Am nächsten Morgen trudelten in aller Frühe die ersten Geschäftsmänner in Anzügen zu Dev Tyzacks Managementtraining ein. Daisy begrüßte sie am Eingang und führte sie in den Saal, in dem das Seminar abgehalten wurde. Dev würde jeden Moment eintreffen. Die erste Präsentation war für 9 Uhr 30 angesetzt. Um 11 Uhr gab es eine Kaffeepause und um 13 Uhr wurde das Mittagessen im Restaurant serviert. Eine weitere Pause war für 15 Uhr 30 geplant, den Rest des Nachmittags gab es Sitzungen, gefolgt von Drinks an der Bar.
Daisy, die die nächste Gruppe begrüßte, hatte sich fest vorgenommen, dass alles glatt laufen würde. Nach der Beinahekatastrophe auf der Cross-Calvert-Hochzeit fühlte sie sich gezwungen, Dev zu beweisen, dass sie dem Job gewachsen war. Sollte ein gestresster Geschäftsmann einen Herzinfarkt erleiden, würde sie ihn umgehend und ohne viel Wirbel wiederbeleben. Kam eine weibliche Teilnehmerin in die Wehen, würde sie dem Baby diskret und effizient auf die Welt helfen. Dieser Tag sollte absolut problemlos verlaufen.
Und vor allem würde kein Angehöriger ihres Personals mit einem von Devs Kunden flirten, weder männlich noch weiblich. Fortan war dieses Hotel eine flirtfreie Zone.
Nun ja, abgesehen von ihrem Vater und Paula Penhaligon, musste Daisy einräumen, als Hector die Treppe herunterkam.
Eigentlich kam Hector die Treppe nicht herunter, er tänzelte nach unten. Er wirkte heiter und ekelerregend zufrieden mit sich selbst. Die Begegnung mit Paula hatte ihm eindeutig neuen Schwung verliehen.
»Entschuldigen Sie bitte, ich habe da ein Problem.«
Daisy drehte sich um und stand einer jungen Frau gegenüber, die sie leicht am Arm berührte. Eben eingetroffen, chic gekleidet und einen Aktenkoffer umklammernd, wirkte sie dennoch konfus.
»Was kann ich tun?«
»Es ist passiert, als ich aus dem Auto ausstieg.« Sie beugte sich nach unten, um Daisy die enorme Laufmasche in ihrer transparenten, schwarzen Strumpfhose zu zeigen. »Mein Gott, es sieht furchtbar aus. Ich habe mir die Strümpfe am Verschluss des Aktenkoffers aufgerissen.«
»Gar kein Problem.« Daisy sah auf und entdeckte, dass Barney frei war. »Es gibt einen Laden im Dorf. Ich lasse einen unserer Pagen eine neue Strumpfhose für Sie holen.« Na bitte, ein Klacks.
»Ich war bereits im Dorfladen.« Die junge Frau zog eine Schnute. »Kein Glück. Sie hatten nur vierzig Den in Braun. Entsetzlich«, flüsterte sie. »So was tragen ausschließlich Rentnerinnen.«
»Na gut, geben Sie mir zwei Minuten. Ich bin gleich wieder da.« Daisy blieb zuversichtlich.
Im oberen Stockwerk wühlte sie sich durch ihre Kommode und fand schließlich ein ungeöffnetes Päckchen mit Strümpfen in transparentem Schwarz, zehn Den. Sie eilte wieder nach unten und sah gerade noch Dev Tyzacks Rücken, der im Konferenzsaal verschwand.
»Sie haben mir das Leben gerettet«, seufzte die Frau, nahm erleichtert die Strümpfe entgegen und winkte mit einem Zehnpfundschein. »Sie sind großartig. Vielen Dank.«
»Das ist nicht nötig.« Daisy schüttelte angesichts des Geldes den Kopf, aber die Frau drückte ihr den Schein in die Hand.
»Bitte, ich kann mir von Ihnen nicht einfach Strümpfe schenken lassen, die sind nicht billig. Bitte, nehmen Sie es. Ich ziehe mich dann um.«
Es war peinlich, aber die Frau war in Eile und sehr hartnäckig. Widerstrebend nahm Daisy den Zehnpfundschein. Sie fühlte sich wie ein Drogendealer. Fünf hätten gereicht, zehn waren zu viel, aber wenn sie der Frau Wechselgeld gab, würde sie die Peinlichkeit der Situation nur erhöhen.
Außerdem hatte die Frau Recht, die Strümpfe waren nicht billig gewesen, sie waren von Aristoc. Daisy war ziemlich sicher, dass sie dafür acht Pfund fünfzig bezahlt hatte.
Daisy sah Dev zum ersten Mal richtig in der Kaffeepause um 11 Uhr. Ein begeistertes Summen lief durch die Teilnehmer, die angeregt das bisherige Seminar diskutierten. Dev, umringt von mehreren Fragestellern, sah auf und entdeckte Daisy, die ihn von der Tür beobachtete. Daisy lächelte der Frau mit den Strümpfen wiedererkennend zu und bahnte sich durch die Menge ihren Weg zu ihm.
»Ich wollte nur nachsehen, ob alles in Ordnung ist«, sagte sie zu ihm.
»Alles bestens.« Seine dunklen Augen glitten über ihre orangefarbene Seidenbluse, den schwarzen Rock und die schwarzen Pumps. Mit einem angedeuteten Lächeln fügte er hinzu: »Keinerlei Anlass zur Beschwerde.«
Hör sofort auf, Flirten ist hier nicht gestattet, wollte Daisy wie ein Feldwebel bellen. Ich flirte nicht mit dir, und du hast gefälligst nicht mit mir zu flirten.
»Gut. Dann lasse ich Sie jetzt allein.« Eifrig bedacht, ihm zu beweisen, wie umtriebig und effizient sie war, tippte sie effizient und geschäftsmäßig auf ihre Armbanduhr. »Das Mittagessen wird um Schlag 13 Uhr serviert.«
»Da fällt mir ein«, sagte Dev, »als ich Ihnen mitteilte, dass die Teilnehmerzahl um acht Personen ansteigt, habe ich ganz vergessen zu erwähnen, dass drei der acht Vegetarier sind.«
Na toll. Mistkerl!
»Drei? Kein Problem«, log Daisy. Sie nickte huldvoll und lächelte so breit, als ob sie nichts mehr genoss, als kurzfristig mitgeteilt zu bekommen, dass drei zusätzliche Vegetarier am Mittagessen teilnahmen.
»Nein, nur ein Scherz.« Dev zwinkerte ihr zu.
Daisy atmete hörbar aus. Gott sei Dank. Sie schüttelte den Kopf und lächelte ihn vorwurfsvoll an. »Jetzt hätten Sie mich beinahe hereingelegt.«
»Nicht nur beinahe.«
»Ich gehe jetzt.«
»Gut so.« Dev nickte in Richtung Tür. »Da scheint Sie jemand zu suchen.«
Es war Josh, der sie mit unverhohlenem Vergnügen beobachtete. Als er Daisys Blick auffing, warf er ihr eine Kusshand zu und winkte sie zu sich.
Dev hob eine Augenbraue. »Wer ist das?«
»Nur jemand, der nach mir sucht«, meinte Daisy.
Warum hatte sie nicht gesagt: »Wer? Josh? Das ist mein Freund.« Aus irgendeinem undefinierbaren Grund wollten ihr diese Worte einfach nicht über die Lippen kommen.
»Ist das zu glauben? Ich bin versetzt worden«, klagte Josh. »Dein Vater ist meiner überdrüssig geworden. Wir hatten uns zum Golf verabredet und er ist nicht aufgetaucht. Hat offenbar jemand anderen gefunden, mit dem er lieber spielt.« Er schaute höchst angewidert. »Auch noch mit einem Mädchen. Das ist echt die Höhe!«
Mädchen? Mit Ende vierzig? Wohl kaum.
»Du könntest dir Brüste implantieren lassen und dir eine Tonne Make-up ins Gesicht klatschen«, schlug Daisy mildtätig vor. »Möglicherweise hilft das.«
Josh strahlte auf. »Damit könnte ich ihn zurückgewinnen? Ihm vor Augen führen, dass er doch lieber mit mir zusammen sein will?« Er breitete seine Arme weit aus, wie Carreras, und schmetterte: »Torn between two lovers … «
Na ja, eher nicht wie Carreras.
»Paula Penhaligon singt besser als du«, meinte Daisy.
»Und du?«
»Ich auch. Jeder singt besser als du.«
»Ich wollte eigentlich wissen, ob es dir auch so geht: Torn between two lovers? Bist du auch zwischen zwei Liebhabern hinund hergerissen?« Er wackelte mit den Augenbrauen und sah zu Dev Tyzack hinüber. »Das ist er, nicht wahr? Der Typ, mit dem du letzthin so angeregt geplaudert hast.«
»Du bist ein Idiot«, verkündete Daisy. »Ich bin nicht hinund hergerissen und er ist auch nicht mein Liebhaber.«
Josh lachte angesichts ihrer Empörung. Eifersucht war ihm fremd.
»Das liegt nur daran, dass du so vernünftig warst, dich für mich zu entscheiden.« Bescheiden fügte er hinzu: »Und ich muss sagen, du hast genau die richtige Entscheidung getroffen.«
»Ach ja?«
»Wie ich dir schon sagte, Männer wie er erobern Frauenherzen im Sturm, aber dann entsorgen sie diese Frauen schneller als Giftmüll. Das kannst du unmöglich wollen. Ich dagegen bringe dich zum Lachen und werde dir nicht das Herz brechen. Jetzt mal ehrlich, was klingt besser?«
Daisy grinste. Er sagte ihr nichts, was sie nicht bereits wusste.
»Also gut, du hast ja Recht. Aber trotzdem hat dich mein Dad versetzt und ich muss wieder an die Arbeit. Was willst du jetzt tun?«
»Was tut ein Kerl mit Selbstachtung, wenn er versetzt wurde? Er geht zum Golfclub und sucht sich jemand anderen, mit dem er spielen kann.« Josh bekam Lachfältchen. »Du kannst hierbleiben und mit Dev Tyzack flirten.«
»Aber ich will nicht mit … hmpf!« Daisy schnappte nach Luft, als Josh sie auf den Mund küsste. Zwar nur kurz, aber heftig.
Wie Indiana Jones.
»Okay, ich schieß jetzt los.« Zärtlich streichelte er ihr linkes Ohrläppchen. »Und du darfst, wenn du möchtest.«
Flirten, meinte er wahrscheinlich.
»Das hättest du nicht tun sollen. Ich leite dieses Hotel. Ein Kuss in der Öffentlichkeit ist unprofessionell«, sagte Daisy.
»Keine Sorge, das hat niemand gesehen. Na ja, mit einer Ausnahme.« Josh zwinkerte.
Na toll.
Den Rest des Tages hielt Daisy sich auf Distanz und prüfte nur hin und wieder, ob auch alles planmäßig ablief, bevor sie sich rasch wieder verzog. Aber als das Seminar um 17 Uhr 30 zu Ende war, kam Dev zu ihr.
»Wir nehmen noch einen Drink an der Bar. Möchten Sie sich uns anschließen?«
Drink oder kein Drink? Daisy, die dringend eine Pause nötig hatte, atmete die schwachen Reste seines Aftershaves ein. Josh gab Tara ihre zweite Fahrstunde, folglich stand ihre Wohnung ohnehin leer. Sie konnte etwas Gesellschaft gebrauchen. Also schraubte sie ihren Füllfederhalter zu, stand auf und sagte: »Warum nicht?«
In der überfüllten Bar lud Dev sie auf ein Glas Weißwein ein und sah auf seine Uhr. »Meine Nachbarin passt auf Clarissa auf. Ich habe ihr gesagt, dass ich um sieben Uhr zurück bin. Sie wird mich vermissen.«
»Ihre Nachbarin?«
»Die vermutlich auch.« Dev lächelte. »Clarissa begleitet mich normalerweise überallhin, aber ich konnte sie nicht den ganzen Tag im Auto lassen.«
»Ich hätte doch auf sie aufpassen können«, beschwerte sich Daisy. »Sie hätte in meinem Büro bleiben können, und mittags wäre ich mit ihr Gassi gegangen.«
»Ich wollte mich nicht aufdrängen.«
»Das hat doch nichts mit Aufdrängen zu tun. Ich bin gewissermaßen ihre Tante!«
»Sie hätten zu tun haben können. Wer war der Mann, mit dem Sie heute Nachmittag vor dem Konferenzsaal geredet haben?«
»Josh? Er ist derjenige, der mich letzte Woche hereingelegt hat. Der ehemalige Freund aus Collegezeiten.« Na bitte, sie hatte es ihm gesagt. Immerhin war er neugierig genug, um zu fragen. Schon zum zweiten Mal.
Dev wirkte skeptisch. »Weiß er, dass er nur ein alter Freund ist?«
»Wir probieren es gerade noch mal miteinander.« Herrje, das klang nicht sehr leidenschaftlich. Daisy gab sich mental einen Ruck. »Er ist brillant«, fuhr sie mit funkelnden Augen fort. »Wir sind glücklich. Sehr glücklich.« Mein Gott, ich klinge wie eine lausige Schauspielerin, und dabei spiele ich gar kein Theater – es ist die Wahrheit.
Plötzlich berührte sie jemand am Arm. Dankbar über jede Art von Ablenkung rief Daisy: »Ach, hallo, hatten Sie einen angenehmen Tag?«
Es war die Frau mit der zerrissenen Strumpfhose.
»Ich wollte mich noch einmal bedanken.« Sie strahlte Daisy an. »Sie haben mir das Leben gerettet.«
Ärzte, Chirurgen und Feuerwehrmänner retten Leben.
»Nun ja«, meinte Daisy, »ich habe Sie davor bewahrt, braune Strümpfe in 40 Den tragen zu müssen.«
»Mich plagen dennoch Schuldgefühle. Ich glaube, ich habe Ihnen nicht genug gegeben.« Dabei wühlte die Frau tatsächlich in ihrer Handtasche nach einem zweiten Zehnpfundschein, den sie Daisy entgegenstreckte.
Verwundert schüttelte Dev den Kopf. »Worum geht es?«
»Ach, ich habe mir heute Morgen bei der Ankunft meine Strümpfe zerrissen. Diese Frau hat mir freundlicherweise ein Paar von sich verkauft. Aber ich habe mir den ganzen Tag Gedanken gemacht. Sie haben mich so merkwürdig angesehen, da fragte ich mich, ob zehn Pfund vielleicht nicht ausreichen und Sie mehr erwartet haben.«
Dev runzelte die Stirn und wandte sich an Daisy. »Sie haben ihr Strümpfe von sich verkauft? Für zehn Pfund?«
O bitte, wofür hielt er sie eigentlich?
»Hören Sie«, Daisy hob protestierend die Hände, »es ist nicht so, wie es klingt. Zum einen waren es keine gebrauchten Strümpfe von mir.« Dachte er wirklich, sie hätte irgendein abgetragenes Paar Strümpfe aus ihrer Unterwäschekommode gezogen? »Sie waren brandneu, noch originalverpackt. Und ich wollte überhaupt kein Geld, aber … aber … «
»Jennifer«, steuerte Dev bei, als offensichtlich wurde, dass sie ins Schwimmen kam.
»Jennifer, genau. Sie bestand darauf, dass ich das Geld nehme«, erklärte Daisy, »und sie hatte es eilig. Ich wollte die zehn Pfund gar nicht, aber letztendlich schien es so am einfachsten.«
»Zehn Pfund?« Wiederholte Dev und schüttelte ungläubig den Kopf.
Typisch Mann. Sie mochten begriffen haben, dass Kleider sehr viel kosten können und dass Unterwäsche richtig teuer sein kann und dass Schuhe, na ja, ein Vermögen kosten können, aber was Strümpfe betraf, so hatten sie keinen blassen Schimmer. Steven war genauso gewesen, erinnerte sich Daisy, aus irgendeinem Grund war er davon überzeugt, dass Strümpfe maximal siebzig oder achtzig Pence kosteten.
Daisy versuchte, ihre Verärgerung zu verbergen. »Für Sie mag das ja teuer klingen, aber so viel kosten anständige Strümpfe heutzutage.«
»Tatsächlich?« Dev wandte sich an Jennifer, der das Ganze peinlich schien.
»Meine Güte, keine Ahnung. Ich kaufe immer nur die billige Sorte, diese edlen Strümpfe sind nicht meine Gehaltsklasse.«
Prompt wuchs Daisys Verärgerung. Das war nicht fair. Jennifer tat unschuldig, aber gleichzeitig drehte sie das Messer in der Wunde. An diesem Morgen hatte sie noch absolut nett gewirkt. War das jetzt Absicht?
Daisy verstand die Welt nicht mehr. Dev sah sie an, als krabbelten Spinnen aus ihren Ohren. Demütigende Erinnerungen an ihre Schulzeit tauchten auf, als man sie gemeinerweise beschuldigt hatte, am örtlichen Zeitungskiosk einen Müsliriegel geklaut zu haben. Okay, möglicherweise hatte sie den Riegel tatsächlich mitgehen lassen, aber als Mutprobe und nicht, weil sie eine Diebin war.
Dev stand eindeutig auf Jennifers Seite. »Darf ich fragen, wie viel Sie für die Strümpfe bezahlt haben?«
Was war das für eine Frage? Und was sollte sie seiner Meinung nach darauf antworten?
»Zehn Pfund!«, log Daisy. Mehr oder weniger. Natürlich war es weniger gewesen, aber sie wollte verdammt sein, wenn sie ihm das jetzt auf die Nase band. Auch wenn sie das dumpfe Gefühl hatte, dass er es bereits wusste.
»Wir sollten jetzt los«, verkündete Dev abrupt. »Ich habe für acht Uhr einen Tisch reservieren lassen.«
Einen Augenblick lang glaubte Daisy, er würde mit ihr reden. Dann merkte sie, wie Jennifer mit einem triumphierenden Lächeln ihren Rock glattstrich und dabei ungeheuer selbstzufrieden wirkte.
Ohne nachzudenken sagte Daisy: »Und was ist mit Clarissa? Werden Sie nicht von ihr erwartet?«
»Ach, haben Sie sie auch schon kennen gelernt?«, rief Jennifer begeistert. »Ist sie nicht eine echte Zuckerpuppe? Ich liebe sie abgöttisch.«
Wie bitte?
Daisy war verwirrt, hatte sie doch angenommen, dass Jennifer und Dev sich erst an diesem Tag begegnet waren. Jennifer hatte nicht das Recht herumzutönen, wie fabelhaft Clarissa war. Ich habe sie zuerst entdeckt, dachte Daisy mürrisch, nicht du.
»Wenn Sie Ihr Kind so lange allein zu Hause ließen, würde sich das Sozialamt wie ein Habicht auf Sie stürzen«, erklärte Daisy.
»Wir holen sie ab, drehen eine Runde mit ihr und lassen sie dann im Auto, während wir essen.«
Ach ja? Jennifer oder Clarissa?
»Gib mir zwei Minuten, damit ich mir die Nase pudern kann.« Jennifer strahlte zu Dev hoch und legte besitzergreifend ihre Hand auf seinen Unterarm.
»Ist sie eine Ihrer Kunden?«, fragte Daisy, als die junge Frau in der Toilette verschwunden war.
»Nein. Jennifer ist meine Sekretärin.«
Sekretärin. Natürlich hatte er eine Sekretärin. Er hatte sie nur nie zuvor erwähnt. Und jetzt essen sie auch noch zusammen zu Abend, dachte Daisy säuerlich. Jennifer mochte nicht sein Typ sein, aber offenbar war sie die Frau, mit der Dev sein Bett teilte. Wenn gerade niemand Besseres zu haben war.
Draußen war es schon beinahe dunkel. Josh und Tara würden bald zurückkommen. Daisy sah auf ihre Uhr und trank den Rest ihres Weines in einem Zug.
»Ich muss jetzt auch los. Genießen Sie Ihr Abendessen.« Ein Teil von ihr war versucht, hinter die Bar zu greifen, einen Zehnpfundschein aus der Kasse zu nehmen und ihn Dev zu geben, damit er ihn an Jennifer weiterleiten konnte. Der Rest von ihr dachte, zum Teufel, warum sollte ich?
Aus ihrem abgedunkelten Büro beobachtete Daisy, wie Dev das Hotel verließ und zum Parkplatz ging. Mit weit ausholenden, selbstbewussten Schritten, das Jackett über die Schulter geworfen, erinnerte er sie nachdrücklich daran, warum sie gut daran tat, sich von Männern wie ihm fernzuhalten.
Sein Wagen rollte vor den Eingang und kam kiesknirschend zum Stehen. Die Beifahrertür wurde von Dev aufgestoßen, und Jennifer, die auf den Stufen gewartet hatte, stieg fröhlich ein.
Selbstverständlich sahen ihre Strümpfe großartig aus.
Einen wie ihn brauche ich nicht, sagte sich Daisy, als der Wagen die Auffahrt hinunterdonnerte. Bringt nichts als Ärger.
Und überhaupt, wen kümmert’s? Ich habe ja Josh!