In der Regel breche ich vom Wald aus auf, aber nicht heute, die Blaubeeren sind da, in den Mooren sehe ich die unreifen Moltebeeren, das gibt mir Kraft. Ich halte an derselben Stelle, aber später am Tag, heute ist es drei Uhr. Ich sitze nicht mehr wie auf glühenden Kohlen, aber ich lese auch nicht, ich bin wie betäubt. Ich erkenne die Autos wieder, die hier stehen, drei schwarze und ein kleines E-Auto, niemand schließt sie auf und fährt weg, die Straße schläft. Ab und zu kommt ein langsames Auto vorbei oder ein Schulkind mit dem Ranzen auf dem Rücken, und dann schnürt es mir die Kehle zu, dann taucht ein zögerlich fahrendes Auto auf, ich sinke in meinen Sitz. Es hält Ausschau nach einer Parkmöglichkeit, ich wende mein Gesicht ab, es fährt vorbei, ich sinke noch tiefer in den Sitz, presse das Gesicht gegen den Sitzrücken, weiß es, ohne es zu wissen, spüre es, höre es anhalten, höre es gegenüber einparken, abwechselnd vor- und zurücksetzen, ehe es anhält, ich höre, wie die Tür zugeschlagen wird, höre das Klicken, mit dem es verriegelt wird, die Schritte über die Straße zum Bürgersteig, weiß es und habe recht, es ist meine Schwester. Ich schaue auf. Der Gang, die ganz besonderen Bewegungen ihres Körpers, die am Leben sind und in meinen eigenen eingebrannt, ich sehe ihr Gesicht nicht, es ist in Richtung Nummer 22 gedreht und in einen Schal gewickelt, aber ich sehe graue Haare daraus hervorschauen, sie geht mit leicht nach innen gekehrten Füßen über den Bürgersteig, so wie sie die Blåsutgate entlang zur Schule gegangen ist, mit dem auf dem Rücken baumelnden Ranzen, ich wusste nicht, dass ich mich daran noch erinnere. Sie hat eine Tasche über der linken Schulter hängen und eine grüne Stofftasche vom Supermarkt Kiwi mit Einkäufen für Mutter in der rechten. Meine Schwester geht mit ruhigen Schritten zum Eingang, sie trägt eine dunkle Hose, eine dunkle Allwetterjacke wie Mutters, sie ähneln einander, und ich, tue ich das auch? Sie geht ruhiger und weniger hektisch als Mutter, sie ist leicht vornübergebeugt und hat den Blick auf den Asphalt gerichtet, sie geht, als ob sie es nicht eilig hätte, vielleicht graust ihr. Das Bild meiner Schwester auf dem Weg zu Mutter versetzt mich nicht in Aufregung, ich bin nicht beschwingt oder erregt, da ist nur ein dumpfes Gefühl von Trauer.
Sie klingelt nicht, schaut kurz auf die Uhr und schließt die Tür auf. Alles ist still. Ich sehe keine Bewegung hinter irgendeinem Fenster, die mir sagen könnte, in welcher Etage Mutter wohnt, ich sehe die Gestalt oder den Schatten meiner Schwester hinter keinem der Fenster, nichts, woran ich erkennen könnte, in welcher Wohnung Mutter wohnt. Soll ich warten, bis sie herauskommt? Ich warte eine Dreiviertelstunde, aufrecht im Sitz, plötzlich ohne Furcht, warte noch eine Viertelstunde länger und dann fünf Minuten, aber vielleicht wird sie den ganzen Abend dort verbringen, die ganze Nacht, ich fahre in den Wald, auch wenn ich das gar nicht vorhatte, um meine neue Trauer zu verdauen.