Stelle ich mir Mutter verwirrt und hilflos an einer Bahnstation vor, um mich zu quälen? Gefällt mir der Gedanke an Mutter, verwirrt auf einem Bahnsteig, oder quält er mich? Mutter und Ruth und Ruths große Familie. Ruth arbeitet sicher noch, aber sie ist nicht mehr so ehrgeizig wie früher, und sie hat Zeit, um Mutter zu helfen. Übrigens bilde ich mir ein, dass Ruth niemals ehrgeizig war, warum das? Ich kenne sie nicht, sie war Anfang zwanzig, als ich gegangen bin, aber ich hätte es wohl gehört, wenn sie beruflich etwas Besonderes geleistet hätte, im Netz finde ich nichts. Ich stelle mir vor, dass sie Mutter und Vater nie widersprochen hat, nie hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Urteil der beiden nicht einverstanden war, egal, worum es ging, sie gab vor, so sah es zumindest aus, sich mit den Regeln unserer Eltern wohl zu fühlen und so leben zu wollen, wie die beiden lebten. Aber ist es nicht mit einer beruflichen Karriere unvereinbar, mit den Eltern immer übereinzustimmen? Das Gegenteil ist der Fall, viele erfolgreiche Menschen befolgen in allem und jedem die Regeln von Familie und Gesellschaft und machen genau deshalb ihr Glück. Ich stelle mir Ruth unambitioniert vor, weil ich will, dass sie Zeit hat, sich um Mutter zu kümmern, weil ich mich nicht schuldig fühlen will, weil ich gegangen bin und meine Eltern ihr überlassen habe, was es ihr unmöglich macht, zu reisen oder einfach wegzugehen, denn jemand muss mit Mutter zum Arzt gehen, wieder und wieder, weil Mutter immer älter wird. Und auch Ruth wird älter, genau wie ich älter werde, wie alle Menschen auf der Welt Jahr für Jahr älter werden.