Sie ist charedisch, ihr Vater ist ein Konvertit. Wer wird sie heiraten?
Reb Dovid lebt in der Shomrei-Hachomos-Gemeinde, die überwiegend ungarischer Herkunft ist, und ich besuche ihn am Freitagabend. Auch zwei seiner Kinder, Eliezer und Scheindel, sind zuhause. Eliezer, noch ein kleiner Junge, spielt mit einer Spielzeugrakete. Scheindel interessiert sich für Mode. Sie trägt Glitzerschmuck und träumt davon, eines Tages Tänzerin zu werden, flüstert mir ein Vögelchen ins Ohr. Kann ein Mädchen aus Mea Schearim Tänzerin werden? Natürlich nicht, aber sie kann immer noch träumen.
Bevor wir uns zum Sabbatmahl niederlassen, nimmt mich Reb Dovid zur Schul mit, seiner Schul, der Schul der Toldos Avrohom Yitzchok, um am Freitagabendgebet teilzunehmen. Die Schul ist heute Abend nicht gut besucht, sagt er mir im Hineingehen. In meinen Augen ist sie brechend voll, soweit ich sehe, ist jeder Platz besetzt, aber er sieht es nicht so. Der Rebbe, sagt er, macht gerade Urlaub in Europa, und wenn er nicht hier ist, gehen viele Chassidim zum Beten in andere Schuls. Wenn er damit recht hat, frage ich mich, wo die anderen Chassidim bei Anwesenheit des Rebbes noch Platz finden sollten. Natürlich ist Der Name als Wundermacher bekannt, und wenn Er die Welt in sechs Tagen erschaffen konnte, wie die Bibel sagt, dann sollte kein Zweifel daran bestehen, dass er auch sechs Millionen Menschen in diesem Gebäude hier unterbringen kann.
Ich sitze zusammengequetscht auf einer Holzbank und schaue mich um. An einem Pfosten in meiner Nähe hängt ein kleines Plakat mit der Botschaft: Wenn die Leute während des 152Gebets nicht reden, werden viele Wunder geschehen. Der Text führt sogar ein Beispiel an: »Es gab ein Paar, das viele Jahre lang versuchte, Kinder zu kriegen, bis es endlich klappte, nur weil ihr während des Gebets nicht geredet habt.«
Eine Lektion fürs Leben: Wenn du während des Gebets die Klappe hältst, wird irgendjemand da draußen Papa.
An einem Tisch zu meiner Rechten sitzt der Süßigkeitenmann, der am Sabbat Tüten voller Süßigkeiten für die Kinder, die am Gottesdienst teilnehmen, in der Schul bereithält. Ich will wissen, wie das in der Praxis funktioniert. Los geht’s: Der Süßigkeitenmann sitzt am Tisch, Tüten neben sich, und betet. So weit ganz einfach, oder? Aber es geht weiter. Einige Kinder kommen zu ihm und fragen ihn nach einer Süßigkeit oder zweien, andere bedienen sich, ohne zu fragen, manche schauen nach, was es überhaupt gibt, andere nicht, manche wählen ihren Lieblingsgeschmack, andere nicht; und für diejenigen, die an ihrem Platz bleiben, steht der Süßigkeitenmann irgendwann auf und verteilt den Rest der Süßigkeiten unter ihnen.
Interessant, diesen Kindern und ihrem Umgang mit den Süßigkeiten zuzusehen. Man erkennt, wer ein geborener Anführer ist und wer nicht, wer ein gutes Leben haben und wer als Bettler enden wird.
Am Tisch zu meiner Linken sitzt ein Mann, der ein Mitglied der Sittenwächter sein könnte, einer Organisation, die Gerüchten zufolge in Mea Schearim tätig sein soll. Deren Mitglieder, so wird gemunkelt, sollen sicherstellen, dass die Züchtigkeitsgebote eingehalten werden. In der Regel seien das Vertreter des männlichen Geschlechts, deren IQ oder EQ fürs Lernen nicht ausreicht, die aber Muskeln haben, als rechtschaffen oder so gelten wollen und anderen gerne sagen, dass sie sich bessern müssen, sonst … Warum glaube ich, dass der Mann zu meiner Linken ein Sittenwächter ist? Na ja, er steht alle paar Minuten auf, geht raus und dann wieder rein, er scheint ein Problem damit zu haben, sich zu konzentrieren.
Die Gemeinde singt die Hymne zur Begrüßung des Sabbat, 153Lecha Dodi: »Komm mein Freund, der Braut entgegen, lasst uns den Sabbat begrüßen …«
Sie singen mit einer solchen Inbrunst, als hätten sie dieses Gebet noch nie in ihrem Leben gesungen.
Anschließend rezitieren sie aus dem Sohar.
So wie sie sich oben zu Einem vereinigen, so vereinigt Sie sich unten im Geheimnis des Einen, um oben mit ihnen Eins in Einem zu sein. Der Heilige, Gesegnet Sei Er, wird nicht oben auf Seinem Ehrenplatz sitzen, bis Sie nicht im Geheimnis des Einen ist. Um wie Er Eins in Einem zu werden. Und hier haben wir das Geheimnis von »Der Herr ist eins und sein Name ist Eins« erklärt. Das Geheimnis des Sabbats: Der Sabbat vereinigt sich mit dem Geheimnis des Einen, damit das Geheimnis des Einen bei ihr verweilen kann.
Alles klar? Für mich nicht, so wie wahrscheinlich für 99 Prozent der Gottesdienstbesucher auch nicht.
Die klassischen kabbalistischen Texte lassen sich nur mit sehr viel Fantasie und Kreativität interpretieren. Wenn man ein Händchen dafür hat, wird die Interpretation eines solchen Textes immer noch davon abhängen, was für ein Mensch man ist und warum man seine Zeit mit der Interpretation eines derartigen Textes verbringen möchte. Steht man beispielsweise auf Pornografie, dann kann man diesen Text als eine heiße sexuelle Begegnung zwischen Gott und Seiner Partnerin lesen. Erfreut man sich hingegen an chassidischen Erzählungen, wird man ihn als einen erklärtermaßen heiligen Text begreifen, von dem jedes einzelne Wort genau in dem Moment, in dem der Sabbat eintritt und das Geheimnis der Einheit des Einen den Erdball erfüllt, sakrale Heiligkeit im ganzen Universum verbreitet. Ich selbst hätte ihn vor vielen Jahren als die Geschichte von John und Patricia interpretiert, doch ist dieses Paar inzwischen so alt, dass eine solche Interpretation nicht mehr überzeugt.
Einerlei, das Gebet geht weiter.
Der »Sittenwächter«, der vor vielleicht 20 Minuten verschwunden ist, kehrt plötzlich mit Hunderten von Sabbat-Bulletins zurück, die unter den Gemeindemitgliedern verteilt werden.
154Was sind Sabbat-Bulletins? Sabbat-Bulletins sind wöchentliche Mitteilungsblätter von zwei bis vier Seiten Länge, die am Sabbat in den Synagogen verteilt werden und Kommentare zur wöchentlichen Thoralesung sowie Geschichten religiöser Natur enthalten.
Ich nehme mir ein paar.
Anscheinend als Teil einer Serie mit dem Titel »Der Heilige, Gesegnet Sei Er, hat gesagt: ›Niemand, der auf mich hört, verliert‹« lese ich eine Geschichte über einen gewissen Reb Berisch Cornblit. Reb Berisch hatte eine Metzgerei in der heiligen Stadt Jerusalem, in der die Rechtschaffenen aus der jüdischen Gemeinschaft einzukaufen pflegten. Im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit musste er auch an Frauen verkaufen, nicht nur an Männer, ein Umstand, der dazu führen könnte, Der Name behüte, dass er von den Frauen in Versuchung geführt würde. Damit dies nicht passierte, achtete er genau darauf, die Frauen, die er bediente, nicht anzublicken. Nicht ein einziges Mal, so die Geschichte, habe er das Gesicht einer seiner Kundinnen gesehen. Wie gelang ihm diese bewundernswürdige Leistung? Ganz einfach: Er bediente seine Kundinnen von einem speziellen Tisch in seinem Laden aus, der über eine Sichtblende mit einer Aussparung unten verfügte. Er schob das Fleisch durch diese Durchreiche und sie, die Frauen, ließen das Geld auf dem Tisch liegen, statt es ihm auszuhändigen. So verhinderte er, dass er, Gott bewahre, das Gesicht oder die Finger irgendeiner Frau erblickte. Der Herr schütze uns.
Eines Tages jedoch, oy vey, entpuppte sich ein Huhn, das er einer Frau verkauft hatte, ohne ihr Gesicht, ihre Finger, ihren Bauch oder ihre Zehen zu sehen, im Nachhinein als nicht koscher. Das bedeutete, dass er die Kundin aufsuchen musste, um sie vor dem Verzehr des Huhns zu warnen, damit sie und ihre Familie sich ihre Mägen nicht mit, möge uns der Himmel beschirmen, allen möglichen entsetzlichen Geistern vollschlagen würden, wie sie nun einmal in nicht koscherer Nahrung lauern.
155Normalerweise würde er in einem solchen Fall zu dem Käufer eilen, um ihn vor dem Verzehr des Huhns zu warnen. Da dieses spezielle Huhn aber an eine Frau verkauft worden war, ein Wesen, das er nicht gesehen hatte, konnte er nicht in gewohnter Weise verfahren.
Untröstlich und trauriger als traurig schloss Reb Berisch schnurstracks seinen Laden und eilte zur Schul, um zum Namen zu beten und Ihn anzuflehen, diese gefährliche Situation zu bereinigen. Nach einem langen Gebet und vielen vergossenen Tränen kehrte Reb Berisch in der Hoffnung, dass Der Name die richtigen Maßnahmen ergreifen würde, in seine Metzgerei zurück.
Und wahrlich, nur Augenblicke nachdem er sein Geschäft wieder geöffnet hatte, betrat wunderbarerweise eine Frau den Laden und fragte nach einem Huhn. Sie habe heute schon eins bei ihm gekauft, sagte sie Reb Berisch, sei aber auf ihrem Heimweg von einer Katze angesprungen worden, die das Huhn geschnappt habe und mit ihm weggerannt sei.
Und ja, das war das besagte Huhn, das nicht koschere Huhn! Reb Berisch tat seinen Mund in dankbarem Gebet zum Schöpfer auf und schenkte der Frau ein weiteres Huhn!
So etwas widerfährt Männern, wie Sie nun sehen können, die keine Frauen anschauen: Wunder!
Den Rechtschaffenen widerfahren, wohlgemerkt, viele Wunder. Neulich, so eine andere Geschichte in dem Blättchen, bestieg ein Mann einen Bus, in dem alle Sitzplätze belegt waren, sodass er sich in der Mitte neben die Tür stellte. An der nächsten Haltestelle stieg eine Frau ein und stellte sich direkt neben ihn. Die Frau, eine nicht züchtig gekleidete Jüdin, Der Name schütze uns, sprach mit lauter Stimme und lachte herzhaft, was Männer bekanntlich beides aufreizt. Als rechtschaffener Jude stieg er an der nächsten Haltestelle aus. Kaum war er auf der Straße, als der Bus plötzlich einen Unfall hatte, bei dem ein Passagier verletzt wurde und ins Krankenhaus musste. Dreimal dürfen Sie raten, wer dieser Passagier war. Niemand anderes als die unanständig geklei156dete Jüdin, die mit lauter Stimme sprach und herzhaft lachte und den Rechtschaffenen in Versuchung führte.
So etwas widerfährt Frauen, die rechtschaffene jüdische Männer aufreizen: Unfälle!
Das sind wichtige Lektionen, die man sich merken sollte, denn sie werden einem Juden den rechten Weg weisen.
O ja.
Nach dem Ende des Gebets bringt mich mein Gastgeber für diesen Abend zu den Toldos Aharon, der anderen und größeren Gemeinschaft von Anhängern Reb Aharons, die als Reb Arelach bezeichnet werden.
Wow, ich traue meinen Augen kaum – das nenne ich mal einen gerammelt vollen Laden. Und so viele Schtreimel hier, dass man einen riesigen Zoo voller Zobel bräuchte, um sie herzustellen. Würde ich gerne noch etwas sehen?, fragt mich ein Gottesdienstbesucher, der sich als Reb Noson Walles vorstellt. Ja, klar, warum nicht? Wir gehen die Treppe hoch, höher und höher, bis wir an eine Tür gelangen, die Reb Noson für mich öffnet.
Und was sehe ich?
Lange Reihen, eine nach der anderen, von Reb-Arelach-Kindern, kleine Reb Arelachs, Hunderte davon, und sie alle blicken mich an, mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. So süß, o König aller Könige! Noch nie haben mich so viele Kinder angeschaut, alle gleichzeitig, und alle lächeln beim Anblick eines Mannes mit runder roter Brille und Hosenträgern, meiner Wenigkeit, ein Anblick, der sich ihnen noch nie geboten hat, und sie nehmen anscheinend an, dass ich ein Clown bin.
Den Anblick dieser kleinen Kinder, die süßer sind als Honig mit ihren weißen, von Chupchiks (Bommeln) gekrönten Schädelkappen, weißen Hemden, gerundeten Schläfenlocken und dem himmlischsten aller Lächeln, werde ich nie vergessen. Wenn Sie es aber gewohnt sind, säkulare Medien zu lesen, dann sind das alles Opfer sexuellen Missbrauchs.
Ja. Es gibt einerseits die, die glauben, was sie im Sabbat-Bul157letin lesen, und andererseits die, die glauben, was sie in den säkularen Medien lesen. Sie bilden ein perfektes Paar und sollten einander heiraten.
Jedenfalls kehren Reb Dovid und ich zu seiner Wohnung zurück und setzen uns dort zusammen mit seinen Kindern und ihrer Mutter, seiner Frau, zum freitagabendlichen Sabbatessen nieder. Nach jüdischer Tradition sind drei Mahlzeiten am Sabbat üblich: freitagabends, samstagmorgens und samstagnachmittags. Und wer drei Mahlzeiten am Sabbat zu sich nimmt, sagen die Weisen im Traktat Sabbat, wird vor der Hölle bewahrt. Jawoll! Das erste Sabbatmahl, das wir jetzt bei Reb Dovid verspeisen, besteht traditionell aus Fisch, Hühnersuppe, Huhn, Kugel und Challa (Zopfbrot). Zusätzlich hat die Frau, die ebenfalls eine Konvertitin ist, nicht nur eine, sondern zwei Sorten Fisch, diverse Salate und Süßwaren aufgetischt. Der Mann, ein guter Deutscher, betet eifrig. Das Essen kann warten, Gott nicht. Er betet, betet, betet. Kein nichtdeutscher Chassid würde jemals das ganze Gebetbuch herunterbeten, Herr Dovid aber tut es.
Nachdem er den Herrn gepriesen und angefleht hat, erzählt mir Reb Dovid, ein ehrlicher Deutscher, die Geschichte seiner Familie bis ins kleinste Detail, es ist die traurige Geschichte eines Konvertiten.
In der charedischen Welt ist der Stammbaum alles. Wenn Sie der Sohn oder selbst der Urenkel eines Rebbes sind, dann ist Ihre Seele von höherer Qualität. Blaues Blut. Je größer der Rebbe, von dem Sie abstammen, desto größer sind auch Sie.
Aber bevor überhaupt von rabbinischen Stammbäumen die Rede ist, ist der Stamm der Schirm, unter dem jeder Stammbaum Schutz sucht. In unserem Fall ist der Stamm das jüdische Volk, der jüdische Stamm. Und der jüdische Stamm, so glauben die Charedim, überragt alle anderen Stämme, weil er vom Namen selbst auserwählt wurde. Daraus folgt, dass alle nichtjüdischen Völker mit Hunden, Affen und Elefanten gleichzusetzen sind. Wie also sollte ein chassidischer oder sonst ein Jude Kon158vertiten behandeln? Nach dem jüdischen Gesetz kann ein Nichtjude zum Judentum übertreten und ein absolut koscherer Jude werden, auch dürfen Juden einen Konvertiten nie daran erinnern, dass er ein Konvertit ist. Kein Esel, kein Hund, kein Elefant mehr. Das Ganze gleicht, halten Sie sich fest, einer Transgender-OP. Ein Mann kann zu einer Frau werden, eine Frau zu einem Mann, und im Judentum ein Hund zu einem Juden. So ist das Gesetz. Wird dieses Gesetz, das Der Name den Juden ausdrücklich anbefohlen hat, befolgt? Nicht wirklich. Die Ausrede dafür, sich nicht an dieses Gesetz zu halten, obwohl Der Name es persönlich befohlen hat, lautet so: Die seelische Qualität eines Ex-Gojs, glauben die Charedim, ist geringer als die seelische Qualität eines Juden, insbesondere wenn dieser Jude ein charedischer Jude ist. Die Seele eines charedischen Juden, wurde mir als Kind gesagt, stammt vom allerheiligsten Ort im Himmel, direkt neben dem Heiligen Sitz Des Namens an der obersten Spitze aller Himmel, von denen es übrigens sieben gibt. Der Name sitzt auf Seinem Heiligen Sitz, umgeben von Billionen von Engeln und Seelen. Wenn Sie der Nachfahre eines Rebbes sind, das dürfen Sie nie vergessen, dann kommt Ihre Seele direkt unter dem Heiligen Sitz, dem Höchsten des Höchsten des Höchsten an Heiligkeit.
Dieser Logik folgend bedeutet all das freilich: Der Name kann verfügen, was Er will, die Charedim machen sowieso, was sie wollen. Charedim, falls das bislang noch nicht klar geworden sein sollte, sind Menschen wie du und ich und nicht gerade vollkommen. Das wiederum bedeutet in der realen Welt, dass ein Konvertit in charedischen Gefilden ein Bürger zweiter Klasse ist.
Werden Sie, frage ich meine Gastgeber, dementsprechend behandelt? »Nein«, sagen sie. Wie werden Sie dann hier behandelt? »Als drittklassige Bürger«, antwortet Reb Dovid mit traurigem Blick. Seine Kinder, wie großartig und hinreißend sie auch sein mögen, werden also leider keine realistische Chance haben, irgendeinen normalen Angehörigen ihrer Gemeinschaft zu heiraten. Wenn kein Wunder geschieht, wie es natürlich immer passieren kann, wird ein Angehöriger der Gemeinschaft, der zur 159Ehe mit ihnen bereit wäre, höchstwahrscheinlich entweder chronisch krank, viel älter, geistig behindert oder die hässlichste Person sein, die Der Name je erschaffen hat. Und das gilt nicht nur für die Bewohner dieser Gemeinschaft, sondern für jeden aus der charedischen aschkenasischen Welt. Auch die Sepharden, Juden, die aus arabischen Ländern nach Israel kamen, können im Normalfall keinen Aschkenasen heiraten, wenn dieser nicht krank, hässlich oder sehr alt ist oder Konvertiten als Eltern hat.
Das ist die traurige Realität, wenngleich charedische Juden kein Copyright auf diese Art von Verhalten haben.
Die Erwählten Charedim, siehe da, sind nicht so viel anders als die New Yorker Progressiven, der letzte Schrei der atheistischen Welt unserer Zeit. Die Progressiven, die bedauerlicherweise vergessen haben, dass die wichtigsten Säulen der Demokratie die Rede- und die Gedankenfreiheit sind und dass eine Vielfalt von Ideen schätzens- und nicht verachtenswert ist, betrachten jeden außer sich selbst als regressiv, rückständig und als garantiert zwielichtige Erscheinung, Leute, die ihrer Aufmerksamkeit nicht wert sind.
Wie dem auch sei, ist es nicht leicht, ein Konvertit bei den Toldos Avrohom Yitzchok zu sein. Reb Dovids Frau, erfahre ich, geht jeden Freitagabend vor Sabbateingang zum Beten an die Klagemauer, ein Fußweg von 20 Minuten und dann wieder 20 Minuten zurück, weil sie sich nicht wohl dabei fühlt, in einer der Schuls des Viertels zu beten, wo die Leute sie als eine Person betrachten, die unter ihnen steht.
Wie können Männer, die ihr ganzes Leben lang zu vermeiden suchen, Frauen anzublicken, ohne auch nur zu wissen, wo in der Bibel ein solches Verbot steht, gleichzeitig ein ausdrückliches biblisches Gebot Des Namens ignorieren? Die Antwort lautet: So ist das Leben.
Eines der Kinder dieser Familie, ein junger Mann, der noch nie als Ebenbürtiger behandelt wurde, ist drogenabhängig. »Er tut sich Sachen rein«, so formuliert es Reb Dovid bei seinem Versuch zu erklären, warum dieser Sohn jetzt im anderen Zimmer schläft.
160Wie Reb Dovid mir sagt, wusste er, dass es seinen Preis haben würde, als er sich den Toldos Avrohom Yitzchok anschloss, dass man ihn und seine Familie nie als gleichwertig behandeln würde. »Aber ich glaube, dass ihre Lebensweise die jüdischste Lebensweise ist«, und daher beschloss er, Teil von Toldos Avrohom Yitzchok zu werden. Es ist unfair, es ist grausam, aber wie Reb Dovid sagt: »Ich überlasse alles Gott.«
Was wird Gott tun? Das weiß niemand außer Gott.
Reb Yehezkel, der mich mit Reb Dovid bekannt gemacht hat, bringt mich mit einer weiteren Person in Kontakt, Reb Mordche, einem Mann, der so wenig ein Konvertit ist, wie das überhaupt geht, und ich verabrede mich mit ihm für nach dem Sabbat.