– Hast du eigentlich manchmal das Gefühl, dass die Medikamente noch etwas anderes mit deinem Kopf machen?

– Klar, am Anfang spürt man die Nebenwirkungen. Kopfschmerzen, Schwindel, Muskelzuckungen, die Träume.

– Und sonst?

– Was meinst du?

– Manchmal haben psychische Krankheiten ja große Kunst hervorgebracht.

– Psychische Krankheiten?

– Psychisch Kranke.

– Sag mal ein Beispiel.

– Na ja, van Gogh zum Beispiel.

– Du meinst, wenn er nicht irre gewesen wäre, hätte er schlechter gemalt?

– Vielleicht. Und wenn er Medikamente genommen hätte, vielleicht wären seine größten Bilder nie entstanden. Immerhin, die Sternennacht hat er mit dem Blick aus dem Fenster seines Psychiatriezimmers gemalt.

– Du meinst, ob ich Angst habe, unter Medikamenten kein Schriftsteller mehr zu sein?

– Ja. Oder kein guter.

– Van Gogh hat zu Lebzeiten nur drei oder vier Bilder verkauft, glaube ich. Kein Schwein hat sich für seine Kunst interessiert, dann hat er Jahre in der Psychiatrie verbracht und dann der Schuss in den Bauch mit, wie alt war er, fünfunddreißig?

– Siebenunddreißig. Mit fünfunddreißig hat er sich das Ohr abgeschnitten.

– Okay, nehmen wir mal an, es hätte Ende des neunzehnten Jahrhunderts schon diese ganzen Psychopharmaka gegeben, nehmen wir an, er hätte sie genommen und sie hätten ihm geholfen. Und nehmen wir mal an, er hätte von da an nur noch Quatsch gemalt. Oder gar nichts. Und nehmen wir an, er wäre siebzig geworden und hätte bis dahin ein paar hübsche Ausstellungen in Cafés auf dem Land gehabt. Vielleicht hätte er die Liebe gefunden, die er sich so sehr gewünscht hat, sie hätten Kinder bekommen und sie aufwachsen sehen. Nenn mich unromantisch, aber wenn du das aufwiegst gegen einen Nachruhm, von dem du nie erfahren wirst, ich würde die Pillen nehmen.