Gibt es da auch Linsenchips?

Mein Start in die Welt der Immobilien

Eine Immobilie kauft man nur ein Mal im Leben und bleibt für immer dort wohnen. Diesen Glaubenssatz habe ich verinnerlicht, er wurde mir als Kind eingebläut. Kein Wunder also, dass meine Mutter in Begeisterungsstürme ausbrach, als ich gemeinsam mit ihr eine Dachgeschosswohnung im Berliner Westend besichtigte.

»Schau mal, Doro, hier kommt dann das Kinderzimmer hin!«, jubelte sie und lief weiter in den nächsten Raum, während ich noch verdattert auf die kahlen Wände des Rohbaus vor mir starrte. »Und dort kannst du einen Ankleidebereich einrichten!«, rief sie über die Schulter hinweg und fügte mit leuchtenden Augen hinzu: »Und um deine Küche kümmere ich mich auch.« Ich war sprachlos. Kind? Küche? Die Panik kroch mir den Nacken empor.

Ja, ich wollte eine eigene Immobilie – aber für meine aktuelle Lebenssituation! Warum eine Wohnung kaufen, die sich meine Eltern für mich erträumten? Viel wichtiger als die Frage nach dem Kinderzimmer war doch: Gab es hier um die Ecke einen Späti, um bei Bedarf meine Chipssucht zu befriedigen und mir nachts um drei noch eine Packung Linsenchips mit Paprikageschmack kaufen zu können? Und wer würde mich hier im hintersten Winkel der Stadt besuchen kommen?

Zu dieser Zeit lebten alle meine Kumpels und Freundinnen in angesagten Stadtteilen wie Mitte oder Prenzlauer Berg – am anderen Ende der City. So hatte ich mir meine Zukunft als Immobilienbesitzerin nicht vorgestellt. Also was wollte ich eigentlich selbst, wie genau sollte sie sein, meine erste eigene Wohnung?

Zu dem Zeitpunkt – im Spätsommer 2014 – hatte ich schon sage und schreibe fünfunddreißig Besichtigungstermine hinter mir. Ich war damals zweiunddreißig Jahre alt, und mein Entschluss stand fest: Ich kaufe mir meine eigenen vier Wände. Warum? Ich hatte gesehen, welche Vorteile es mit sich bringt, eine Immobilie sein Eigen zu nennen.

Bereits acht Jahre zuvor hatte ich ein Jahr lang bei Coca-Cola in Sydney gearbeitet. Alle meine australischen Kolleg*innen lebten im Eigenheim – ob selbst gekauft oder geerbt, ob in Manly am Strand, in einer kleinen Studentenbude in Darlinghurst oder im Skyscraper mit Pool auf dem Dach im Business District.

In meinem direkten Umfeld gab es kaum Mieter*innen. Ich dagegen musste umgerechnet fast 1000 Euro pro Monat für ein kleines Zimmer in einem Townhouse im Szeneviertel Surry Hills berappen, während meine neue Busenfreundin Bianca schon mit Anfang zwanzig ein Mini-Apartment mitten in Melbourne besaß. Klar, ihre Eltern hatten sie finanziell beim Kauf unterstützt, aber die monatliche Kreditrate von umgerechnet 750 Euro musste sie selbst abzahlen. Letztlich würde die Wohnung ihr gehören.

Ich dagegen hatte immer mehr das Gefühl, mein hart verdientes Geld jeden Monat zum Fenster hinauszuwerfen, ohne einen echten Gegenwert zu schaffen und am Ende etwas von langfristigem Nutzen zu haben. Biancas Ziel war es nämlich, direkt die nächstgrößere Wohnung zu kaufen, sobald sie ihren Kredit getilgt hatte. Ihr kleines Apartment wollte sie dann gegenüber der Bank als Sicherheit hinterlegen, um ein günstigeres Darlehen zu bekommen.

Sehr clever, dachte ich damals und begann darüber nachzudenken, ob ein Eigenheim auch etwas für mich wäre. Der Gedanke gab mir von Beginn an ein wohliges Gefühl von Sicherheit. Niemand kann mich vor die Tür setzen, wenn es meine eigene Wohnung ist. Ich habe absolute Gestaltungsfreiheit und kann mir mein Zuhause so einrichten, wie ich mag. Und zwar nicht nur mit einer Couch in meiner Lieblingsfarbe Gelb, sondern auch mit einer tollen Küche und Fliesen im Bad, die mir gefallen, anstelle von langweiligen Auslaufmodellen in Grau oder Weiß, die der Vermieter im Schlussverkauf geschossen hat.

Und noch etwas fiel mir bereits damals auf: Alle, die eine eigene Immobilie besaßen, fühlten sich kurz- wie langfristig gut abgesichert und machten sich weniger Sorgen um ihre finanzielle Zukunft. Es sprachen also gleich mehrere Argumente für den Kauf einer Immobilie.

Doch bis ich die über Jahrzehnte gelernten Vorurteile wie »Eigentum verpflichtet« oder »ein Haus ist ein Klotz am Bein« gänzlich abgelegt hatte und mir klar war, was ich eigentlich wollte, brauchte es noch einige weitere Jahre. Und einen Jobwechsel!

Doros DO’s

Diese drei Fragen solltest du dir stellen, bevor du mit der Suche nach deiner selbst genutzten Traumwohnung beginnst.

1. Welche Glaubenssätze in Bezug auf den Immobilienkauf oder auch Besitz im Allgemeinen habe ich verinnerlicht?

Ich selbst habe lange geglaubt, dass eine eigene Wohnung ein Klotz am Bein ist und nur stinkreiche Menschen sich überhaupt eine Immobilie leisten können. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Auch ohne Spitzengehalt kannst du dir je nach Standort und Größe eine eigene Immobilie kaufen, die ein entscheidender Baustein deiner Altersvorsorge sein und dich finanziell unabhängig machen kann. Darum solltest du dir deiner Vorurteile bewusst werden, denn nur so kannst du sie überwinden und eine klare, gut informierte Entscheidung treffen.

2. Wie sind meine aktuellen Lebensverhältnisse, und welche Art von Wohnung passt jetzt gerade gut zu mir?

Denk daran: Du kannst deine Wohnung, wenn du selbst darin gewohnt hast, nach zwei Jahren wieder verkaufen.1 Und zwar steuerfrei! Du kannst sie auch als Sicherheit für die Bank nutzen, wenn du dir später ein Haus kaufen oder sie vermieten willst. Kauf eine Wohnung für dein aktuelles Ich, nicht für jemanden, der du vielleicht in zehn Jahren einmal sein könntest.

3. Welcher Stil – Altbau oder Neubau – und welche Lage – mitten in der City oder eher im Grünen – gefällt mir persönlich am besten?

Nimm gute Vorschläge an, lass dich von Expertinnen, Freundinnen und Familie beraten, aber nicht zu etwas überreden, das du selbst nicht fühlst. Überlege dir, wo du dich am wohlsten fühlst und was dir wichtig ist. Hättest du lieber Bars und Restaurants vor der Haustür oder einen Wald um die Ecke? Du bist die Person, die hier wohnen und happy sein will!

PS: Falls ihr euch gemeinsam als Paar eine Immobilie kaufen möchtet, beantwortet alle Fragen individuell und diskutiert sie dann. In jedem Fall solltet ihr euch möglichst einig sein, wenn ihr mit der Suche nach eurer Wohnung beginnt, sonst verschwendet ihr viel Zeit mit dem Besichtigen von Immobilien, die für den einen oder anderen ein absolutes No-Go enthalten.

Beispiel: Wenn einer von euch unbedingt eine Badewanne möchte, könnt ihr auch Wohnungen anschauen, die nur eine Dusche haben. Eine Badewanne kann man in den meisten Fällen – soweit der Platz es hergibt – nachträglich einbauen. Möchte einer von euch unbedingt einen Garten oder Balkon, haltet euch nicht mit der Besichtigung von Wohnungen auf, die weder das eine noch das andere haben. Denn beides wird sich nach dem Kauf in der Mehrzahl der Fälle nicht anbauen lassen.