Tara kniete auf halber Höhe der Haupttreppe und polierte die Läuferstangen aus Messing, als sie Barney Usher entdeckte, der vor Daisys Büro herumlungerte.
Sie beobachtete, wie Barney auf seine Uhr sah, und rief: »Probleme?«
Er wirkte besorgt. »Es ist neun Uhr. Ich wollte mit Daisy reden, aber sie antwortet nicht. Dabei ist sie für gewöhnlich ab halb neun im Büro.«
»Ich laufe schnell zu ihrer Wohnung hoch«, sagte sie zu Barney. »Vielleicht hat ihr Wecker nicht geklingelt. Weswegen willst du sie sprechen?«
»Äh, das ist persönlich.« Barney wurde rot und zögerte. Seine langen Wimpern klappten wie die von Bambi auf und zu.
»›Persönlich‹ gibt es hier nicht. Steht in den Hotelstatuten.« Tara fand es lustig, wenn jemand anderes errötete. »Keine Geheimnisse!«
»Na schön.« Er warf resignierend die Arme in die Luft. »Ich will aus dem Hotel ausziehen und mir ein Cottage im Dorf mieten. Und da wollte ich Daisy fragen, ob ihr das recht ist.«
»Meine Güte, hast du im Lotto gewonnen?«, fragte Tara erstaunt. »Welches Cottage?«
»Brock Cottage, am Ende der Brocket Lane.«
Dann war er also nicht urplötzlich Millionär geworden. Tara schnitt eine Grimasse. »Rose Timpsons altes Haus? Ist ein wenig unheimlich, oder? Sie war völlig durchgeknallt und trug selbstgemachte Ketten aus Kastanien und Schraubverschlüssen. Warum willst du da einziehen?«
»Damit ich mit meiner Freundin zusammen sein kann.« Barney wirkte ungeheuer stolz.
»Hat sie es schon gesehen?«
»Ich will erst ein wenig aufräumen. Damit es phantastisch aussieht.«
Gott segne sein naives Herz, dachte Tara. Das muss wahre Liebe sein.
»Ich sehe besser mal nach, was mit Daisy ist. Und ich sage ihr, dass du sie sprechen willst. Keine Sorge, sie wird nichts dagegen haben«, teilte sie ihm fröhlich über ihre Schulter mit.
Sie hatte schon beinahe den Treppenabsatz erreicht, als Barney ihr etwas hinterherrief. »Das habe ich fast vergessen: Kannst du Daisy bitte ausrichten, dass Mrs. Penhaligon schon heute Vormittag anreist und nicht erst heute Nachmittag? Ihr Fahrer hat angerufen, dass sie gegen elf Uhr eintreffen, und Pam meinte, Daisy würde das wissen wollen.«
»Mrs P um elf. Verstanden.«
Barney senkte die Stimme, was Tara zwang, sich über das polierte Mahagonigeländer zu drapieren.
»Ist das etwa Paula Penhaligon?«, flüsterte er ehrfürchtig. »Die Sängerin?«
Gab es noch jemand dieses Namens, der die M4 mit Chauffeur entlanggegondelt kam und die Königssuite gebucht hatte?
»Ja, das ist sie«, bestätigte Tara. »Eine gute Nachricht für Hector – er kann es kaum erwarten, sie an sein Piano zu kriegen.«
Sie grinste innerlich, als sie zum Privatflügel ging und dabei einen von Ehrfurcht ergriffenen Barney zurückließ, der sich fragte, ob sie ihn auf den Arm nahm. Das war das Tolle an einem Menschen wie Hector – man konnte so gut wie jede Geschichte über ihn erfinden, und höchstwahrscheinlich war sie am Ende auch noch wahr.
Tara wollte eigentlich an Daisys Tür hämmern und brüllen: »Schnell, steh auf, Charles und Camilla sind hier.« Aber sie stellte fest, dass sie das nicht zu tun brauchte – Daisys Schlüssel steckten – grob fahrlässig – im Schloss. Wenn man aus früheren Ereignissen Rückschlüsse ziehen durfte, dann hatte sich Daisy in der vergangenen Nacht ordentlich zugekippt.
Und nun würde sie die Überraschung ihres Lebens erleben. O ja, das würde gleich sehr lustig werden.
Tara schlich durch das abgedunkelte Wohnzimmer und fragte sich, wie sie die größtmögliche Wirkung erzielen könnte.
Tara entschied sich für einen subtilen Ansatz und öffnete geräuschlos die Schlafzimmertür. Dann sank sie auf alle viere. Die Vorhänge waren noch zugezogen, das Zimmer lag in völliger Dunkelheit, aber sie konnte die Umrisse von Daisy neben einer zusammengerollten Überdecke ausmachen.
Langsam kroch Tara über den Teppich, erreichte das Ende des Bettes und ließ ihre Hand unter die Überdecke gleiten. Innerhalb von Sekunden stieß sie auf nacktes Fleisch. Daisys Fuß. So vorsichtig sie nur konnte, kitzelte sie die Zehen, bis diese wackelten.
Das war echt unbezahlbar. Daisy war völlig weggetreten! Tara wartete ein paar Sekunden, dann fuhr sie mit ihren Fingerspitzen spinnenartig bis zum Knöchel hoch. Der Fuß zuckte erneut, diesmal etwas irritierter. Tara tanzte mit ihren Fingern um Daisys Knöchel und bis hoch zum Schienbein. Sie genoss es sehr, aber gleichzeitig war sie überrascht – und ziemlich geschockt –, dass Daisys Knöchel so haarig waren. Diese Beine hatten seit Monaten keinen Rasierapparat mehr gesehen. Mein Gott, sie war wirklich unglaublich haarig, wie ein Wollmammut! Krass, dachte Tara, und so ein Abtörner für das andere Geschlecht. Auf diese Weise würde die arme, alte Daisy nie einen Mann finden.
Daisy zeigte erste Anzeichen des Erwachens. Tara fuhr zusammen, als sich das obere Ende der Überdecke bewegte.
Sie widerstand der Versuchung, auf Händen und Knien flugs aus dem Raum zu kriechen, bevor Daisy sie entdeckte, sondern blieb tapfer an Ort und Stelle.
Tara setzte ein breites Grinsen auf und hob den Kopf …
Und sah in die Augen eines völlig Fremden.
»Aaaaah!« Es war nur ein unterdrückter, nach innen gekehrter Aufschrei. Tara hielt den Atem an und wäre, immer noch auf den Knien, beinahe vor Schock hintenüber gekippt. Der Kopf, der unter der Überdecke aufgetaucht war, war nicht mehr als eine verwuschelte Silhouette, aber eins war klar: Diese Augen – und diese Schultern – gehörten eindeutig nicht zu Daisy.
Tara starrte ihn entsetzt an. Eine Hand wurde unter der Überdecke hervorgestreckt. Der Fremde in Daisys Bett legte den Finger an die Lippen und wies dann zur Tür.
»Sie schläft noch«, flüsterte er und wies mit dem Kopf auf Daisy, die eingerollt neben ihm lag. »Würden Sie einen Kessel mit Wasser aufsetzen? Ich komme in zwei Sekunden nach.«
Tara rappelte sich, immer noch mit offenem Mund, auf die Beine und wisperte zurück: »Ist gut.«
»Starker, schwarzer Kaffee. Zwei Stück Zucker«, murmelte der Fremde, als sie die Schlafzimmertür erreichte. Er klang, als würde er lächeln. »Und zu einem Stück Toast würde ich auch nicht nein sagen.«
Als er zwei Minuten später in die Küche kam, hatte Tara ihr Gleichgewicht wiedergefunden.
Na ja, einen Großteil davon.
»Hm, genau richtig.« Der Besitzer der haarigen Beine, die sie vor kurzem noch getätschelt hatte, nahm einen Schluck Kaffee und nickte anerkennend. »Und sogar zwei Runden Toast. Ich bin beeindruckt. Obwohl ich Johannisbeergelee vorgezogen hätte«, fügte er im Plauderton hinzu. »Aus Orangenmarmelade mache ich mir eigentlich nichts.«
»Dann machen Sie sich Ihr Frühstück doch selbst, Mr Mäkelig.« Tara, die auf einem der hohen Küchenhocker saß, schob ihm einen Laib Brot zu und angelte sich seinen Toast mit Marmelade. »Wer sind Sie überhaupt?«
»Ich? Ich bin nur der Kerl, den Sie in die Zehen gezwickt haben.« Er hielt im Brotschneiden inne und streckte ihr feierlich die Hand hin. »Mein Name ist Josh. Josh … Mäkelig.«
Tara amüsierte sich allmählich. Wenn man nicht weiß, was man von einer Situation halten soll, dann muss man einfach das Beste daraus machen. Sie schluckte ihren Bissen Toast hinunter und schüttelte seine Hand. »Und wo hat Daisy Sie aufgegabelt?«
»Daisy? Ist das ihr Name?« Er blinzelte Tara zu. »Ich mache nur Spaß. Eigentlich hat sie mich direkt hier gefunden.«
Taras Augen wurden groß. »Sie sind ein Gast?«
Das war vielleicht ein Hammer! Daisy hatte stets Wert darauf gelegt, niemals etwas mit einem Hotelgast anzufangen. Das bedeutete, dass sie in der vergangenen Nacht ordentlich einen in der Krone hatte – oder dass dieser Mann etwas ganz Besonderes sein musste.
»War sie betrunken?«, verlangte Tara schonungslos zu wissen.
»Vielen Dank auch. Sie verstehen es wirklich, einem Mann zu schmeicheln.« Sein Lächeln war auf liebenswerte Weise schief. »Was Sie betrifft, ist das wohl die einzig mögliche Erklärung, oder? Sie glauben, Daisy hätte mich nicht einmal mit einer Feuerzange angerührt, wenn sie nüchtern gewesen wäre.«
»So habe ich das nicht gemeint«, polterte Tara. »Aber Sie sind ein Gast. Und Daisy hat immer behauptet, sie würde sich niemals auf einen Gast einlassen. Das wäre unprofessionell.«
Zur Hälfte entsprach das der Wahrheit. Das mit der Feuerzange war vielleicht etwas harsch formuliert, aber er lag damit nicht völlig falsch. Wenn Josh in einer Reihe mit potenziellen Männern für Daisy gestanden hätte, wäre Tara nie auf den Gedanken gekommen, dass Daisy sich für ihn entscheiden könnte. Um gnadenlos ehrlich zu sein: Sie hielt ihn nicht für Daisys Typ.
Er sah zwar nicht hässlich aus, aber er hatte eine gebrochene Nase, zerzaustes, rotbraunes Haar, Augenringe und schrecklich viele Sommersprossen. Seine Augen waren nett, fügte Tara eilig hinzu, braun und grün und freundlich. Und sein Mund war fröhlich, aber einige Zähne standen eindeutig schief. Und es ließ sich nicht leugnen, dass er große Ohren hatte. Außerdem waren sein blaues Hemd und seine schwarze Hose verknittert, auch wenn das daran liegen mochte, dass sie die ganze Nacht auf Daisys Schlafzimmerboden gelegen hatten. Gestern Abend hatte er womöglich sehr viel chicer ausgesehen, als er sie in der Bar angequatscht hatte. Außerdem hatte er da bestimmt Schuhe und Socken getragen.
»Meine Persönlichkeit gibt den Ausschlag«, erklärte ihr Josh, dem offensichtlich bewusst war, wie kritisch sie ihn musterte. »Wir können nicht alle James Bond sein.«
»Das ist nicht fair«, protestierte Tara. »Das habe ich gar nicht gedacht.«
»Doch, haben Sie.« Er griff nach dem Johannisbeergelee und häufte es auf seine Brotscheibe. »Das Aussehen ist nicht alles, Tara. Ich schlage mich auch so ganz wacker. Und Daisy war gestern Abend nicht betrunken. Ich habe sie mit meinem Esprit, meinem Charme und, wie ich schon erwähnte, meiner einzigartigen Persönlichkeit verführt.«
»Woher kennen Sie meinen Namen?«, platzte Tara heraus.
»Hm?« Josh tat überrascht und nahm seine Scheibe Brot in die Hand. »Ach, das ist nur eine Gabe, die ich habe. Sobald ich mich fünf Minuten mit jemandem unterhalte, fällt mir der Name einfach so zu. Es ist eine großartige Möglichkeit, Mädchen anzumachen. Sie finden es großartig. So hat es bei Daisy gestern Abend auch funktioniert.« Er blinzelte ihr verschwörerisch zu. »Ja, das nenne ich ein überzeugendes Ergebnis.«
Tara hob ihre Augenbrauen. »Halten Sie mich für beschränkt?«
Einen entsetzlichen Augenblick lang fragte sie sich, ob er diese Frage bejahen würde. Es war zutiefst unfair: Als Blondine mit üppigem Vorbau und einer Zimmermädchenuniform hielten einen die Leute immer für geistig minderbemittelt.
Aber Josh grinste sie nur an. »Es war einen Versuch wert. Sie sind Tara, Sie arbeiten hier im Hotel und Sie sind Daisys beste Freundin. Sie hat mir von Ihnen erzählt. Als ich aufwachte und merkte, dass mir ein Zimmermädchen über die Füße streichelt, da dachte ich bei mir, dass Sie das sein müssen.«
»Das mache ich bei allen Gästen.« Tara zuckte mit den Schultern. »Standardprozedur.«
»Ein hervorragender Service. Besser als ein Weckanruf durch den Portier. Aber ich bin überrascht, dass Daisy Ihnen nichts von mir erzählt hat«, meinte Josh. »Ich bin ein Gast von Daisy, nicht vom Hotel. Wir kennen uns seit Jahren, und ich bin schon seit Montag hier.«
Das war ja vielleicht ein Ding! Tara hatte allerdings seit gestern tunlichst darauf geachtet, Daisy aus dem Weg zu gehen, weil sie wegen des neuerlichen Treffens mit Dominic ein schlechtes Gewissen hatte.
»Ich hatte zu tun. Wir haben seit Montag früh nicht miteinander geredet. Apropos, es ist jetzt Mittwoch früh, und Daisy sollte längst im Büro sein.« Sie tippte auf ihre Armbanduhr.
»Liegt denn ein Notfall vor? Sie hat gestern Nacht nicht viel Schlaf abbekommen. Könnten Sie ihr nicht noch eine Stunde genehmigen?«
»Ich … «
Die Badezimmertür wurde aufgerissen und Daisy schoss heraus. Mit abstehenden Haaren und Panda-Augen blieb sie beim Anblick von Tara und Josh, die in der Küche ein kameradschaftliches Frühstück genossen, abrupt stehen.
»Es ist zwanzig nach neun! Was ist mit meinem Wecker passiert? Und was machst du denn hier?«, sagte sie vorwurfsvoll zu Tara.
»Ich wollte dich wecken.«
Daisys mascara-verschmierter Blick wanderte schuldbewusst in Richtung Josh.
»Und du hast sie überredet, zum Frühstück zu bleiben? Also wirklich, Josh, du hättest ruhig an meine Tür klopfen können. Du weißt doch, wie sehr ich es hasse, zu verschlafen.«
Herrlich! Tara stellte hocherfreut fest, dass Daisy versuchte, sich aus dieser Situation herauszubluffen. Zu ihrer großen Erleichterung entdeckte sie auch, dass Daisys nackte Beine unter dem hastig übergeworfenen weißen Frotteemorgenmantel so sonnengebräunt und glatt waren wie die Brust eines Chippendale Strippers.
»Josh, es ist mir Ernst. Hat mein Wecker heute Morgen nicht geklingelt? Wenn ja, dann musst du ihn doch durch die Wand gehört haben.« Mit bedeutungsvoll geweiteten Augen plapperte Daisy weiter. »Du hättest mich wecken sollen. Du wusstest doch, dass ich unten erwartet werde … «
»Ähem.« Josh räusperte sich und rieb sich mit der Hand über das stoppelige Kinn.
»Was ist?« Daisy sah die beiden verwirrt an.
»Tara weiß Bescheid«, brachte Josh ihr schonend bei. »Sie versuchte, dich durch eine Kitzelattacke an der Fußsohle zu wecken.« Er bemühte sich um kontrollierte Gesichtszüge. »Dummerweise hat sie stattdessen meine Fußsohle erwischt.«
Erkenntnisdämmerung. »Ach verdammt«, jammerte Daisy. »Das ist so unfair.«
»Obacht! Achte auf deine Worte. Ich hoffe, du wolltest mich nicht unter den Teppich kehren«, sagte Josh. »Ich warne dich, das könnte ich in den falschen Hals bekommen.«
»Du Idiot, so habe ich das nicht gemeint.« Daisy ging zu ihm, legte einen Arm liebevoll um seine Taille und stahl ihm einen Bissen Brot. »Tara ist meine beste Freundin. Wir haben keine Geheimnisse voreinander«, erklärte sie Josh. »Sie weiß, dass ich seit über einem Jahr keinerlei Sexualleben mehr hatte. Aber ich wäre gern diejenige gewesen, die ihr von uns erzählt.«
Tara zuckte ein wenig zusammen, als Daisy behauptete, sie hätten keine Geheimnisse voreinander. Sie selbst hatte die vergangene Nacht nicht schlafen können, weil sie dauernd an Dominic denken musste. »Keine Sorge, du kannst es mir später erzählen.« Mit einem lasziven Grinsen fügte Tara hinzu: »Und ich will alle schmutzigen Details hören.«
»Ehrlich, warum dürft ihr Mädels euch das erlauben?«, protestierte Josh. »Ihr würdet ausflippen, wenn zwei Männer verkündeten, sie würden sich über euch auslassen.«
»Ich weiß. Aber es macht Spaß. Und ich werde nur nette Dinge über dich sagen, versprochen.« Daisys Tonfall war tröstend. »Jetzt muss ich duschen. Ist unten etwas vorgefallen, von dem ich wissen sollte?«
Tara glitt vom Hocker. Es war an der Zeit, sich wieder an die Arbeit zu machen. »Paula Penhaligon kommt schon um elf.« Sie zählte an den Fingern ab. »Und ich wollte dich fragen, ob du morgen Nachmittag nach Bristol fährst, ich suche noch eine Mitfahrgelegenheit.«
»Nein«, entschuldigte sich Daisy. »Mein Termin dort wurde abgesagt.«
Taras Gesicht spiegelte ihre Enttäuschung wider. Am Freitag hatte Maggie Geburtstag und sie hatte ihr noch nichts gekauft. »Ach, schon gut.«
»Aber Josh ist doch da.« Daisy packte ihn am Arm. »Du könntest Tara fahren, oder?«
»Ja klar. Was hat Ihr Auto für ein Problem?«, erkundigte sich Josh bei Tara.
»Sie hat gar kein Auto«, klärte Daisy ihn auf.
Josh war schockiert. »Ehrlich nicht? Wie kann man hier leben und keinen fahrbaren Untersatz besitzen?«
»Ganz einfach: Ich habe keinen Führerschein.«
»Das ist verrückt.« Ungläubig schossen Joshs sonnengebleichte Augenbrauen zu seinem Haaransatz hoch. »Warum um alles in der Welt haben Sie keinen Führerschein?«
Tara seufzte. Sie war es gewöhnt, dass die Leute das nicht fassen konnten. »Ich habe einfach niemals fahren gelernt. Wenigstens nicht richtig. In London konnte ich immer mit dem Bus oder der U-Bahn fahren. Als ich hierher zog, versuchte meine Tante, mir das Fahren beizubringen, aber das war eine Katastrophe.«
»Wie wäre es mit einem geprüften Fahrlehrer?« Josh gehörte zu der hartnäckigen Sorte.
»Die kosten ein Vermögen. Und meine schreckliche Chefin speist mich mit einem Almosen ab.« Tara klang bedauernd.
Ihre schreckliche Chefin hielt lauwarmen Kaffee in der Hand und sah auf ihre Uhr. »Ich habe ihr angeboten, ihr ein paar Fahrstunden zu erteilen, aber sie hat nicht mehr den Nerv dazu.«
»Und wie kommen Sie zurecht?« Josh war immer noch neugierig.
Tara krümmte sich. Sie wünschte, sie müsste das nicht weiter ausführen. Es war peinlich.
»Sie schnorrt Mitfahrgelegenheiten. Wie morgen Nachmittag, wenn du sie nach Bristol fahren musst.« Daisy schluckte den Rest des Kaffees und eilte ins Badezimmer.
»Ach ja, Barney will mit dir reden«, rief Tara ihr hinterher, als ihr der dritte Punkt wieder einfiel. »Gott segne ihn, er hat aufregende Neuigkeiten.«