Die Ausbildung der Ärzte unterlag weder in der griechischen noch in der römischen Antike einer staatlichen Kontrolle. Es gab weder eine Ausbildungsverordnung noch eine Prüfungsordnung oder Zulassungsbestimmung. Arzt konnte jeder werden, der sich dazu berufen fühlte. Die bei Homer genannten Ärzte Machaon und Podaleirios waren Söhne des Arztes, Fürsten und späteren Heilgottes Asklepios. In homerischer Zeit lagen die Kenntnisse der Wundchirurgie bei den Adelsfamilien und wurden in mündlicher Tradition vom Vater an den Sohn weitergegeben.
Ab dem 8./7. Jh. bildete sich langsam der Stand der Berufsärzte aus. Noch immer oblag die Ausbildung dem Vater. Die Arztfamilien führten ihren Stammbaum meist bis auf Asklepios zurück. Auch Hippokrates stammte aus einer traditionsbewussten Ärztefamilie und lernte seit frühester Jugend bei seinem Vater Herakleides.
Mit der Entstehung der größeren griechischen Städte mit ihren vielen Menschen wuchs auch der Bedarf an Ärzten. Nun wurden erstmals Lehrlinge von außen in den Kreis der traditionellen Arztfamilien aufgenommen. Der hippokratische Eid, dessen zeitliche Einordnung ein Problem darstellt, regelt Rechte und Pflichten von Meister und Schüler. Vermutlich war es ab dem 5. Jh. v. Chr. jungen Männern möglich, bei einem Arzt gegen Bezahlung in die Lehre zu gehen. Wurde in den Jahrhunderten davor in der Hauptsache praktisches Wissen vermittelt, kam nun, durch das aufblühende medizinische Schrifttum, reiche theoretische Bildung hinzu. Es bildeten sich medizinische Zentren heraus, die bekanntesten und frühesten waren die Schulen auf Kos und in Knidos, deren berühmte medizinische Lehrer viele Schüler anzogen. Unter den Ptolemäern entstand im Palastbezirk das wissenschaftliche Zentrum von Alexandria, in dem Medizin auf hohem Niveau gelehrt wurde. Aber auch an anderen Orten entwickelten sich Medizinschulen. Hier war die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Diskussion gegeben, die dem Fortschritt in der Medizin sehr förderlich war. Die Medizin wurde als eigenständige Wissenschaft anerkannt.
Wie lange ein Medizinstudium zu dauern hatte, war nicht geregelt. Es ist uns ein Vertrag zwischen einem Arzt und seinem Schüler aus dem 3. Jh. v. Chr. überliefert, der die Lehrzeit auf sechs Jahre festlegt. Galen hat fast zwölf Jahre seines Lebens mit dem Medizinstudium an verschiedenen Schulen verbracht, und er forderte eine ebensolche umfassende Bildung, die insbesondere auch die Philosophie, aber auch Rhetorik, Grammatik und Arithmetik umfasste, für jeden Arzt. Auf der anderen Seite gab es den Arzt Thessalos von Tralles (1. Jh. n. Chr.) aus der Schule der Methodiker, der angab, einen Arzt, und sei er auch Sklave, in sechs Monaten ausbilden zu können. Seine Aussage war sehr populär und man sah ihn stets von einer Schar Schüler umgeben, die laut Galen vom Volk jedoch als „die Esel des Thessalos“ bezeichnet wurden. Erst Kaiser Domitian (reg. 81–96 n. Chr.) verwahrte sich gegen dieses Kurzstudium und drohte den Ärzten mit dem Entzug von Privilegien, wenn sich die Ärzteschaft nicht einig und entschieden gegen dieses Verfahren auflehnen würde.
Anatomie und Physiologie waren die bedeutendsten Teilgebiete der Medizinausbildung. Alexandria nahm hier eine Vorreiterrolle ein, da hier über einige Jahrhunderte hinweg Sektionen an Menschen vorgenommen worden waren. Viele uns überlieferte anatomische Schriften waren für die Lehre geschrieben worden. Ein bedeutendes Werk war zum Beispiel das Buch von Rufus von Ephesos (s. S. 91) Über die Benennung der Körperteile. Rufus schrieb in erster Linie für die Praxis. So wird auch seine Schrift Die Fragen des Arztes an den Kranken für seine Schüler sehr hilfreich gewesen sein. Sektionen an Menschen waren weiterhin nicht üblich, aber die Schüler lernten durch Sektionen an Tieren, deren Anatomie dem Menschen möglichst nahe sein sollte, wie Affen und Schweine. Nackte Sklaven dienten als Anschauungsobjekte für die äußere Anatomie. Auch Arzneimittellehre stellte ein wichtiges Fachgebiet dar. Die Ausbildung bestand aus Vorlesungen und Unterweisungen am Bett des Kranken oder in der Sprechstunde.
Wie heute unsere Chefärzte begleitete oft ein Schwarm von Medizinstudenten den lehrenden Arzt. Je berühmter er war, umso mehr Schüler folgten ihm zu den Patienten. Der Dichter Martial klagt seinem Freund Symmachus, dass ihn bei einer solchen Visite hundert eiskalte Hände angefasst hätten und er, der bis dahin nur leicht erkrankt war, nun Fieber bekommen habe.
In römischer Zeit stammten die Ärzte zunächst häufig aus dem Sklavenstand. Ihre wohlhabenden Herren ließen sie ausbilden, damit ihre Familien und ihre Diener und Sklaven medizinisch betreut werden konnten. Ließen sie den Arztsklaven irgendwann frei, so war er verpflichtet, der Familie seines ehemaligen Herrn auch weiterhin als Arzt zur Verfügung zu stehen. Aus diesem Grund gab es in Rom lange Zeit keine Nachfrage nach freien Berufsärzten, denn zu viele Familien konnten auf ihre Sklaven-Ärzte zurückgreifen. Zu dieser Zeit hatte noch die Hausmedizin Hochkonjunktur. Die griechische Medizin mit ihrem wissenschaftlichen Anspruch war der römischen haushoch überlegen. Aber der Fortschritt war auch in Rom nicht aufzuhalten. Freigeborene kamen als Ärzte hinzu. Meist waren sie griechischer Abstammung, aber auch freigeborene Römer erkannten das Potential.
Unter Kaiser Severus Alexander (reg. 222–235 n. Chr.) wurde der Unterricht Sache des Staates. Einige Ärzte wurden für die Lehre freigestellt und aus staatlichen Mitteln finanziert. Man stellte ihnen öffentliche Hörsäle zur Verfügung. Auch mittellose Studenten bekamen nun Gelegenheit, unentgeltlich am Unterricht teilzunehmen. Aber noch immer war der Inhalt der medizinischen Unterweisungen dem Lehrer anheim gestellt, es gab keine verbindlichen Lehrpläne und auch keine fachlichen Prüfungen. Damit der Laie das fachliche Vermögen eines Arztes beurteilen konnte, wurde theoretisches medizinisches Wissen mehr und mehr Bestandteil der Allgemeinbildung. Viele medizinische Schriften wurden für Laien geschrieben. Diese Tendenz nahm bis zur Spätantike stetig zu.
Die erste verbindliche Medizinalordnung für die Ausübung der Heilkunst erließ im Jahr 1140 der normannische König Roger II. von Sizilien. Er bestimmte eine verpflichtende Prüfung vor einem Gremium, bevor der Student die Heilkunde ausüben durfte. Friedrich II. verfügte einhundert Jahre später eine umfassende Ordnung, in der er auch Leitlinien für die ärztliche Ausbildung festlegte. Der Student musste sich nun zunächst drei Jahre dem Studium der Logik widmen, bevor er sein fünfjähriges Medizinstudium, das auch die Chirurgie umfasste, begann. Nach der Prüfung musste er erst ein Jahr als Assistent bei einem erfahrenen Mediziner tätig sein, bevor er sich selbständig machen durfte. In manchen Gegenden nördlich der Alpen dauerte es Jahrhunderte, bis sich die Medizinalgesetzgebung des Stauferkaisers durchsetzte.