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23. April, 23:48 CAT
Provinz Tshopo, Demokratische Republik Kongo

»Das Gewitter wird heftiger!«, rief Frank.

Er drückte die Wange ans Kabinenfenster. Die Acrylglasscheibe vibrierte von den tiefen Donnerschlägen. Weit voraus erhellten Blitze die Dunkelheit. Blinzelnd musterte er den rötlichen Flammenschein weiter flussaufwärts.

Was geht da vor? Hat ein Blitz einen Waldbrand ausgelöst?

Die kleine Gazelle von Aérospatiale schwankte in den Sturmböen. Der Heli folgte dem dunklen Flusslauf. Sie überflogen einen Mahlstrom schäumenden Wassers, das über schwarzes Felsgestein hinwegschoss und schroffe Klippen hinabstürzte. Die Lichter des Helis erhellten den dichten Nebel, der von den Stromschnellen aufstieg.

»Es wird eindeutig ruppiger«, bestätigte Tucker von der anderen Seite der Kabine aus und spähte nach draußen.

Kane hatte sich zwischen ihnen auf dem Sitz zusammengerollt, scheinbar ungerührt vom Geruckel und den Luftlöchern. Schließlich war er ein Veteran, der schon zahlreiche Einsätze bestritten hatte und an Feuergefechte und Explosionen gewöhnt war. Frank aber betrachtete den Belgischen Schäferhund mit den Augen eines Veterinärs, der im Lauf der Jahre schon Hunderte Kampfhunde behandelt hatte. Er hatte Blutungen gestillt, Verbrennungen versorgt, zerschmetterte Gliedmaßen amputiert und die kleinen Kämpfer allzu häufig mit einer Fahne bedeckt. Nur wenige würdigten die Loyalität dieser vierbeinigen Soldaten. Sie opferten sich nicht aus politischen Gründen oder Patriotismus auf, sondern aus einem simpleren Grund, nämlich weil sie ihrem menschlichen Partner unerschütterlich ergeben waren.

Frank sah zu Tucker hinüber, der Kane die Hand auf die Flanke gelegt hatte.

Die Bindung war wechselseitig.

Frank kraulte Kane im Nacken. Unter dem Fell spürte er die alten Narben, welche die Vergangenheit dieses Soldaten dokumentierten. Auch Tucker hatte glänzende Narben auf der Wange. Sie waren beide Überlebende, durch bittere Erfahrungen miteinander verschmolzen, vereint durch Trauer und Verlust, aber auch durch Freude und Kameradschaft.

Frank war froh darüber, Teil dieser Familie zu sein, und sei es auch nur indirekt. Im Irak hatte Tucker ihn bereitwillig ins Rudel aufgenommen – was er als Offizier schwarzer Hautfarbe besonders zu schätzen wusste. Im Ersten Weltkrieg hatte es ganze fünf farbige Veterinäre gegeben. Inzwischen hatte sich das Zahlenverhältnis zwar verbessert, war aber noch immer nicht so, wie es sein sollte. Nur etwas mehr als zwei Prozent der Veterinäre waren Farbige. Und vielleicht war auch das ein Grund für die enge Beziehung zwischen Frank und Tucker: Sie waren in der Army beide Außenseiter gewesen.

Das heftige Schwanken der Gazelle versetzte Frank in die Gegenwart zurück. Er packte den Schultergurt. Nur noch die Gurte hielten ihn auf dem Sitz. Er sah wieder aus dem Fenster. Sie hatten die Stromschnellen hinter sich gelassen und flogen über den flachen Tshopo hinweg, der bestimmt eine Viertelmeile breit und von dunklem Urwald gesäumt war.

Blitze erhellten vor ihnen immer wieder für Augenblicke den Fluss. Dann folgte der Donner, der den Helikopter erbeben ließ.

Der Pilot hatte sich weit zur regengepeitschten Frontscheibe vorgebeugt. Kleine Scheibenwischer kämpften gegen den Regenguss an.

»Schon was vom Vorausteam gehört?«, rief Tucker dem schwer beanspruchten Piloten zu.

Der Mann schüttelte wortlos den Kopf.

Die Gazelle lag zwanzig Minuten hinter den beiden FARDC -Helis. Bislang waren keine Meldungen zum Zustand des Flüchtlingslagers eingetroffen – weder gute noch schlechte.

Tucker lehnte sich mit finsterer Miene zurück. Die Frage stand ihm ins Gesicht geschrieben. Fliegen wir weiter – oder kehren wir um?

Ringsumher wurde es blendend hell. Knisternde Lichtbogen spalteten den Himmel, zuckten über die Bäuche der Wolken hinweg. Ein gleißender Blitz schlug vor ihnen im Fluss ein und brannte sich in die Netzhaut ein.

Im nächsten Moment erfasste der Donner die Maschine, als wollte er sie zerschmettern. Der Pilot kämpfte mit der Steuerung, während die Gazelle erbebte und sich neigte. Schließlich schwenkte er fluchend von der sich aufbauenden Unwetterfront ab.

Frank klammerte sich am Sitz und am Schultergurt fest.

Er nahm dem Piloten seine Entscheidung nicht übel. Sie kamen nicht weiter. Das FARDC -Team musste sich allein ein Bild von der Lage machen. Da es dem Unwetter zuvorgekommen war, würde es vermutlich die Nacht über vor Ort bleiben. Er und Tucker würden am Morgen dazustoßen.

Frank korrigierte im Kopf den Zeitplan. Anstatt Proben zu nehmen, würde er den Rest der Nacht darauf verwenden, in der Universität von Kisangani sein mobiles Labor zu kalibrieren. Wenn er dann morgen im Lager Proben nahm, könnte er sie unverzüglich analysieren.

Vielleicht gar kein so großer Zeitverlust …

Er lehnte sich zurück, während die Gazelle über dem Rand des Dschungels einen engen Bogen beschrieb und sich anschickte, zum Flughafen zurückzufliegen.

Tucker beugte sich vor und legte dem Piloten eine Hand auf die Schulter. »Einen Moment!«

Der Mann blickte sich finster um.

Tucker zeigte zum Fluss hinunter. »Sehen Sie! Da ist ein Licht. Auf dem Wasser.«

Ob er nun kooperieren wollte oder einfach nur das geplante Manöver ausführte, jedenfalls lenkte der Pilot den Heli wieder über den dunklen Fluss. Frank legte die Wange ans Fenster und spähte in die Richtung, in die Tucker zeigte. Da die Scheinwerfer ausgeschaltet waren, zog der Fluss in tiefer Dunkelheit seine Bahn.

Er kniff die Augen zusammen.

Ich sehe nichts

Plötzlich blinkte etwas in der Nähe der Flussoberfläche und wurde vom regengepeitschten Wasser reflektiert.

»Ich seh’s!«, rief Frank.

Tucker, der noch immer eine Hand auf die Schulter des Piloten gelegt hatte, blickte nach vorn. »Da unten ist jemand.«

23:52

Benjie war vor Erleichterung zusammengesackt, sein Arm ruhte neben ihm auf dem Floß. Die Finger hatte er um die kleine Stiftleuchte gekrallt. Er zitterte und schluchzte einmal auf.

Ndaye löste die Hand vom abgebrochenen Wandteil, auf dem er lag, und tätschelte Benjie das Bein. Faraji lag ganz vorne und bewegte die Lippen in lautlosem Gebet. Entweder dankte er Gott, oder er setzte sein Flehen fort.

Kurz zuvor hatten sie den flussaufwärts fliegenden Helikopter ausgemacht, der sich ihnen mit eingeschalteten Positionsleuchten näherte. Benjie hatte die Stiftleuchte aus der Tasche geholt und wild geschwenkt. Er wusste nicht, ob das Freund war oder Feind, doch es war ihm egal. Der Heli stellte die einzige Möglichkeit dar, dem Fluss zu entkommen, bevor sie die gefährlichen Stromschnellen erreichten.

Benjies Bemühungen schienen zunächst vergeblich. Der Helikopter flog unbeirrt weiter, ohne vom Kurs abzuweichen oder tiefer zu gehen. Offenbar hatte niemand das Signal bemerkt. Vielleicht wurden die Insassen zu sehr von den eigenen Lichtern geblendet, um das Blinken auf dem Fluss zu bemerken.

Dann wurde es auf einmal taghell, und hinter ihnen schlug ein gleißender Lichtpfeil im Fluss ein. Als es donnerte, beobachtete er verzweifelt, wie der Helikopter abdrehte und einen weiten Bogen über dem Dschungel beschrieb.

Doch jetzt kehrte er zurück, hielt direkt auf sie zu und ging rasch tiefer.

Eine Luke wurde geöffnet, eine Strickleiter entfaltete sich und fiel herab. Der Sturm zerrte daran. Sie tanzte hin und her wie eine abgerissene Stromleitung.

Wie sollen wir da nur herankommen?

Benjie blickte fragend Ndaye an.

Der Ökowächter zuckte mit den Schultern. Das Floß bockte, rollte, drehte sich in der Strömung und drohte zu kentern. Außerdem wurde es immer schneller fortgerissen.

Faraji beachtete die umherpeitschende Strickleiter nicht, sondern blickte starr nach vorn.

Das Tosen der Stromschnellen übertönte den Lärm des Helikopters.

Die Zeit läuft ab – das wird nicht gut gehen.

23:53

Tucker hielt sich an einem neben der offenen Luke angebrachten Handgriff fest und beobachtete, wie der Helikopter tiefer ging. Der Pilot schaltete den Scheinwerfer ein und richtete ihn auf das taumelnde Floß. Drei junge Leute klammerten sich an der schwankenden Unterlage fest. Die Strickleiter schwang über ihnen hin und her. Das Ende war zu leicht, als dass es dem Sturm hätte trotzen können.

Es würde ihnen schwerfallen, die Leiter zu ergreifen. Vielleicht war es sogar unmöglich.

Und das ist nicht das einzige Problem.

Tucker blickte Richtung Süden. Über dem Mahlstrom wogten Nebelschwaden.

Er schüttelte den Kopf.

Scheiß drauf …

Er drehte sich um und ließ sich zur Leiter hinunter.

»Was machst du da?«, rief Frank.

»Wir brauchen ein Gewicht!«

Und das muss wohl ich sein.

Als er sich anschickte, nach unten zu klettern, rutschte Kane auf dem Sitz vor. Tucker erwiderte seinen Blick. »BLEIB DA «, sagte er im Befehlston, denn der Hund war bereit, ihm überallhin zu folgen.

Diesmal besser nicht.

Kane setzte sich neben der Luke auf die Hinterbeine. Er sah nicht glücklich aus.

»Tut mir leid, Kumpel«, murmelte Tucker und machte sich an den Abstieg.

Als er aus dem Windschatten des Helikopters herauskam, wurde er vom Sturm erfasst. Die Strickleiter schwang nach außen. Er packte die rauen Plastiksprossen fester und nahm sich einen Moment Zeit, sich an die Bewegung zu gewöhnen, dann machte er weiter.

»Halt den verdammten Vogel ruhig!«, brüllte über ihm Frank.

Tucker wusste, dass der Pilot sein Bestes gab. Trotzdem schaukelte er heftig hin und her und drehte sich um die eigene Achse, doch dies war nicht sein erstes Rodeo. Er und Kane hatten im Krieg unterschiedliche Aufgaben wahrgenommen, darunter Rettungsmissionen und getarnte Infiltration, doch ihre Hauptaufgabe war die Exfiltration gewesen, die chirurgische Bergung besonders wichtiger Personen.

Er blickte zwischen seinen Stiefeln hindurch. In den Gesichtern, die zu ihm hochschauten, spiegelte sich Todesangst wider. Er wusste nicht, wer diese Personen waren, doch sie setzten ihre ganze Hoffnung auf ihn, und das machte sie in seinen Augen zu VIP s.

Er kletterte weiter in die Tiefe. Mit seinem Gewicht dämpfte er die erratischen Bewegungen der Leiter, jedoch nicht genug. Er war schlank und hatte eher die Statur eines Quarterbacks als die eines Linebackers. Im Moment hätte es eine komplette Abwehrlinie gebraucht, um die Strickleiter zu stabilisieren.

Trotzdem erreichte er das Ende.

Mit beiden Händen die Sprosse umklammernd, versuchte er, die Stiefel aufs Floß zu pflanzen. Der Rotorschwall hielt den Regen weitgehend ab und glättete das Wasser. Mit der Stiefelspitze streifte er immer wieder am Floß, das aus Sperrholzbrettern bestand, die man auf ein paar Querbalken genagelt hatte. Seine Beine schwangen dicht an den drei liegenden Personen vorbei, und um ein Haar hätte er einem Jungen ins Gesicht getreten.

In der Höhe brüllte Frank etwas, doch wegen des Lärms verstand er kein einziges Wort.

Dann senkte die Leiter sich so weit ab, dass er den Fuß aufsetzen konnte. Ein kongolesischer Soldat in grüner Tarnuniform packte ihn bei der Fessel und wandte den Kopf zu seinem Nachbarn herum.

»Los!«, brüllte er.

Ein junger Mann in einem weißen, pitschnassen Overall drückte sich auf alle viere hoch. Auf dem schwankenden Floß wirkte das Manöver gefährlich. Trotzdem streckte er den einen zitternden Arm zur untersten Sprosse aus. Beim zweiten Versuch bekam er sie zu fassen und klammerte sich an die Rettungsleine.

»Klettern Sie hoch!«, rief Tucker im Befehlston. Er wusste, der Mann war erschöpft und verängstigt, doch jetzt war nicht der Moment, um zu zögern.

Der Mann hatte ihn wohl verstanden, denn er richtete sich weiter auf und hätte das Floß beinahe zum Kentern gebracht. An der Tucker gegenüberliegenden Seite kletterte er die Leiter hoch und trat ihm dabei auf die Finger.

Der Soldat, der Tuckers Fuß festhielt, wandte den Kopf zu einem zwölf- oder dreizehnjährigen Jungen herum. »Faraji! Los!«

Um an die Leiter heranzukommen, musste der Junge über den Soldaten hinwegkrabbeln. Dann richtete er sich auf – was das Floß in heftige Schwankungen versetzte. Mit ausgebreiteten Armen bemühte er sich, das Gleichgewicht zu wahren. Tucker löste eine Hand von der Sprosse und packte das Handgelenk des Jungen, bevor dieser nach hinten kippte und vom Floß fiel.

Als Tucker ihn packte, rutschte dem Jungen der Riemen eines kleinen Rucksacks über den anderen Arm. Der Rucksack landete auf dem Floß und fiel ins Wasser.

Mit einem Aufschrei riss der Junge sich von Tucker los, hechtete dem forttreibenden Rucksack hinterher und klatschte in die heftige Strömung.

Herrgott noch mal …

Der kongolesische Soldat ließ sich auf alle viere nieder und machte Anstalten, dem Jungen hinterherzuspringen, doch er war offensichtlich erschöpft. Tucker packte den Mann beim Kragen und zog ihn zur Strickleiter.

»Rauf da! Los!«

Der Soldat klammerte sich an einer Sprosse fest, eher geleitet vom Überlebensinstinkt, als dass er der Anweisung folgte. Als er Halt gefunden hatte, ließ Tucker los.

»Klettern!«, rief er, das Gesicht des Mannes dicht vor der Nase.

Dann wandte er sich ab und sprang vom Floß ab, den Blick auf den in den Wellen tanzenden Jungen gerichtet, der den Rucksack geborgen hatte und gegen die Strömung anschwamm, ein aussichtsloses Unterfangen.

Tucker tauchte ins Wasser ein und gleich wieder auf.

Er fixierte die kleine Gestalt, die mit Beinen und Armen gegen die schwarzen Fluten ankämpfte. Trotz seiner Bemühungen wurde der Junge in Richtung der Stromschnellen getrieben.

Tucker kraulte ihm hinterher. Da er mit der Strömung schwamm, erreichte er den Jungen schon nach wenigen Schwimmzügen. Beinahe wäre er an ihm vorbeigeschossen, doch er packte das Hemd des Jungen, krallte die Finger hinein und zog den drahtigen Burschen zu sich heran.

»Festhalten!«

Tucker wusste nicht, ob der Junge Englisch sprach, doch er legte Tucker seine dünnen Arme um den Hals, wobei er ihn beinahe gewürgt hätte.

Tucker machte kehrt und schwamm gegen die Strömung an, doch sie war stärker als erwartet. Zur Rechten zog das verlassene Floß vorbei und verschwand in der Gischt.

Der Helikopter schwenkte herum und mit ihm die Strickleiter. Ein Mann hatte die Kabine fast erreicht. Der andere war unten geblieben – allerdings baumelte er kopfüber an der untersten Sprosse. Die Arme hatte er zum Fluss ausgestreckt. Offenbar wollte er versuchen, sie zu packen.

Wieso ist mir das nicht eingefallen?

Sosehr Tucker sich auch anstrengte, er konnte seine Position nicht halten. Der Helikopter, der von Böen durchgerüttelt wurde, folgte ihm. Hinter ihm blitzte es. Falls es donnerte, bekam Tucker es nicht mit. Das Tosen übertönte alle anderen Geräusche.

Dann zog ihn die Strömung in die Gischt hinein. Er verlor den Heli sowie die Strickleiter aus den Augen und strengte sich noch mehr an, jedoch vergebens. Auf einmal lichtete sich der Nebel. Ein dunkler Schatten schwang ihm entgegen.

Tucker streckte den Arm danach aus.

Die Strickleiter tauchte auf. Und der herabbaumelnde Soldat.

Seine Arme schleiften durchs Wasser. Tucker gab den Widerstand gegen die Strömung auf und richtete sich auf den Mann hin aus. Ihre Blicke trafen sich – dann prallten sie gegeneinander.

Tucker hob den Oberkörper an und schlang die Arme um den Oberkörper des Mannes. Der Soldat packte Tucker bei der Hüfte.

Das Wasser fiel unter ihnen zurück, denn der Heli stieg höher, während der Fluss sich in schäumenden Kaskaden über Felsen und Klippen ergoss.

Tucker klammerte sich am Soldaten fest, der vor Anstrengung zitterte. »Kletter hoch! Halt dich an mir fest!«, rief er dem Jungen zu.

Unmittelbar über Tuckers Kopf war die erste Sprosse.

Zehen gruben sich in seinen Rücken, suchten Halt am Gürtel. Ein Arm löste sich von seinem Hals – dann kletterte der Junge geschickt in die Höhe. Von seiner Last befreit, machte Tucker einen Arm frei und packte die Sprosse.

Kurz darauf kletterte er dem Jungen hinterher. Der Soldat knickte in der Hüfte ein, bekam trotz seiner Erschöpfung die Sprossen zu fassen, schwang die Beine nach unten und folgte Tucker.

Inzwischen waren sie über den Nebel aufgestiegen. Die Strickleiter pendelte noch immer im Wind, doch sie gelangten trotzdem heil nach oben.

Tucker zog sich in die Kabine, dann half er dem Soldaten. Als alle an Bord waren, ließen sie sich auf die Sitze plumpsen. In der Kabine war es eng geworden. Eigentlich war die Gazelle ein Fünfsitzer. Sechs Personen und ein Hund brachten sie an ihre Grenze, doch mit diesem Manko konnten sie leben.

Sie alle.

Tucker musterte den Jungen, der den Rucksack an seine Brust drückte.

»Du hast ihn also gerettet«, japste er und strich sich das nasse Haar aus den Augen. »Was ist da drin? Deine Hausarbeiten?«

Der Junge antwortete nicht, oder vielleicht hatte er ihn wegen des Triebwerkslärms auch nicht gehört. Besorgt musterte er Kane. »Beißt der?«

Tucker seufzte. »Nur wenn ich’s ihm sage.«

Seine Antwort vermochte die Ängste des Jungen nicht zu zerstreuen.

»Keine Sorge.« Er tätschelte dem Jungen das Knie. »Der ist lieb.«

Aber nur so lange, wie er soll , setzte Tucker im Stillen hinzu.

Frank beugte sich herüber und zeigte auf den jungen Mann, der als Erster die Strickleiter hochgeklettert war. »Du solltest dir mal anhören, was er mir erzählt hat! Über die Vorgänge im Lager.«

»Kann das nicht warten, bis wir Kisangani erreicht haben?«

Der Lärm erschwerte die Verständigung, zumal er Wasser in den Ohren hatte. Außerdem sollten sie den Flugplatz in zwanzig Minuten erreichen. Wenn die Informationen wichtig waren, gab es Leute, die besser geeignet waren, damit umzugehen.

Frank sah ihn besorgt an. »Nein. Das solltest du gleich erfahren.«