Ich fahre in die Stadt und ziehe mich warm an, ich will spazieren gehen. Es ist halb neun, ich will um zehn oder später dort sein, und die Leute werden vor dem Fernseher sitzen oder gerade ins Bett gehen. Ich könnte auch bis nachts warten, aber das kann unheimlich werden. Ich gehe durch den Abend. Es ist dunkel, aber das Zentrum ist erleuchtet, die Weihnachtsdekoration glitzert und funkelt, ich gehe durch den Teil der Stadt, der neu und deshalb ungefährlich ist, durch Schneematsch und Pfützen, ich gehe, aber ich habe dicke Stiefel an, einen dicken Mantel, Mütze, Handschuhe, die Menschen eilen niedergedrückt und niedergeschlagen von ihren Tüten über die Straßen, ich komme in den Teil der Innenstadt, in dem die Gebäude teilweise unverändert geblieben, aber Schilder, Läden, Cafés neu sind, die Menschen, die sie bevölkern, sind grau gekleidet, haben gesenkte Köpfe, sie warten mit Gesichtern, die in eine größere Stadt gehören als die, in der ich aufgewachsen bin, die Bäume sind dieselben, schwarz und gespreizt, der Park ist wie immer, und alles scheint mir fast zu vertraut. Hinter dem Park liegt die Schule, zum Glück so ausgebaut, dass sie nicht wiederzuerkennen ist, der Hof ist kleiner als in meiner Erinnerung, vermutlich, weil die Kindheit eine so große Ausdehnung hat. Ich bleibe vor der Schule nicht stehen, obwohl ich versucht bin, ich gehe meinen Schulweg nach Hause, vorbei an dem, was einmal Arbeiterwohnungen waren, die jetzt von Studierenden und modernen jungen Menschen mit Kindern bewohnt werden, in den Fenstern hängen Weihnachtssterne. Ich folge der vielbefahrenen Straße, die zu überqueren Mutter uns verboten hatte, komme zu dem, was mal ein Kiosk war, dort hat jetzt eine Beraterfirma ihr Büro, ich gehe in die stillen Straßen, wo geräumige Villen in Gärten stehen, umgeben von mit Lichtern geschmückten Büschen und Bäumen, von Schaukeln und Wäschestangen, Autos stehen draußen, sie sind zu Hause, hinter den Fenstern brennt Licht, aber ich sehe niemanden. Ich komme an dem Haus vorbei, in dem Bente Bӕrdal gewohnt hat, auf dem Briefkasten steht nicht Bӕrdal, aber vielleicht hat es das nie getan, ich gehe langsam. Auf Thoresens Briefkasten steht Thoresen, ich muss ganz vorsichtig sein. Vielleicht wohnt Bror Thoresen in dem kleinen neugebauten Anbau, während seine Kinder mit ihren Kindern das Haupthaus bewohnen, Bror Thoresen ist klein geworden, die Kindheit zu groß.
Ich biege um die Ecke, aber ich sehe nicht nach vorn, ich sehe hinunter auf den Bürgersteig wie damals, um nicht auf die Ritzen zwischen den Steinen zu treten, ich hielt mich an den Riemen meines Ranzens fest und dachte, woran? Ich gehe einen Umweg durch die Godthåpsgate, dorthin, wo die Schlittschuhbahn war, wo nun aber ein Kindergarten ist, wie ich sehe, ich gehe einen Bogen und sehe das Haus, es ist immer noch gelb, aber die Giebel sind nicht mehr weiß, nicht wie damals, sie sind jetzt grün, und die Fenster nach Osten wurden gegen größere ausgetauscht, schön für die, die drinnen sind, und auch für die, die draußen sind. Ich gehe über den Fußweg, der schräg über die Wiese führt, er kommt mir viel kürzer vor als früher, denn alle Entfernungen haben sich verändert, und das Wäldchen liegt nicht da, wo es früher lag, und der Tennisplatz ist verschwunden, ich bleibe stehen, wo der Fußweg endet, und gehe durch die Straße meiner Kindheit, beim Anblick des Straßenschildes zucke ich zusammen, aber alles schläft, die Häuser, die Bäume schlafen, die Straße schläft, es ist nicht zu glauben, dass sie einmal so wach war, dass sie sich in Großbuchstaben in mich eingebrannt hat, sie schläft jetzt, kann aber plötzlich erwachen, das ist ja das Problem. Das schmiedeeiserne Tor kommt auf mich zu, zusammen mit dem Garten, der kleiner ist als in meiner Erinnerung, aber der Apfelbaum steht so dicht vor dem Fenster, das meins war, wie damals, es muss noch immer einfach sein herauszuklettern, falls das jemand müsste. Die Garage ist dieselbe, zum Glück, wäre die Garage abgerissen worden, wäre es schwer, sich zu orientieren, wäre sie abgerissen und wiederaufgebaut worden, bestünde das Risiko, dass eine Garage auf der Stelle stünde, um die es mir geht, andererseits würde Frau Benzen nicht zulassen, dass jemand auf ihrem Grundstück baut, aber Frau Benzen ist tot, doch Mutter nicht, wie es aussieht.