Kapitel 34

Bernhard Zumwinkel hatte schlecht geschlafen. Entsprechend mürrisch war er heute, als er die Knechte und Mägde einteilte. Erschwerend kam hinzu, dass der Großknecht fehlte, der ihm eine Menge Arbeit abgenommen hatte. Doch Verbrecher hatten auf seinem Hof nichts zu suchen, und selbst wenn Thomas wieder hier aufgetaucht wäre, hätte er ihn vermutlich zum Teufel geschickt.

Gestern war das geschehen, was er schon lange befürchtet hatte – der Sohn des Maurermeisters hatte um Katharinas Hand angehalten. Erfreut war er über den Lauf der Dinge wahrlich nicht. Doch das Glück seines einzigen Kindes lag ihm mehr am Herzen als seine eigenen Interessen. Auch das Gespräch, das Theresa am späten Abend mit ihm geführt hatte, hallte in ihm nach. Gegen die Gefühle seiner Tochter wollte er nicht ankämpfen, und es war offensichtlich, dass sie diesen Carl Thiele über alles liebte.

»Wo gehst du hin?«, fragte Theresa, als sie sich im Flur begegneten.

»Zu unserem zukünftigen Schwiegersohn«, brummte er missmutig.

»Warum?« Theresa ahnte, dass ihr Mann etwas im Schilde führte.

Bernhard fühlte sich ertappt. Er seufzte genervt. »Weil ich etwas mit ihm zu besprechen habe, Frau.«

»Darf ich fragen, was?« Theresa hob eine Augenbraue.

»Es geht um die Mitgift zur Hochzeit«, antwortete er ausweichend.

»Und?«

»Und – was?« Bernhard gab sich Mühe, ruhig zu bleiben.

»Und was willst du mit ihm besprechen? Hast du etwa vor, die Hochzeit im letzten Moment noch zu verhindern?«

»Ach was.« Er winkte kopfschüttelnd ab. »Wo denkst du hin?«

»Ich kenne dich.«

»Also gut«, sagte er. »Ich werde Carl einen Vorschlag machen, von dem wir alle profitieren werden.«

»Hüte dich, Bernhard Zumwinkel.« Sie hob drohend den Zeigefinger. »Stell dich dem Glück unserer Tochter nicht in den Weg, sonst bekommst du es mit mir zu tun!«

»Das habe ich verstanden.« Er nickte und ließ seine Frau stehen. Als er auf dem Hof stand, schickte er einen Fluch zum Himmel. Warum war das Leben nur so kompliziert?

*

Carl schob eine mit Steinen beladene Karre über den Hof, als in seinem Augenwinkel der Bauer auftauchte.

»Thiele«, rief er in herrischem Ton und winkte ihn herbei. Als Carl sich zu ihm umsah, stand Bernhard Zumwinkel dort wie ein Feldmarschall, der ihn zum Appell zitierte.

Ein ungutes Gefühl beschlich Carl, als er den hölzernen Handkarren abstellte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Sicher hatte es nichts Gutes zu bedeuten, dass der Bauer ihn sprechen wollte. Carl würde sich die Hochzeit jetzt nicht mehr von ihm verbieten lassen, komme, was wolle. Er war wild entschlossen, seine geliebte Katharina zu heiraten. Carl unterdrückte den aufkommenden Zorn und versuchte, freundlich zu bleiben. »Was kann ich für Sie tun?«

»Du«, brummte Zumwinkel. »Du kannst mich duzen.«

»Schön, Herr … Bernhard.«

»Carl«, sagte Zumwinkel gedehnt. »Ich habe nachgedacht.«

Oh nein, schrie alles in Carls Kopf. Er macht einen Rückzieher und will die Hochzeit doch noch verhindern. »Worüber?«, fragte er mit bangem Blick.

»Über euch beide habe ich nachgedacht«, antwortete Zumwinkel. »Über meine Tochter und über dich.«

»Und zu welchem Schluss sind Sie … bist du gekommen?«

»Dass ich die Hochzeit wohl nicht verhindern kann.«

»Das ist wahr«, antwortete Carl selbstbewusst.

»Nun mal nicht so vorlaut, wertester Schwiegersohn«, warnte Zumwinkel ihn. »Es geht um die Mitgift.« Er betrachtete Carl wie ein lästiges Insekt. »Wir haben noch nicht darüber gesprochen.«

Carl fiel ein Stein vom Herzen.

»Sicher werden wir uns einig«, entgegnete er mit einem gewinnenden Grinsen. »Also – schieß los.«

»Diese Maschine«, brummte Zumwinkel. »Bau sie.«

»Die Maschine?« Carl musste nicht lange überlegen. »Du meinst die Zentrifuge?«

»Ja, genau.« Wieder nickte er mit finsterer Miene. »Bau mir dieses Ding.«

»Das mache ich gern. Und dann?«

»Wenn sie funktioniert und ich sie nutzen kann, darfst du meine Tochter heiraten.«

Carls Grinsen wurde breiter. »Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen, Schwiegervater. Sie wird funktionieren, du wirst schon sehen.«

Zumwinkel dachte nach. »Wenn sie funktioniert, dann …«

»Dann gehört sie dir«, beendete Carl den von ihm begonnenen Satz. »Dir wird der Prototyp meiner Milchzentrifuge gehören, das verspreche ich dir.« Er war sicher, Zumwinkel spätestens jetzt von sich überzeugt zu haben.

Die Miene des Bauern hellte sich ein wenig auf. »Gut«, sagte er. »Ich verlasse mich auf dich. Und sollte das Ding wirklich etwas taugen, dann wirst du es von mir erfahren.«

»Davon gehe ich aber ganz stark aus«, nickte Carl. »Denn wenn sie deinen Erwartungen nicht gerecht wird, dann werde ich das schließlich auch erfahren. Und ich werde sie so lange verbessern, bis du zufrieden bist.«

»Du nimmst den Mund ganz schön voll«, behauptete Zumwinkel.

»Weil ich weiß, was in meiner Maschine steckt«, nickte Carl von sich selbst überzeugt. Ihm konnte nichts mehr passieren, denn sollte die Maschine Mängel in Bezug auf die Rahmherstellung aufweisen, würde Katharina ihn darauf aufmerksam machen. Und so lange mit ihm daran arbeiten, bis die Zentrifuge problemlos funktionierte.

»Also gut«, nickte Zumwinkel. »Dann los.«

»Wann soll ich mit dem Bau beginnen?«

»Gleich morgen.«

»Aber der Stall … mein Vater wird …«

»Ich werde mit ihm reden«, entgegnete Zumwinkel. »Ich werde ihn bitten, dich freizustellen, damit wir keine Zeit verlieren. Und das Material für den Bau deiner Zaubertrommel stelle ich dir auch zur Verfügung.«

»Perfekt«, freute sich Carl. »Dann kann es schon morgen losgehen.«

Zumwinkel nickte. »So ist es. Bau mir eine Zentrifuge, und du bist ein verheirateter Mann.«

»Du wirst begeistert sein«, versicherte Carl seinem Schwiegervater, bevor er den Handkarren weiter zur Baustelle schob. Wenn sein Vater ihn ab morgen freistellen sollte, musste er heute noch einmal alle Kräfte in den Neubau stecken. Seinen Vater wollte er nicht vergrämen.