Aphrodisiaka sind seit Tausenden von Jahren bekannt. Der Name leitet sich von Aphrodite ab, der schaumgeborenen, verführerischen und schönen Göttin der Liebe. Aphrodisiaka sollen Verschiedenes bewirken: Die Libido bei Mann und Frau steigern oder überhaupt erst Lust erregen, das Durchhaltevermögen des Mannes stärken oder ihn überhaupt erst potent machen. Ärzte nutzten Aphrodisiaka in erster Linie, um eine Impotenz zu heilen oder um Frigidität zu lindern. Auch die Kräuterhändler und Wurzelschneider betätigten sich gern in dem lukrativen Geschäft mit Liebesmitteln. Oft waren Magie und Aberglauben eng mit dieser Materie verbunden, überliefert sind zahlreiche Zaubersprüche und luststeigernde Amulette, die verschiedenen Körperstellen umgebunden wurden.
Aphrodisiaka konnten als Trank, Pille oder Speise oral eingenommen werden, sie konnten geraucht oder geräuchert werden oder auch als Salben oder Öle in die Haut eingerieben werden. Auch rektal oder vaginal einzuführende Aphrodisiaka sind bekannt.
Die meisten Aphrodisiaka sind pflanzlichen Ursprungs. Sehr viele sind bei Dioskurides, Theophrast, Galen und Plinius d. Ä. beschrieben, aber auch bei den römischen Dichtern wie Ovid und Petronius war das Thema sehr beliebt. Oft ist ihre Dosierung problematisch, da besonders Pflanzenfamilien als wirksam infrage kommen, deren Inhaltsstoffe bei Überdosierung schädlich, wenn nicht sogar tödlich sind. Zu nennen sind hier die Nachtschattengewächse wie Alraune, Stechapfel, Bilsenkraut und Tollkirsche. Harmlosere Familienmitglieder sind Tomate, Paprika und Aubergine. Als besonders wirksam gelten auch Mohn, Hanf und Wein. Auch sie haben Nebenwirkungen und müssen so dosiert werden, dass sie weder das Bewusstsein trüben, „high“ machen, narkotisierend wirken oder gar der Gesundheit schaden. Das richtige Maß zu finden, war sicher eine Kunst für sich. Die Moly genannte Pflanze, die als Aphrodisiakum in der Antike hoch gerühmt war, konnte bisher nicht identifiziert werden. Auch musste der Arzt wissen, ob ein Mittel besser wirkte, wenn es oral eingenommen oder äußerlich appliziert wurde. So soll Opium beispielsweise besser als Aphrodisiakum wirken, wenn es gegessen wird. Auch Wein, oft versetzt mit anderen Aphrodisiaka, wurde gern als liebesfördernd genutzt. Aber auch hier schadete ein Zuviel der Potenz und der Zeugungsfähigkeit bzw. der Empfängnisbereitschaft, wovor etliche antike Ärzte warnten. Der Wein hergestellt aus Granatäpfeln sollte besonders erotisierend sein. Vor nicht allzu langer Zeit schlug man Hengsten, die „es nicht brachten“, mit Brennnesseln unter den Bauch, um ihre Geschlechtsorgane zu reizen. Wenn man einigen römischen Dichtern Glauben schenken mag, gab es zu ihrer Zeit auch Männer, die dieses doch sehr unangenehme Mittel anwandten, um ihre Potenz zu stärken. Ob diese Therapie vom Arzt verschrieben wurde, kann bezweifelt werden.
Gewürze fanden ebenfalls als Aphrodisiaka Anwendung. Anis empfahlen die antiken Ärzte bei Impotenz. Auch die verschiedenen Pfefferarten waren sehr beliebt, wie auch andere Gewürze, die aus dem Orient oder aus Asien eingeführt wurden, wie Zimt, Ingwer und Safran.
Aus dem Tierreich ist das bekannteste und wirksamste Aphrodisiakum die Spanische Fliege, Cantharis. Dieser Käferart wurde und wird noch heute häufig für Reizpflaster verwendet (Cantharidenpflaster). Aber der Käfer wurde auch als Aphrodisiakum hochgelobt. Auch hier war die Anwendung problematisch, da er in zu hoher Dosis tödlich giftig ist, und daher auch zu Hinrichtungszwecken genutzt wurde. Selbst in niedriger Dosierung kann die Spanische Fliege Verätzungen und innere und äußere Entzündungen auslösen. Es soll jedoch Länder geben, in denen die Männer noch heute den Käfer als Potenzmittel nutzen. In der Homöopathie wird Cantharis unter anderem genutzt, um zu starke geschlechtliche Erregung abzumildern. Die Homöopathie empfiehlt bei Cantharidenvergiftung Camphora, also Kampfer, Essig und Alkohol. Auch der Skink, eine Eidechsenart, wird von Dioskurides als Aphrodisiakum hochgelobt. Allerdings nahm man vom getrockneten und in Kresse eingelegten Skink nur die Teile um die Nieren in Wein ein.
Gern aß man auch Teile von den Tieren, die durch ihr Aussehen oder durch ihr Verhalten als potenzsteigernd betrachtet wurden, so die Hoden von Hähnen und Stieren, das Genitalsekret brünstiger Stuten, Austern, Schlangen, geraspeltes Hirschhorn oder auch pulverisierte Phallen etc. Das hat sich bis heute kaum verändert, wenn man bedenkt, dass manche Tierarten wie Nashörner, Tiger und einige asiatische Hirscharten in ihrem Bestand stark gefährdet sind, da in Asien und Afrika der Handel mit aus ihnen hergestellten Aphrodisiaka boomt. Auch Muscheln und Schnecken sind von alters her als Potenzmittel gefragt, vermutlich wegen der Form ihrer Schalen.
Anforderungen an eine Hebamme (nach Soranos von Ephesos)
Geeignet ist aber diejenige Frau, die der Schrift kundig ist, die eine schnelle Auffassungsgabe und ein gutes Gedächtnis besitzt, die arbeitsfreudig, integer und ganz allgemein in ihrem Wahrnehmungsvermögen nicht beeinträchtigt ist, die über gesunde Glieder verfügt und kräftig ist, die aber, wie einige behaupten, auch lange und schlanke Finger und nicht über die Fingerkuppen hinausragende Nägel hat. Der Schrift soll sie kundig sein, damit sie auch mit der Hilfe der Theorie ihre Kunst erlernen kann; von schneller Auffassungsgabe, damit sie dem, was gesagt wird und was geschieht, leicht folgt; von gutem Gedächtnis, damit sie auch die ihr vermittelten Kenntnisse in Erinnerung behält. Wissen beruht nämlich auf der Erinnerung an das geistig Aufgenommene; arbeitsfreudig, damit sie in allen nur möglichen Situationen ausharrt, denn diejenige, die ein so großes Wissen erwerben will, braucht männliches Beharrungsvermögen; integer deshalb, weil man ihr Wohnungen und Geheimnisse des Lebens anvertrauen wird …, mit langen und schlanken Fingern und mit kurz geschnittenen Nägeln, damit sie die in der Tiefe befindliche Entzündung mit geringerer Gefahr, Verletzungen zu verursachen, berührt.…
Spezieller bezeichnen wir als die beste Hebamme diejenige, die in allen Teilen der Therapie geübt ist, denn manche Fälle muss man mit diätetischen Maßnahmen, andere mit chirurgischen Eingriffen behandeln, wiederum andere durch Heilmittel wieder in Ordnung bringen.
…, die vielmehr dem Verlauf der Krankheit entsprechend Anweisungen gibt, die unerschütterlich ist, unerschrocken in gefährlichen Situationen, dazu imstande, klug über die Heilverfahren Rechenschaft abzulegen, die den Patientinnen Trost spendet, ihre Schmerzen mitempfindet und nicht auf jeden Fall zuvor selbst geboren haben muss, wie einige behaupten …, und nicht auf jeden Fall jung sein muss, wie manche behaupten …, die besonnen ist und stets nüchtern wegen der Ungewissheit der Möglichkeiten, zu Frauen gerufen zu werden, die sich in Gefahr befinden; die eine ruhige Wesensart hat, da sie in Situationen kommen kann, an vielen der mit dem Leben verbunden Geheimnisse teilzuhaben; die nicht geldgierig ist, so dass sie nicht des Lohnes wegen in schlimmer Absicht ein Abtreibungsmittel verabreicht; frei von Aberglauben, damit sie nicht wegen eines Traumes oder wegen irgendwelcher Vorzeichen …, das Zuträgliche übersieht.
Sie soll sich auch um die Zartheit ihrer Hände bemühen, indem sie sich unter anderem vor Wollarbeiten hütet, die zu Verhärtungen führen können, indem sie aber durch Salben die Weichheit, wenn sie nicht von Natur aus vorhanden ist, sogar erst hinzugewinnt. Von solcher Art muss die beste Hebamme sein.
Manche Gesteinsarten wurden pulverisiert und als luststeigernd in Wein oder Essig getrunken. Enthielten diese Gesteine viel Magnesium und Zink, werden sie sogar wirksam gewesen sein.
Theophrast von Eresos – der Botaniker
Der Aristotelesschüler Theophrast wurde zwischen 372 und 368 v. Chr. als Sohn eines Walkers (?) in Eresos auf Lesbos geboren. Früh ging er nach Athen und wurde Schüler des greisen Platon. In dessen Umfeld lernte er den 14 Jahre älteren Aristoteles kennen, und sie freundeten sich an. Als Platon 347 v. Chr. starb, ging Aristoteles in die südliche Troas und später nach Makedonien, um Lehrer Alexanders des Großen zu werden. Theophrast begleitete seinen älteren Freund und Lehrer. 322 v. Chr. starb Aristoteles. Er vermachte dem Freund seine gesamte berühmte Bibliothek. Theophrast übernahm die Leitung des Peripatos, der von Aristoteles begründeten Schule.
Als umtriebiger und äußerst arbeitseifriger Philosoph verfasste er eine große Anzahl an Schriften, von denen jedoch nur sehr wenige vollständig erhalten sind. Durch die Alexanderfeldzüge nach Indien hatte sich das naturwissenschaftliche Wissen um ein Beträchtliches erweitert. Die neuen Erkenntnisse flossen ein in Theophrasts Schriften zur Pflanzenkunde (Historia plantarum, 9 Bücher) und zur Physiologie der Pflanzen, also über den pflanzlichen Organismus und seine Funktion (De causis plantarum, 6 Bücher). Dioskurides benutzte später in der Hauptsache das neunte Buch über Pflanzensäfte, Gifte und Heilwirkungen als Quelle für seine Materia medica. Wie sein Freund und Lehrer Aristoteles es bereits für die Zoologie vorgemacht hatte, wandte Theophrast nun für die Botanik die wissenschaftliche exakte Naturbeobachtung an. Er sammelte, ordnete und interpretierte das gesamte Material, das ihm zur Verfügung gestellt wurde. Schematisch teilte er die Pflanzen in die Hauptgruppen Bäume, Sträucher, strauchige Pflanzen und Kräuter ein. Diesen Hauptgruppen ordnete er wiederum Untergruppen zu wie Gemüse, Hülsenfürchte, Getreide, Wasserpflanzen u. a. Für die Ärzte waren sicher besonders seine Ausführungen über Arznei- und Giftpflanzen hochinteressant.
Nur wenige Fragmente sind von seinen Schriften zur Physiologie des Menschen und zur Medizin erhalten. Theophrast starb um 285 v. Chr. als einer der berühmtesten und bekanntesten Schüler des Aristoteles. Er war Philosoph, kein Arzt, aber wie viele der hochgebildeten Philosophen seiner Zeit war er auch in medizinischen Fragen sehr bewandert. Sein übergroßer Arbeitseifer und Forscherdrang hinderten ihn daran, jemals zu heiraten. Dafür hatte er einfach keine Zeit.
Die meisten pflanzlichen Aphrodisiaka enthalten hochaktive Wirkstoffe aus der Alkaloid-Gruppe. Alkaloide wirken oft sehr heftig auf den menschlichen Organismus, besonders auch auf die Psyche. So sind die Nachtschattengewächse und auch das Opium stark alkaloidhaltig. Andere Pflanzen enthalten ätherische Öle, die stimulierend wirken, wiederum andere besitzen hormonähnliche Stoffe. Hanf weist als erotisierende Inhaltstoffe Cannabinole auf, die den Alkaloiden sehr ähnlich sind und entsprechend wirken.
Aphrodisiaka wirken auf verschiedene Weise, die sich der antike Arzt zunutze machte. Manche der „Liebesmittel“ wirken bewusstseinsverändernd, andere fördern die Durchblutung des Unterleibs, wiederum andere sind erotisierend und steigern die Libido. Mehr noch als heute spielte in der Antike die Potenz eines Mannes im gesellschaftlichen Leben eine bedeutende Rolle. Ärzte werden häufig mit Problemen im Sexualleben ihrer Patienten konfrontiert worden sein.
Abb. 28: Deckel eines Arzneikästchens aus dem Römerlager in Haltern mit der Ritzinschrift Ex radice Britanica und Arztbesteck. Möglicherweise ist mit der hier genannten „britischen Wurzel“ eine Ampferart gemeint. Die Instrumente bestehen aus Sonden, Nadeln, einem Spatel, einer Pinzette und einem Knochenheber aus Bronze. Nicht mit abgebildet ist das bronzene Sägeblatt einer Knochensäge. 9 n. Chr. wurde das Lager im Nachgang der Varusschlacht aufgegeben. LWL-Römermuseum, Haltern.
Silphion – das ausgerottete Heilmittel
Das aus dem nordafrikanischen Kyrene stammende Silphion war schon zu Herodots Zeiten ein wertvolles, hochgeschätztes Heilmittel und wird im Corpus Hippocraticum vielfach erwähnt. Das teure Handelsprodukt, das die Stadt Kyrene reich gemacht hatte, war der harzige Milchsaft der Pflanze. Er galt als Allheilmittel. Dioskurides beschreibt, dass er als Gegenmittel gegen tödliche Gifte hilft, den Star im Auge heilt, Zahnschmerzen nimmt, Ischias lindert, gegen Biss und Stich giftiger Tiere nützlich ist, Husten und Brustfellentzündung heilt, gegen allerlei Krämpfe wirkt, magenstärkend ist, die Anfälle von Epileptikern verhindert und dem Starrkrampf entgegenwirkt. Man kann Silphion auch gegen Hühneraugen nehmen oder es einfach essen, denn es sei sehr wohlschmeckend. Auch wurde Silphion als Mastfutter für das Vieh geschätzt. Am wirksamsten als Heilmittel sei der Saft, so sagt Dioskurides, danach kämen die Blätter, dann der Stängel.
Schon im 1. Jh. n. Chr. war die Pflanze durch Raubbau ausgerottet. Der letzte Stängel soll Kaiser Nero überreicht worden sein. Man versuchte, Silphion an anderer Stelle anzubauen, aber die Versuche schlugen fehl. Bis heute ist es leider nicht gelungen, vielleicht doch noch einige Restbestände der Pflanze auszumachen.