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Der Befehlshaber des SWAT-Teams war sauer. Müde, hungrig und sauer. Bereits seit gestern Abend hatten sie die Mojave Air-Force-Base umstellt und warteten darauf, zuzuschlagen. Einzelheiten kannte er nicht, aber mit Sicherheit hatte sich irgendein Superschurke auf dem Stützpunkt verschanzt, sonst hätte man sie nicht gerufen. Seine Männer waren absolute Profis. Sie kamen immer nur bei den ganz großen Fischen zum Einsatz.

Die Warterei war zermürbend. Es würde schon einen Grund geben, warum der Befehl zum Zugriff nicht kam, aber manchmal glaubte er, dass die Verantwortlichen schlicht die Hosen voll hatten. Sie ließen sich mehr und mehr von den Terroristen auf der Nase herumtanzen, anstatt selbst die Initiative zu ergreifen.

Smith, ein altgedienter CIA-Agent, der den Einsatz des SWAT mit der Leitstelle koordinierte, trat zu ihm. Er hatte zwei große Becher mit dampfendem Kaffee in der Hand.

»Schwarz oder mit Milch?«

»Schwarz.«

Smith streckte ihm den linken Becher hin, und er nahm ihn dankbar entgegen.

»Danke, dass ihr hier die ganze Nacht ausgeharrt habt«, sagte der CIA-Agent.

»Warum greifen wir nicht ein?«, fragte er und trank einen Schluck. Der Kaffee schmeckte furchtbar.

»Keine Ahnung. Mit solchen Entscheidungen habe ich nichts zu tun. Aber ich bin sicher, dass es bald losgeht.«

»Das will ich auch schwer hoffen«, knurrte er. In diesem Moment erwachte sein Funkgerät, mit dem er über ein Headset verbunden war, knisternd zum Leben. Jetzt. Jetzt würde endlich der Befehl zum Zugriff kommen.

»An alle Einheiten. Operation Adlerhorst wird abgebrochen. Vollständiger Rückzug. Ich wiederhole: Operation Adlerhorst wird abgebrochen.«

Fassungslos starrte er Smith an, der seinen Blick ebenso verdattert erwiderte. Erst als eine Stelle an seinem rechten Oberschenkel schmerzhaft zu brennen begann, merkte er, dass er seinen Kaffeebecher schief gehalten und die heiße Flüssigkeit seine Hose durchtränkt hatte. Ärgerlich schleuderte er den Becher davon.

»Das gibt’s doch nicht!«, sagte Smith entsetzt. »Das klang bei der Lagebesprechung heute Morgen noch ganz anders. Ich hake da mal nach.« Smith drückte ein paar Knöpfe auf seinem Funkgerät. Er wartete kurz und versuchte es erneut. Dann sagte er mit einem missmutigen Gesichtsausdruck: »Ich komm nicht durch. Irgendwas stimmt mit der Verbindung nicht.«

Er lief eine Weile nachdenklich auf und ab. Schließlich blieb er vor dem Befehlshaber stehen und machte eine entschuldigende Geste. »Mir gefällt die Sache nicht. Aber Befehl ist Befehl. Ziehen Sie Ihre Männer ab.«

Zähneknirschend leitete der Einsatzleiter den Befehl an seine Männer weiter. Eins musste er ihnen lassen: Obwohl sie ebenfalls die ganze Nacht in der Wüste verbracht hatten und sich ebenso sehr danach sehnten, endlich den Stützpunkt zu stürmen, zögerten sie keine Sekunde. Innerhalb einer halben Minute hatte sich das komplette Special Weapons and Tactics Team der Central Intelligence Agency in die Fahrzeuge zurückgezogen und fuhr in einer sauberen Kolonne in Richtung L.A.

Echte Profis eben.