Mutter wohnt in der Arne Bruns gate 22. Über die Onlineauskunft habe ich ein Bild des Gebäudes gefunden, in dem sie wohnt. Ich kenne diesen Teil der Stadt, aber nicht gut, vielleicht bin ich mal mit dem Bus hindurchgefahren, aber ich war nie in der Arne Bruns gate, soviel ich weiß. Es ist ein roter Klinkerbau. Jetzt habe ich sein Bild im Kopf, mehr brauche ich nicht zu wissen. Ich fahre zur Hütte im Wald, um den Abstand zu vergrößern. Das Laub ist rot geworden wie die Klinkersteine, aber noch lebt der Sommer im Holz, bis weit in den Oktober hinein bleibt der Sommer im Holz, die Sonne dringt in die schwarzen, mit Teer gestrichenen Stämme, die innen die Farbe von frischgebackenem Brot und Haut haben, der Sommer wohnt im Wald, solange er kann, die Holzstämme speichern Sonnenstrahlen und Wärme, es ist warm, als ich die Tür aufschließe. Von hier aus würde ein anderer Weg dortin führen. Eine Expedition von einem anderen Ausgangsort aus, fast als würde jemand anderes sie unternehmen. Ich weiß nicht, wie Mutters Woche aussieht, aber ich gehe davon aus, dass ihr Kalender nicht besonders voll ist, ich rechne damit, dass Ruths Woche der der meisten Arbeitnehmerinnen ähnelt, ich glaube, dass Mutter allein rausgeht, wenn sie an einem Dienstagvormittag unterwegs ist. Das Wetter ist schön, das ist ein guter Grund, um nach draußen zu gehen. Der Herbst ist die beste Zeit des Jahres, das Licht ist klar, die Luft scharf im Gesicht, obwohl die Sonne es wärmt. Schiebt sich eine Wolke vor die Sonne, wird es sofort kalt, aber wenn die Sonne wieder zum Vorschein kommt, wärmt sie Herz und Hirn. Mutter weiß nicht, welches Auto ich fahre, Mutter interessiert sich nicht für Autos, glaube ich, ich muss immer ein glaube ich hinzufügen. Ich will dennoch nicht in der Nähe parken, ich will so parken, dass ich sehen kann, wer aus dem Eingang kommt, aber nicht so nahe, dass sie mich bemerken. In parkenden Autos sitzen normalerweise keine Menschen. Nur wenn du jemanden abholen sollst und zu früh kommst, bleibst du im Auto sitzen, aber dann schaltest du den Motor nicht aus, dann fährst du nicht in eine Parklücke, dann schaltest du den Warnblinker an und hältst am Straßenrand. Ein Mensch, der lange in einem parkenden Auto sitzt, ist ein ungewöhnlicher Anblick, aber so ungewöhnlich, dass niemand ihn beachten wird. Das gehört in Spionagefilme. Wenn ich irgendwo entlanggehe, achte ich nie darauf, ob in den Autos, an denen ich vorbeikomme, jemand sitzt, mein Blick ist geradeaus gerichtet. Und wenn ich jemanden in einem parkenden Auto entdeckte, würde ich denken, dass das Auto entweder gleich losfährt oder der Mensch aussteigt. Aber wenn ich jemanden über längere Zeit in einem parkenden Auto sitzen sähe, würde ich das seltsam oder bedrohlich finden? Nicht, wenn er eine Karte läse. Also packe ich einen Stadtplan ein, ich plane es wie ein Verbrechen. Wenn ich keinen Parkplatz finde, fahre ich einfach um den Block und versuche es noch einmal. Vielleicht muss ich viele Runden drehen, aber das ist nichts Ungewöhnliches in einer Straße, die so nahe am Stadtzentrum liegt. Wenn ich keinen Parkplatz finde, kehre ich um, umzukehren ist keine Schande. Ich lächle nicht, meine Hand zittert im September. Als die Sonne hinter den Tannen untergeht, wird es sofort kühler, ich mache im Eisenofen in der Küche und in dem großen Steinkamin im kleinen Wohnzimmer Feuer und gehe hinunter in Richtung der unbeleuchteten Landstraße, um ruhiger zu werden, ich folge der Landstraße ungefähr einen Kilometer, es ist noch so hell, dass ich den Weg finde, ich höre die Schafsglocken. In keiner der anderen Hütten, die ich am Hang ahne, brennt Licht, aber auf dem Rückweg sehe ich das Licht meiner eigenen Hütte brennen, einladender Rauch steigt aus dem Schornstein, das beruhigt mich, mein Herz und meine Gedanken sind unruhig, es ist warm, als ich hineinkomme.