Das Finale von Team Ninja Warrior. Wir haben die Nachtschwester gefragt und dürfen heute ein bisschen länger fernsehen. Normal ist zweiundzwanzig Uhr dreißig Schluss. Wir sitzen dicht nebeneinander auf den beiden schwarzen Kunstledercouchen, ein paar in zweiter Reihe auf Stühlen. Um halb zehn hole ich wie immer meine Nachtmedikation. Normalerweise gehe ich danach ins Bett. Aber das Finale will ich auf keinen Fall verpassen.
Ich weiß nicht mehr, wer gegeneinander antritt. Eigentlich weiß ich fast nichts mehr von dem Abend. Ich weiß noch, wie ich mich nach hinten drehe und irgendwas zu einer Mitpatientin sage. Und mitten im Satz –
kann ich nur noch lallen. Der Satz findet sein Ende nicht mehr. Mir wird schwindlig. Mein Kopf fängt an, auf meinen Schultern hin- und herzuwackeln. Ich lalle –
– Quetiapin?, lalle ich zu der Mitpatientin neben mir und spüre, wie mein tauber Verstand in dem Körper, der bis eben noch sein Körper war, panisch wird.
Sie lächelt und rückt ein bisschen näher, damit ich nicht zur Seite kippe. Jetzt kenne ich die Wirkung von Quetiapin, denke ich.
– Ich glaube, das ist das Quetiapin, stammle ich noch mal zu meiner Sitznachbarin und weiß nicht, ob sie mich versteht.
Sie nickt.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas Verständliches gesagt habe. Ich glaube nicht, dass ich Quetiapin rausgebracht habe. Ich weiß nicht, wie oft ich an diesem Abend noch etwas zu ihr sage. Mir ist jedenfalls klar, dass ich das Finale zu Ende sehen muss. Alle paar Sekunden kippt mein Kopf nach hinten, alle paar Sekunden schlafe ich ein. Was mach –
Finale. Logo.
Als die Show vorbei ist und der Fernseher aus, sitze ich auf dem Sofa und schaue auf meine Sachen. Ich weiß nicht mehr, ob noch andere im Zimmer sind. Aber ich sitze da und sehe meine Sachen an, den Stickrahmen mit Britneys Gesicht, die zwei Papiertüten voller Garn und Nadeln. Die kann ich nicht mitnehmen, denke ich. Das ist ein logischer, ein normaler Gedanke in dieser Situation. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich aufstehen kann, denke ich. Dann denke ich, du wirst dich jetzt vorbeugen und dein Stickzeug nehmen, Britney, die Nadeln, das ganze Zeug. Du wirst damit aufstehen und mit all den Sachen in den Händen lang hinschlagen. Das ist bescheuert, das merke ich. Ich korrigiere den Gedanken. Du wirst jetzt deine Sachen nehmen, die voller spitzer Nadeln sind, du wirst aufstehen und mit den ganzen Nadeln vor der Brust lang hinschlagen.
Ich glaube, irgendjemand fragt, ob ich Hilfe brauche.
– Nein –
danke.
Dann nehme ich meine Sachen, Britney und die Nadeln, und wanke das alles vor der Brust ins Zimmer. Ganz den Gang runter, letzte Tür links.