attraktiv? Würde ich länger als einen Tag in diesem Viertel bleiben? Gäbe es Mea Schearim überhaupt?

Der Sabbat ist noch nicht vorbei, und ich kann den Sabbatmorgen kaum erwarten.