Zak führte die Gruppe an. Sie schlichen durch die Tunnel des alten Kanalsystems und näherten sich dem Durchbruch zur Basis, durch den er vor einem Tag flüchtete, bevor er im Schnee zusammengebrochen war. Es roch nach Moder. Die Dunkelheit wurde nur an wenigen Stellen durch undefinierbare Lichtquellen erhellt, weshalb er und die anderen auf Nachtsichtgeräte zurückgriffen, die das Restlicht verstärkten und die Umgebung in einem unnatürlichen Ton erscheinen ließ, der einem ausgewaschenen Grün ähnelte. Zaks Kopf kribbelte noch immer abwechselnd an den verschiedensten Stellen, und die Stimme rief unablässig seinen Namen, während er einen Schritt nach dem anderen machte und sich durch den gefrorenen Morast kämpfte. Mittlerweile reichte das Kribbeln bis in seinen Nacken, aber er ignorierte das elektrisierende Gefühl und führte die Gruppe immer tiefer in den Schacht.
Nachdem er vorm Eingang zum Kanal die Stimme das erste Mal gehört hatte und zusammengebrochen war, konnte er sich wieder an den Sturz von der Plattform ins
Becken erinnern. Das grünlich schimmernde Wasser war warm und schien mit etwas aufgeladen gewesen zu sein, das Zaks Haut durchdrang und sich in seinem Gehirn eingenistet hatte. Er erinnerte sich an die Stimme, die seinen Namen wiederholte, an tentakelähnliche Kabelstränge, die ihn unter Wasser berührten und an das Brodeln im Becken, dessen elektrisierendes Kribbeln seinen ganzen Körper erfüllte. Er hatte die Nähe der künstlichen Intelligenz wahrgenommen, die ihn neugierig beobachtete, begutachtete und auf einer Art Metaebene berührte, die er bisher weder erlebt noch gekannt hatte. Er hatte Ceres in sich gespürt. Hatte gefühlt, wie sie seinen Organismus sezierte und nach Möglichkeiten suchte, eins mit ihm zu werden. Es war vor allem diese Erinnerung, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte, der ihn bis ins Mark erschütterte. Anschließend war er in Panik verfallen, hatte sich aus dem Becken gezogen und war zum Durchbruch gestolpert, um in den Kanal zu flüchten. Brechers Leute hatten ihn verfolgt, aber all die Abzweigungen, Kreuzungen und leeren Abwasserbecken hatten es ihm ermöglicht, seine Verfolger irgendwann abzuhängen. Er hatte wie noch nie in seinem Leben gefroren, sich mit letzter Kraft nach draußen gerettet und war schließlich im Schnee zusammengebrochen.
Zak hatte keine Ahnung, warum er sich nicht an den Vorfall hatte erinnern können und schob den Blackout auf die traumatische Begegnung mit Ceres. Vermutlich hatte er mit seinem Leben abgeschlossen und sein Unterbewusstsein hatte einen Schnitt gemacht, um eine Schutzmauer um diese Erinnerung zu ziehen, die mit zunehmender Nähe zur künstlichen Intelligenz wieder gefallen war. Seitdem führte ihn ihre Stimme durch das Labyrinth aus Schächten, Kanälen und Tunneln. Er wusste,
welche Abzweigungen er nehmen musste, und er wusste, welcher Weg ihn am schnellsten zu ihr führen würde. Anscheinend war sich Ceres seiner Intention nicht bewusst. Der schwere mit C4 gefüllte Rucksack auf seinem Rücken erinnerte ihn jedenfalls während jedes Schritts daran, warum er gekommen war und was er zu tun hatte.
Zak hatte sich nach seinem Zusammenbruch aufgerappelt und zum Hummer geschleppt, bevor Berisha mit seinen Kämpfern zu ihm gestoßen war. Zak hatte sich nichts anmerken lassen und eine Chirurgin gebeten, sich um Claire zu kümmern. Sie hatte ihr eine Dosis Naloxon verabreicht, um die Wirkung der Drogen zu neutralisieren und ihr einen Cocktail aus Adrenalin und Aufputschmitteln eingeflößt, der sie aufgerichtet hatte. Anschließend bekam sie einen mobilen Computer, den sie über das System des Hummers und eines Verstärkers mit ihrer Cloud verband. Die dicke Schneeschicht, die mittlerweile auf dem Wagen lag und diesen in eine winzige Höhle verwandelt hatte, hielt Claires Agoraphobie im Zaum und ermöglichte ihr, einigermaßen klar denken und handeln zu können. Somit konnte die Chirurgin den Wagen verlassen, um das Messer aus Zaks Körper zu entfernen und die Wunde provisorisch zu schließen. Die Klammern würden nicht ewig halten, aber es würde reichen, um die bevorstehende Aufgabe zu erledigen. Und um mehr musste Zak sich im Moment nicht kümmern. Der Albaner hatte ihm einen Knopf gegeben, den er sich ins Ohr gesteckt hatte, um mit seinen Begleitern kommunizieren zu können. Danach hatte sich die Gruppe um Zak und Trev Berisha auf den Weg in den Kanal gemacht.
»Wie weit ist es noch?« Zak hatte nicht bemerkt, dass der Albaner zu ihm aufgeschlossen hatte
.
»Nicht mehr weit.«
»Und Sie sind sicher, dass Brecher sich in dem Komplex befindet?«
»Ja«, log er. »Das bin ich.«
»Gut. Dieses Mal wird er nicht entkommen.«
Zak nickte und übernahm wieder die Spitze. Nach einigen Minuten meldete sich Claire, deren Stimme komplett überdreht klang.
»Ich bin über digitale Restspuren meines Trojaners erneut ins System eingedrungen. Der Widerstand der künstlichen Intelligenz ist überwältigend, aber ich denke, ich habe einen Weg gefunden, um mich vorerst vor ihr verstecken zu können.«
»Hält sich Brecher in der Basis auf?«
»Ich konnte ihn bisher nicht identifizieren«, erwiderte Claire. »Dafür hab ich deine Schwester gefunden. Sie liegt in einem transparenten Tank. Ihre Körpertemperatur beträgt exakt zweiunddreißig Grad Celsius …«
Zaks Herz machte einen Sprung. Die Aussicht, Bianca doch noch retten zu können gab ihm Hoffnung, die einen Augenblick später durch einen fremden Impuls zerstört wurde. Er spürte, dass Ceres seinen Gefühlsausbruch Bianca betreffend registriert hatte und zuckte zusammen, als ihm bewusst wurde, dass die Verbindung in beide Richtungen funktionierte.
»… dieses künstliche Halten der Körpertemperatur scheint den Harvest-Chip im Zaum zu halten und eine Übernahme des Körpers vorerst zu verhindern.«
»Hast du ihre Koordinaten?«
»Ich transferiere sie in deinen Handheld. Außerdem hab ich die Aktivierung einer Routine entdeckt, die Biancas Körpertemperatur demnächst reduzieren wird, um den Harvest-Chip zu aktivieren.
«
»Kannst du sie stoppen?«
»Das würde meine Anwesenheit offenbaren«, erwiderte sie. »Aber wenn es nicht anders geht, werde ich das Risiko eingehen. Keine Sorge.«
»Danke.«
Zak erhöhte das Tempo und begann durch die Tunnel zu hetzen, während der Albaner und seine Kämpfer ihm stumm folgten. Shenmi schien sich unter die vermummten Gestalten gemischt zu haben. Zak hatte sie bis jetzt nicht entdeckt, aber er war sich sicher, dass sie in der Nähe sein musste, um im entscheidenden Moment eingreifen zu können.
Nach einer weiteren halben Stunde erreichten sie die Stelle, an der sich der Durchbruch befand. Das Loch in der Anlage war vielleicht zehn Meter breit und vier Meter hoch. Die Arbeiter hatten es bereits verkleinert, aber es war noch groß genug, um der Gruppe einen Angriff auf die Basis zu ermöglichen. Sie gingen in den Schatten vor dem Durchgang in Deckung, überprüften die Waffen und deaktivierten die Nachtsichtgeräte.
»Gibt es einen Plan?« Der Albaner starrte Zak fragend an, während er ein Kampfmesser in seinen Stiefel steckte.
»Wir gehen rein und nehmen den Laden hoch.«
»Hört sich gut an.« Er wandte sich an die fast dreißig Kämpfer. »Mister Mokais Partnerin hat die Pläne der Struktur in eure Handhelds transferiert. Das Ziel ist markiert worden. Wir müssen das Kontrollzentrum einnehmen und das System deaktivieren. Sobald wir die feindlichen Kräfte besiegt haben, werden wir die Anlage plündern.«
Zustimmendes Gemurmel.
»Versucht, so lange wie möglich unentdeckt zu bleiben. Wenn wir drin sind, müssen wir uns schnell vorarbeiten,
um den Überraschungseffekt zu nutzen. Nehmt keine Rücksicht und passt auf, dass ihr eure Gegner sauber erledigt, okay? Für zerstörte Organe gibt es keine Käufer und eine ähnliche Gelegenheit wird sich so bald nicht wieder auftun. Vergesst das nicht!«
Einige der Männer und Frauen nickten, während sie die Sturmhauben über Nase und Mund zogen und sich bereitmachten. Zak ignorierte die Tatsache, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten, und zog seine Haube ebenfalls herunter, als Claire sich erneut meldete.
»Du musst dich beeilen! Das Video wurde gesendet!«
»Hat Yara sich gemeldet?«
»Nein.«
Dreck!
Yara musste in Schwierigkeiten stecken! Aber Zak konnte sich nicht darum kümmern. Nicht jetzt.
»Versuch, sie zu erreichen, okay? Wir gehen jetzt rein.«
Zak und Berisha bildeten die Spitze. Die anderen folgten und hielten wie Motten auf den Lichtschimmer zu, der aus dem Inneren der Anlage drang. Plötzlich bewegte sich etwas in der Dunkelheit vor ihnen. Der Albaner reagierte blitzschnell, riss die Waffe hoch und drückte ab. Flop!
Der Schemen brach zusammen. Zak wich nach links aus, lief geduckt zu der Stelle und erschoss eine weitere Wache auf der gegenüberliegenden Seite, deren Pistole sich im Holster verhakt hatte. Ein paar Meter vor ihnen arbeitete ein Trupp in Arbeitsoveralls an dem Durchbruch. Einige der Männer und Frauen verlegten dicke Kabelstränge, andere frästen ein Loch in den Beton, um Platz für eine Steuereinheit zu schaffen. Zivilisten. Aber bevor Zak eingreifen konnte, zog Berisha mit seinen Kämpfern vorbei und erledigte die Gruppe mit gezielten Schüssen. Die Arbeiter fielen wie Marionetten zu Boden, denen die Fäden durchgeschnitten wurden. Zak fluchte und
ignorierte die aufkommenden Zweifel. Stattdessen biss er die Zähne zusammen und folgte den Kämpfern, die drei weitere Wachen im Tunnel ausschalteten. Anschließend kam der Albaner zurück.
»Der Bereich ist sicher! Wir gehen jetzt rein!« Er sah Zak ernst an. »Kommen Sie uns nicht in die Quere, okay? Sie wissen, warum wir hier sind.«
»Meine Schwester …«
»Gehört Ihnen«, fiel ihm Berisha ins Wort. »Aber der Rest gehört uns!«
Er zog eine Gasmaske aus seiner Koppel und setzte sie auf. Anschließend holte er eine zweite und reichte sie Zak, der seinem Beispiel folgte.
Zak verzichtete auf die Frage nach dem Warum und folgte dem Albaner zum Durchbruch. Kurz darauf gingen mehrere Rauchgranaten hoch. Der künstliche Nebel war dicht und verteilte sich schnell. Anschließend zündeten die Kämpfer Gasgranaten. Der ockerfarbene Rauch vermischte sich mit dem Weißen und trieb wie eine Wand ins Innere der Anlage. Danach stürmten sie den Komplex.
Zak konnte das gedämpfte Feuer der schallgedämpften Maschinenpistolen hören, während er einem Steg folgte, der ihn am Becken vorbeiführte. Ceres Stimme drängte sich wieder in den Vordergrund. Sie wollte Zak ins Wasser locken, aber er biss die Zähne zusammen, widerstand und hielt auf eine Stahltreppe zu, wo sich zwei Wissenschaftler hustend zusammenkrümmten. Kurz darauf erschien Berisha. Zak hob abwehrend die Hände.
»Halt! Das sind …«
Der Albaner ignorierte ihn, erschoss die beiden und stürmte die Treppe hinauf, als Zak instinktiv den Lauf der Waffe hob, um dem Kerl in den Rücken zu schießen. Er zögerte, bis Berishas Silhouette im Rauch verschwunden
war und folgte ihm, während um ihn herum Menschen starben, die nicht sterben sollten. Unschuldige, die nichts mit Brechers Machenschaften zu tun hatten. Auf der anderen Seite arbeiteten sie für den Kerl oder dessen Auftraggeber und mussten sich darüber im Klaren sein, was ihnen im schlechtesten Fall blühen konnte. Brecher verfolgte einen blutigen Pfad, um seine Ziele zu erreichen, und die Wahrscheinlichkeit für Beteiligte, dabei auf der Strecke zu bleiben, war nicht gerade gering.
Zak hasste sich dafür, nach Gründen zu suchen, um die Morde um ihn herum zu rechtfertigen. Der Cop in ihm wollte Berisha und seine Gefolgsleute aufhalten, aber dem besorgten Bruder war klar, dass er dafür Bianca aufgeben musste, und er war nicht bereit, diesen Preis zu bezahlen. Vor allem nicht für Menschen, die sich freiwillig in Brechers Wirkungskreis aufhielten.
Zak stieg über die Toten, hetzte die Treppe hinauf und ging hinter einer Konsole in Deckung, um die Koordinaten des Schlaftanks zu überprüfen. Er befand sich nur noch fünf Meter von Zaks Position entfernt. Über ihm.
Plötzlich zerriss lautstarkes Sturmgewehrfeuer die Stille. Brechers Söldner schienen sich vom ersten Schock erholt zu haben und schlugen zurück. Eine Sekunde später stürzte ein Körper an Zak vorbei in die Tiefe und verschwand im Becken, dessen Oberfläche wie kochendes Wasser brodelte. Die gewaltige Kugel darunter begann zu pulsieren und schickte die Impulse über die Leitungen in alle Richtungen der Anlage. Zak zwang sich, den Blick abzuwenden und hetzte weiter, während Projektile um ihn herum einschlugen und ein Querschläger seinen Hals nur knapp verfehlte. Er erschoss zwei Schemen im vergifteten Nebel, bevor er sich sicher war, dass es sich um Brechers Söldner handelte und warf sich hinter einem Schaltkasten
in Deckung, der kurz darauf von einer Salve durchlöchert wurde. Zak fühlte ein Stechen in seinem Bein, rappelte sich auf und lief hinkend bis zum Treppenabsatz. Er stürmte nach oben, als eine Granate über ihm detonierte. Zwei weitere Körper stürzten in die Tiefe und schlugen platschend auf der Wasseroberfläche auf, um in der elektrisierenden Flüssigkeit zu versinken und die Oberfläche erneut zum Kochen zu bringen. Zak erreichte die Plattform eine Sekunde später und blieb abrupt stehen.
Berisha hatte Brecher überwältigt und hielt ihm das Messer an den Hals. Seine Kämpfer sicherten währenddessen die Umgebung und erledigten den Rest der Söldner. Aber das war Zak egal. Er hatte nur noch Augen für den Tank, der von der Druckwelle der Granate aus der Verankerung gerissen und zur Hälfte über den Rand des Geländers geworfen worden war. Das Ding wurde nur noch von ein paar Kabeln gehalten, die wie ein Netz fungierten und verhinderten, dass der Behälter mitsamt seiner Schwester abstürzte.
Hinter Brecher hingen unzählige Bioneers in entsprechenden Aufhängungen. Sie bewegten sich nicht und wirkten wie stumme Zeugen, als Berisha Brecher auf die Beine riss und ausholte, um ihm das Messer in den Hals zu rammen.
»Zeit zu sterben, Drecksack!«
Brecher verzog den Mund zu einem Grinsen. »Für dich vielleicht …«
Einen Augenblick später war das Ziehen einer Klinge zu hören. Danach fiel Berishas Unterarm auf den Gitterboden, und er wankte fassungslos zurück. Shenmi folgte ihm und nutzte ihn als Deckung, als sich zwei Kämpfer auf sie stürzen wollten. Sie brach im letzten Moment nach rechts aus, rammte die Klinge durch einen Angreifer und
manövrierte ihn wie einen Fleischspieß in die Schusslinie seines Kameraden. Bis sie ihn mit einem Tritt auf ihn schleuderte und den Mann mit einem blitzschnell geführten Streich enthauptete. Anschließend verzog sie den Mund zu einem diabolischen Grinsen und stieß Berisha über den Rand der Plattform.
Zak konnte die dunklen Kabel unter Wasser sehen, die den Körper nach dem Aufprall in die Tiefe zogen. Kurz darauf sendete die künstliche Intelligenz einen gewaltigen Impuls aus, der in die Bioneers fuhr und sie aktivierte. Berishas Kämpfer wurden vollkommen überrascht und wie Puppen in Stücke gerissen. Ihre Maschinenpistolen konnten den Toten nichts anhaben, die sich schnell bewegten und ihre Gegner vernichteten, wo immer diese auch ihre Wege kreuzten. Kurz darauf wurde das Gasgemisch von der Abluftanlage abgesaugt.
Zak zog Gasmaske und Sturmhaube vom Kopf und ließ die Gegenstände fluchend fallen, während Shenmi sich fast lautlos hinter ihm positionierte.
Brecher musste sich an einer Konsole abstützen. Seine Hose war blutdurchtränkt. Vermutlich von den Folgen der Auseinandersetzung, die er mit Zak in Claires Apartment geführt hatte.
»Sie haben mir wirklich viel Ärger bereitet, Mokai.« Er nickte der Chinesin hinter Zak zu, worauf er die Spitze einer Klinge in seinem Nacken spürte. »Aber ich werde in diesem Fall eine Ausnahme machen und nicht nachtragend sein.«
»Worauf wollen Sie hinaus?« Zak wurde mit jedem Knarren der Kabel abgelenkt, weshalb sein Blick unentwegt zwischen dem Kerl und dem Schlaftank hin und her sprang.
»Sie sind ein wirklich hervorragendes Werkzeug«,
erwiderte Brecher »Und es wäre eine Verschwendung, Ihre Fähigkeiten nicht weiter zu nutzen. Genau wie Shenmis.«
Zak starrte ihn überrascht an. »Sie haben sie gekauft?«
Brecher zuckte mit den Achseln. »Der Albaner hat sie nicht zu schätzen gewusst, fürchte ich. Ein gutes Werkzeug in den Händen eines Stümpers.« Er verzog den Mund zu einem Grinsen. »Lassen Sie es mich so ausdrücken: Sie ist wegen Berishas Unachtsamkeit von der Werkbank gefallen, ich hab sie aufgehoben, instand gesetzt und benutzt. Das ist alles.«
Zak schnaubte verächtlich, während er nach einer Lösung für sein Problem suchte, aber er hatte keine Chance gegen die Chinesin, die nur auf die leiseste Reaktion von ihm wartete, um ihn zu durchbohren.
Brecher fasste sich kurz ans Ohr und schien mit jemandem zu reden, bevor er an Zak gewandt fortfuhr. »Ich biete Ihnen die Möglichkeit, für mich zu arbeiten, Mokai. Ein letztes Angebot, um Ihrer Misere zu entkommen.«
»Was ist mit meiner Schwester?«
Brecher deaktivierte die Halbtransparenz des Kopfteils, worauf Biancas Gesicht erschien. »Ihre Körpertemperatur wird in diesem Moment um drei Grad reduziert, was zur Folge hat, dass der Chip in ihrem Kopf seine Arbeit aufnehmen wird.« Er deutete hinter sich, wo die Bioneers Stellung bezogen hatten und lauernd auf neue Befehle zu warten schienen. »Das
wird Ihre Zukunft sein – außer …«
Zak setzte einen skeptischen Blick auf.
»… Sie entscheiden sich für Bianca.«
»Ich dachte, es geht darum, für Sie
zu arbeiten.«
»Das ist ein anderer Deal, Mokai«, erwiderte Brecher kalt. »Ich bewundere, wie bereits angedeutet, Ihre
Fähigkeiten. Nichtsdestotrotz haben Sie eine Menge Schaden angerichtet.« Er machte eine ausholende Bewegung mit dem Arm und sah sich demonstrativ um. »Wofür Sie einen angemessenen Preis bezahlen müssen, verstehen Sie? Nichts ist umsonst, und auch Sie werden in den sauren Apfel beißen müssen.«
Zak verstand kein Wort.
Eine Sekunde später glitten die Türen eines Aufzugs auf, den Zak übersehen hatte, und ein Araber betrat die Plattform. Er stieß Yara vor sich her, ging zu Brecher und zwang sie auf die Knie, um ihr den Lauf einer Pistole gegen den Kopf zu pressen. Zaks Hals schnürte sich zu. Er kannte den Kerl: Ali Haddad! Der Bastard hatte die Beweise platziert, die zu Zaks Suspendierung geführt hatten! Anscheinend war der Araber auch eines von Brechers Werkzeugen,
mit dem Unterschied, dass dieses Exemplar von der Werkbank Yaffar Amins gefallen war.
»Mit der Annahme meines Angebots müssen Sie sich für eine der Frauen entscheiden, Mokai«, fuhr Brecher ungerührt fort. »Andernfalls werden beide sterben und Shenmi wird Sie danach erledigen, verstanden? Ihnen bleibt nicht viel Zeit!«
Zak stockte der Atem. Brecher wollte ihn tatsächlich zwingen, sich zwischen Bianca und Yara zu entscheiden! Aber das konnte er nicht. Er liebte sie beide. Seine Schwester war alles, was ihm von seiner Familie geblieben war und Yara die einzige Frau, die er wirklich begehrte. Er konnte die eine nicht gegen die andere aufwiegen! Und er wollte es auch nicht, denn diese Entscheidung würde ihn für den Rest seines Lebens verfolgen! Zak brachte keinen Ton heraus, während Brecher ihn auffordernd anstarrte und auf eine Antwort wartete. Zak spürte das Gewicht der Pistole im Holster an seinem Bein. Die einzige Waffe, die
ihm geblieben war. Seine Hand war nicht allzu weit von deren Knauf entfernt. Er musste nur auf den richtigen Moment warten. Vielleicht hatte er Glück und …
Plötzlich erklang Claires Stimme in Zaks Kopf. Der kleine Empfänger schien nach wie vor in seinem Ohr zu sitzen.
»Ich bin’s. Du musst nichts sagen, hör einfach nur zu. Ich sehe dich, und ich arbeite an einer Lösung, okay? Aber Ceres versucht, mich aus jedem System dieses Komplexes zu werfen. Ich brauch etwas Zeit. Verwickel den Bastard in ein Gespräch und halt ihn hin, so lange du kannst …«
Zak reagierte, ohne groß nachzudenken. »Yaffar Amin hat die Regierung und den Konzern hintergangen«, begann er, während er sich zwingen musste, seinen Blick auf Brecher zu fokussieren. »Ihr Plan wird nicht aufgehen. Er wird Richthofen im Chaos versinken lassen, um Neuwahlen durchzusetzen.«
»Das ist mir durchaus bewusst, Mokai«, stellte Brecher unbeeindruckt fest. »Jede Zivilisation braucht von Zeit zu Zeit einen Reset. Das kann ein ausgewachsener Krieg sein, eine Epidemie oder Tumulte, die sich zu einem Bürgerkrieg hochschaukeln und das ganze Land erfassen. Danach kann sich die Menschheit wieder erholen und von vorne beginnen, bis sich einige wenige über die anderen erheben und denken, diesen vorschreiben zu müssen, wie sie zu leben haben. Bis sie sich von Gier und Machtstreben getrieben über den Rest hinwegsetzen und am Ende durch einen weiteren Reset zurück auf den Boden der Tatsachen gebracht werden müssen. Ein lächerlicher Kreislauf, der sich aufgrund unserer Natur immer wieder wiederholen wird.« Er spuckte angewidert vor Zak aus. »Der kommende Bürgerkrieg wird das Resultat vieler Parteien sein, die sich nur
aus eigenem Machtinteresse an den betreffenden Entscheidungen beteiligt haben. Jeder hat nur seinen eigenen Vorteil gesehen, bis sich das Ganze zu einer ausgewachsenen Katastrophe kumuliert hat. Egal ob Konzern, Regierung, Muslimpartei oder Ökos. Jeder ist daran beteiligt, und jeder wird danach sein Bündel zu tragen haben.«
»Was ist mit Ihnen?«, hakte Zak nach. »Was werden Sie
zu tragen haben?«
»Nichts«, entgegnete er lächelnd. »Denn ich bin nur ein Werkzeug in der Hand eines anderen. Meine Fähigkeiten werden immer gebraucht werden, egal, wer mich führt.« Er verzog den Mund zu einem wissenden Schmunzeln. »Die Lösung ist, immer ein Werkzeug zu bleiben und nie den Anspruch zu erheben, ein Handwerker sein zu wollen, verstehen Sie? Denn es sind die Köpfe der Handwerker, die am Ende rollen. Werkzeuge fallen nur zu Boden, um wieder aufgehoben und von anderen benutzt zu werden.« Er sah Zak eindringlich an. »Seien Sie das beste Werkzeug, das Sie sein können, Mokai. Dann werden Sie jede Krise überstehen.« Danach verdunkelte sich sein Blick. »Und jetzt entscheiden Sie sich!«
Zak blieb wie paralysiert stehen, während seine rechte Hand unmerklich zu zucken begann.
»Noch einen Moment«, erklang Claires Stimme. »Mach einen Satz nach vorne, wenn ich es dir sage.«
»Auch meine Geduld hat irgendwann ein Ende«, fuhr Brecher fort. »Ich werde bis zehn zählen, Mokai. Wenn Sie sich dann nicht entschieden haben, werde ich
das für Sie übernehmen.« Er nahm eines der Kabel, die den Tank oben hielten, und wickelte es sich um den Unterarm. Danach kappte er es mit einem Messer. Der Kabelstrang zog sich zusammen und Brecher hatte Mühe, das
Gleichgewicht zu halten, während die Masse des Behälters an ihm zerrte.
»Zehn!«
Zaks Hand begann unkontrolliert zu zittern.
»Neun!«
Er wollte es nicht, aber seine Gedanken kreisten bereits darum, wen er würde opfern müssen.
»Acht!«
Das Dilemma machte ihn wahnsinnig, denn es schien keine Lösung zu geben, und es verdeutlichte ihm, dass er nicht alle würde retten können – genau wie Berisha gesagt hatte.
»Sieben!«
Was immer du auch vor hast, Claire, beeil dich verdammt noch mal!
»Sechs!«
Claire!
»Fünf!«
Plötzlich begann sein Kopf erneut an den verschiedensten Stellen zu kribbeln. Ceres schien seine Gefühle wahrzunehmen und diese zu absorbieren.
»Vier!«
Es knackte in seinem Ohr. »Mach dich bereit!«
»Drei!«
Brecher nickte Haddad zu, der Yaras Kopf zurückzwang und den Lauf der Waffe gegen ihre Schläfe presste.
»Zwei!«
Wieder ein Knacken. »Es geht los!«
»Eins!«
»Spring!«
Zak ließ sich nach vorne fallen, rollte über die Schulter ab und zog die Pistole, während hinter ihm ein gewaltiger Schlag zu hören war. Etwas Schweres hatte den Gitterboden
an der Stelle durchschlagen, an der er sich noch vor einem Augenblick aufgehalten hatte. Die Vibrationen, das Knirschen und das Geräusch, als ob ein massiver Gegenstand auf eine Melone gefallen war, brachten ihn kurz aus dem Gleichgewicht. Dank Claires Vorwarnung hatte er sich allerdings den Bruchteil einer Sekunde schneller im Griff als seine Gegner – und drückte entschlossen ab.
Haddads Schädel wurde von dem Treffer zurückgeschleudert. Sein Körper folgte der Bewegung einen Sekundenbruchteil später und schlug hart auf dem Boden der Plattform auf. Brecher dagegen grub blitzschnell die Hand in Yaras Haare und zwang sie zu sich. Der Kerl befand sich zwischen Bianca und Yara, während die Kabel ihn langsam zum Schlaftank zogen und der Behälter kurz davor war, über den Rand zu rutschen. Die Erschütterung hatte einen weiteren Kabelstrang reißen lassen, und Brecher konnte nur noch standhalten, weil Yara sich knurrend an einer Konsole festklammerte.
»Claire! Bianca stürzt ab!«
»Ich weiß! Aber ich kann von hier aus nichts machen! Ceres hat mich aus fast allen Systemen geworfen!«
Zak biss knurrend die Zähne zusammen. Seine Atmung wurde flacher, das Kribbeln in seinem Kopf stärker. Brecher starrte ihn währenddessen herausfordernd an und hatte den Rand der Plattform fast erreicht, als Bianca die Augen aufschlug. Ihr Blick war ängstlich.
»Der Chip in ihrem Kopf beginnt zu arbeiten!«, stellte Claire fest. »Sie ist verloren.«
Zak drückte noch im selben Moment ab und schoss Brecher in die Schulter, woraufhin er Yara losließ und brüllend mit dem Tank in die Tiefe stürzte. Die Oberfläche des Wassers im Becken brodelte nach wie vor, als er aufschlug. Zak konnte den Blick nicht von Biancas
Gesicht lassen. Sie starrte ihn verängstigt an, während sich die Kabelstränge wie Tentakel um den Tank schlangen und ihn eine Sekunde später unter die Wasseroberfläche zogen. Ihr Antlitz leuchtete wie ein heller Fleck, der langsam im Wasser verglühte, bis nichts mehr zu sehen war. Danach setzten sich die Bioneers in Bewegung.
»Wirf die Ladung ab und verschwinde!« Claires Stimme klang aufgeregt. »Ceres hetzt die Bioneers auf dich!«
Zak wandte sich um und wäre fast in das Loch gestürzt, das einer der riesigen magnetisch verankerten Scheinwerfer gerissen hatte, den Claire anscheinend vom Rahmen unter der Decke gelöst hatte. Danach stolperte er zum Geländer der Plattform. Er setzte den Rucksack ab, holte die Sprengladung hervor und aktivierte den Zeitzünder. Einen Augenblick später stand er auf und ließ die Ladung C4 ins Becken fallen, das sich vielleicht acht Meter unter ihm befand.
Ceres sendete einen letzten wütenden Impuls aus, der die Wasseroberfläche in ein tobendes Meer verwandelte und ihre Stimmung deutlich zum Ausdruck brachte. Zak wandte sich währenddessen schweren Herzens ab, zog Yara mit sich und stolperte mit ihr in den Aufzug, dessen Türen noch immer geöffnet waren. Er rief das Display auf, aktivierte die Kabine und schoss einem Bioneer durch das transparente Interface in den Kopf. Das Ding wankte grunzend zurück, schüttelte sich ab und wollte einen erneuten Versuch starten, als Zak ihm vor die Brust trat und es gegen weitere seiner Art geschleudert wurde, die versuchten, in die Kabine zu kommen. Anschließend schlossen sich die Türen, und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Nach einigen Sekunden erschütterte eine gewaltige Explosion den Komplex, die den Schacht erzittern ließ und Zak gegen die Wand schleuderte. Kurz
darauf begann es nach verbranntem Kunststoff zu stinken. Als die Türen aufglitten, zog er Yara mit sich nach draußen, bevor die Kabine von einer Wand aus Flammen aus der Verankerung gehoben wurde, um wenig später ächzend in die Tiefe zu stürzen. Dann traf die Druckwelle mit voller Wucht den Bahnhof und dessen Strukturen. Fensterscheiben zersplitterten, Transparente stürzten auf den Boden und die Stützpfeiler der riesigen Halle begannen verdächtig zu vibrieren. Die Menschen stoben panisch auseinander und rissen Zak und Yara wie eine Flutwelle mit sich nach draußen.
Zak wankte zusammen mit Yara durch eine verschneite Straße, die sich weit abseits vom Zentrum des Sektors befand. Der Sturm hatte deutlich nachgelassen, und die Schneeflocken sanken wie Federn vom Himmel. Die langsamen Bewegungen beruhigten seine aufgewühlten Gedanken, während Yaras Wärme ihn daran erinnerte, dass sie noch lebten. Es war 4 Uhr morgens und der Aufstand war vorbei.
Die Straßen waren mit Müll, verkohlten Wracks und verschossenen Feuerwerkskörpern bedeckt. Dazwischen lagen Leichen, die von den Cops und deren militärischen Drohnen während der Straßenkämpfe vermutlich durch unglückliche Treffer mit Gel-Munition getötet worden waren. Improvisierte Barrieren brannten noch immer und die Panzerfahrzeuge der Polizeikräfte nahmen die letzten Aufständischen in die Zange, die sich – anarchistische Parolen brüllend – nach wie vor gegen das System auflehnten und zum Widerstand aufriefen. Überwachungsdrohnen patrouillierten unentwegt durch die Straßen und
hielten nach entkommenen Systemgegnern Ausschau, während die Feuerwehren damit beschäftigt waren, die unzähligen Brandherde zu löschen, die von den Aufrührern gelegt worden waren. Die marodierenden Einwohner der Downers hatten ganze Straßenzüge heimgesucht, deren Geschäfte geplündert und verwüstet und ihrer Wut auf die Uppers freien Lauf gelassen. Die Unruhen hatten sich über Stunden hingezogen, bis dem Mob die Motivation ausgegangen und das Feuer der aufkeimenden Revolution erloschen war. Der größte Teil der tobenden Menschen war abgezogen, nachdem sich ihr aufgestauter Hass in die Bioneers entladen hatte und keiner von den Prototypen mehr übrig war, um von ihnen auseinandergenommen werden zu können. Danach hatten die Ausschreitungen abgenommen und die Cops hatten sich die Hoheit über den Stadtstaat zurückgeholt. Sie kämpften eine Straße nach der anderen frei, rissen Barrieren nieder und scheuchten die Menschen aus den Downers zurück in die Löcher, aus denen sie vor Kurzem gekrochen waren, um ihre Leben zum Besseren zu verändern.
Die zerstörten Überreste der Bioneers lagen auf den Plätzen und Gehwegen verstreut und stellten die einzigen Beweise für die Katastrophe dar, an der Richthofen nur knapp vorbeigeschlittert war. Allerdings hatte der von Yaffar Amin angezettelte Tumult ausgereicht, um Neuwahlen anzusetzen. Das Ergebnis dieser Wahlen würde Richthofen für immer verändern, aber damit würde Zak leben können, denn die Alternative wäre ein Bürgerkrieg gewesen, der vom Erbe Berlins vermutlich nicht viel übriggelassen hätte.
Die Menschen der Downers wurden trotz der angerichteten Schäden von den Medien als Helden gefeiert. Deren Vertreter waren sofort auf den Zug aufgesprungen,
nachdem Yaras Video von Claire über unzählige Kanäle verbreitet worden war. Durch die Hochstilisierung des Mobs zu Rettern des Stadtstaats, waren der Regierung die Hände gebunden, was allzu übertriebene Repressalien anging, und die Menschen würden vorerst ungestraft davonkommen. Immerhin hatten sie sich den gefährlichen Prototypen entgegengestellt, die im Begriff waren, die Bürger Richthofens zu vernichten. Die Bilder des mordenden Bioneers machten allen klar, zu was die organischen Maschinen fähig waren, und dass die Menschen aus den Downers wohl eine Katastrophe verhindert hatten. Das reichte aus, um das Harvest-Programm vorerst auf Eis zu legen und einen weiteren Untersuchungsausschuss zu initiieren, der über die Zukunft des milliardenschweren Projekts entscheiden sollte. Wie diese Entscheidung ausfallen würde, war nicht abzusehen, aber Zak war sicher, dass die Hintermänner alles dafür tun würden, um das Harvest-Programm doch noch zur Marktreife zu bringen. Vielleicht würde der aufkeimende Konflikt zwischen der Al Khana-Front und den Freien Patrioten aber auch zu einem ganz anderen Ergebnis führen. Zak war das egal. Die Gewissheit, für Tillys Tod verantwortlich zu sein und seine Schwester für Yara geopfert zu haben, lastete schwer auf ihm, und es würde verdammt lange dauern, um mit der erdrückenden Schuld klarzukommen. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, einen Bürgerkrieg verhindert zu haben.
Zak humpelte, von Yara gestützt, seit einer gefühlten Ewigkeit durch die verschneiten Straßen. Nachdem sie den Bahnhof verlassen hatten, waren sie buchstäblich vom Mob mitgerissen und in die Kämpfe verwickelt worden. Sie hatten versucht, das Chaos, das Richthofen stundenlang fest im Griff hatte, möglichst unbehelligt zu überstehen,
bis sie sich absondern und in eine Seitenstraße retten konnten. Danach waren sie durch den Sektor gestreift, bis die Kampfgeräusche abflauten und die Parolen der Aufwiegler nicht mehr zu hören waren. Zak hatte eine Decke aus einem aufgebrochenen Geschäft geholt, diese Yara über die Schultern gelegt und war mit ihr ziellos durch die verschneiten Adern des Molochs geirrt.
Yara schien zu frösteln. Sie zog die Decke enger um ihren Körper und schmiegte sich an Zak. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Claire hat uns aus allen Aufnahmen der Sicherheitskameras gelöscht, die sie finden konnte. Wir waren niemals da. Es wird also keine Fragen und keine Spekulationen geben.«
»Ich meinte mit uns«,
wandte sie tadelnd ein, während sie ihm einen unsicheren Blick zuwarf. »Es ist viel passiert. Mein Vater, deine Suspendierung, Bianca …«
Zak hob entschuldigend die Schultern. Er wusste nicht, wie er Yaras Frage beantworten sollte, denn er hatte keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde. Allerdings hatte er beschlossen, das Beste für sich daraus zu machen – und das würde nur mit
Yara Bukhari an seiner Seite funktionieren, weshalb er sie an sich zog, um sie innig zu küssen. Sie ließ ihn gewähren und erwiderte seine Avancen, als Schneeflocken vom Himmel fielen, die im Scheinwerferlicht eines sich nähernden Wagens geheimnisvoll glitzerten. Nach einiger Zeit schlenderten sie eng umschlungen zum Hummer und verließen den Sektor, während Richthofen langsam zum Leben erwachte, um sich von den Schrecken der vergangenen Nacht zu erholen und das neue Jahrhundert mit offenen Armen zu begrüßen.